2. Mexikanische Weihnachten… Sir, ja Sir… Erkrankungen

San Diego, CA im August 2018

Nach Marcs Anruf war ich mir nicht wirklich sicher, ob ich Pam davon erzählen sollte. Hinterher schaffte sie es noch, mich zu überreden, einen Job als Trucker bei meinem Bruder anzunehmen. Für mich stand es außer Frage, dass ich das nicht wollte. In San Diego fühlte ich mich wohl. Pams Familie lebte hier und ich hatte meine Basis hier.
Insgeheim machte es mir richtig Spaß, meine Rekruten zusammenzustauchen und anzutreiben. Böse Zungen behaupteten, als DI müsste man schon ein kleiner Sadist sein. Ich sah das eher so, wie meine Kommandeure. Als DI sind Sie dafür verantwortlich, die besten Leistungen aus ihren Rekruten rauszuholen. Außerdem ging ich ja als Vorbild voran. Alles, was ich von meinen Leuten verlangte, musste ich selber noch besser draufhaben. So blieb ich ebenfalls fit.
Schließlich entschied ich mich dagegen, Pam von Marcs Angebot zu erzählen. Ich ließ die Woche, die mir Marc als Frist gegeben hatte, verstreichen und damit hatte sich die Sache sowieso erledigt.


Das Jahr ging in gewohntem Trott weiter. Neue Rekruten kamen und gingen. Pam kümmerte sich weiter liebevoll um Tim, der inzwischen an der Hand die ersten Schritte machte. Allerdings merkte ich auch, dass es Pam langsam wieder schlechter ging. „Hast du immer noch diese Träume?“ fragte ich sie. „Leider ja. Ich habe sogar schon geträumt, dass ich auf deiner Beerdigung war.“ „Das kann doch nicht sein.“ „Ist aber so.“

Ihr Zustand verschlechterte sich weiter. Es passierte mehrmals, dass ich nach Hause kam und Pam auf der Couch lag und vor sich hinstarrte, während der Fernseher lief. „Wo ist Tim?“ kam dann häufig von mir. „Bei meiner Mutter.“ „Du bringst unseren Sohn zu deiner Mutter und liegst dann hier auf der Couch rum?“ „Mir geht es nicht gut.“ „Bist du krank?“ „Keine Ahnung. Ich fühle mich so.“ „Reiß dich zusammen.“ Sagte ich streng. „Du brauchst jetzt hier nicht den DI rauskehren.“ „Mache ich doch gar nicht.“ „Mir geht es nicht gut. Das sagte ich doch. Außerdem freut sich meine Mutter, wenn sie Tim hat.“ Verärgert verließ ich das Haus und ging zurück zum Stützpunkt.


Ab Oktober sahen wir meine Mom dann häufiger. Das „Project ORCA“, wie Mom es damals nannte, war wohl Realität geworden. Daher war Dad wohl die Hälfte der Woche in Portland, OR, wo er die Leitung mit übernommen hatte, nachdem die Bereiche zusammengelegt wurden. Mom war also quasi jede Woche bei uns. „Merkt Dad gar nicht, dass du so oft hier bist?“ wunderte ich mich. „Er hatte ja seinerzeit mal den Verdacht, dass ich einen Liebhaber hätte.“ „Du? Einen Liebhaber? Sorry, Mom. Nichts gegen dich, du bist immer noch eine attraktive Frau. Aber Fremdgehen ist absolut nicht dein Ding.“ „Das musst du mir nicht sagen.“ Lachte Mom. „Wie hast du Dad dann erklärt, dass du nicht zu Hause warst, wenn er auch auf Dienstreise war?“ „Ich habe genug Freundinnen, die wissen, dass ich euch besuche. Die geben mir dann ein Alibi.“ „Echt?“ „Die meisten waren letztes Jahr dabei, auf meinem Geburtstag. Sie haben das mitbekommen und gesehen, wie Frank euch behandelt hat. Auch, dass er sich danach sinnlos betrunken hat.“ „Verstehe.“ „Ich bin dann entweder bei Freundinnen oder wir unternehmen was zusammen.“ „Wie versteckst du denn die Ausgaben für die Flugtickets?“ „Ich habe mir extra für den Zweck eine zusätzliche Kreditkarte angeschafft. So findet Frank das nicht auf den Kartenabrechnungen. Wegen dem Geld, was dann fehlt, war ich dann shoppen.“ „Meine Mom.“ Sagte ich beeindruckt. Du hast es ja faustdick hinter den Ohren.“ „Wenn mir etwas wichtig ist, dann mache ich auch sowas.“ „Und wenn Dad die Klamotten sehen will, die du angeblich gekauft hast?“ „Als ob dein Vater wüsste, was sich in meinem Kleiderschrank befindet. Der schaut mich doch eh nicht mehr richtig an.“ „Und wenn du jetzt zwei, drei Tage am Stück hier bist?“ „Ach, dann bin ich mit Monica in LA oder mit Sylvia in Frisco.“ „Du zeigst ja völlig neue Seiten von dir.“ Grinste ich. „Dein Vater interessiert sich doch sowieso kaum noch für mich. Hauptsache, er hat eine Begleitung, wenn er ein Business Dinner mit Anhang hat.“ „Bist du dir da sicher?“ „Bin ich. Wir haben auch schon ewig nicht mehr miteinander geschlafen.“ „Okay.“ Sagte ich. „So genau wollte ich das jetzt gar nicht wissen.“
In den Tagen, wo Mom bei uns war, ließ sich Pam völlig hängen. Sie holte Mom nur vom Flughafen ab und begab sich dann ins Bett oder auf die Couch. Meine Mom kümmerte sich dann schon liebevoll um ihren „Timothy“.


So lief das Jahr weiter. Es vergingen Halloween und Thanksgiving. Diesen Tag verbrachten wir dann traditionell bei Pams Eltern. Von den Murdocks sahen wir natürlich keinen. Lediglich zwei Telefonate mit Jessy und Dave, sowie Marc und Keela gab es. Dabei berichtete Marc, dass er den Job an George Walker, einen 55-jährigen Ex-Walmart Fahrer vergeben hatte. Mit dem war er äußerst zufrieden. Das bestätigte mich in der Meinung, dass ich mich richtig entschieden hatte.

Das Jahr neigte sich dem Ende zu. Es kam die Adventszeit und Weihnachten. Natürlich waren wir dann wieder bei Pams Eltern. Hier wurde das Fest nach mexikanischer Tradition gefeiert.
Die sogenannten Posadas, die ab dem 16. Dezember stattfanden, konnte ich noch nicht mitmachen, da ich im Dienst war. Pam freute sich aber darauf und ihr ging es in diesen Tagen sogar wieder etwas besser.
Bei einer Posada (zu Deutsch Herberge) wird die Suche einer Unterkunft von Maria und Josef nachempfunden. Dabei verkleiden sich zwei Personen als Maria und Josef und klopfen an die Haustüren, um Einlass zu erbeten. Nach zweimaligem Abweisen, da die Herberge angeblich voll sei, werden sie und die anderen Gäste hereingelassen und die Fiesta mexicana kann beginnen. Dieses fand natürlich eher im Bereich der Mexikanischen Migranten statt. In San Ysidro gab es aber genug Familien, mit denen meine Schwiegereltern befreundet waren.
Die Gastgeber der Posada tischen Buñuelos (süße Krapfen) auf und offerieren Ponche, einen Fruchtpunsch für die Kinder und einen Ponche con Piquete, also mit einem Schuss Tequila, für die Erwachsenen. Die Musik wird aufgedreht, es wird gesungen und getanzt, mit viel Speis und Trank, ein geselliges Zusammensein mit Freunden und Bekannten.
Am nächsten Tag wird die Posada von einer anderen Familie veranstaltet, es läuft also immer was bis zur eigentlichen Weihnachtsfeier.
Tim bekam dann von seinen Großeltern auch schon seine erste Piñata. Dabei war noch viel zu klein dafür. Er konnte sie mit 18 Monaten natürlich weder aufschlagen, noch waren die Süßigkeiten was für ihn. Meine Schwiegereltern konnten es nur nicht abwarten. Pam und ich fragten sie dann auch, ob sie verrückt seien. Dann mussten wir aber auch über die Idee lachen.

Am 24. Dezember, der Noche Buena, fuhren wir dann am Abend zu meinen Schwiegereltern. Während dieser Tag in den USA an sich ein regulärer Arbeitstag ist, gehört er bei den Mexikanern mit zum Weihnachtsfest. Sogar Alejandros Eltern waren aus Mexico angereist. Pams Mutter hatte leider keine Eltern mehr. Diese waren früh verstorben.
Es wurde ein schönes Fest, zu dem Pams Mom sogar einen Truthahn zubereitet hatte. Sie hatte sich zwar viele mexikanische Traditionen angeeignet, dabei blieb sie aber Amerikanerin. Die Feier dauerte lange, da man bis in die heilige Nacht reinfeierte.
Während ich bei Tim blieb, fuhr der Rest der Familie dann in die Kirche zur Mitternachtsmesse.
Als die Familie dann wieder zurück war, ging die Feier weiter. Es wurde noch Musik gespielt und getanzt. Außerdem gab es jetzt die Geschenke. Als erstes zogen sich dann die Urgroßeltern zurück. Sie waren es nicht mehr gewohnt, so lange aufzubleiben. Außerdem hatten sie auch noch die Anreise in den Knochen. Wir brachen dann auch kurz darauf auf. Wir waren zwar auch schon mal über Nacht geblieben, da waren aber Pams Großeltern auch nicht hier.

Zu Hause kam Tim in sein Bettchen, dann legten wir und auch hin. Pam kuschelte sich an mich. „Das war schön, heute.“ Sagte sie. „Den Eindruck hatte ich auch. Es scheint dir auch wieder besser zu gehen.“ „Das scheint nur so.“ „Du solltest mal zum Arzt gehen.“ „Das kostet doch wieder so viel Geld.“ „Wir haben auch gute Ärzte auf dem Stützpunkt.“ „Dann weiß bald das halbe Corps, was mit deiner Frau los ist.“ „So ein Quatsch. Es gibt schließlich eine ärztliche Schweigepflicht.“ „Ich weiß ja nicht.“ Irgendwann schliefen wir beide ein.
Auch den Weihnachtstag verbrachten wir dann wieder bei meinen Schwiegereltern in San Ysidro. Es wurde ein schöner Tag, der Pam auch wieder etwas ablenkte. Aber auch das schönste Weihnachtsfest geht mal vorbei und der Alltag hat uns wieder. Es dauerte nicht mehr lange und 2018 war Geschichte.

Auch im Jahr 2019 holte uns der Alltag wieder ein. Pam ging es weiterhin schlecht und die Großmütter kümmerten sich meistens abwechselnd um Tim. Die Sorgen, die ich mir um Pam machte, wurden immer größer. Sie wollte immer noch zu keinem Arzt und ich wollte sie nicht zwingen. Die Situation hatte aber auch Auswirkungen auf mich. Dadurch, dass ich nachts nicht schlafen konnte, weil ich grübelte und Lösungen suchte, war ich bei Dienstbeginn selten ausgeschlafen. Meine Konzentration ließ nach und ich wurde etwas nachlässiger bei der Ausbildung. Das merkten natürlich auch meine Vorgesetzten.
Schließlich kam der Tag, wo ich ins Büro vom Sergeant Major der Kompanie gerufen wurde. Wie ein geprügelter Hund ging ich zum Büro. Ich erwartete den Anschiss meines Lebens.
Vor der Tür riss ich mich dann zusammen und klopfte. „Ja bitte.“ Erklang die Stimme des Sergeant Major. Ich öffnete die Tür. „Gunnery Sergeant Murdock meldet sich, wie befohlen, Sir.“ Kommen Sie, verdammt noch mal rein.“ „Sir, ja Sir.“ Ich trat ein und schloss die Tür. „Nehmen Sie Platz, Gunny.“ „Ich stehe lieber, Sir.“ „Wie Sie meinen, Gunny.“ „Danke sehr, Sir.“ Der Sergeant Major stand auf und kam auf mich zu. „Was ist los mit Ihnen, Gunny?“ fragte er ohne Umschweife. „Ich verstehe nicht ganz, Sir.“ Ich wusste ganz genau, was er meinte. „Ihre Leistungen, Murdock.“ „Was stimmt damit nicht, Sir?“ „Das wissen Sie verdammt gut, Gunny. Ich erwarte von meinen Männern, dass sie das Optimum aus sich herausholen. Das kann ich in den letzten Wochen bei Ihnen nicht mehr feststellen.“ „Ich versichere Ihnen, dass ich das Optimum für die Einheit und das Corps gebe, Sir.“ „Wenn das Ihr Optimum ist, dann sind Sie hier fehl am Platz. Haben Sie das verstanden?“ „Sir, ja Sir.“ „Sie bilden Rekruten aus. Das bedeutet, dass Sie ein Vorbild sind. Sie müssen selbst das doppelte von dem können, was Sie ihren Rekruten abverlangen. Haben Sie mich verstanden?“ „Sir, ja Sir.“ „Wenn ich mir Ihre Leistungen ansehe, kann ich das aber nicht feststellen. Ihre Leistungen gehen immer weiter zurück. So geht das auf keinen Fall weiter. Sie sind ein Marine, Gunny.“ „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Sir.“ Sein Ton wurde etwas weniger hart. „Mein Gott, Murdock. Das kann doch nicht wahr sein. Wie lange dienen Sie jetzt hier?“ „Drei Jahre, Sir.“ „Drei Jahre. In diesen drei Jahren haben Sie mir keinen Grund zur Beanstandung geboten. Ihre Bewertungen aus Camp Pendleton, wo Sie vorher stationiert waren, weisen ebenfalls keine Beanstandungen auf.“ „Wenn Sie das sagen, Sir.“ Er blätterte in meiner Personalakte. „Sie sind jetzt seit neun Jahren im US-Marine Corps. Sie haben bis Ende letzten Jahres die Erwartungen immer erfüllt, oft sogar übertroffen. Seit Anfang des Jahres gehen Ihre Leistungen zurück. Sie sind gerade mal 28. Am Alter kann es also nicht liegen. Also, was ist los, Gunny?“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. „Antworten Sie gefälligst, Gunny.“ „Sir, ja Sir.“ „Sind Sie krank?“ „Nicht, dass ich wüsste, Sir.“ „Nehmen Sie Drogen?“ „Nein, bestimmt nicht, Sir.“ „Oder trinken Sie?“ „Jedenfalls keinen Alkohol, Sir.“ „Verarschen Sie mich nicht, Gunny.“ „Sir, nein Sir.“ Er blätterte wieder in der Personalakte. „Wie ich hier sehe, sind sie verheiratet und haben einen kleinen Sohn.“ „Ja, das stimmt, Sir.“ „Haben Sie vielleicht private Probleme, Gunny?“ Ich schluckte. „Reden Sie, verdammt noch mal, Gunny.“ „Darf ich offen sprechen, Sir?“ „Nur zu, Gunny.“ Ich atmete erstmal durch. „Selbst, habe ich keine Probleme, Sir. Aber meine Frau… …ich glaube sie ist krank.“ „Das kommt in den besten Familien vor.“ „Ich bin mir auch nicht sicher, was sie hat. Jedenfalls sieht es seit geraumer Zeit so aus, dass sie unseren Sohn zu den Großeltern bringt und sich selbst dann vernachlässigt.“ „Verstehe. Und das macht ihnen Sorgen.“ „Ja, Sir. Ich liege manchmal die Nächte wach und suche eine Lösung und finde keine.“
Der Sergeant Major blickte mich wieder fest an. „Sind Sie ein Marine?“ fragte er wieder mit Kommandostimme. „Sir, ja Sir.“ „Was gilt im Corps bei Problemen?“ „Es gibt immer eine Lösung, Sir. Man muss sie nur finden, Sir.“ „Richtig. Man muss sie nur finden.“ Sagte er wieder etwas weniger hart. „War Ihre Frau schon beim Arzt?“ „Sir, nein Sir.“ „Warum nicht?“ ich zögerte wieder. „Verdammt noch mal. Reden Sie, Gunny.“ „Sie scheut die Kosten, Sir. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das nur eine Ausrede ist, Sir.“ „Als Ausbilder sind Sie geschult, Ausreden der Rekruten zu durchschauen. Das sollte doch bei Ihrer Frau kein Problem sein.“ „Sir, ja, Sir. Ich bin mir sicher, dass das nur eine Ausrede ist, Sir.“ Er nickte. „Murdock, Ihnen ist doch bekannt, dass die Streitkräfte der Vereinigten Staaten auch eine hervorragende Medizinische Abteilung haben.“ „Sir, ja Sir.“ „Dann schicken Sie Ihre Frau, verdammt noch mal, da hin.“ „Sir, ja Sir.“ „Haben wir uns verstanden?“ „Sir, ja Sir.“ „Ich sage es nochmal. Ich erwarte von meinen Männern die optimale Leistung.“ „Sir. Verstanden, Sir.“ „Wenn Sie diese Leistung nicht bringen können, kann ich es nicht verantworten, dass Sie weiterhin Marines ausbilden.“ „Sir, verstanden, Sir.“ „Das heißt im Klartext, dass Sie sich dann in Cape Pendleton wiederfinden und Sie wieder normalen Dienst schieben. Ist das klar, Gunny?“ „Sir, ja Sir.“ „Wegtreten.“ „Sir. Danke sehr, Sir.“ Ich verließ das Büro und atmete erstmal tief durch.
Normal mochte ich den Sergeant Major. Das war aber eine kalte Dusche. Ich ging wieder zurück und übernahm meine Rekruten wieder.

Bei Dienstende kam ich nach Hause. Mom war mal wieder bei uns und spielte mit Tim. Pam lag, wie so oft in letzter Zeit, auf der Couch vor dem Fernseher. Ich begrüßte erst Mom und Tim, dann ging ich zu Pam. „Hallo Schatz.“ „Hi.“ Sagte sie nur leise. „Wir müssen reden.“ Pam verdrehte die Augen. „Was soll das bringen?“ „Es ist heute was passiert, was die ganze Situation noch verschlimmert.“ Mom hatte das mitbekommen und sagte zu unserem Sohn: „Komm, Timothy. Wir gucken mal in dein Zimmer.“ Dann verließ sie mit Tim den Raum.
Pam schaute mich resignierend an. „Und jetzt?“ „Ich musste heute zu Sergeant Major Baldwin.“ „Musst du das nicht öfter?“ „Aber nicht so.“ Pam stöhnte auf. „Und? Was wollte er?“ „Er hat mich zur Sau gemacht, weil meine Leistungen nachgelassen haben.“ „Was habe ich damit zu tun?“ „Einfach alles.“ „Verstehe ich nicht.“ „Schatz. Ich liege hier Nächteweise wach rum und mache mir sorgen um dich.“ „Selbst schuld.“ Ihre offensichtliche Lethargie fing an mich zu ärgern. „Hör zu, Pam. Das kann so nicht weitergehen.“ Sagte ich jetzt etwas schärfer. „Was meinst du?“ „Das ist doch wohl klar. Du liegst hier nur noch teilnahmslos rum und tust nichts dagegen.“ „Das ist doch meine Sache.“ „Ganz sicher nicht. Wir sind verheiratet und haben ein Kind. Hast du das vergessen?“ „Nein.“ „Dann ändere was daran.“ „Ich kann nicht.“ Sagte sie trotzig. „Dann erkläre mir warum.“ „Weil es mir nicht gut geht.“ „Hör zu. Du bist krank. Du musst zum Arzt.“ „Können wir uns nicht leisten.“ „Wir gehen auf dem Stützpunkt zum Arzt.“ „Muss das sein?“ „Ja, das muss es.“ „Rede nicht zu mir, wie zu deinen Rekruten.“ „Wenn ich das machen würde, würden die Wände wackeln. Ich bin nicht mal ansatzweise laut.“ „Ich überleg es mir.“ Sie drehte sich von mir weg.

Ich verließ das Zimmer um wieder runterzukommen. Mom kam aus dem Kinderzimmer zu mir in den Flur. „Was ist denn los?“ „Du siehst doch selber, was mit Pam los ist.“ Sie nickte. „Es wird immer schlimmer. Die letzten zwei, drei Wochen hat sie mich nicht mal mehr vom Flughafen abgeholt.“ „Nicht wirklich.“ Sagte ich fassungslos. „Doch. Ich bin mit dem Taxi gekommen.“ „So geht das nicht weiter.“ „Was ist denn heute gewesen?“ „Ich musste zum Sergeant Major, weil meine Leistungen nachgelassen haben.“ „Deine auch?“ fragte Mom entsetzt. „Nicht so.“ beruhigte ich sie. „Es ist nur so, dass ich mir hier die Nächte um die Ohren schlage, weil mir keine Lösung für das Problem einfällt.“ „Kann dir ja auch nicht einfallen. Du bist kein Arzt. Man sieht ja, dass Pamela krank ist.“ „Ich hoffe, dass sie nicht nur zu faul oder zu bequem ist.“ „Sicher nicht. Entweder ist das eine innere Krankheit, die man nicht sieht, oder irgendwas mit der Psyche.“ „Ich vermute auch letzteres.“ „Was war denn jetzt bei deinem Vorgesetzten?“ „Wie gesagt, ich bin gerügt worden, weil meine Leistungen nachgelassen haben.“ „Hast du ihm die Gründe dafür erklärt?“ „Widerwillig.“ „Und? Hat er da kein Verständnis für?“ „Verständnis? Wir sind US-Marines. Entweder man gibt alles, oder man ist tot.“ „Aber doch nicht im Ausbildungslager.“ „Wenn das so weiter geht, bin ich die längste Zeit Ausbilder gewesen.“ „Hat er das so gesagt?“ „Ja.“ „Was ist das für ein Mensch?“ „Ich hätte an seiner Stelle das gleiche mit mir gemacht.“ „Weiß Pamela das schon?“ „Nein.“ „Dann sag ihr das. Ihr habt doch mal von ihren Alpträumen gesprochen. Vielleicht ist das ja die Ursache.“ „Was soll das dann bringen, wenn ich ihr noch mehr Angst mache?“ „Vielleicht ist das dann der Druck, den sie braucht, um zum Arzt zu gehen.“ „Meinst du wirklich?“ „Ich bin auch kein Arzt, aber ich habe Lebenserfahrung. Die sagt mir, dass es das Richtige ist.“ „Du überraschst mich immer wieder.“ „Ist doch gut, dass ich das noch kann.“

Mom ging wieder zu Tim und ich ins Schlafzimmer, wo ich die Uniform erstmal gegen Zivilkleidung tauschte. Dann ging ich wieder zu Pam. Sie lag immer noch mit dem Rücken zu mir. „Darling.“ Sagte ich sanft. „Ich will nicht mit dir reden.“ Murmelte sie. „Hast du eigentlich immer noch diese Alpträume?“ „Warum willst du das wissen?“ „Weil ich alles wissen will, was dich betrifft.“ „Ja, habe ich. Zufrieden?“ „Dann solltest du noch was wissen.“ „Will ich das denn?“ „Wahrscheinlich nicht.“ „Dann halt die Klappe.“ „Es ist aber wichtig.“ Sie drehte sich wieder zu mir und verdrehte die Augen. „Na was denn?“ „Wenn es nach Sergeant Major Baldwin geht, sind wir vielleicht näher an deinen Alpträumen, als uns lieb ist.“ Das hatte gesessen. Die Lethargie in ihren Augen wechselte zu Angst. Ich hasste es, aber es musste sein. „Wie meinst du das?“ fragte sie mit zitternder Stimme. „Er hat zu mir gesagt, wenn ich meine Leistungen nicht wieder verbessere, bin ich die längste Zeit Ausbilder gewesen.“ „Nein.“ „Er sprach von einer Versetzung nach Cape Pendleton. Da bin ich dann bei der nächsten Krise wieder an der Front.“ Pam begann zu weinen. „Das darfst du nicht.“ „Will ich auch nicht.“ „Bitte, ich will dich nicht verlieren.“ „Dann tu mir den Gefallen und geh zum Arzt. Ich schaffe es nur, meine Leistungen zu verbessern, wenn ich mir nicht ständig Sorgen um dich machen muss.“ „Ja.“ Schluchzte sie. „Ich verspreche es. Ich gehe zum Arzt.“ „Einverstanden.“ Ich nahm sie in den Arm und ließ sie sich erstmal ausweinen.

Etwas später ging ich dann zu Mom und Tim ins Kinderzimmer. Mom schaute mich neugierig an. „Und?“ Ich zeigte ihr nur einen hochgestreckten Daumen. „Gut gemacht.“ „Fühlt sich nicht so an. Du hättest sie sehen sollen, als ich ihr das gesagt habe.“ „Es ist richtig so. Glaub mir.“ „Wie lange kannst du bleiben?“ „Übermorgen muss ich wieder in Sacramento sein.“ „Okay. Dann kannst du dich morgen noch um Tim kümmern.“ „Klar.“
Als Nächstes nahm ich unser Telefon und ging vor die Tür, damit ich ungestört telefonieren konnte. Ich wählte die Nummer von SgtMaj Baldwin. Nach kurzem Leuten hob er ab und meldete sich. „Murdock hier.“ „Melden Sie sich korrekt, Gunny.“ „Sir, ja Sir. Gunnery Sergeant Murdock hier, Sir.“ „Was wollen Sie außerhalb der Dienstzeit von mir?“ „Sir, Entschuldigung, Sir. Ich rufe wegen dem Gespräch von heute Mittag an, Sir.“ „Das habe ich schon vermutet. Was gibt es, Gunny?“ „Wäre es möglich, den morgigen Tag frei zu bekommen, Sir?“ „Das wird ja immer besser mit Ihnen.“ Polterte Baldwin. „Können Sie Gründe anführen, Gunny?“ „Sir, ja Sir. Ich möchte sicherstellen, dass meine Frau den Arzt wirklich aufsucht, Sir.“ „Sie haben sie also überzeugt?“ „Sir, ja Sir.“ „Dann will ich Ihnen nicht im Weg stehen. Sie bekommen den freien Tag.“ „Sir. Danke sehr, Sir.“ „Aber nur morgen, damit das klar ist.“ „Sir. Glasklar, Sir.“ „Der Urlaubsantrag liegt binnen 48 Stunden auf meinem Schreibtisch.“ „Sir. Jawohl, Sir.“ „Weiter so, Gunny.“ Er legte auf und ich schnaufte noch mal durch. Anschließend telefonierte ich noch kurz mit meinen Schwiegereltern. Schließlich machten sich die beiden ebenfalls schreckliche Sorgen um ihre einzige Tochter. Danach ging ich wieder ins Haus, wo Mom am Herd stand uns das Abendessen bereitete.

In dieser Nacht schlief ich dann wesentlich besser, als in den vergangenen Wochen. Außerdem konnte ich ein paar Stunden länger schlafen. Schließlich musste ich nicht in aller Herrgottsfrühe zum Exerzieren auf dem Bataillonsfeld stehen. Als unser Wecker klingelte, machte ich ihn aus und weckte Pam sanft. Erst knurrte sie ein wenig, dann murmelte sie verschlafen: „Was ist denn los?“ „Guten Morgen, mein Schatz. Wach werden.“ „Wenn du noch hier bist, kann es nur mitten in der Nacht sein.“ Sie drehte sich wieder um. „Nein, nein. Die Zeit ist schon richtig.“ Sie öffnete vorsichtig ein Auge und schaute zur Uhr. „Was machst du dann noch hier?“ „Dich heute bei allem unterstützen.“ „Wobei?“ „Das weißt du ganz genau. Heute gibt es keine Ausrede.“ „Und wer kümmert sich um Tim?“ „Als ob dich das in den letzten Wochen interessiert hätte.“ „Du bist gemein.“ „Nur ehrlich. Und jetzt raus aus den Federn.“ „Sir. Jawohl, Sir.“ Sagte sie und salutierte gespielt. „Ohne Kopfbedeckung salutiert ein Marine nicht.“ „Auch gut.“ Sie stand auf und schlurfte ins Bad. Ich hingegen, ging erstmal in die Küche, wo Mom bereits das Frühstück fertig hatte.
„Guten Morgen, Mom.“ „Guten Morgen, Steven. Gut geschlafen?“ „Auf jeden Fall besser, als in den letzten Wochen.“ Ich nahm mir erstmal einen Kaffee.
Tim saß auch am Tisch in seinem Hochstuhl und strahlte mich an. Ich strich ihm über den Kopf und sagte: „Na, mein kleiner.“ „Da… …da.“ Kam von Tim. „Hat er jetzt Daddy gesagt?“ fragte ich Mom. Sie lachte. „Ich weiß nicht, ob das Daddy hieß.“ Ich guckte wieder zu Tim. „Sag mal Daddy… …Daddy.“ Tim gluckste, wie bei einem Lachen. „Bitte. Daddy.“ „Da… …di.“ „Jetzt aber.“ Sagte ich zu Mom. „Jetzt habe ich es auch gehört.“ Ich freute mich wie ein Schneekönig.
Kurz darauf kam Pam rein. Sie hatte geduscht und sich angezogen. „Pam, Tim hat gerade Daddy gesagt.“ Pam nickte. „Ich weiß, dass er das kann.“ Sie ging zu ihm und gab Tim einen Kuss auf die Stirn. „Ich weiß doch, dass du Daddy sagen kannst.“ „Mam… …mam.“ Sagte er jetzt. „Siehst du, Mama kann er auch.“ „Warum weiß ich davon nichts?“ Sie zuckte nur mit den Schultern.
Bevor ich was Falsches sagte, ging ich lieber ins Bad und machte mich ebenfalls fertig. Dann zog ich meine Uniform an, da wir ja auf den Stützpunkt mussten, um Pam dort zum Arzt zu bringen. Im Anschluss frühstückten wir.

Als das Frühstück beendet war, blieb Tim bei Mom, während Pam und ich uns auf den Weg machten. Irgendwie war das dann ein komisches Gefühl, mit meiner Frau zusammen auf der Basis zu sein. Pam hatte zwar früher in der Küche vom NCO Club gearbeitet, hatte dann aber aufgehört, als ihre Schwangerschaft so weit fortgeschritten war, dass es besser war, aufzuhören. Seitdem hatte sie den Stützpunkt nicht mehr betreten. Es war dann noch merkwürdiger, wenn mir Rekruten entgegenkamen und grüßten. Ich setzte also den strengen Blick des Drill Instructors auf und grüßte zurück.
Schließlich erreichten wir das Naval Medical Center, San Diego (NMW). Dieses wurde von medizinischem Personal der US-Navy betrieben. Eine junge Frau im Rang eines Ensign saß an der Anmeldung. Obwohl sie einige Jahre jünger war, musste ich sie grüßen, da sie Offizier war und ich nur Unteroffizier. „Guten Morgen, Gunnery Sergeant. Was ist Ihr Anliegen?“ „Guten Morgen, Ma‘am. Meine Frau müsste hier untersucht werden.“ „Mit welchen Symptomen sind Sie hier?“ wendete sich der Ensign an Pam. Ich wollte gerade antworten, als Pam sagte: „Das würde ich dem Arzt lieber persönlich sagen.“ „In Ordnung, Mrs.…“ sie schaute auf mein Namensschild. „…Murdock. Nehmen Sie bitte dahinten Platz, wir rufen Sie auf.“
Als wir in der Warteecke saßen, fragte ich: „Was sollte das denn jetzt?“ „Es muss doch nicht die ganze Basis erfahren, was ich habe. Der Arzt reicht.“

Nach einer knappen halben Stunde waren wir an der Reihe. Der weibliche Ensign rief uns auf und wir folgten ihr in das Behandlungszimmer. Wir traten ein und der Ensign ging wieder zur Anmeldung zurück. Uns Empfing nun ein sympathischer Mann, Mitte 30, im Rang eines Commanders. Natürlich salutierte ich wieder. „Stehen sie bequem, Gunny.“ Sagte der Commander zu mir. Dann wandte er sich an Pam. „Guten Morgen Mrs. Murdock. Ich bin Commander Stanley Decker von der US-Navy. Ich bin Allgemeinmediziner. Wie kann ich Ihnen helfen?“ Pam begann zu berichten: „Ich weiß auch nicht, wie ich das schildern kann. Ich fühle mich, als hätte mir einer den Akku geklaut. Ich habe allgemeines Unwohlsein, selbst leichte Tätigkeiten strengen mich unglaublich an. Dazu habe ich ein Beklemmungsgefühl in der Brust. Ich bin ständig müde und fühle mich kraftlos. Teilweise bin ich regelrecht lethargisch. Ich kann mich auch kaum motivieren was zu machen.“ „Beklemmungsgefühl und kraftlos.“ Wiederholte der Arzt. „Wie äußert sich das?“ „Ich habe eigentlich permanent diesen Druck auf der Brust und ich total schnell aus der Puste.“ „Wie ist ihr Appetit?“ „Habe ich nicht. Ich esse nicht viel am Tag.“ „Wie ist Ihr Schlaf?“ „Schlecht bis sehr schlecht. Ich liege oft wach und grüble. Wenn ich dann mal schlafe, habe ich Alpträume.“ „Interessant. Verschiedene Träume?“ „Ja und nein. Es sind schon verschiedene Situationen. Aber alle drehen sich darum, dass Steve nicht mehr wiederkommt.“ „Das bin ich.“ Ergänzte ich. „Wenn so ein Traum kommt. Werden Sie dann wach?“ „Immer. Dann kann ich auch nicht wieder einschlafen.“ „Sonst noch was?“ „Ja. Manchmal bekomme ich Schweißausbrüche, mein Puls rast, ich werde steif und bekomme kaum noch Luft.“ Er nickte. „Wie ist Ihre allgemeine Stimmung?“ „Gelinde gesagt beschissen.“ „Wie äußert sich das?“ „Weiß nicht. Keine Lust auf irgendwas, alles ist mir egal. Ich fühle mich nutzlos und kann mich selber nicht mehr leiden.“ Ich war erstaunt. Dass es Pam so beschissen ging, hatte ich selbst nicht gedacht. „Tja, Mrs. Murdock. Ich bin mir ziemlich sicher, was sie haben. Ich möchte aber auf Nummer Sicher gehen und alles andere ausschließen können. Daher machen wir erstmal einen kompletten Checkup. Wir lassen Ihr Blut untersuchen, dann prüfen wir Ihr Herz, wegen dem Beklemmungsgefühl. Außerdem Ihre Atemwege, wegen dem schnell aus der Puste sein. Wir haben ja alles hier im Haus.“ Als nächstes prüfte er Pams Blutdruck, der aber in Ordnung war. „Was vermuten Sie denn?“ fragte ich nun. „Ich möchte nicht vorgreifen.“ Sagte der Arzt. Er schrieb noch ein paar Anweisungen auf einen Zettel und verabschiedete sich. Dann schickte er uns wieder zur Anmeldung. Wir gaben den Zettel beim Ensign ab und gingen wieder in den Wartebereich.
„Ich wusste ja gar nicht, dass es dir so schlecht geht.“ Sagte ich mitfühlend. „Was hast du denn gedacht?“ sagte Pam und verdrehte die Augen. „Dass ich zu faul bin, was zu machen?“ „Keine Ahnung.“
Als Nächstes wurde Pam Blut abgenommen. Anschließend ging es in den kardiologischen Bereich, wo ein Ruhe-EKG und ein Belastungs-EKG geschrieben wurden. Dann ging es in die Pneumologie, wo Lunge und Atemwege getestet wurden. Es war dann schon Mittag vorbei, als alle Tests und Untersuchungen beendet waren. Pam sollte dann morgen wieder zu Commander Decker kommen und die Untersuchungsergebnisse mit ihm besprechen.

Auf dem Weg nach Hause ging ich noch kurz im Hauptquartier vorbei. Ich wollte noch mal kurz zu SgtMaj Baldwin. Pam ging schonmal weiter nach Hause. An Baldwins Büro klopfte ich. „Ja bitte.“ Ich trat ein und salutierte. „Gunny. Sie rauben mir noch den letzten Nerv.“ Polterte Baldwin. „Sir. Entschuldigung, Sir.“ „Schon gut, Gunny. Was kann ich für Sie tun?“ „Ich war heute mehrere Stunden zusammen mit meiner Frau im NMW, Sir.“ „Das habe ich erwartet. Hat man was gefunden?“ „Heute hat sie erstmal zahlreiche Untersuchungen gehabt. Die müssen noch ausgewertet werden. Morgen soll sie dann die Ergebnisse bekommen, Sir.“ „Sie wollen jetzt nicht noch einen Tag frei haben.“ Polterte Baldwin. Ich riss mich zusammen und kehrte den DI raus. „Sir. Genau das hatte ich vor, Sir.“ Sagte ich laut und deutlich. „Abgelehnt.“ „Sir. Wie bitte, Sir?“ „Abgelehnt. Rede ich so undeutlich?“ „Sir, nein Sir.“ „Sie haben mich gestern Abend schon in Teufels Küche gebracht. Sie treten morgen früh pünktlich Ihren Dienst an und damit hat es sich.“ „Aber…“ „Wegtreten, Gunny.“ „Sir. Ja, Sir.“ Verärgert verließ ich Baldwins Büro.
Das bekamen dann einige Marines zu spüren, die mir auf dem Weg nach Hause entgegenkamen. „Können Sie nicht ordentlich Grüßen, Private Miller… …Corporal Barnes, wie sieht Ihre Uniform aus. Sie sind eine Schande für das Corps… …PFC Jackson hören Sie auf zu lachen. Das gibt für Sie morgen eine Strafe, die sich gewaschen hat…“ Als ich dann zu Hause war, hatte ich mich abreagiert.
Pam und Mom sahen mir das trotzdem an. „Was ist los?“ „Ich kann dich morgen nicht begleiten.“ „Das musst du aber.“ Sagte Pam. „Deine Mom fliegt morgen früh zurück nach Sacramento. Meine Eltern sind gerade bei meinen Großeltern in Mexico. Wo soll ich denn Tim lassen?“ „Dann musst du ihn mitnehmen.“ „Wie soll das denn gehen?“ „Das wird schon gehen. Baldwin hat mich gerade aus seinem Büro geworfen, als ich wegen morgen gefragt habe.“ „Lasst mich doch alle in Ruhe.“ Schimpfte Pam und ging ins Schlafzimmer. Ich wollte hinterher, aber Mom hielt mich zurück. „Wenn ihr jetzt streitet, wird das auch nicht besser.“ „Du hast ja recht.“ Gab ich zu. „Trotzdem muss sie da morgen durch. Wenn du dich mit deinem Vorgesetzten anlegst, wirst du doch noch abkommandiert.“ Ich nickte nur.
Dann ging ich ebenfalls ins Schlafzimmer. Pam hatte sich ins Bett gelegt und beachtete mich nicht weiter. Ich tat dann das Beste, was ich im Augenblick machen konnte. Ich zog mir meine Sportsachen und die Laufschuhe an. Dann ging ich raus und lief mir erstmal den ganzen Frust von der Seele.

Als ich wieder zu Hause ankam, ging es mir besser. Ich kam rein und fand die Anderen komplett am Küchentisch vor. Ich hatte damit gerechnet, das Pam noch im Bett lag. Mom fütterte Tim gerade, der, sobald er den Mund frei hatte, vor sich hin brabbelte. Pam blickte auch nicht mehr ganz so teilnahmslos drein, wie gestern. „Während du dich abreagiert hast, haben Pamela und ich uns unterhalten.“ Erklärte Mom. „Worüber?“ „Über die ganze Situation im Moment.“ Ich nickte. „Es muss was passieren.“ Sagte Mom streng. „Und zwar dringend.“ „Klar.“ „Man muss natürlich abwarten, was der Arzt morgen sagt. Aber dann muss bei euch beiden was passieren.“ „Wieso bei uns beiden?“ „Ihr könnt beide nicht so weitermachen.“ „Was mache ich denn falsch?“ „Du gehst nicht auf deine Frau ein. Wenn du so weitermachst, wirst du irgendwann, wie dein Vater.“ „So ein Quatsch.“ „Denk einfach mal in Ruhe darüber nach.“

Der Abend wurde nicht spät. Wir waren alle ziemlich müde und mussten morgen früh aufstehen.
Die Nacht wurde dann wieder nicht ganz so gut. Dieses Mal aber, weil mich inzwischen mehrere Leute mit meinem Vater verglichen hatten. Wie er wollte ich partout nicht werden. Da würde ich mir lieber eine Kugel in den Kopf jagen. Ich versuchte herauszufinden, ob ich wirklich Ähnlichkeit mit ihm hatte, kam aber zu keinem Ergebnis.
So war ich am Morgen wieder wie gerädert. Ich duschte mich dann, nachdem ich mich abgeseift hatte eiskalt ab, um Wach zu werden. Dann gab es noch einen extrastarken Kaffee für mich.
Meine schlechte Laune ließ ich dann an meinen Rekruten aus. Ich polterte lauthals in den Schlafsaal und trommelte mit einem Knüppel auf den blechernen Mülleimer ein. „Los, los, aufstehen, ihr Pussys. Raus aus den Betten. Seid ihr noch nicht draußen. Ihr seid keine Menschen, ihr seid nur Abschaum. Wenn ihr nicht bei drei strammsteht heißt es Strafexerzieren. Seht zu, dass die Betten gebaut sind. In zwei Minuten ist Zimmerinspektion…“

Am Vormittag, wir waren gerade beim Geländelauf, kam ein Jeep vorbei. SgtMaj Baldwin saß drin und wurde von Sergeant Dunlop gefahren. Ich stoppte die Rekruten und ließ sie antreten. Baldwin musterte die jungen Rekruten und sah schließlich recht zufrieden aus. Dann kam er zu mir. „Gunnery Sergeant Murdock. Was ist das für ein Sauhaufen.“ Bollerte er. Ich kannte ihn und wusste, dass er zufrieden war. Die Rekruten waren auch erst in der dritten Ausbildungswoche. Ich salutierte. „Sir, ja Sir.“ Schämen Sie sich nicht so einen Abschaum zu kommandieren.“ „Sir, das tue ich, Sir.“ „Wollen Sie mir das Corps versauen?“ „Sir, nein Sir.“ „Sie sind wohl zu nett zu diesem Gesocks.“ „Sir, ja Sir.“ „Das bringt ja nichts.“ Bollerte Baldwin weiter. „Sergeant Dunlop.“ „Sir, ja Sir.“ Meldete sich Dunlop. „Sie übernehmen erstmal diesen Sauhaufen.“ „Sir, verstanden, Sir.“ „Ich muss diesem Gunnery Sergeant erstmal beibringen, dass so ein Sauhaufen nicht ins Corps gehört.“ „Sir, ja Sir.“ „Murdock, Sie fahren. Hoffentlich bekommen Sie wenigstens das hin.“ „Sir, ja Sir, Verstanden Sir.“ Ich stieg ein, während Dunlop meine Rekruten zusammenpfiff. Dann fuhren wir wieder zum Hauptquartier.
Als wir alleine waren, wurde der Tonfall dann anders. „Die Rekruten machen sich ja recht gut. Vielleicht werden Ihre Leistungen doch wieder besser.“ „Sir. Danke sehr, Sir.“ „Trotzdem kosten Sie mich den letzten Nerv. Ich bin immer noch der Meinung, ein Marine sollte nur drei Dinge lieben. Sein Gewehr, das Corps und Uncle Sam.“ Sir, ja Sir. Wie sie meinen, Sir.“ „Als wir Sie zum DI ausgebildet haben, waren Sie noch nicht verheiratet, oder?“ „Sir. Nein, Sir.“ „Zu der Zeit waren Sie doch hier Kaserniert. Wie konnten Sie die Frau dann kennenlernen?“ „Im NCO Club, Sir.“ „Vielleicht sollten wir da doch keine Zivilistinnen beschäftigen.“ „Sir. Ja Sir.“ „Warum haben Sie sie geheiratet?“ „Aus Liebe und weil wir ein Kind erwarteten, Sir.“ „Frau und Kinder sind nichts für Marines. Das lenkt sie nur vom Wesentlichen ab.“ „Ja Sir. Wie Sie meinen, Sir.“ „Sind Sie da etwa anderer Meinung, Gunny?“ „Sir, ja Sir.“ „Das steht Ihnen frei, Gunny. Die Meinungsfreiheit ist einer der Werte, die wir verteidigen.“ „Danke sehr, Sir.“ „Sie sollten sich trotzdem Gedanken darüber machen, wie das weiter gehen soll. Gerade, wenn Sie eine Frau mit gesundheitlichen Problemen haben.“ „Ich verstehe nicht ganz, Sir.“ „Sie müssen Prioritäten setzen, Gunny. Was Ihnen wichtiger ist. Ihre Familie oder das Corps.“ „Verstehe, Sir.“ „Denken Sie darüber nach. Aber gründlich.“ „Ja Sir. Verstanden, Sir.“ „Ich stelle Sie jetzt noch mal frei, Gunny. Gott alleine weiß, warum ich das mache. Vielleicht erinnern Sie mich manchmal an mich, als ich jünger war. Sobald Sie alle Termine mit Ihrer Frau erledigt haben, lösen Sie Sergeant Dunlop aber wieder ab.“ Ja Sir. Danke Sir.“ „Das ist aber wirklich das letzte Mal. Wenn das nochmal vorkommt, versetze ich Sie wirklich wieder nach Camp Pendleton.“ „Ja, Sir. Kommt nicht wieder vor, Sir.“ „Jetzt gehen Sie mir aus den Augen, bevor ich mir das nochmal anders überlege.“ Ja Sir, Danke sehr, Sir.“ Zum Glück waren wir am Hauptquartier angekommen.

Als Nächstes telefonierte ich mit Pam. „Guten Morgen, Darling.“ Begrüßte sie mich. „Guten Morgen Süße. Warst du schon beim Arzt?“ „Äh… …nein.“ „Dann komm bitte rüber zur Basis. Ich begleite dich.“ Ich hörte sie aufatmen. „In Ordnung. Nur…“ „Was?“ fragte ich leicht genervt. „Was machen wir mit Tim? Deine Mom ist schon auf dem Weg nach Sacramento.“ „Dann bring ihn mit.“ „Gut. Mache ich.“

Etwa 20 Minuten später trafen wir uns und gingen gemeinsam zum NMW. Dort saß wieder der gleiche weibliche Ensign am Empfang. Natürlich salutierte ich wieder vor der jungen Offizierin. „Ah. GySgt Murdock und Frau. Sie wollen wieder zu Commander Decker?“ „Ja, Ma’am.“ „Dann nehmen Sie noch einen Moment Platz. Wir rufen Sie auf.“ Es dauerte wieder eine gute halbe Stunde, dann kamen wir wieder zu dem sympathischen Offizier und Arzt.
Ich salutierte wieder. „Stehen Sie bequem, Gunny.“ Dann wandte er sich an meine Frau und ich übernahm Tim, den Pam vorher auf dem Arm hatte. „So, Mrs. Murdock.“ Begann Decker. „Ich habe Ihre Ergebnisse.“ Er blätterte durch ein paar Papiere. „Physisch gesehen sind Sie kerngesund. Ihre Blutergebnisse sind optimal. Ihre Kardiowerte sind so, wie sie bei einer jungen Frau, in Ihrem Alter sein sollten. Auch Ihre Lunge und Ihre Atemwege sind einwandfrei.“ „Das kann nicht sein.“ Sagte Pam überrascht. „Ich bilde mir das doch nicht ein. Ich bin doch kein Hypochonder.“ „Das habe ich auch nicht gesagt.“ Meinte Decker ruhig. „Sondern?“ „Ich hatte bei Ihren Symptomen gestern schon eine Vermutung, die sich mir bestätigt hat. Es hätte mich ehrlich gewundert, wenn die Untersuchungsergebnisse anders ausgefallen wären.“ „Das heißt?“ „Sie bilden sich Ihre Beschwerden nicht ein. Diese sind aber Psychosomatischer Natur.“ „Ich verstehe nicht ganz.“ „Ich bin kein Fachmann, Mrs. Murdock, weshalb die weitere Behandlung auch von einem Kollegen von mir erfolgen wird. Aber ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Sie eine Depression haben. Vermutlich begleitet oder ausgelöst durch eine sogenannte Angststörung.“ „Ich bin doch nicht verrückt.“ Sagte Pam entrüstet. „Das sagt auch keiner. Nur, dass Sie leider krank sind. Depressionen treten inzwischen sehr häufig auf. In verschiedenen Stärken. Angefangen beim sogenannten Burnout-Syndrom bis zur schweren Depression, bei der die Menschen kurz vor dem Suizid stehen. Angststörungen sind nicht ganz so häufig. Sie kommen aber auch nicht selten vor. Die bekanntesten sind etwa Platzangst oder Höhenangst oder Angst vor Schlangen oder Spinnen. Das kann Ihnen mein Kollege aber alles viel besser erklären.“ Pam zweifelte immer noch. „Ich soll psychisch krank sein? Das glaube ich einfach nicht.“ „Alle Symptome sprechen dafür. Glauben Sie mir.“ „Das macht durchaus Sinn.“ Überlegte ich laut. „Denk mal an deine Alpträume, die meinen Tod betreffen.“ „Das hatten Sie so genau gar nicht erwähnt.“ Sagte Decker. „Das würde aber definitiv für eine Angststörung sprechen.“ „Meinen Sie?“ fragte Pam zaghaft. Decker nickte. „Ich werde mal versuchen, meinen Kollegen, Commander Brown zu erreichen. Commander Brown ist Neurologe und Psychiater, sowie Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Eine Koryphäe auf dem Gebiet.“ „Ich werde jetzt also zum Psychiater geschickt.“ Sagte Pam kopfschüttelnd. Decker nahm sein Telefon und wählte eine Nummer. „Guten Morgen, Herr Kollege. Stan hier. Ich habe hier eine Patientin, die ich dir gerne schicken würde… …Die Ehefrau eines Gunnery Sergeants… …Meine Diagnose lautet auf mittelgradige bis schwere Depressive Episode, sowie eine Angststörung… …du kannst das sicher noch besser beurteilen. Wann hast du einen Termin frei?… …in einer Stunde? Da hätte ich nicht mir gerechnet… …ach so. Da hat jemand abgesagt… …okay ich schicke sie dir rüber. Meinen Bericht schicke ich dir dann heute Nachmittag zu, der ist noch nicht fertig… …ja, wir sollten mal wieder was trinken gehen… …Mach‘s gut.“ Er legte auf.
„Sie haben Glück. Sie können in einer Stunde zu dem Kollegen, weil ein anderer Patient abgesagt hat. So schnell geht das sonst nicht.“ Er sagte uns noch, wo wir Commander Brown fanden, dann konnten wir gehen.

Wir verließen dann erstmal das Gebäude und gingen ein paar Schritte durch die Sonne. Tim saß in seinem Kinderwagen. „Glaubst du das auch?“ fragte mich Pam zweifelnd. „Was meinst du?“ „, Dass ich verrückt bin.“ „Du bist nicht verrückt. Aber das mit der Angststörung klingt für mich plausibel. Du sagst doch immer, dass du unheimliche Angst davor hast, dass ich sterben könnte.“ „Ist das denn nicht normal?“ „Bis zu einem gewissen Grad schon.“ „Also bin ich doch verrückt.“ „Nicht verrückt, nur krank.“ „Das ist dasselbe.“ „Quatsch. Außerdem liebe ich dich so, wie du bist. Egal ob krank, verrückt oder sonst was.“ Sie nahm mich in den Arm und küsste mich. „Das ist die Hauptsache.“

Eine Stunde später waren wir dann bei Commander Brown. Der Navy Offizier war Ende Dreißig und wirkte sehr offen und sympathisch. Nachdem er uns begrüßt hatte, wandte er sich zuerst an mich. „Gunnery Sergeant Murdock. Es ist normalerweise nicht üblich, dass Sie bei einem Termin bei mir dabei sind und Ihre Frau begleiten. Ich muss von meinen Patienten Vertrauen, Offenheit und Ehrlichkeit erwarten können. Da es möglich sein kann, dass die Beziehung zu Ihrer Frau ein Teil des Problems ist, welches zu den entsprechenden Symptomen führt, ist diese Offenheit dann nicht gegeben. Sollte es, im Laufe einer Therapie sinnvoll und erforderlich sein, Sie mit einzubinden, käme dann ein entsprechendes Angehörigengespräch.“ Ich nickte zustimmend. Als ich gerade aufstehen wollte, um zu gehen, sagte Pam etwas: „Commander Brown. Bitte. Lassen Sie meinen Mann heute hier. Ich brauche ihn als Unterstützung. Bitte, nur heute.“ „Okay. Ausnahmsweise.“ Sagte Brown. „Bei diesem Erstgespräch gehen wir sowieso noch nicht so ins Detail, dass es stören könnte. Da ich momentan noch keinen Bericht von Commander Decker vorliegen habe, bitte ich Sie, mir noch mal Ihre ganzen Beschwerden zu erzählen.“ Pam schilderte also nochmal alle Beschwerden, die sie gestern bereits Decker genannt hatte. Ich ergänzte die Sachen, die sie gerade vergaß und sie bestätigte diese.
Brown hörte aufmerksam zu und machte sich ein paar Notizen. Dann ließ er das ganze einen Moment auf sich wirken. „Erzählen sie mir mal genauer von den Träumen. Dreht es sich immer um das gleiche Thema?“ „Wie genau?“ fragte Pam. „Da Ihr Mann heute dabei ist, reicht es, sie im groben Rahmen zu schildern.“ „Okay. Also angefangen hat das schon vor einem guten Jahr. Da war das auch immer so der gleiche Traum. Ich bin zu Hause bei der Hausarbeit und kümmere mich um Tim, meinen Sohn, dann klingelt es an der Haustür. Wenn ich öffne, steht dort ein Offizier vom Marine Corps, der dann anfängt: Mrs. Murdock, wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass… und dann wache ich meistens schweißgebadet auf.“ Brown nickte. „Diesen Traum hatten Sie öfter?“ „Ja, sehr oft.“ „Sie sagten, die Träume veränderten sich. Inwiefern?“ „Also, dieser Traum bleibt in etwa so. Ich habe aber auch noch andere Träume. So seit Weihnachten rum.“ „Was geschieht da?“ „In dem einen Traum träume ich vom Tag der Beerdigung. Also ich mache mich fertig und gehe mit meinen Eltern zur Beerdigung. Als wir dann am Grab sind und der Sarg in das Loch soll, wundere ich mich, dass Steve gar nicht da ist. Dann frage ich meine Mom, wo Steve denn ist. In dem Augenblick wird mir dann klar, dass er in dem Sarg liegt. Dann wache ich auch wieder auf.“ „Verstehe.“ Sagte Brown und nickte abermals. „Es gibt noch weitere Träume in der Art?“ „Ja.“ Nickte Pam. „Ich gehe mit Blumen auf einen Friedhof. Als ich die Blumen dann auf das Grab legen will, fällt mein Blick auf den Grabstein. Da steht dann Steves Name drauf.“ Sie begann zu weinen und Brown schob ihr eine Box mit Papiertüchern hin. „Gut. Auf die Träume werden wir in den nächsten Wochen näher eingehen. Ich möchte Ihnen noch ein paar Fragen stellen.“ „Bitte.“ Sagte Pam. „Wie ist momentan Ihre Stimmung? Also nicht jetzt im Augenblick, sondern heute oder in den letzten Wochen.“ „Gedämpft, bedrückt, traurig, ängstlich. Ich weiß nicht so genau.“ „Verstehe. Können Sie Freude empfinden?“ „Ich verstehe nicht ganz.“ „Können Sie sich über irgendwas freuen? Zum Beispiel wenn Ihr Sohn was Neues gelernt hat, oder wenn Ihr Mann Ihnen Blumen mitbringt.“ „Nicht wirklich.“ „Denken Sie manchmal daran, Suizid zu begehen?“ „Nein, auf keinen Fall.“ „In Ordnung.“ „Was habe ich, Commander Brown? Bin ich verrückt?“ „Verrückt sind Sie sicher nicht. Krank sind sie aber schon. Mein erster Eindruck, den ich von Ihnen bekommen konnte, sagt mir, dass Sie auf jeden Fall unter einer sogenannten Generalisierten Angststörung leiden. Ob diese von einer Panikstörung begleitet wird, müssen wir noch erarbeiten. Miteinhergehend ist meiner Meinung nach, eine mittelgradige depressive Episode. Da deuten Symptome, wie Ihre Antriebslosigkeit drauf hin.“ „Was kann man dagegen tun?“ „Wir gehen da in zwei Richtungen. Wir werden Sie auf jeden Fall mit Medikamenten versorgen, die Ihren Antrieb steigern und Ihre Stimmung aufhellen. Abends bekommen Sie was, damit sie besser schlafen können. Außerdem werden wir auch die Ängste etwas dämpfen. Die modernen Psychopharmaka sind gut und machen nicht abhängig. Sie müssen sich aber genau an den Medikamentenplan halten. Die zweite Richtung ist Psychotherapie. Wir sind zwar hier, bei der Navy überwiegend auf Traumata Behandlung spezialisiert, Patienten mit Angststörungen haben wir aber auch. Es gibt da ein, zwei Therapiegruppen, bei denen ich Sie gerne sehen möchte, den Rest machen wir dann in Einzelsitzungen bei mir.“ „Ich muss also auf die Couch.“ Sagte Pam wenig begeistert. „Wenn Sie so wollen, ja.“ „Also bin ich doch verrückt.“ „Diesen Ausdruck lassen Sie mal weg. Woran Sie leiden, habe ich Ihnen ja gerade geschildert.“ „Reicht es denn nicht, wenn ich die Tabletten schlucke?“ „Die Medikamente können Sie lediglich unterstützen. Außerdem behandeln sie eher die Symptome. Wir müssen aber an die Ursachen ran. Dann besteht auch eine Möglichkeit, Sie zu heilen.“ „Okay. In Ordnung.“ „Am Anfang müssen wir uns häufiger sehen. Je weiter die Behandlung fortschreitet, um so länger werden die Abstände zwischen den Sitzungen. Ich schreibe Ihnen jetzt noch die nächsten freien Termine auf. Zu denen kommen Sie dann bitte alleine.“ „In Ordnung.“

Als wir Commander Brown verlassen hatten, gingen wir wieder nach draußen in die Sonne. Pam blickte mich mit Tränen in den Augen an. „Also gut. Ich muss auf die Couch.“ Schluchzte sie. „So schlimm ist das nicht, Süße. Das Wichtigste ist, dass du wieder gesund wirst.“ „Du verlässt mich doch nicht, weil deine Frau verrückt geworden ist.“ „Erstens bist du nicht verrückt, sondern krank und zweitens habe ich geschworen bei dir zu bleiben. In guten, wie in schlechten Zeiten.“












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