Samstag, den 8. Februar 2020, abends, Sacramento, CA:
Pam war überrascht, als ich zur Tür reinkam. „Wie bist du denn nach Hause gekommen?“ „Ben hat mich gebracht.“ „Das ist aber nett von ihm.“ „War ja heute unsere letzte gemeinsame Tour. Ab Montag bin ich dann alleine auf Tour.“ „Und morgen?“ „Gehöre ich dir allein.“ Sie küsste mich. „Dann machen wir morgen was Schönes.“ „Sehr gerne.“ „Würdest du unseren Sohn ins Bett bringen?“ „Wird es schon wieder Zeit für ihn?“ Sie nickte. „Guck mal auf die Uhr.“ „Hast Recht.“
Ich ging ins Kinderzimmer, wo Tim auf dem Teppichboden saß und mit Bauklötzen spielte. Er baute Türmchen, indem er die Bauklötze einfach übereinanderstapelte und lachte sich kaputt, wenn sie umfielen. Als er mich sah, rief er „Daddy.“ Dann lief er auf mich zu und ich nahm ihn auf den Arm. „Hey, Timmy.“ „Komm, spielen.“ Forderte Tim. „Du musst doch jetzt schlafen gehen.“ „Gar nicht müde.“ Protestierte Tim. „Lieber spielen.“ „Die Mama hat gesagt, dass du ins Bett musst.“ Ich hatte Tim wieder runtergelassen. Er lief dann zu Pam ins Wohnzimmer. „Gar nicht müde.“ Protestierte er auch hier. „Egal, kleiner Mann, es wird Zeit.“ Sagte Pam. „Los, Schlafanzug anziehen und Zähne putzen.“ Tim protestierte noch ein wenig, machte aber, was ihm gesagt wurde.
Als er bettfertig war, forderte er: „Geschichte vorlesen.“ Pam gab mir ein Kinderbuch. „Aus dem lese ich ihm momentan seine Gute Nacht Geschichten vor.“ Ich suchte mir was aus und las ihm dann was vor, bis er eingeschlafen war.
Als ich wieder aus dem Kinderzimmer kam, überraschte mich Pam. Ihre langen, schwarzen Haare trug sie jetzt offen. Außerdem trug sie verführerische Dessous. „¡Hola cariño!“ begrüßte sie mich. „¡Hola hermosa mujer!“ antwortete ich. „Du hast mir gefehlt.“ „Du mir auch.“ „Ich möchte dich verwöhnen. Für alles, was du für mich getan hast.“ „Bist du sicher?“ Sie nickte. „Komm mit.“ Wir gingen ins Schlafzimmer. Dort wurde es so schön, wie es lange zwischen uns nicht mehr war.
In der Nacht wurde ich wach. Pam wälzte sich hin und her. Auf einmal rief sie im Schlaf: „Steve… Steve… Steve.“ Ich weckte sie sanft. „Alles gut, Sweetheart, ich bin ja da.“ Sie kam in meinen Arm und legte ihren Kopf auf meine Brust. Außerdem weinte sie. „Wieder ein Alptraum?“ „Ja.“ Schluchzte sie. „Willst du davon erzählen?“ „Die Träume haben sich verändert. Ich habe nicht mehr den Traum, wo dein Vorgesetzter kommt. Der ist weg. Ich war auf einer Beerdigung. Mom und Dad waren auch da. Ich konnte auch nicht erkennen, wer da beerdigt wurde. Dann habe ich gemerkt, dass du gar nicht da warst. Dann bin ich panisch geworden. Ich habe überall geguckt und dich nicht gesehen. Dann habe ich meine Eltern angeschrien. Wo ist Steve? Ich hab aber keine Antwort bekommen. Dann hast du mich geweckt.“ „Waren meine Eltern auch da?“ „Keine Ahnung.“ „Und Tim?“ „Ich weiß es nicht.“ „Dann war das vielleicht gar nicht meine Beerdigung.“ „Warum warst du dann nicht da?“ „Frag das deinen Therapeuten bei der nächsten Sitzung.“ „Ja, Darling.“ Sie kuschelte sich an mich und ich streichelte sie. „Jetzt bin ich ja bei dir. Schlaf jetzt wieder.“ „Okay.“ Irgendwann schliefen wir wieder ein.
Sonntag, den 9. Februar 2020, Sacramento, CA:
Nachdem wir aufgestanden waren, absolvierte ich meine morgendliche Laufrunde. Pam machte in der Zeit das Frühstück fertig. Anschließend saßen wir zusammen am Tisch und frühstückten. „Willst du morgens nicht mal wieder mit mir zusammen laufen?“ „Und wer bleibt bei Tim?“ „Stimmt auch wieder.“
Etwas später fragte ich: „Wie oft hast du denn solche Träume, wie letzte Nacht?“ „Na ja. Nicht so oft, wie früher. Aber immer noch oft.“ „Was sagt dein Therapeut dazu?“ „Doctor Douglas meint, dass wir eine Rückführung machen sollten, um an das Kindheitstrauma zu gehen.“ „Was soll das sein?“ „Er will die Barriere knacken, die mich daran hindert, mich an den Banküberfall zu erinnern.“ „Da warst du vier. Ich weiß auch nicht mehr so viel, aus der Zeit, als ich so alt war.“ „Es muss aber noch vorhanden sein. Weil das ja wohl meine Ängste verursacht.“ „Wie soll das vonstattengehen?“ „Mit Hypnose. Entweder soll ich mich einfach in mein früheres ich versetzen oder, was er besser findet, in jemanden, der mich und meine Großeltern beobachtet.“ „Klingt irgendwie verrückt.“ „Ich weiß gar nicht ob ich das will. Ich habe Angst, mich daran zu erinnern.“ „Das ist klar. Aber vielleicht hilft es dir ja wirklich.“ „Ich denke noch darüber nach.“
Nachdem wir dann zu Hause alles wieder in Ordnung hatten, machten wir uns mit Tim auf den Weg. Heute besuchten wir mit ihm den Sacramento Zoo. Tim hatte Spaß daran, die ganzen Tiere zu sehen. Leider war er noch zu klein, um an der Giraffenfütterung teilzunehmen. Da musste er noch ein wenig älter für werden. Trotzdem wurde es ein schöner Tag. Wir drei hatten Spaß und ich merkte, dass es Pam wirklich besser ging. Abgesehen von den Alpträumen merkte man kaum noch was. Sie blühte wieder auf und das entspannte mich. So verging der Sonntag wie im Flug. In der kommenden Nacht hatte Pam auch offensichtlich keinen Alptraum. Sie schlief zumindest durch.
Montag, den 10. Februar 2020, 6:00 am, PST, Sacramento, CA:
Um sechs Uhr klingelte mich der Wecker aus meinen Träumen. Diese waren zum Glück schöner als die meisten von Pam. In der Regel träumte ich von der Gemeinsamkeit mit meiner Familie, was ich ja zu Hause auch hatte. Ich stand auf und ging zum Toilettengang und zur Zahnpflege ins Bad. Anschließend erledigte ich meine Laufrunde. Danach folgte das Frühstück mit Tim, während Pam im Bad war.
Gegen halb acht kamen wir dann am Zentrallager an. Heute parkte Pam. Dann kamen sie und Tim ebenfalls mit. Sie wollte mir beim Einräumen meiner Sachen in meine Zugmaschine helfen. Wir gingen zusammen in Charlies Glaskasten. „Guten Morgen ihr drei.“ Begrüßte uns Charlie. „Ich bin Charlie Saunders.“ Stellte er sich Pam vor. Wir haben uns zwar auf Keelas Hochzeit gesehen, aber nicht kennengelernt. Als Jessy Steve und mich bekannt gemacht hat, warst du ja schon mit dem Kleinen auf dem Zimmer.“ „Freut mich, dich kennenzulernen. Bist du Steves Dispatcher?“ „Nur in der Urlaubszeit.“ Sagte Charlie. „Zwei von Steves Dispatchern kennst du. Das sind Keela und Jessy. Danny, der Dritte im Bunde, ist heute Nachmittag im Dienst.“ „Aha.“ „Der Kleine ist aber groß geworden.“ „Ist ja mit der Hochzeit schon wieder ein dreiviertel Jahr her.“ „Ihr wollt bestimmt helfen, Steves Maschine einzuräumen.“ „Genau.“ „Okay, dann zu dir, Steve.“ „Hier.“ „Du bekommst die Maschine mit der Internen Nummer 9-4876. Freightliner Cascadia, Cummins ISX 15 Maschine mit 400 PS, 10 Gang Fuller Getriebe und Jake Brake.“ „Also eine Standard Walmart Maschine.“ „Nicht ganz. Die Fahrer, die in ebenen Gebieten fahren, haben nur die normale Engine Brake. Wir haben aber hier Donner Pass und Co in der Nähe.“ „Also nicht die Maschine von Greg.“ „Doch, das ist Gregs Maschine. Die ist etwas aufgehübscht. Da Greg bei einer Werbefirma Trucks und Trailer beklebt hat, bevor er das Fahren angefangen hat, war sein Design immer individuell. Außerdem hat die Maschine etwas mehr Chrom, als die Standard Maschinen. Im Innenraum hat er auf eigene Kosten das Holzdekor nachgerüstet, weil ihm das graue Plastik nicht gefallen hat. Genauso hat er eben verchromte Spiegelgehäuse und weitere Chrom Applikationen nachgerüstet.“ „Verstehe.“ „Die Maschine hat jetzt etwa 400.000 Meilen auf dem Buckel. Ist aber top gepflegt. Von außen und innen wie neu.“ „Das heißt…“ „Wenn keine größeren Defekte auftreten, hast du noch ein, eineinhalb Jahre diesen Truck.“ „Okay.“ „Hier hast du die Schlüssel. Außerdem die Mappe mit den erforderlichen Papieren und Tankkarten.“ „Okay.“ „Dann geh mal zu deiner Schwester und hol dir deinen Auftrag ab.“ „Okay.“ „Viel Spaß und Erfolg mit deinem Truck.“
Wir gingen zu Jessys Schreibtisch. „Guck mal, da ist Tante Jessy.“ Sagte Pam zu Tim. Tim lief zu Jessy. „Hallo Tante Jessy.“ Jessy blickte überrascht von ihren Monitoren hoch. „Kommst du heute gleich mit Verstärkung?“ „Nur zum Einräumen.“ „Ich dachte schon. Du fährst nämlich nach Hollywood.“ „Wie jetzt?“ „Du gehörst doch zu den Hollywood Marines. Dann kennst du dich doch da aus.“ Sagte Jessy mit einem Grinsen. „Wie, ich verstehe nicht ganz.“ Jessy stöhnte auf. „Jetzt stell dich nicht blöder, als du bist. Wir haben dir einen Container vorgeladen. Der geht zum Walgreens Markt Nummer 9136, Adresse ist 1625, West Sunset Boulevard, Los Angeles.“ „Ach du sch…“ rutschte es Pam heraus. Mit einem 18 Wheeler auf den Sunset Boulevard?“ „Ben hat gesagt, du bist gut bei engen Abladestellen. Außerdem ist es ja nur eine 40 Fuß Büchse.“ „Passt schon.“ „Dann mal los. Dein Container steht an Tor 8. Die Daten hast du gleich im ORBCOMM.“ Sie gab mit schon die Papiere. Wir drei verließen das Büro. Dann fuhren wir mit dem Ford auf den Zugmaschinenplatz.
Dort fanden wir ja den Cascadia. „Nicht so schön, wie der hellblaue, letzte Woche stellte Pam fest.“ „Ich finde den Truck okay.“ Wir holten dann erstmal das Bettzeug aus dem Auto und bezogen das Bett. Dann holte ich den Fernseher, den ich vor ein paar Tagen in einem Supercenter gekauft hatte. Ich schloss ihn im Truck an und suchte einen Sender mit Kinderprogramm. Nun setzten wir Tim auf mein Bett und ließen ihn Fernsehgucken. So war der Kleine schon mal beschäftigt.
„Du hast ja richtig Platz hier drin.“ Staunte Pam. „Ist ja auch die große Kabine. Die haben auch Trucker, die von Küste zu Küste fahren. Ist ähnlich, wie in Marcs Kenworth.“ Pam räumte dann die Lebensmittel in den Kühlschrank und den Vorratsschrank. Ich brachte die Kleidung unter. Dann hatten wir alles verstaut, was im Auto war. „Jetzt muss ich nur noch die Sachen holen, die ich hier im Spind habe. Dann fahre ich aber schon mal zum Trailer und sattele auf.“ „Soll ich dir da auch noch helfen?“ „Kannst du, musst du aber nicht.“ „Okay. Tim, kommst du?“ „Nein.“ Rief der Kleine von hinten. „Mit Daddy fahren.“ „Okay. Bis zum Trailer kann er ja noch mit.“ „Na gut.“ Zum Glück hatte ich mich gegen acht Uhr schon mal angemeldet. So war die Zeit für die Truck PTI schon mal durch. Im ORBCOMM erschien dann auch mein Auftrag:
PICKUP: CST-CASAC
GATE: 08
TRAILER: CC9259
FREIGHT: SALT
WEIGHT: 34,836 LB
DROP: WGR-CALAX
PRIORITY: IMPORTANT
REMARKS: MARKET #9136, 1625 W SUNSET BLVD, LOS ANGELES
WAT-CASAC-JMU
„Aus dem Kauderwelsch wirst du schlau?“ „Da steht alles was ich brauche. Wenn die Kürzel zu komplex sind, kann ich mir das auch im Klartext anzeigen lassen. Ich muss nur auf die Zeile tippen.“ Ich startete den Motor und fuhr langsam zum Trailer. Tim war nach vorne gekommen und auf den Beifahrersitz geklettert. Dort saß er jetzt mit großen Augen. An Tor 8 angekommen, rangierte ich vor den Trailer und setzte dann langsam zurück, bis er sanft in die Kupplung einrastete. „Nichts anfassen.“ Sagte ich zu Tim und stieg aus. Dann schloss ich die Druckluftschläuche und Stromkabel an Anschließend kurbelte ich die Stützen hoch.

Nun fuhr ich noch ein Stück vor und stellte dann den Motor ab. „Geh noch etwas Fernsehgucken.“ Sagte ich zu Tim. Anschließend ging ich mit Pam zu meinem Spind. Wir holten die restlichen Sachen, die Pam dann noch einräumte. In der Zeit erledigte ich dann die PTI von Truck und Trailer. Um halb Neun war dann alles erledigt und ich konnte losfahren. Tim protestierte dann wieder, als er aussteigen sollte. „Ich will bei Daddy bleiben.“ „Das geht nicht.“ Sagte ich. Er weinte etwas, ging dann aber brav zu Pam. Die beiden winkten mir dann zum Abschied.
Ich fuhr dann zum Golden State Highway, der CA-99. Hier ging es dann in südlicher Richtung weiter. Bis Stockton blieb ich dann auf diesem Highway. Dort wechselte ich dann auf die CA-4 W in Richtung Downtown Stockton / San Francisco. Nach drei Meilen ging es dann auf die I-5 S in Richtung Los Angeles. Bis dahin hatte ich schon gemerkt, dass ich mit dem Truck gut leben konnte. Er war zwar keine Ausgeburt an Kraft oder Drehmoment, es reichte aber. In Kalifornien sollte ich auch ganz gut mit dem 10 Gang Getriebe leben können. So hatte ich eben nur ein 5 Gang Getriebe mit Nachschaltgruppe. Der Wahlschalter für den Split fiel weg. Bei 55 mph lag die Drehzahl auch noch erträglich bei etwa 1300 Umdrehungen. Ich konnte mir aber vorstellen, dass ich außerhalb von Kalifornien ein 13 Gang Getriebe vermissen würde, wenn ich bis zum Begrenzer bei 66 mph beschleunigen sollte. Ich war aber der Meinung, wie Ben. Lieber beim Truck etwas weniger Komfort, dafür bei den Sozialleistungen mehr, als bei anderen. Ich konnte aber auch Marc verstehen, dass er sich als Owner Operator was Besseres gönnte.
Während der ereignislosen Fahrt über die Interstate 5 erledigte ich dann nebenher andere Sachen. Zum Beispiel koppelte ich mein Smartphone mit der Parrot Freisprecheinrichtung, die hier eingebaut war. Von Walmart aus hatten wir keine Diensttelefone mehr. Es sollte alles über die ORBCOMM laufen. Falls eine verbale Kommunikation aber nötig war, hatten die Dispatcher meine Handynummer. Im Gegenzug dazu konnten wir die Kosten, die wir dienstlich mit dem Handy hatten, auch einreichen. Der Vormittag verlief ansonsten ereignislos. An der Waage zeigte mein Transponder dann an, dass ich raussollte. Nachdem Gewicht und Achslasten aber in Ordnung waren, konnte ich sofort wieder weiterfahren.

Für meine Mittagspause wählte ich dann wieder mal den Truckstop in Buttonwillow. Dieses Mal ging ich aber nicht in den Taco Bell, der im Truckstop war, sondern in das Restaurant Willow Ranch, was auf der anderen Straßenseite war. Dort nahm ich dann einen Chef Salat zu mir. Anschließend machte ich noch einen strammen Verdauungsspaziergang, bei dem ich die Kalorien wieder etwas ablaufen wollte. So hatte ich die Pause dann auf eine Stunde ausgedehnt. Danach ging es weiter nach LA.
Ich fuhr zurück auf die I-5 S. Dann ging es in den Nachmittagsverkehr. Etwas später ging es dann nach der Gabelung mit der CA-99 in die Berge. Der Tejon Pass lag vor mir. Bei Grapevine musste ich dann auch noch auf die Bremse, weil sich ein sogenannter Kollege reindrängelte. So ging es dann ohne Schwung in den Berg. Ich kannte den Berg ja schon von den Fahrten mit dem Hummer. Mit einem Truck war ich jetzt aber das erste Mal hier. Mal abgesehen von der Fahrt mit dem U-Haul F650 in die Gegenrichtung. Der Cascadia hielt sich erstaunlich gut für die kleine Motorisierung und die „nur“ 10 Gänge. Auch ohne Schwung krabbelte er noch mit 35 mph hier hoch. Auch die „Wasser“ Parkbuchten brauchte ich nicht. Die Temperatur stieg zwar an, blieb aber im normalen Bereich. Gut. Die Außentemperatur hielt sich im Februar auch in Grenzen.
Schließlich erreichte ich Fort Tejon. Danach war der Anstieg nicht mehr so steil. Es ging aber noch einige Meilen weiter Bergauf. Hier fuhr ich aber schon wieder über 45 mph. Etwas später las ich dann auf einem Schild: „Tejon Pass ELEV 4144 FT“ und somit erreichte ich die Passhöhe. Das Gefälle war dann, Dank der Jake Brake auch kein Problem.
Schließlich erreichte ich mit Santa Clarita das Los Angeles County. Bei San Fernando folgte ich weiter der I-5, obwohl der Abzweig in Richtung Santa Monica natürlich verlockend war. Etwas später sollte ich dann eigentlich auf den Vetura Freeway wechseln. Aufgrund einer Vollsperrung ging es dann leider nicht.

Also weiter in Richtung Downtown Los Angeles und das am Abend, wo der Feierabendverkehr noch im vollen Gange war. Das kostete dann natürlich viel Zeit. Schließlich erreichte ich eine Ausfahrt, bei der ich ab- und dann in Richtung Norden wieder auffahren konnte. Dann ging es in Richtung Los Angeles Civic Center endlich auf die US-101 N. Anschließend konnte ich an der Echo Park Ave vom Highway abfahren. Kurz darauf war ich am Walgreens Store. Inzwischen war es acht Uhr am Abend. Mein nächster Auftrag war dann auch im System:
PICKUP: WGR-CALAX
TRAILER: FEXXXX
FREIGHT: EMPTY PALLETS
WEIGHT: 40,154 LB
DROP: EST-CASAC
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: MARKET #9136 (SAME AS YOUR DELIVERY) TRAILER PROVIDED BY FEDEX
WAT-CASAC-DSN
Ich hielt in der Einfahrt an und meldete mich beim Security Mann. Mein Trailer sollte dann ans erste Tor, der Andere stand am zweiten Tor. Auch hier war so wenig Platz, wie an unseren Neighborhood Markets. Heute musste ich das Rangieren ohne Ben schaffen. Dazu auch noch im Dunkeln. Den 40 Fuß Trailer bekam ich aber relativ einfach an seinen Platz. Dann eben umsatteln und Feierabend.
Nun musste ich nur noch eine Parkmöglichkeit finden. Natürlich wollte man mich mit Walmart Werbung an der Maschine nicht hier parken lassen. Leider musste ich dann erstmal in die falsche Richtung fahren, um an die nächste Parkmöglichkeit für Trucks zu kommen. Mit viel Glück hatte ich dann neun Uhr noch eine Parklücke für meinen Truck gefunden.
Ich telefonierte dann noch kurz mit Pam, die mir erzählte, dass Tim den ganzen Tag nur noch von Daddy und seinem Truck geredet hatte. Morgen wollte sie mit ihm in unserem Walmart Super Center nach einem Spielzeug Truck schauen, der dann so ähnlich wie Daddys Truck aussah. Nachdem wir unser Telefonat beendet hatten, schaute ich noch etwas fern. Dabei schlief ich dann ein.
Dienstag, den 11. Februar 2020, 7:45 am, PST, Los Angeles, CA:
Es war was passiert, was mir ewig nicht passiert war. Ich hatte verschlafen. Am Abend war ich vor dem Fernseher eingeschlafen. Ich bin dann nochmal kurz wach geworden, hab aber nur den Fernseher ausgemacht und nicht daran gedacht, den Wecker zu stellen. Glücklicherweise hatte ich auch vergessen, das Handy auszuschalten. Wer weiß, wie lange ich sonst geschlafen hätte.
Um viertel vor Acht klingelte mein Handy. Völlig verschlafen ging ich dran. „Hallo.“ „Würde sich der gnädige Herr mal bequemen zu Arbeiten.“ Wurde ich von Jessy angepfiffen. „Dir auch einen schönen guten Morgen.“ Bekam sie zur Antwort. „Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ Ich war noch nicht dazu gekommen auf eine Uhr zu schauen. „Nein.“ Sagte ich also. „Viertel vor Acht.“ „Bleib mal cool. So eilig werden meine Leerpaletten schon nicht sein.“ „Du bringst aber meine ganze Planung durcheinander. Je später du fährst, um so später bist du hier. Um so später kannst du auch mit der nächsten Tour wieder los.“ „Deshalb musst du mich ja nicht gleich anpfeifen. Hast du deine Tage, oder was ist los?“ „Ich musste gerade bei Charlie antreten.“ Gestand sie mir. „Warum? Weil ich noch nicht unterwegs bin?“ „Quatsch. Weil sich Dannys Freundin bei ihm beschwert hat. Vielleicht war es auch Danny.“ „Was hast du angestellt?“ „Das geht dich gar nichts an.“ „Dann war es wohl zu Recht.“ „Nur, weil ich sie nicht nach Hause hole, obwohl sie es angemeldet hat, macht sie da einen Lauten.“ „Und warum hast du nicht?“ „Weil ich Stress hatte. Da hab ich nicht daran gedacht. Sie stand in Atlanta. Von da hatte ich nichts nach Kalifornien. Da habe ich den dringendsten Auftrag genommen. Der ging aber nicht in unsere Richtung.“ „Von Georgia aus liegt doch so ziemlich alles in unsere Richtung.“ „Quebec aber nicht.“ „Du hast sie allen Ernstes nach Kanada geschickt?“ „Ja.“ „Dann hätte ich mich an Ihrer Stelle auch beschwert.“ „Macht mich nur alle fertig. Sieh lieber zu, dass du loskommst.“ „Ma’am, Jawohl Ma’am.“ „Idiot.“ Sie legte auf.
Ich machte mich fertig und putzte die Zähne und wusch mich mit Wasser aus meinem Kanister. Zum Duschen war keine Zeit. Danach zog ich meine Fahrersachen an uns begann die PTI. So schaffte ich es, um viertel nach Acht loszufahren.
Natürlich war ich jetzt im dicksten Berufsverkehr in LA. Außerdem war ich ja gestern Abend noch in die verkehrte Richtung gefahren, um noch eine Parkmöglichkeit zu finden. So war ich gestern noch ein Stück in Richtung Ventura gefahren. Das musste ich erstmal zurück. Daher ging es erst auf der US-101 in Südliche Richtung, bevor ich auf die I-5 in Richtung Norden fahren konnte. Nun ging es endlich aus Los Angeles hinaus.
Bald kam dann wieder der Anstieg zum Tejon Pass. Heute hatte ich auch mehr Gewicht, als gestern. Ich erinnerte mich an die unsinnigen Gangwechsel der Automatik des U-Haul Trucks und war froh, dass ich noch Handschaltung hatte. Ich krabbelte zwar langsam den Pass hinauf, verlor aber nicht unnötig Schwung durch falsche Gangwechsel. Außerdem schlug sich der Cascadia besser, als der Lonestar, der mit dampfendem Kühler am Straßenrand stand.

Schließlich erreichte ich die Passhöhe und wurde dann auch wieder schneller.
Gegen viertel vor Eins machte ich dann in Buttonwillow wieder meine Mittagspause. Die nutzte ich zuerst einmal dazu, die am morgen nicht geschaffte Dusche nachzuholen. Da mir mein Salat in der Willow Ranch gestern ausgezeichnet geschmeckt hatte, wiederholte ich das dann heute. Nach dem Verdauungsspaziergang fuhr ich dann um zwei Uhr am Mittag weiter.
Den Nachmittag und den frühen Abend verbrachte ich dann damit, die I-5 in Richtung Norden zu benutzen. Die Fahrt verlief dann ohne nennenswerte Ereignisse. Ab Stockton hatte ich dann natürlich mit dem Feierabendverkehr zu kämpfen. So war es dann auch schon kurz vor halb Acht, als ich endlich am Außenlager eintraf.
„Hallo Steve.“ Wurde ich begrüßt. „Guten Abend.“ „Du hast ja tatsächlich den Truck von Greg bekommen.“ „Wie du siehst.“ „Dann fahre ihn nicht kaputt, wenn du jetzt den Trailer hinten in die Ecke setzt.“ „Mache ich schon nicht.“ Der Kollege unterschrieb mir meine Papiere und stempelte sie noch ab. Dann gab er sie mir zurück. Ich fuhr dann hinten auf den Hof und rangierte den Trailer in die Ecke. Offensichtlich musste ich diese Woche immer im dunkeln Rangieren. Kurz bevor ich am Tor stand, hielt ich dann noch an und öffnete die Türen des Trailers. Anschließend setzte ich bis kurz vor das Tor zurück und sattelte ab.

Die Nachricht, die dann im ORBCOMM stand, gefiel mir:
10 H BREAK
WAT-CASAC-DSN
Ich durfte also nach Hause und meine Pause bei meiner Familie verbringen. Ich fuhr dann Bobtail zum Zentrallager, wo ich die Maschine um acht Uhr auf den Zugmaschinenplatz stellte. Da Pam wahrscheinlich gerade Tim ins Bett brachte, zog ich mir schnell meine Sportsachen an und packte das, was mit nach Hause sollte in meinen Rucksack. Anschließend lief ich dann nach Hause. So holte ich meine morgendliche Laufrunde, die ich ja heute nicht machen konnte, am Abend nach.
Zu Hause überraschte ich dann Pam, die gerade aus dem Kinderzimmer kam. „Hallo Darling. Schön, dass du hier bist.“ Sie küsste mich lang und liebevoll. „Hallo Sweetheart.“ Ich sprang dann schnell unter die Dusche und ging anschließend zu Pam ins Wohnzimmer.
Sie surfte gerade mit ihrem Tablet im Internet. „Gut, dass du da bist. Dann kannst du mir sagen, welchen Truck ich für Tim kaufen soll.“ Sie zeigte mir die Bilder ihrer beiden Favoriten auf der Walmart Website.


„Ich wusste gar nicht, dass es einen Walmart Truck bei Cars gibt.“ Wunderte ich mich. „Das ist Walley, der Lastwagen.“ Sagte Pam lachend. „Okay. Wenn mein Truck zu sprechen beginnt, weiß ich jetzt Bescheid.“ Lachte ich. „Eigentlich sind beide noch nichts für Tim.“ Fuhr Pam fort. „Beide haben Teile, die er verschlucken könnte.“ „Das Zubehör musst du vorher auf jeden Fall an die Seite tun.“ „Das ist klar.“ „Ansonsten sollte er da noch nicht mit spielen, wenn er alleine ist.“ „Welchen findest du besser?“ „Keine Ahnung. Vielleicht sollte Tim aussuchen.“ „Der will dann sicher beide.“ „Der Cars Truck ist sicher teurer, weil da die Lizenzgebühren für Disney Pixar mit beikommen. Was noch nicht heißt, dass die Qualität auch besser ist.“ „Stimmt. Also besser den anderen?“ „Was meinst du denn?“ „Ich schaue mir die beide direkt im Supercenter an. Dann nehme ich den, der solider aussieht.“ „Mach das.“ Pam legte das Tablet weg und wir kuschelten noch ein bisschen. Anschließend gingen wir ins Bett.
Mittwoch, den 12. Februar 2020, 4:00 am, PST, Sacramento, CA:
Heute hatte ich wieder an den Wecker gedacht. Ich machte ihn leise aus und ging ins Bad. Nach der Zahnpflege und einer kurzen Wäsche zog ich wieder die Sportsachen an. In der Küche machte ich mir noch ein paar Sandwiches als Frühstück und Kaffee, den ich in meine Thermoskanne füllte. Diese Sachen und etwas frische Wäsche packte ich dann in meinen Rucksack. Anschließend koppelte ich mal wieder meine Laufrunde mit dem Weg zur Arbeit. Am Zentrallager ging ich noch schnell duschen. Anschließend zog ich die Fahreruniform an und ging zu meiner Maschine.
Auf dem Weg ging ich kurz im Dispositionsbüro vorbei, wo Keela gerade dabei war, die Übergabe an Jessy zu machen. „Guten Morgen die Damen.“ Grüßte ich. „Steve, du störst.“ Zickte Jessy gleich wieder rum. „Quatsch.“ Sagte Keela. „Du willst sicher nur eben wissen, was jetzt anliegt.“ „Genau.“ „Gefahrgut darfst du doch.“ „Natürlich.“ „Auch ADR Klasse 1?“ „Gerade die. Was glaubst du, wie oft wir früher Munition transportiert haben. Oder Sprengstoff.“ „Gut. Munition brauchst du heute nicht fahren. Könnte aber auch noch kommen. Für unseren Waffenbereich. Heute gibt es Feuerwerkskörper.“ „Kein Problem.“ Sie druckte die Papiere aus und gab sie mir anschließend. „Eine Ladung Feuerwerkskörper, 23.042 Pfund zu FedEx in Fresno. Die verteilen das dann weiter.“ „Fresno klingt nach Tagestour.“ „Wenn alles klappt, dann ja.“ „Der Trailer steht am Außenlager?“ „Genau. Außenlager, Tor 4.“ „Alles klar. Dann legt euch wieder hin.“ „Idiot.“ Sagte Jessy. „Mach ich gleich auch.“ Grinste Keela.
Ich verließ das Büro und ging zu meiner Maschine. Die PTI war dann um viertel nach Sechs erledigt und ich machte mich auf den Weg zum Außenlager. Dort bekam ich einen 48 Fuß Dry Van, auf dem das Feuerwerk verladen war.
Nach der PTI des Trailers konnte ich mich dann um viertel vor Sieben auf den Weg machen. So hatte ich dann natürlich direkt wieder Berufsverkehr. Der Golden State Highway war dann auch wie gemacht dafür, dass sich da zu viele Autos auf zu wenig Straße befanden. Während die Interstate 5 ja ebenfalls in Nord-Süd Richtung verlief, sich aber mehr neben dem Sacramento River befand, führte die CA-99 ja mitten durch die Stadt. Inzwischen hatte ich mich aber wieder so sehr an den Verkehr in meiner Heimatstadt gewöhnt, dass ich wusste, auf welchen Spuren es besser lief und auf welchen es eher stockte. Abgesehen von meinem neuen Job hatte ich da früher nie mit zu tun gehabt. Während meiner Zeit bei den Marines wohnte ich immer so, dass ich fußläufig den Stützpunkt erreichen konnte. Selbst jetzt funktionierte das ja bei mir. Nun befand ich mich aber eben beruflich auf der Straße. Der dichte Verkehr begleitete mich dann wieder bis Stockton.

An der CA-99 waren zwar sowieso mehr Städte, als an der I-5. Trotzdem lief es weiter südlich dann besser. Dort konnte ich dann auch weitestgehend mit Tempomat 56 dahinrollen.
Kurz bevor ich Fresno erreichte, leuchtete dann die Tankleuchte auf. Das war quasi eine Premiere, seitdem ich bei Walmart angefangen hatte. In der Vergangenen Woche hatten wir so viele Fahrzeugwechsel, dass wir gar nicht dazu kamen, tanken zu müssen. Was hatte Ben denn zum Tanken gesagt? Mir fiel nur ein, dass er gesagt hatte, dass getankt werden sollte, wenn man aus einem anderen Staat wieder nach Hause kam. Bei den Preisen in Kalifornien auch kein Wunder. Für den Rest fiel mir nichts ein. Mein Telefon koppelte sich ja jetzt automatisch mit der Freisprecheinrichtung. Ich wählte kurz Bens Nummer an und legte das Telefon wieder weg. „Hallo Steve. Wie läuft es bei dir, Junge.“ Begrüßte er mich. „Hallo Ben.“ „Hast du eigentlich Gregs Maschine bekommen?“ „Ja, habe ich.“ „Und? Zufrieden?“ „Kann ich gut mit leben.“ „Warum rufst du an?“ „Ich weiß gar nicht mehr, was du mir zum Tanken erzählt hast.“ „In Kalifornien oder außerhalb?“ „Außerhalb weiß ich noch. Immer volltanken, bevor es wieder in den Staat zurück geht.“ „Über das Tanken innerhalb von Kalifornien haben wir auch gar nicht gesprochen. War mein Fehler.“ „Kann passieren.“ „Also normalerweise haben wir eine eigene Tankstelle auf dem Hof. Die wird aber gerade renoviert. Deshalb habe ich dir das auch nicht gezeigt. Bis die wieder funktioniert, musst du an den normalen Tankstellen tanken.“ „Aha. Gibt es da was zu beachten?“ „Gibt es. Du hast in deiner Mappe mit den Truck Papieren drei Tankkarten. Die Erste ist für die Tankanlage auf dem Hof. Dann hast du eine Techron Advantage Card. Das ist die Tankkarte für Chevron und Texaco Tankstellen. Wenn du außerhalb tankst, versuche möglichst dort zu tanken, wo diese Karte genommen wird. Da haben wir die höheren Rabatte drauf. Die dritte Karte ist dann für den Rest der Tankstellen. Bitte diese nur nehmen, wenn es nicht anders geht.“ „Okay. Alles klar.“ „Wenn du in Kalifornien bleibst, also am Besten auf dem Platz tanken. Das sollte in ein, zwei Wochen wieder gehen.“ „Gut.“ „Wo treibst du dich gerade rum?“ „In Fresno.“ „Verstehe. Ich bin gerade in Nevada, auf dem Rückweg aus Utah.“ „Dann mal noch gute Fahrt.“ „Dir auch. Wenn noch irgendwas ist, dann melde dich.“
Kurz darauf hatte ich Fresno und die FedEx Niederlassung erreicht. Bevor ich mich anmeldete, schaute ich aber nach, ob ich hier direkt wieder was bekommen würde:
PICKUP: CST-CAFAT
GATE: 11
TRAILER: RE359575
FREIGHT: BUTTER
WEIGHT: 39,203 LB
DROP: CASAC
MARKET: NMA5683
GATE: 01
PRIORITY: IMPORTANT
WAT-CASAC-JMU
Es gab also nichts, was ich hier abfordern müsste. Ich nahm meine Papiere und ging zur Anmeldung. „Guten Tag.“ Begrüßte ich die Mitarbeiterin, die hier Dienst hatte. „Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“ „Walmart Transportation, Sacramento. Ich habe eine Ladung Feuerwerkskörper für Sie.“ „Moment…“ sie tippte was in ihren Computer. „Ah ja. Feuerwerk zur Verteilung im Raum Fresno und Bakersfield… Sie können den Trailer am ersten Tor absatteln.“ Ich wollte gerade wieder rausgehen. „Moment, junger Mann. Ich brauche die Papiere.“ „Ach ja. Sorry.“ „Neu bei Walmart?“ Ich nickte. Sie schlug jetzt einen strengen Ton an. Fast so, wie ich es früher bei meinen Rekruten getan hatte. „Okay. Für die Zukunft. Die Papiere bleiben hier im Büro, damit wir die Positionen verteilen können. Sie bekommen den unter Vorbehalt quittierten Frachtbrief mit und brauchen nicht auf die Entladung warten. Ihr Büro in Sacramento bekommt dann einen Entladebericht per Mail, wenn der Trailer entladen ist.“ „Okay. Verstehe.“ „Das läuft übrigens bei allen FedEx Niederlassungen in den USA nach dem gleichen Schema ab.“ „Gut zu wissen.“ „Bekommen Sie auch was mit?“ „Nicht von hier.“ „Gut. Wenn das in der Zukunft vorkommt, melden Sie sich ebenfalls hier und geben unbedingt die Ordernummer an, die sie über ihre Satellitenkommunikation bekommen. Nur Walmart Sacramento abfordern reicht nicht. Keine Ordernummer, keine Ladung.“ „Ich merke es mir.“ „Das sollten Sie auch.“ Ich bekam meine Quittung.
Als ich wieder raus war, atmete ich erstmal durch. Die alte Ziege hier sollte mal mit Jessy telefonieren. Das könnte laut werden. Ich stellte mir das bildlich vor und musste lachen.
Am Truck angekommen, öffnete ich die Türen des Trailers. Dann brauchte ich gleich vor dem Tor nicht nochmal anhalten. Anschließend setzte ich den Trailer ans Tor und sattelte ab. Danach holte ich mir die Adresse des Zentrallagers in Fresno aus dem ORBCOMM und gab sie ins Navi ein. Bei dem alten Cascadia ging das ja noch nicht automatisch. Außerdem war ich ja noch nie an diesem Lager.
Nachdem das Navi die Route berechnet hatte, fuhr ich zum Zentrallager. Dort angekommen ging ich zur Anmeldung. Dort saß wieder eine ältere Dame. Hoffentlich nicht wieder so eine Ziege, wie die eben bei FedEx. Offensichtlich war sie aber ganz anders.
Sie blickte auf mein Namensschild am Uniformhemd. „Hallo Steven. Was bekommst du bei uns?“ „Hallo. Steve reicht.“ „Brenda. Nett, dich kennenzulernen.“ „Ich fahre Truck 9-4876 aus Sacramento. Ich bekomme eine Ladung Frischdienstware für den Neighborhood Market in Elk Grove.“ „Ja, richtig. Hier hast du die Papiere. Der Trailer steht an Tor 11.“ Ich quittierte die Papiere. „Dann wünsche ich dir eine gute Heimfahrt.“ „Danke.“ So ging das also auch. Ich ging zum Truck und fuhr zu Tor 11. Dort sattelte ich den Trailer auf. Nach der PTI des Trailers ging es dann weiter.
Als Nächstes fuhr ich zu R. V. J’s Truck Stop. Dieser hatte dann auch die gewünschte Kraftstoffmarke, um meine Techron Advantage Card zu verwenden. So füllte ich die Tanks des Cascadia erstmal wieder voll.

Im Anschluss fuhr ich auf den Parkplatz und absolvierte gleich meine Mittagspause. Immerhin war es 12 Uhr. Heute verpflegte ich mich aber aus meinen Vorräten. Ich konnte das ganze Junkfood nicht mehr sehen. Eine Stunde später machte ich mich dann auf den Heimweg.
Ich fuhr wieder auf die CA-99 N. Während der Fahrt über den Golden State Highway hing ich ein wenig meinen Gedanken nach. Die Meinung, dass wir das Richtige getan hatten, stand inzwischen für mich unumstößlich fest. Pam ging es schon etwas besser. Vielleicht sollte sie wirklich diese Rückführung machen, um die Erlebnisse ihrer Kindheit endgültig verarbeiten zu können. Tim entwickelte sich auch prächtig. Er hatte ein sonniges Gemüt und lachte viel. Dass er den Familien Sturkopf geerbt hatte, merkte man aber auch schon manchmal. Wenn er zwar mit den dunklen Augen und Haaren sehr nach Pam kam, seine Willensstärke und seine Sturheit hatte er von mir. Genau, wie seine kleinen Frechheiten. So war ich als kleiner Junge auch.
Als Nächstes dachte ich über den Job nach. Er machte mir erstaunlich viel Spaß, auch wenn ich mich an das lange Sitzen erst noch gewöhnen musste. Früher war ich den ganzen Tag in Bewegung gewesen. Ich hoffte dann aber trotzdem, dass meine Touren noch weiter gehen würden. Immer nur durch Kalifornien zu fahren, wäre auf die Dauer nicht ganz so interessant. Ansonsten genoss ich es, viel zu sehen und rumzukommen. Die engen Rangiermanöver genoss ich ebenfalls. Das waren dann die Herausforderungen des Alltags, die man überwinden musste.
Es war dann schon einige Minuten nach halb Fünf, als ich in Elk Grove von der CA-99 fuhr. Gegen viertel vor Fünf stand ich dann in der Einfahrt des Neighborhood Markets. Mein Anschlussauftrag stand auch schon im System:
PICKUP: CASAC
MARKET: NMA5683
GATE: 02
TRAILER: DV99458
FREIGHT: EMPTY PALLETS
WEIGHT: 41,827 LB
DROP: EST-CASAC
GATE: 10
WAT-CASAC-DSN
Ich stieg aus und ging zu dem Sicherheitsmann. Es war der Selbe, bei dem ich mich letzte Woche Montag bei meinem ersten Auftrag getroffen hatte. „Hallo Steve. Schon eingelebt?“ begrüßte er mich. „Soweit schon.“ „Was hast du Schönes für uns?“ „Butter und so weiter.“ „Tor 1 kennst du ja schon.“ „Du hast auch Leerpaletten für mich?“ „Wenn du die mitbekommst. Der Trailer steht an der 2.“ „Dann lass uns zur Autogrammstunde schreiten.“ Wir quittierten uns gegenseitig die Papiere. Als ich zurück zum Truck ging, rief er mir hinterher: „Bin mal gespannt, wie du dich heute mit dem 53er Trailer schlägst.“ Der Parkplatz war heute, trotz der Uhrzeit erstaunlich leer. Das sollte mit Recht sein. Anschließend rangierte ich wieder genauso, wie ich es in der Vorwoche mit dem Volvo gemacht hatte. Als ich mit dem Trailer hinter die Ecke kam, hielt ich dann aber doch ein, zwei Mal an und schaute nach, ob ich mit dem langen Überhang nicht an den anderen Trailer kam. Es passte aber.

Nachdem der Trailer an seiner Position stand, sattelte ich um und überprüfte den Dry Van, der am zweiten Tor stand. Um viertel nach Fünf machte ich mich dann auf den Weg zum Außenlager, was ich, trotz Berufsverkehr, eine halbe Stunde später erreichte.
Dort hatte ich dann leichtes Spiel. Die „Ecke“ war noch voll und ich konnte an das erste Tor an der Rückseite fahren. Danach stand eine schöne Anweisung im System:
10 H BREAK
WAT-CASAC-DSN
Ich fuhr also Bobtail zum Platz, wo ich eine Viertelstunde später ankam. Auf der Fahrt dorthin hatte ich Pam angerufen, dass sie mich abholen konnte. Wir kamen dann etwa zeitgleich am Platz an. Zu Hause spielte ich dann erst noch mit Tim. Vor und nach dem Abendessen hatte mein Sohn heute was von mir. Nachdem der Kleine im Bett war, blieben wir aber auch nicht mehr lange auf. Wir zogen uns ins Schlafzimmer zurück.
Donnerstag, den 13. Februar 2020, 3:00 am, PST, Sacramento, CA:
Um drei Uhr war meine Nacht schon wieder zu Ende. Es sollte heute früh losgehen. Ich machte den Wecker leise aus, damit Pam nicht aufwachte. Der weitere Ablauf war dann genauso, wie gestern, nur eben etwas früher. Frühstück machen, zur Arbeit laufen und dort duschen. Um kurz nach Vier ging ich dann frisch geduscht ins Büro zu Keela.
„Hallo, Lieblingsschwägerin.“ Begrüßte ich sie. „Klar.“ Lachte sie. „Du hast ja nur eine.“ „Wärst du auch sonst. Ich bin ja schon froh, dass meine Zicke von Schwester noch nicht hier ist.“ „Jessy hat es auch nicht immer einfach.“ „Du brauchst sie nicht zu verteidigen.“ „Schon gut.“ „Was hast du denn jetzt Schönes für mich?“ „Ich dachte, ich scheuche dich mal den Donner Pass hoch. Eine Ladung Tiefkühlware nach Truckee.“ „Das wollte ich auch noch mal fragen. Warum steht da manchmal anstatt Frischware oder Tiefkühlware dann Butter, Joghurt oder sowas im ORBCOMM?“ „Ganz einfach. Das System zieht sich bei Sammelladungen die Artikelbezeichung der ersten Position von der Frachtliste. Wenn ich also beim Zusammenstellen der Ladung als Erstes drei Paletten Butter hatte, dann steht eine Ladung Butter im System. Lass mal deine Aufträge der Woche anschauen.“ Sie tippte was in den Computer. Dann erschienen meine Aufträge der Woche auf dem Bildschirm. „Am Montag hast du eine Ladung Lebensmittel zum Walgreens nach LA gebracht. Da habe ich am Sonntag als Erstes eine Palette Salz auf die Ladeliste gesetzt.“ Sie rief die Liste auf. „Schau. Da waren noch Kaffee, Süßwaren, Zucker und so weiter drauf. Im System erscheint dann eine Ladung Salz, weil das Position 1 auf der Liste war. Gestern hattest du Frischware aus Fresno zum NMA in Elk Grove. Da haben die Kollegen in Fresno als erstes die Butter auf die Liste gesetzt. Schon hast du eine Ladung Butter. Da waren aber auch noch Joghurt, Milch, Käse und weitere Frischprodukte im Trailer.“ „Und ich habe mich schon gewundert, dass ein kleiner Markt dann eine ganze Ladung Butter bekommen soll.“ „Die andere Möglichkeit wäre gewesen, dass das System dann immer Lebensmittel bei den Zentrallägern und Non-Food Ware bei den Außenlägern geschrieben hätte. Aber gerade bei den Non Food Ladungen hast du auch öfter mal eine Komplettladung eines Artikels. Daher ist das so genauer.“ „Wieder was gelernt.“ „Das ging uns allen am Anfang so. Jetzt hast du also eine Ladung Tiefkühlobst nach Truckee.“ „Ach so. Keine Pizzen und keine Pommes, nur Obst.“ „Genau.“ „Dann sehe ich mal zu.“ „Mach das.“ Ich ging zum Truck und erledigte meine PTI. Dann schaute ich im ORBCOMM nach dem Auftrag:
PICKUP: CST-CASAC
GATE: 01
TRAILER: RE127289
FREIGHT: FROZEN FRUITS
WEIGHT: 36,174 LB
DROP: CATKF
MARKET: NMA2189
GATE: 01
PRIORITY: IMPORTANT
WAT-CASAC-KMU
Ich fuhr mit der Maschine zu Tor 1 rüber und sattelte den Reefer auf, der dort stand. Dann zog ich vor, schloss die Türen des Trailers und erledigte die Trailer PTI. Um viertel vor Fünf fuhr ich dann vom Hof. Da ich vermutete, dass auf der I-5 weniger Verkehr war, als auf der CA-99, nahm ich heute mal diesen Weg. Es ging am alten Sacramento Executive Airport vorbei. Schließlich erreichte ich die I-5 und fuhr dort in nördlicher Richtung auf. Damit hatte ich dann einen Fehler begangen. Der Abzweig von der I-5 N auf die I-80 war wegen eines Unfalls voll gesperrt.

Dazu kam dann noch, dass die nächsten zwei Abfahren wegen einer Nachtbaustelle auf der Rechten Spur ebenfalls dicht waren. Der nächste freie Abzweig wäre die Abfahrt auf die CA-99 N in Richtung Yuba City gewesen. Der half mir auch nicht weiter. Ich fuhr dann bis zur Ausfahrt zum International Airport weiter auf der I-5 N. Dort fuhr ich dann ab und auf die I-5 S wieder auf.
Danach wählte ich die Nummer der Dispatch. „Guten Morgen, Walmart Transportation Sacramento, Sie sprechen mit Keela Murdock.“ „Ich bin’s schon wieder, Lieblingsschwägerin.“ „Gibt es Probleme, Steve?“ „Ich habe mich nur für den falschen Highway entschieden. Dauert etwas länger heute Früh.“ „Verstehe ich nicht. Da führt doch nur die I-80 East nach Truckee.“ „Erst mal draufkommen. Ich bin die I-5 hochgefahren. Da war der Abzweig wegen eines Unfalls dicht. Ich hätte besser die 99 genommen.“ „Und jetzt?“ „Habe ich am SMF wieder gedreht und fahre jetzt von Norden in das Kreuz. In dieser Richtung ist das frei.“ „Wie man es macht, macht man es verkehrt.“ Sagte Keela. „Dann kommst du eben etwas später an.“ „Das wäre jetzt wieder ein gefundenes Fressen für Jessy gewesen.“ „Deine Schwester kann jetzt erstmal ganz kleine Brötchen backen. Danny hat sich bei Charlie beschwert, weil Gina, wegen Jessys falscher Dispo, nicht zu Dannys Geburtstagsparty da ist.“ „Ach Danny war das mit der Beschwerde.“ „Gina geht zwar schnell hoch, ist aber genauso schnell wieder friedlich und vor Allem nicht nachtragend. Danny ist aber richtig sauer.“ „Okay.“ „So, ich weiß Bescheid. Fahr jetzt erstmal weiter.“ „Ich wechsele gerade auf die I-80.“ „Okay. Bis die Tage.“ Keela legte auf und ich war jetzt wieder auf dem richtigen Weg.
Nun ging es mit fast 75,000 Pfund Gesamtgewicht den Donner Pass hinauf. Solange ich nicht bremsen musste, sollte das kein Problem sein. Leider passierte dann genau das. Ich lief auf meinen Vordermann auf, der tatsächlich noch langsamer, als ich den Berg hochkrabbelte. Überholen konnte und wollte ich gerade nicht, weil die linke Spur auch voll war. Also auf die Bremse. Nun ging es mit 400 PS und mageren 10 Gängen mit eingeschaltetem Warnblinker den Pass hinauf.

Blumenpflücken während der Fahrt verboten, dachte ich. So war es dann schon acht Uhr durch, als ich endlich in Truckee von der Interstate abfuhr. „Anschlussfracht wird angefordert.“ Meldete das System.
Im gleichen Moment, als ich auf den Parkplatz des Neighborhood Markets fuhr, meldete es dann: „Neuer Auftrag eingegangen.“ Ich schaute also nach, bevor ich mich anmeldete:
PICKUP: CATKF
MARKET: NMA2189
GATE: 02
TRAILER: RE133088
FREIGHT: EMPTY PALLETS
DROP: EST-CASAC
GATE: 20
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-JMU
Ich bekam hier also Leerpaletten zurück. Außerdem durfte ich mich jetzt schon freuen, dass ich nicht nur hier, sondern auch in Sacramento an einen sehr engen Platz rangieren durfte.
Als ich mich anmeldete, kam dann gleich die Frage: „Hey, wo ist denn Greg?“ „Im Ruhestand.“ „Der Glückliche. Du bist sein Nachfolger?“ „Wie man sieht.“ Wir erledigten den Papierkram. Danach stellte ich dann fest, dass ich nicht nur einen 53 Fuß Reefer hier an Tor 1 rangieren musste, sondern auch einen baugleichen Trailer wieder mitbekam, den ich dann später in die Ecke schieben musste. Dabei fiel der 13. heute doch auf einen Donnerstag und nicht auf einen Freitag. Ich bekam aber mittlerweile Übung. So klappte das Rangieren doch besser, als ich befürchtet hatte. Dann durfte ich umsatteln und die PTI des nächsten Trailers erledigen. Um viertel vor Neun ging es dann wieder zurück.
Bergab und ohne Sperrungen lief die Rückfahrt dann auch erheblich besser. Dank der Jake Brake war die Abfahrt auch sicher. Wer brauchte schon einen europäischen Retarder, wenn man eine Jakobsbremse hat. Beim Retarder wurden zwar nicht die Betriebsbremsen heiß, das Kühlwasser aber dafür schon. Die Jakobsbremse arbeitet ohne eine Erhitzung, da sie reibungsfrei funktioniert. Der einzige Nachteil ist der Lärm, den diese macht. Das war aber am Donner Pass kein Problem.
Der Rückweg dauerte dann auch nur zweieinhalb Stunden. Um viertel nach Elf war ich am Außenlager. Auch der nächste Auftrag war mir von Jessy zugeteilt worden:
PICKUP: EST-CASAC
GATE: 04
TRAILER: DV252204
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 24,002 LB
DROP: FEX-CAVEN
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: ATTENTION, DANGEROUS GOODS! ADR CLASS 1.4 !!!
WAT-CASAC-JMU
In diesem Moment fragte ich mich, ob es auch hier so war, dass der Trailer nicht nur mit Feuerwerkskörpern, sondern auch noch mit weiteren Waren gefüllt war. Sollte es so sein, dürften auf jeden Fall keine weiteren Gefahrengüter mit nach Ventura gehen.
„Hey Steve. Einmal in die Ecke.“ Wurde ich direkt begrüßt. „Weiß ich schon längst.“ „Was bekommst du wieder mit?“ „Feuerwerk nach Ventura.“ „Okay. Die Papiere sind fertig. Der Trailer steht…“ „…an Tor 4, weiß ich auch schon.“ „Dann kann ich dir auch nichts Neues erzählen.“ „Doch. Ist da nur Feuerwerk auf dem Trailer?“ „Ja. Zur Verteilung durch FedEx im Santa Barbara County, Ventura County und Nord und West Los Angeles.“ „Aha.“
Wir erledigten den Papierkram, dann konnte ich zusehen, dass ich den Reefer in die Ecke bekam. Anschließend rief ich bei Pam an und verabredete mich mit ihr. Wenn ich am Abend schon nicht zu Hause sein würde, wollte ich sie und Tim wenigstens vorher nochmal kurz sehen.
Nach dem Telefonat fuhr ich zu Tor 4 und nahm den Dry Van mit den Feuerwerkskörpern auf. Im Anschluss an die PTI machte ich mich auf den Weg.
Der Treffpunkt, den ich gewählt hatte, lag an einem Parkplatz am Freeport Boulevard in der Nähe der Interstate 5. Hier stand über Tag auch immer ein Eiswagen. In den letzten Tagen war es in Sacramento schon immer knapp unter 20°Celsius gewesen. Da konnte man auch schon mal ein Eis essen. Um zwölf Uhr traf ich mich mit Pam.

Wir holten uns am Eiswagen beide einen Milchshake und Tim bekam sein Eis. Da ich so geparkt hatte, dass ich keinen behinderte, gingen wir dann während meiner Pause ein paar Schritte am Sacramento River entlang. „Du fährst ja schon wieder in Richtung Los Angeles.“ Stellte Pam fest. „Ja.“ „Fahrt ihr auch nach San Diego?“ „Sicher. Auch die Märkte dort brauchen ja Waren.“ „Verstehe.“ „Vermisst du San Diego?“ „Ein Bisschen. In erster Linie meine Eltern.“ „Das ist klar.“ „Ansonsten nur das Klima.“ „Das kann ich dir in Sacramento auch nicht bieten.“ „Das ist mir klar.“ „Sei froh, dass ich nicht noch weiter aus dem Norden komme.“ „Das bin ich. Wenn du aus Keelas Heimat gekommen wärst, hätte ich mir das mit dem Umzug noch mal überlegt.“ Ich schaute in meinem Handy auf eine Wetter App. „Du hast Recht. Temperaturen zwischen -19 und -26° Celsius wollte ich heute auch nicht haben.“ „Hier sollen es heute +19° Celsius werden.“ „Jetzt weißt du, warum Keela hierhin gezogen ist.“ „In San Diego könnte sie jetzt schon surfen.“ Meinte Pam. „Da gibt es aber kein Walmart Lager. Sie hat ja schon in Minneapolis für Walmart gearbeitet.“ „Schon klar. Sonst hättest du ja auch dort fahren können.“ Wir gingen langsam wieder zum Truck zurück. Tim hatte auch inzwischen sein Eis aufgegessen.
Am Truck nahm ich Pam noch mal in den Arm und küsste sie. „Ich liebe dich, Sweetheart.“ „Ich dich auch.“ Es fiel mir schwer, mich aus der Umarmung zu lösen. „Ich muss los.“ „Komm, Tim.“ Sagte Pam. „Nein.“ Bockte Tim. „Ich will mit Daddy fahren.“ „Dafür bist du noch zu klein.“ Ich nahm ihn auf den Arm. „Wenn du größer bist, nehme ich dich mal mit.“ Nun war er beleidigt. Pam nahm ihn mir ab und ich stieg wieder ein. Dann machte ich mich auf den Weg.
Ich fuhr zurück auf die I-5 S. Es ging dann wieder an Stockton vorbei und dann immer weiter in Richtung Süden. Dabei lief mir dann meine Fahrzeit regelrecht davon. An der Ausfahrt 334, Lemoore / Hanford, verließ ich dann die Interstate. Anhand der Beschilderung, die ich von der Interstate gesehen hatte, vermutete ich hier einen Truckstop. Leider war es nicht so. der Highway 198, der hier kreuzte ging in Richtung Osten nach Huron, einem kleinen Kaff mitten im Nirgendwo und in Richtung Westen nach Coalinga, was zwar fast dreimal so viele Einwohner hatte, wie Huron, aber auch nicht viel besser war.
Der vermeintliche Truckstop stellte sich dann als eine Ansammlung von zwei Motels, einer Handvoll Fastfood Restaurants und sage und schreibe sechs Tankstellen heraus. An der Nordseite der 198, wo sich die Motels und die größte Zahl der Tankstellen war, gab es keine Parkmöglichkeiten für Trucks. An der Südseite gab es dreimal Fastfood, eine Tanke und eine kleine Straße zu den Fastfood Läden mit einem Wendehammer am Ende, der groß genug für einen Truck war.
Hier parkte ich dann einfach am Straßenrand. Damit war ich auch nicht der Einzige. Das reichte mir voll und ganz für meine Pause. Kurz nach Vier stellte ich den Motor des Cascadia ab und schaltete mein E-Log auf „Sleeper Berth“. Für mein Feierabendmenü versorgte ich mich dann aber lieber aus meinen Vorräten. McDonalds, Taco Bell & Co konnten mich nicht wirklich locken. Nach dem Essen ging ich noch ein Stündchen laufen. Nur die Dusche danach musste dann einer Wäsche aus dem Wasserkanister weichen. Da es zeitig wieder losgehen würde, legte ich mich dann recht früh schlafen.
Freitag, den 14. Februar 2020, 1:30 am, PST, Coalinga, CA:
Es war halb Zwei, als mich mein Wecker wieder aus meinen Träumen holte. Ich stand auf und zog mich an. Die Wäsche und Zahnpflege gab es mal wieder mit Wasser aus meinem Kanister. Gut, dass mir Ben geraten hatte, immer einen vollen Kanister mit Frischwasser mitzuführen. Kaffee sollte es an diesem Morgen nicht geben. Die Fastfood Buden hatten alle zu. Die Tankstellen waren zwar betriebsbereit, hatten aber zum teil nur die Tankautomaten aktiv. Wenn wirklich jemand dasaß, dann war er hinter Panzerglas am Nachtschalter. Ich sollte mir mal an einem Truckstop eine Kaffeemaschine für unterwegs besorgen. Ich hatte wenigstens noch ein paar Dosen Cola im Kühlschrank, um den Koffeinhaushalt zu erhöhen. Energydrinks waren nicht so meins.
Um zwei Uhr begann ich mit der PTI. Eine Viertelstunde später ging es weiter. Ich fuhr kurz auf die CA-198 E, die ich dann aber nach ein paar Fuß wieder gegen die I-5 S tauschte. Nun war ich wieder auf meiner Strecke. Etwa 125 Meilen später begann dann der Anstieg zum Tejon Pass.
Mit dem anbrechenden Morgen hatte sich auch die Zahl der Verkehrsteilnehmer erhöht. Der Verlierer war wieder mal ich. Als ich noch genug Schwung hatte, um zum Überholen anzusetzen, kam ich nicht nach links und als dann frei war, fehlte der Schwung um noch zu überholen. Mit 400 PS und 10 Gängen gehörte man nun mal zu den schwächeren. Da war es letztlich auch egal, dass meine Ladung keine 25.000 Pfund wog.
Es zog sich dann nochmal eine Stunde hin, bis ich dann bei Valencia, einem Ortsteil von Santa Clarita, auf die Newhall Ranch Road bzw. die CA-126 W in Richtung Ventura fahren konnte. Über diese Straße ging es nun an die Küste. Nach knapp 33 Meilen, zwischen Santa Paula und Saticoy, einem Ortsteil von Ventura erreichte ich dann die FedEx Niederlassung. Inzwischen war es schon viertel nach Sieben am Morgen. Ich schaute schnell ins ORBCOMM, nur um festzustellen, dass ich hier keinen Anschluss bekam. Mit dem Rest wollte ich mich befassen, wenn der Trailer an der Rampe stand.
Ich ging also zur Anmeldung. „Schönen guten Morgen. Walmart Sacramento. Ich bringe Ihnen Feuerwerkskörper zur Verteilung.“ „Morgen.“ Brummte der Typ, der am Eingangsschalter Dienst hatte. „Geht aber heute nicht mehr raus.“ „Wie jetzt?“ „Bisschen spät, oder? Der Nahverkehr ist schon in der Beladung. Müsst ihr mal früher aufstehen.“ „Ich habe keinen Vermerk auf den Papieren, dass ich bis… …was weiß ich, fünf Uhr hier sein sollte. Außerdem habe ich nicht länger Pause gemacht, als nötig.“ „Mir egal. Geht dann eben morgen in die Verteilung.“ Ich schaute auf meinen Frachtbrief. „Ist eh eine Standardlieferung.“ „Na dann.“ Er nahm die Papiere und quittierte meinen Schein, wie immer unter Vorbehalt. „Stell den Trailer ziemlich hinten an die Rampe.“ „Okay.“ Ich ging wieder. Scheinen ja alles sehr sonnige Gemüter zu sein bei FedEx, dachte ich. Kein Wunder, dass Jessy im Job auch so ist. Schließlich hat sie ihre Ausbildung bei FedEx gemacht.
Ich fuhr auf den Hof, öffnete die Türen des Trailers und setzte ihn ziemlich hinten an die Rampe. Dann guckte ich mir meinen nächsten Auftrag noch mal näher an:
PICKUP: CST-CAOXR
GATE: 07
TRAILER: DV301531
FREIGHT: FRUITS
WEIGHT: 32,624 LB
DROP: CASAC
MARKET: NMA5683
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-JMU
Es ging also wieder zurück nach Hause. Trotzdem musste Pam den heutigen Valentinstag dann wohl alleine bzw. mit Tim verbringen. Mit meiner Fahrzeit sollte ich keinesfalls mehr nach Hause kommen.
Dank Keela wusste ich ja nun auch, dass es nicht heißen musste, dass der Neighborhood Market in Elk Grove einen ganzen Lastzug voll mit Früchten bekam, sondern dass das nur die erste Position auf der Liste war.
Das Zentrallager in Oxnard lag in einem Gewerbegebiet in der Nähe vom Flughafen. Dort musste ich nun also mit dem Bobtail hin. Ich fuhr also wieder auf die CA-126 W. An der Ausfahrt 1B musste ich dann auf die Main Street abbiegen und dann auf die US-101 S in Richtung LA auffahren. An der Ausfahrt 61 ging es dann vom Highway runter und nach Oxnard hinein. Das Ganze musste ich bei dichtem Verkehr machen. Es war mal wieder beste Berufsverkehrszeit.
Bis ich dann endlich am Zentrallager, Oxnard war, hatte ich über eine Stunde Zeit für das kurze Stück gebraucht. Ich meldete mich an und bekam die Papiere für meinen Trailer. Dann konnte ich zu Tor 7 fahren und den Dry Van aufnehmen. Um neun Uhr war ich dann wieder auf dem Weg.
Auch jetzt herrschte immer noch dichter Berufsverkehr. So dauerte es wieder ewig, bis ich dann wieder auf dem Ventura Freeway, der US-101 N war. Bei Ventura wechselte ich dann wieder auf die CA-126 E in Richtung Santa Clarita. Nun war ich wieder aus dem gröbsten raus. Meine Pause stand aber noch an. Mir fiel dann ein, wo ich die kurze Pause machen konnte. Vor der FedEx Niederlassung war ein Parkplatz, auf dem über Nacht wohl die Nahverkehrsfahrzeuge standen. Am Tage war der natürlich leer. Dort fuhr ich hin und machte hier meine Pause.

Nachdem ich gefrühstückt hatte, absolvierte ich dann auch noch eine kurze Laufrunde. Eine längere wollte ich dann nach dem Feierabend machen. Es war dann viertel nach Elf, als ich mich wieder auf den Weg machte.
Ich fuhr wieder auf die CA-126 E und somit weiter in Richtung Santa Clarita. Dort wechselte ich dann wieder auf die I-5 N in Richtung Heimat. Als nächstes stand mir wieder der Tejon Pass bevor. Dieses Mal lief es aber etwas besser.
Buttonwillow schien auf dieser Route wirklich mein Stamm Truckstop zu werden. Meine Fahrzeit reichte nämlich ziemlich genau bis hierhin. Hier kannte ich mich wenigstens aus. Das hatte auch was für sich.
Mein Mittagessen nahm ich dann wieder in der Willow Ranch zu mir. Anschließend zog ich mir die Sportsachen an und absolvierte, wie geplant meine Laufrunde. Bevor ich mich dann für heute in meinen Sleeper zurückzog, ging ich dann noch unter die Dusche. Ich telefonierte auch noch mit Pam. Wir beschlossen dann, den Valentinstag am Wochenende nachzuholen. Pam hatte dazu schon mit Mom gesprochen, die sich dann um Tim kümmern würde, damit wir mal etwas Zeit für uns hatten. Ich ging dann wieder zeitig schlafen. Morgen wollte ich noch etwas früher beginnen, als heute.
Freitag, den 14. Februar 2020, 11:30 pm, PST, Buttonwillow, CA:
Um entsprechend früh zu beginnen, war es notwendig, noch vor Mitternacht wieder aufzustehen. Das tat ich dann auch. Ich zog mich an und ging nochmal in den Truckstop, um die Toilette zu benutzen, die Zähne zu putzen und mich zu waschen. Mit einem Kaffee aus dem Truckstop ging es dann wieder zum Cascadia. Eine Viertelstunde nach Mitternacht begann ich mit der PTI. Um halb Eins ging es dann ab nach Hause.
Ich fuhr auf die I-5 N, auf der um diese Zeit nicht wirklich viel los war. Im Bereich von Huron oder Coalinga ging dann die Tankleuchte an. Der Rest an Diesel im Tank sollte von hier aber noch reichen, um bis nach Sacramento zu kommen. So beschloss ich weiter zu fahren. Größere Steigungen oder Gefälle, bei denen die Ansaugrohre in den Tanks trockenlaufen könnten, hatte ich sowieso auf der Strecke nicht.
Bei Stockton wechselte ich schließlich auf die CA-4 E, um über diese auf den Golden State Highway zu kommen. Nach drei Meilen erreichte ich dann die CA-99 N. Weitere 33 Meilen später war ich dann in Elk Grove. Nun hatte ich nur noch ein kurzes Stück, bis ich den Neighborhood Market erreichte. Um halb Sechs fuhr ich in die Einfahrt. „Neuer Auftrag eingegangen.“ Meldete ORBCOMM in diesem Moment. Gab es doch noch keinen Reset? Ich schaute nach:
PICKUP: CASAC
MARKET: NMA5683
GATE: 02
TRAILER: DV355207
FREIGHT: USED PACKAGING
WEIGHT: 38,772 LB
DROP: EST-CASAC
GATE: 10
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-KMU
Damit konnte ich leben. Noch eben eine Ladung Altverpackungen zum Außenlager bringen war nicht so dramatisch. Ich ging zum Security Mann der um diese Zeit noch vor dem geschlossenen Neighborhood Market stand. Eineinhalb Stunden vor der Öffnung Ware anzuliefern war aber nicht unüblich. So konnte man die Ware noch in Ruhe in die Regale einräumen. „Guten Morgen Steve.“ Wurde ich begrüßt. „Morgen. Einmal gesammelte Lebensmittel aus Oxnard. Außerdem nehme ich den Trailer mit den Altverpackungen mit.“ „Okay. Die Papiere habe ich hier.“ Wir erledigten den Papierkram und danach konnte ich umsatteln. Der Trailer, den ich mitgebracht hatte, kam an Tor 1 und der andere stand ein Tor weiter. Inzwischen war das schon bald Routine. Um sechs Uhr war ich mit Umsatteln und der PTI des Trailers durch und konnte losfahren.
Als Erstes fuhr ich jetzt aber zur Tankstelle, wo ich die Tanks des Cascadia wieder füllte. Da ich über 200 Gallonen hineinbekam, war wirklich nicht mehr viel in den Tanks gewesen.

Anschließend fuhr ich dann zum Außenlager. Keela hatte mir schon Tor 10 im ORBCOMM zugewiesen. So war klar, dass ich nicht auch noch in die Ecke rangieren brauchte. Kurz nach halb Sieben traf ich dort ein und um viertel vor Sieben stand der Trailer am zugewiesenen Tor. Danach hatte ich die erhoffte Nachricht im ORBCOMM:
46 H RESET
WAT-CASAC-JMU
Jessy schickte mich also nicht nochmal los. Ich hatte schon befürchtet, dass ich meine Wochenzeit wieder so ausreizen müsste, wie meine erste Woche. Vermutlich gingen alle Ladungen so weit weg, dass ich nicht mehr nach Hause gekommen wäre. Das wurde zwar mit Subunternehmern schon mal gemacht, aber nicht mit den eigenen Fahrern.
Ich fuhr zum Zentrallager und stellte die Zugmaschine auf den Zugmaschinenplatz. Dann zog ich mir meine Sportsachen an und verstaute alles, was mit nach Hause sollte in meinem Rucksack. Für mich war es jetzt zwar quasi schon Mittag, von der Uhrzeit passte es aber gut zur morgendlichen Laufrunde. Um acht Uhr war ich dann zu Hause. Mein Wochenende konnte beginnen.
