10. Lockdown, Verkehrshindernisse und seltsame Prioritäten

Montag, 23. März 2020, 3:30 am, PDT, Sacramento, CA:

Das Wochenende war sehr entspannend gewesen. Vielleicht war es dann doch mal gut, einfach mal zu Hause zu bleiben. Das einzige etwas Anstrengende war der Einkauf am Samstagmorgen gewesen. Ungefähr um zehn Minuten vor Sieben war ich am Supercenter an der Florin Road angekommen. Entgegen meiner Vermutung war ich hier aber nicht alleine. Es standen schon einige Leute vor dem Eingang. Von der empfohlenen sozialen Distanz sah man auch nicht wirklich viel.
Ich blieb dann erstmal noch etwa fünf Minuten im Auto sitzen, dann stieg ich aus. Mit einem Einkaufswagen bewaffnet ging ich dann auch in Richtung Eingang. Ich hielt aber immer mindestens die empfohlenen 6 Fuß Abstand. Dank einer Lieferung, die wohl einer meiner Kollegen in der Nacht hier angeliefert hatte, waren die Regale bei den begehrtesten Waren minimal gefüllt. Man hatte auch Zettel an die Regale geheftet, auf denen stand, dass man nur haushaltsübliche Mengen mitnehmen sollte. In den Gängen mit haltbaren Lebensmitteln und denen mit Hygieneartikeln standen zusätzliche Sicherheitsleute, die darauf achteten, dass sich daran auch gehalten wurde. Trotzdem dürften die Regale um acht Uhr wieder leergeräumt sein. Als ich das Supercenter wieder verließ, atmete ich erstmal tief durch. Das hatte ich hinter mir. Auf dem Weg nach Hause fuhr ich am Zentrallager vorbei und deponierte einen kleinen Teil der Einkäufe direkt in meinen Vorratsschränken im Truck.

Den Großteil des weiteren Wochenendes verbrachten wir im Garten. Tim buddelte im Sandkasten oder wollte schaukeln. Dafür hatte ich an der Schaukel einen Sitz angebracht, in dem er sicher saß und nicht runterfallen konnte. Das normale Brett zum Sitzen hatte ich derweil in der Garage liegen und konnte es wieder anbringen, wenn er dafür alt genug war. Pam und ich saßen auf unserer Terrasse und genossen die noch zaghaften Sonnenstrahlen, die aber ausreichten um die Temperatur an diesem Wochenende auf 17 bis 19° Celsius ansteigen zu lassen. Natürlich musste immer wieder einer von uns aufstehen. Besonders, wenn Tim auf der Schaukel war, forderte er rigoros, dass ihm einer von uns Schwung gab. Wie Pam schon sagte, der Kleine hielt einen ständig auf Trab.

Als der Kleine dann abends im Bett war, genossen wir dann die Zweisamkeit, ohne dass uns der Kleine nerven konnte. Pam ging es wirklich immer besser. Das merkte man auch dann. Langsam war es zwischen uns wieder so, wie am Anfang, als wir beide frisch verliebt waren.
Leider war das Wochenende wieder viel zu kurz und der Alltag holte uns ein. Wobei das Wort Alltag eigentlich nicht so recht passte. Die momentane Situation mit dem Lockdown und den Ausgangsbeschränkungen war ja alles andere, als alltäglich.
Trotzdem klingelte um halb Vier mein Wecker. Ich machte ihn schnell aus und sah zu Pam rüber. Meine Süße lag auf der Seite und atmete ruhig und tief. Sie schien gerade keine bösen Träume zu haben. Ich betrachtete sie noch einige Sekunden und stellte dabei wieder fest, was für ein Glück ich doch hatte, dass ich diese Frau heiraten konnte. Dann stand ich auf und ging ins Bad.
Nach der üblichen Morgenroutine machte ich mich gegen viertel nach Vier auf den Weg zum Zentrallager. Auch wenn Pam das Auto im Moment eigentlich nicht brauchte, ließ ich es zu Hause. So hatte ich wenigstens meine Laufrunde. Pünktlich um Fünf Uhr war ich dann frisch geduscht im Truck und erledigte meine PTI. Nachdem ich diese erledigt hatte, schaute ich im ORBCOMM nach meinem Auftrag:

PICKUP:EST-CASAC
GATE: 04
TRAILER: RE204900
FREIGHT: TABLEWARE
WEIGHT: 38,564 LB
DROP: THD-UTSGU
PRIORITY: URGENT

WAT-CASAC-KMU

Offensichtlich waren die kurzen Touren wieder vorbei. Keela hatte ja vor einer Woche selbst gesehen, dass es Pam schon wieder besser ging. Trotzdem war ich über den Auftrag etwas verwundert. In dieser Zeit ist ja mit Sicherheit vieles dringender, als eine Ladung Tafelgeschirr und vermutlich noch anderer Haushaltswaren, die zu einem Baumarkt nach Utah mussten. Der Zielort stellte sich als St George, im Süden des Staates heraus.
Im Prinzip war es mir egal, was ich wohin fuhr. Trotzdem hatte ich eher mit einer Ladung haltbarer Lebensmittel oder Hygieneartikeln gerechnet, gerade nachdem ich am Samstag mit eigenen Augen gesehen hatte, was in den Läden los war. Also auf zum Außenlager.
Ich nahm den üblichen Weg über CA-99, I-80 BUS und I-5 N in den Norden von Sacramento, wo das Außenlager war. Dort angekommen, folgte ich den neuen Regeln und stieg nicht aus, um in den Bürocontainer zu gehen, sondern grüßte den Security Mann nur im Vorbeifahren. An Tor 4 sattelte ich dann auf und erledigte die PTI des Trailers. Die Papiere ließ ich in der Lieferscheintasche an der hinteren Palette. Um viertel vor Sechs konnte ich mich dann auf den Weg nach Osten machen.

Die Route, die mein Navi dann ausspuckte, war etwas merkwürdig. Sollte ich doch quer durchs Great Bassin fahren. Vermutlich war es von den Meilen aber kürzer, als über Bakersfield und Barstow in Richtung Vegas zu fahren. „Dann halt so.“ sagte ich zu mir selbst. Bis zur US-50 E nahm ich dann den gleichen Weg, den ich hergekommen war. Dort hielt ich mich dann aber weiter in Richtung Placerville. Es war dann wieder die übliche Strecke in Richtung Lake Tahoe.
Anfangs lief es dann auch noch recht gut. Bis es dann hinter Pollock Pines nur noch eine Spur pro Richtung gab. Dort lief ich dann auf einen Kollegen auf, der ein STAA-Double den Berg heraufzog. Wenn mein kleiner Bruder meinte, ich würde ein rollendes Verkehrshindernis sein, sollte er erstmal den hier sehen. Der Truck hatte bestimmt das Prädikat Leistungsarm und Schadstoffstark.

Einige PKW überholten uns, trotz der durchgezogenen Linien. Gut, das hätte ich hier auch nicht mit Marcs Truck gemacht, mit meinem sowieso nicht. So zog sich das durch die Berge. Dabei wurde ich immer genervter. Außerdem fragte ich mich, ob das nun am Double lag oder an der Zugmaschine davor. Wenn das so lief, dann wollte ich gar kein Endorsement für LCV’s bekommen. Das hatte sich jetzt vermutlich aufgrund des Lockdowns vorerst erledigt.
Ich blieb dann hinter dem Kollegen, bis wir den Aussichtsparkplatz am Echo Summit erreichten. Ab hier würde es nach South Lake Tahoe zwar nur noch bergab gehen, ich hatte von meinem Vordermann aber die Nase voll. Dann mache ich eben jetzt schon meine Pause. Inzwischen war es sowieso schon Neun Uhr.

Ich merkte, dass ich von der Schleicherei hinter dem Kollegen irgendwie gefrustet war. Mein Universalrezept gegen sowas war bei mir Bewegung. Also ab in die Sportklamotten. Hier gab es genug Wanderwege, auf denen man auch gerne mal etwas schneller laufen konnte, als es der normale Wanderer machte. Dann lief ich mir erstmal den Frust von der Seele.
Zurück am Truck war meine Laune wieder erheblich besser. Ich wusch mich ein wenig und frühstückte im Anschluss erstmal. Um halb Elf fuhr ich dann wieder weiter.

Es dauerte dann nicht mehr lange, bis ich South Lake Tahoe durchquerte. Kurz darauf erreichte ich Nevada. In Stateline ging es dann auf die NV-207 E. Die Tankstelle beachtete ich heute nicht. Meine Tanks waren noch relativ voll, da ich ja am letzten Freitag in Medford noch vollgetankt hatte. In Mottsville bog ich dann rechts in die NV-206 S. Kurz vor Sheridan ging es dann links in die NV-756 E. Der folgte ich dann bis zur US-395 S.
Am Topaz Lake kam ich dann wieder über die Grenze nach Kalifornien. Linkerhand hatte ich dann etwas später den Mono Lake und rechterhand die Berge des Yosemite National Parks. Südlich des Mono Lakes wollte mein Navi, dass ich links auf die CA-120 E in Richtung Benton fahren sollte. Das Klappschild an der 395 stand aber noch auf „Road closed“ Vermutlich lag dort noch genug Schnee in den Bergen. Also erstmal weiter in Richtung Süden.
Bei Bishop, bog ich dann links auf die US-6 E in Richtung Tonopah ab. In Benton passierte ich dann das andere Ende der CA-120. Vielen Dank für den Umweg.
Kurz darauf kam ich dann zum zweiten Mal heute nach Nevada. Bei der Geisterstadt Coledale ging es dann rechts auf die US-95 S. Laut Google Maps gab es hier sogar den Coaldale Airport. Außer ein paar halbverfallenen Häusern mit zahlreichen Graffitis habe ich hier im Vorbeifahren aber nicht viel gesehen. Auf der Strecke von hier nach Tonopah bekam ich dann sowas, wie ein Déjà-vu. Mitten im Great Bassin hatten wir auf einmal einen Stau. Grund war ein STAA-Double, dass von einer Zugmaschine mit Day Cab gezogen wurde. Auch dieses Double schlich sehr langsam durch die Gegend und auch hier war ein Überholen wieder nicht möglich.

„Muss ich so einen Mist denn zweimal an einem Tag haben?“ schimpfte ich. Nun überschlugen sich wieder meine Gedanken zum Thema LCV’s. Waren alle Doubles oder Triples so langsam? Oder hatte ich zweimal an einem Tag das Glück hinter einem Double zu hängen, dessen Fahrer nicht vernünftig fahren konnte? Wollte ich die Dinger überhaupt fahren? Falls es nicht an den Fahrern lag und alle so fuhren, dann lieber nicht. Vielleicht war die Day Cab Maschine auch nur untermotorisiert, also noch weniger, als meine mageren 400 PS. Am Besten noch mit Automatik. Ich entschied mich letztlich dafür, dass ich heute eben das Pech hatte, zweimal ein Double vor mir zu haben, dessen Zugmaschine unter 400 PS hatte und dessen Fahrer wohl zu dämlich war, seine Automatik manuell zu schalten.

Kurz vor Tonopah hatten wir dann zwei Spuren pro Richtung und der Stau löste sich auf. Ursprünglich hatte ich vor, nachdem ich mir die Route bei meiner Pause noch mal genauer angesehen hatte, heute bis nach Beatty zu fahren und dort Pause zu machen. Die geschlossene CA-120 und die zweite Schnarchnase hatten mir den Plan nun vereitelt. Die Frage blieb nun, wie weit ich fahren sollte. Ich wollte auch nicht irgendwo mutterseelenalleine in der Wüste stehen bleiben. Hinterher gab es wirklich Leute, die in diesen Zeiten auf die Idee kamen, einen Walmart Truck zu plündern. Dass mein Kühlaggregat am Reefer nicht lief, hieß ja nicht zwingend, dass ich keine Lebensmittel oder gar Toilettenpapier geladen haben könnte. Die Welt flippte aus und ich war mittendrin. Tonopah war mir dann aber noch etwas zu früh. Ich hatte auch so morgen noch genug Strecke vor mir.
Ich fuhr dann noch bis zu der ehemaligen Goldgräberstadt Goldfield. Der Ort hatte seine besten Zeiten definitiv hinter sich. Trotzdem war das Städtchen noch nicht komplett verlassen. Es sollen noch etwa 440 Seelen hier leben. Außerdem war hier sogar der Verwaltungssitz des Esmeralda Countys. Vor der Einfahrt in den Ort stand ein großes Schild an der US-95, was darum bat, dass Trucker, die hier Pause machten, zwischen 9pm und 8am den Motor nicht laufenlassen sollten. Immerhin besser, als komplett das Parken zu verbieten. Dachte ich. So warm war es hier Ende März noch nicht, dass man das hätte machen sollen. Außerdem hatte mein Cascadia ein zusätzliches Batterypack und eine Standklimaanlage. Es würde schließlich vollkommen gegen das Image von Walmart verstoßen, während der Pause mit laufendem Motor zu stehen. Wenn ich jetzt Kühlgut geladen hätte, hätte ich allerdings ein Problem.
Um fünf Uhr stand ich dann vor einem ehemaligen Motel, was aber inzwischen ziemlich verfallen war. Dort störte ich bestimmt keinen. Also Feierabend.

Nachdem ich meinen Papierkram erledigt hatte, schaute ich in meinem Smartphone, was denn hier in der Gegend war. Dabei stellte ich fest, dass es hier so gut wie nichts gab. Zum Glück hatte ich alles dabei. Nur für meinen Toilettengang würde ich mir was einfallen lassen müssen.
Ich machte mir aus meinen Vorräten was zu essen und aß es dann vor meinem Fernseher. Anschließend telefonierte ich noch eine ganze Weile mit Pam. Es gab eigentlich nicht wirklich was Neues. Trotzdem war es einfach schön, ihre Stimme zu hören. Nachdem wir dann aufgelegt hatten, schaute ich noch eine Weile aus meinem Bett fern. Schließlich schlief ich ein.

Dienstag, den 24. März 2020, 2:15 am, PDT, Goldfield, NV:

In der Nacht um viertel nach Zwei klingelte bereits wieder mein Wecker. Meine Ware war ja dringend und wurde morgens im Baumarkt erwartet. Ich stand auf und zog mir erstmal nur etwas über die Sportsachen, in denen ich schlief. Dann ging ich im Dunkeln in das verlassene Motel. Dort suchte ich mir eine Möglichkeit den Toilettengang zu erledigen. Für alle Fälle hatte ich auch immer ein, zwei Rollen Toilettenpapier in meinen Vorräten. Es gab dann eine Ecke, in der es dermaßen nach Kot und Urin roch, dass ich dort definitiv nicht der erste war, der sich dort erleichterte.
Nachdem ich dann das Ekelerlebnis des Tages schon hinter mir hatte, ging ich zurück zum Truck und wusch mich mit Wasser aus dem Kanister. Dieses nutzte ich dann auch um die Kaffeemaschine in Betrieb zu setzen. Um drei Uhr hatte ich dann alles andere erledigt und konnte mit der PTI beginnen. Eine Viertelstunde später fuhr ich weiter.

Dazu ging es über die US-95 S durch die Nacht. Die frühe Uhrzeit hatte dann den Vorteil, dass ich hier noch nicht mit den Day Cab Truckern rechnen brauchte, die mich gestern aufgehalten hatten. In Beatty hatte ich dann die Auswahl, ob ich geradeaus in den Death Valley National Park fahren wollte, oder nach links weiter der US-95 S in Richtung Vegas folgen wollte. Ich entschied mich für letzteres und war dabei mit dem Navi einer Meinung.
Die nächsten 100 Meilen folgte ich nun weiter der US-95. Dann war das Mekka für alle Zocker erreicht. Wobei die Zocker hier im Moment auch zu Kurz kommen würden. Seit dem 17. März waren in Nevada sämtliche nicht wesentlichen Geschäfte geschlossen. Die landesweite Schließung betraf 440 Casinos sowie 1.977 Unternehmen, die kleine Casinos mit 15 oder weniger Spielautomaten betrieben, wie Supermärkte, Restaurants und Convenience-Stores. Es war das erste Mal, dass Casinos auf dem Las Vegas Strip seit dem Staatsbegräbnis von John F. Kennedy im Jahr 1963 stillgelegt wurden.
Ich fragte mich dann, was man in Vegas wollte, wenn man nicht zocken wollte. Das einzige, was mir einfiel, war zum heiraten hierhin zu flüchten. Ob das im Moment aber noch ging, wusste ich auch nicht.
Die Nachrichten in Nevada waren aber voll von dem Streit zwischen Gouverneur Steve Sisolak und Carolyn Goodman, der Bürgermeisterin von Las Vegas, die mit allen Mitteln versuchte, das öffentliche Leben in ihrer Stadt am Laufen zu halten. Ohne seine Casinos und Shows war Las Vegas auch nur eine Großstadt mitten in der Wüste, die ansonsten nicht viel zu bieten hatte.

Hier wechselte ich dann von der US-95 auf die I-15 N. Wenigstens die Lichter von Vegas waren noch an, die der Stadt in der Nacht ein einzigartiges Flair verliehen. Nachdem ich etwa 75 Meilen später Mesquite, NV passiert hatte, erreichte ich den vierten Staat, den ich in meiner jungen Fahrerkarriere nach Kalifornien, Nevada und Oregon befuhr. „Crossing border – entering Arizona – changing time zone“ Meldete mein Navi. Arizona? Wieso Arizona? Ich will doch nach Utah. Ging es mir durch den Kopf. Ich war aber definitiv auf der richtigen Route. Die I-15 durchquerte auf ihrem Weg von Nevada nach Utah einen Zipfel von Arizona.
Die Meldung mit dem Zeitzonenwechsel stimmte auch nur zum Teil. Arizona gehörte zwar zur Mountain Time Zone, der Großteil des Staates verweigerte aber die Zeitumstellung von Normalzeit auf Sommerzeit und andersherum. Das hatte zur Folge, dass man im Winter die Uhren umstellen musste, wenn man aus der Pacific Time Zone nach Arizona fuhr. Seit dem 8. März war aber Sommerzeit, so dass der Großteil von Arizona die gleiche Zeit wie Kalifornien und Nevada hatte.
So kam es, dass Utah dann Staat Nummer fünf war, den ich im neuen Job befuhr. Das passierte dann 35 Meilen später. Für den Utah Port of Entry bekam ich dann einen Bypass. Das sparte mir wieder wertvolle Zeit. Da St George direkt hinter der Grenze lag, hatte ich mein Ziel beinahe erreicht.
An der Ausfahrt 8 verließ ich die Interstate und fuhr rechts auf den St George Boulevard. Dann an der nächsten Ampel wieder rechts in die River Road. An dieser lag dann auch mein Ziel.

Ich fuhr über den Parkplatz bis vor das Tor. Der Parkplatz war an diesem Morgen um neun Uhr Mountain Time, schon recht gut belegt. Man hatte ja bereits seit sechs Uhr geöffnet. Außerdem war Utah noch weit von einem Lockdown entfernt.
Ich meldete mich an der Sprechanlage an, die an dem Torpfosten angebracht war. Dort sagte man mir, wo ich den Trailer auf dem Hof abstellen durfte. Es würde jemand vom Wareneingang dorthin kommen. Also fuhr ich durch das sich öffnende Tor und stellte den Trailer auf den angewiesenen Platz, wo ich absattelte.
Als der Typ vom Wareneingang kam, hielt ich mich an meine Dienstanweisung und setzte eine Schutzmaske auf. „Hast du ein Problem?“ fragte er mich daraufhin verwundert. „Ich halte mich nur an meine Dienstanweisung. Normal haben wir aktuell gar keinen persönlichen Kundenkontakt. Falls das doch passiert, wie jetzt, muss ich die Schutzausrüstung benutzen.“ „Verstehe. Wo sind die Papiere?“ „Die hängen an der Ware.“ Ich öffnete eine Tür des Trailers und holte die Papiere aus der Lieferscheintasche. „Hier.“ „Eine Quittung willst du aber schon haben, oder?“ „Die kannst du mir geben, musst du aber nicht.“ „Okay.“ Er unterschrieb mir einen Frachtbrief und gab ihn mir. „Dann mal bis die Tage.“ Ich stieg wieder ein und schaute nun nach meinem Anschluss:

PICKUP: UTSGU
MARKET: SUC3220
GATE: 99
TRAILER: DV678068
FREIGHT: USED PACKAGING
WEIGHT: 33,233 LB
DROP: CST-CASAC
PRIORITY: STANDARD

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Mein Schwesterchen holte mich also wieder nach Hause. Mit einer Ladung Altverpackungen, die wohl an einem örtlichen Supercenter abzuholen war. Gut gelaunt fuhr ich dann Bobtail vom Hof des Baumarktes. Es ging wieder auf dem Weg zurück zur Interstate, den ich auch hierher genommen hatte. Um auf den Highway zu kommen, musste ich dann in einer Weise fahren, die es in Kalifornien so gut wie nicht gab, die in Utah aber häufiger anzutreffen war. Ich hatte kurzzeitig Linksverkehr.

Nun ging es wieder zurück auf die I-15 S. Die Interstate verließ ich dann an der Ausfahrt Nummer 4 wieder. Hier hatte ich die nächste Verkehrsführung, die es in den USA recht selten gibt, die in Europa aber recht üblich ist. Einen Kreisverkehr.
Es ging hinein und wieder hinaus und schon war ich fast am Supercenter Nummer 3220. Tor 99 war dann bei vielen Supercentern die interne Nummer für den Leergut und Müllplatz der Märkte, wenn der Trailer nicht mehr am Dock stand. Das Dock hatte natürlich eine reguläre Nummer.
Beim Walmart lief jetzt alles, der aktuellen Dienstanweisung konform, kontaktlos. Ich sattelte den Trailer auf, der auf dem Platz stand. Die Nummer war die, die auch im ORBCOMM stand. Nun erfolgte die PTI. Alles war okay und die Ladungspapiere waren hinten an der Ware. Den Kollegen, der hier im Büro Dienst hatte, grüßte ich nur vom Weiten.
Nachdem PTI und Papierkram erledigt waren, folgten zwei weitere Sachen. Nummer 1 war, die Tanks füllen. Der Sprit in Utah war schließlich noch günstiger, als in den anderen Staaten, die auf meiner Heimfahrt noch folgen würden. Dazu nahm ich die Chevron Tankstelle, die direkt am Kreisverkehr lag. Das Nächste war anschließend meine Pause. Auf der anderen Seite der Interstate war ein Truckstop von Pilot. Dort fuhr ich hin.
Als der Truck geparkt war, reservierte ich mir eine Dusche. Anschließend schaute ich nach Möglichkeiten der Nahrungsaufnahme. Die Auswahl zwischen den Pizzen, die es quasi an jedem Truckstop von Pilot / Flying J gab und dem Fastfood von Burger King war auch nicht wirklich berauschend. Die Wahl fiel dann schließlich auf einen Chicken Burger und einen Salat. Nach Mountain Time war es dann schließlich viertel nach Zwölf am Mittag, als ich den Heimweg antrat. Dazu ging es zuerst durch zwei Kreisverkehre, auf jeder Seite der Interstate einen. Danach fuhr ich auf die I-15 S in Richtung Las Vegas.

Mein nächster Stopp kam dann recht schnell. Am Port of Entry, Arizona wollte man mein Gewicht prüfen. Trotz voller Tanks hatte ich aber reichlich Luft nach oben und durfte sofort weiterfahren. Nun gingen die Uhren für meinen Geschmack auch wieder richtig. Nach 35 Meilen war ich dann auch wieder in Nevada.
Bei Las Vegas ging es dann wieder auf die US-95 zurück. Dabei stellte ich einmal mehr fest, dass Vegas am Tage nicht so glamourös wirkte, wie in der Nacht bei eingeschalteten Lichtern.
Über die US-95 N passierte ich dann als Nächstes Indian Springs. Der kleine Ort war geprägt von der Creech Air Force Base. Nun ging es wieder durch das Great Bassin. In Beatty folgte ich wiederum weiter der US-95 N. Nun musste ich mich langsam nach einem Parkplatz für die nächste Übernachtung umsehen. Letztlich kam ich dann wieder genau in den Ort, in dem ich am frühen Morgen losgefahren war. Also wieder Zwischenstopp in Goldfield.
Dort stellte ich Punkt vier Uhr am Nachmittag den Truck ab. Ich hatte heute zwar keine Laufrunde gemacht, verzichtete aber auch darauf, da ich keine Duschmöglichkeit hatte und ebenso wenig Lust hatte, hinterher durchgeschwitzt im Truck zu sein. So aß ich nur noch eine Kleinigkeit und telefonierte noch eine Weile mit Pam. Anschließend legte ich mich zeitig hin.

Mittwoch, den 25. März 2020, 1:15 am, PDT, Goldfield, NV:

Der Start in den Tag glich dem Start von gestern. Der einzige Unterschied war, dass es auch noch eine Stunde früher war. Ich suchte wieder im Dunkeln das verfallene Motel auf. Dabei hatte sich der eklige Eindruck von gestern in den vergangenen 23 Stunden auch nicht wirklich verändert. Um zwei Uhr erledigte ich dann mit frischem Kaffee die PTI und eine Viertelstunde später fuhr ich weiter.
Heute ging es dann in Richtung Norden weiter. In der Nacht war kaum Verkehr, was mich gut vorankommen ließ. Tonopah war schnell erreicht und auch passiert. Bei Coaldale ging es dann wieder auf die US-6 W. Bald war dann das erste Mal heute Kalifornien erreicht.
Bei Benton hatte sich auch nichts geändert. Die CA-120 Richtung Mono Lake war immer noch gesperrt. Also ging es wieder über Bishop. Dort ging es dann auf die US-395 N in Richtung Carson City. So ging es ereignislos durch Kalifornien.
Beim Topaz Lake kam ich dann wieder zurück nach Nevada. Bei Gardnerville verließ ich dann die US-395 und fuhr über lokale Highways weiter nach Stateline, genau wie auf dem Hinweg. Dort hielt ich an der Chevron Tankstelle noch mal an und füllte die Tanks. Anschließend wechselte ich dann auf die US-50 W in Richtung South Lake Tahoe. Nun hatte mich Kalifornien für heute endgültig wieder.
Wahrscheinlich aus Gewohnheit fuhr ich weiter bis zum Aussichtsparkplatz am Echo Summit, wo ich dann für meine Pause anhielt. Ich war mir nicht sicher, ob ich hier jetzt eine Laufrunde einlegen durfte oder nicht, konnte aber der Versuchung nicht widerstehen. Also zog ich mir die Sportsachen an und absolvierte eine große Laufrunde auf den örtlichen Wanderwegen. Dabei hatte ich die Hoffnung, nicht zufällig einem Park Ranger in die Arme zu laufen. Ich blieb aber unbehelligt und traf auf meiner Runde keine Menschenseele.

Zurück am Truck, wusch ich mich noch und machte mir dann aus meinen Vorräten ein Frühstück fertig. Um viertel vor Elf fuhr ich dann weiter nach Hause. Es war zwar Mittagszeit, wo ohnehin schon weniger Verkehr war, trotzdem hatte ich den Eindruck, dass noch erheblich weniger Leute unterwegs waren, als sonst. Der Lockdown zeigte seine Auswirkungen.
Zurück in Sacramento wechselte ich dann noch auf die CA-99, die ich dann am Zentrallager verließ. Als Dock zum Absatteln bekam ich nicht, wie erwartet, Tor 23, sondern Tor 5. Nachdem der Auflieger abgesattelt war, stand dann die erhoffte Anweisung im ORBCOMM:

10 H BREAK

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Jessy schickte mich zur Pause nach Hause. Ich fuhr also mit der Maschine auf den Zugmaschinenplatz, erledigte den restlichen Papierkram und machte Feierabend. Nun hatte ich wieder Gelegenheit zum Laufen. Also ab in die Sportsachen und dann nach Hause. Dort kam ich gegen zwei Uhr an. Nachdem ich von Pam und Tim begrüßt worden war, ging ich dann erstmal duschen.
Anschließend fragte mich Pam: „Darling, könntest du noch mal was einkaufen fahren?“ „Willst du mich schon wieder loswerden?“ „Das nicht, wir brauchen aber noch ein paar Teile.“ „Okay, weil du es bist.“ Pam schrieb mir einen Zettel und ich machte mich wieder auf den Weg.
In unserem Supercenter hatte sich die Situation nicht wirklich verändert. Bei haltbaren Lebensmitteln und Hygieneprodukten herrschte zum Teil gähnende Leere in den Regalen. So bekam ich nicht alles, was ich holen sollte, das ließ sich aber nicht ändern.
Zurück zu Hause, stand das Essen auf dem Tisch. Pam hatte mir eines meiner Lieblingsgerichte gekocht. Das war wieder ein Zeichen für mich, dass es ihr entsprechend gut ging. Nach dem Essen spielte ich noch eine Stunde mit Tim, dann musste ich leider schlafen gehen. Kurz vor Mitternacht musste ich wieder im Truck sein.

Mittwoch, den 25. März 2020, 10:30 pm, PDT, Sacramento, CA:

Um halb Elf klingelte mein Wecker schon wieder. Als ich ihn ausmachte, murmelte Pam: „Kaum eingeschlafen, klingelt der Wecker schon wieder.“ Ich drehte mich zu ihr und gab ihr noch einen Kuss auf die Stirn. „Schlaf weiter, Sweetheart. Der war für mich.“ „Fahr vorsichtig.“ Murmelte sie noch, dann drehte sie sich wieder auf die Seite. Ich stand auf und ging ins Bad. Anschließend machte ich mich schnell fertig und ging in die Küche, wo ich mir noch was zu Essen und eine Kanne Kaffee machte. Danach ging es in meinen Sportsachen wieder joggender Weise zum Zentrallager.
Als Betriebsangehöriger durfte ich die Umkleide und die Duschen noch benutzen. Für Fremdfirmen war alles gesperrt. Ich wusste noch nicht einmal, ob das auch für A Unternehmer, wie Marc ebenfalls galt. Das war aber auch egal, da ich da sowieso keinen Einfluss darauf hatte. Eine Viertelstunde vor Mitternacht war ich im Truck und stellte die Systeme auf PTI. Nach erfolgter Abfahrtskontrolle stand dann auch der nächste Auftrag im System:

PICKUP: EST-CASAC
GATE: 04
TRAILER: DV122064
FREIGHT: TABLEWARE
WEIGHT: 41,649 LB
DROP: FEX-CALAX
PRIORITY: IMPORTANT

WAT-CASAC-KMU

Keela schickte mich mal wieder nach Los Angeles. Die FedEx Niederlassung kannte ich ja schon. Ich startete den Motor und fuhr Bobtail zum Außenlager. Dort standen die üblichen Security Leute zwar immer noch an ihrem Bürocontainer bereit, in der Nachtschicht aber nur, um zu dokumentieren, wer das Gelände betrat oder verließ. Am Tage natürlich noch für die Abfertigung der Fremdfirmen, die Ware anlieferten oder abholten. Ich grüßte nur im Vorbeifahren und fuhr direkt zu Tor 4, wo ich den Dry Van aufsattelte. Um halb Eins war der Trailer kontrolliert und ich konnte losfahren.
Es ging dann auf die I-5 S, die ich dann auch erst für meine Pause wieder verlassen sollte. Die Fahrt durch die Nacht lief ruhig. Ich hatte auch den Eindruck, dass noch weniger Verkehr war, als sonst schon.
Das einzig Nennenswerte auf dem ersten Teil der Fahrt war der Zwischenstopp auf der Waage, kurz vor meiner Pause. Dass ich recht schwer unterwegs war, hatte ich nicht nur an der Anweisung im ORBCOMM gesehen, das merkte ich auch. Mit 78.664 Pfund bestätigte das auch die Waage.
Um sechs Uhr am Morgen hielt ich dann für meine Pause an der Niederlassung Buttonwillow der TravelCenters of America. Aufgrund der kurzen Nachtruhe am gestrigen Nachmittag und Abend war ich jetzt schon wieder Müde. Die zu Hause fertiggemachten Sandwiches hatte ich bereits während der Fahrt am frühen Morgen gegessen. Daher beschloss ich mich nochmal hinzulegen. Um acht Uhr machte ich mich wieder auf den Weg.

Trotz der schweren Ladung schlug sich der Cascadia dann recht achtbar am Tejon Pass. Ich kam zwar einmal kurzzeitig unter 40 mph, hatte diese Grenze aber auch schnell wieder überschritten.
Als ich im San Fernando Valley ankam, merkte ich, dass sich manche Sachen wohl niemals änderten, egal wie viel oder wenig los war. Auf meinen beruflichen Touren nach LA hatte ich meistens hier irgendeine Sperrung aufgrund eines Unfalls. Heute war es zwar vergleichsweise leer auf den Highways, trotzdem war dann die I-5 in Südlicher Richtung gesperrt. Der Verkehr wurde auf die I-405 S In Richtung Santa Monica umgeleitet. So brauchte ich dann etwas länger zum Ziel, hatte aber andererseits noch etwas Urlaubsfeeling, als es in Santa Monica am Pazifik entlang ging.

Es war dann schon Mittag durch, als ich schließlich die FedEx Niederlassung erreichte. An die ORBCOMM Meldung des geänderten Zielortes hatte ich mich inzwischen auch gewöhnt. Die kam ja inzwischen immer vor dem Ziel, um mir das Tor anzugeben, an dem ich absatteln sollte.
Bei der Niederlassung des Logistikers, die ja wohl schon etwas älter war, gab es ja keine Docks, sondern noch eine klassische Rampe. Die angegebene Tornummer wies dann den Bereich der Rampe an, der vor den durchnummerierten breiten Rolltoren war. So sollte ich den Trailer vor Rolltor Nummer 3 ansetzen. Mein Anschlussauftrag stand auch schon im System:

PICKUP: FEX-CALAX
GATE: 01
TRAILER: DV127289
FREIGHT: TOYS
WEIGHT: 30,462 LB
DROP: CAFAT
MARKET: SUC1815
PRIORITY: URGENT

WAT-CASAC-JMU

Dass die Spielwaren dringend waren, bezweifelte ich. Vermutlich waren neben den Spielwaren noch Hygieneartikel wie Desinfektionsmittel oder Toilettenpapier auf dem Trailer. Die Palette mit Spielwaren war dann wieder nur die erste auf der Liste.
Aufgrund des Lockdowns hatte Federal Express unsere Arbeitsweise akzeptiert und verzichtete ebenfalls auf eine persönliche Abfertigung. Differenzen und Beschädigungen würden anschließend in einem Entladebericht per Mail gemeldet werden. Das wurde ja sonst auch so gemacht. Nur sonst bekam der Fahrer eine Quittung unter Vorbehalt.
Ich fuhr also auf den Hof und tauschte gemäß meiner Anweisung die Trailer. Als alles, inklusive der Kontrolle des aufgenommenen Trailers erfolgt war, fuhr ich nur noch vom Gelände runter. Draußen vor der Niederlassung war wieder ein größerer Platz, der für die Nahverkehrsfahrzeuge und Subunternehmerfahrzeuge gedacht war. Hier parkte ich dann auch für meine Pause.

Ich war immer noch recht müde und hatte außerdem keine Lust, noch lange einen Parkplatz zu suchen. Die Truckstops waren im Moment ja auch eher Tankstellen mit Lokalen, die nur außer Haus verkauften. Ich machte mir noch was aus meinen Vorräten zu Essen und telefonierte anschließend noch mit Pam. Anschließend legte ich mich zeitig schlafen.

Donnerstag, den 26. März 2020, 10:30 pm, PDT, Los Angeles, CA:

Am Abend um halb Elf durfte ich leider schon wieder aufstehen. Aufgrund der Dringlichkeit der Aufträge im Moment hatte sich meine Frühschicht wieder in eine Nachtschicht verwandelt. Für den beginn meiner Schicht ist das sicher auch besser so. Es war zwar weniger los in LA, trotzdem war das nun mal eine Stadt, die niemals wirklich schlief.
Zum Glück brauchte ich heute nur meine Blase entleeren. So blieb mir ein Erlebnis wie in Goldfield erspart. Die Wäsche und Zahnpflege erfolgten trotzdem wieder mit Wasser aus dem Kanister. Ebenso wie die Wasserfüllung der Kaffeemaschine. Daher achtete ich auch immer darauf, den Kanister rechtzeitig wieder aufzufüllen.
Um viertel nach Elf begann ich dann mit der PTI und um halb Zwölf war ich dann auf dem Weg.
Meine Befürchtungen, ich könnte von den FedEx Unternehmern zugeparkt werden, hatte sich zum Glück nicht bewahrheitet. Ich kam problemlos auf die Straße. Nun ging es durch die nächtliche Stadt, die im Vergleich zu sonst wirklich sehr leer wirkte. So kam ich dann problemlos auf die I-605 N und anschließend auf die I-5 N. So gut wie jetzt kam man hier sonst allenfalls am frühen Sonntagmorgen durch. Der Lockdown hatte also auch seine guten Seiten.
So war ich kurz nach Mitternacht bereits im San Fernando Valley und eine knappe halbe Stunde später am Anstieg zum Tejon Pass. Dort merkte ich dann aber, dass ich nicht der einzige Truckdriver war, der noch arbeitete. Wenn mein Bruder meinte, ich sei untermotorisiert, dann fragte ich mich, was die Kollegen waren, auf die ich jetzt auflief. Das Problem beim Cascadia war dann eher, dass wenn ich erst einmal bremsen musste, dann war es vorbei. Um wieder Schwung aufzubauen, waren die 400 PS und 10 Gänge dann doch zu wenig. Trotzdem mochte ich inzwischen meinen Truck. Außerdem stand fest, wenn ich einen anderen Hersteller fuhr, war auch nicht gesagt, dass der Antriebsstrang besser wäre. Unsere Kenworth oder Peterbilt hatten auch nur 400 PS und 10 Gänge. Vermutlich sogar mit dem gleichen Motor und Getriebe. Im Gefälle genoss ich wieder die Jake Brake, die den Truck bequem auf 56 mph hielt.

Am bald folgenden Abzweig kam jetzt aber eine Premiere. Ich folgte nicht der I-5, sondern wechselte auf die CA-99 N. Den Golden State Highway kannte ich bisher erst nördlich von Bakersfield. Mit Ziel in Fresno machte es aber keinen Sinn auf der Interstate 5 zu bleiben. Als Nächstes kam ich dann aber nach Bakersfield und war dann wieder in bekanntem Terrain.
Zwei, zweieinhalb Stunden später hatte ich Fresno erreicht. Die Fahrt durch die Stadt glich dann wirklich auf den ersten Blick einer Fahrt durch eine Geisterstadt. Auch das Supercenter hatte um diese Zeit geschlossen. Hinter den Kulissen waren aber bereits die ersten Mitarbeiter vor Ort, um den Markt zu reinigen und die Regale wieder aufzufüllen. Meine Anweisung lautete, den Trailer an Tor 2 abzusatteln. Um halb Fünf war das passiert und ich schaute nach der nächsten Anweisung:

PICKUP: EST-CAFAT
GATE: 05
TRAILER: RE141312
FREIGHT: TELEVISION SETS
WEIGHT: 32,347 LB
DROP: WFM-ORMFR
PRIORITY: STANDARD

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Es ging also nicht nach Hause, wie ich vermutet hatte. Das Ziel stellte sich als Filiale der Biolebensmittelmarkt-Kette Whole Foods Market in Medford, Oregon heraus. Offensichtlich bot man dort inzwischen auch Nonfood Produkte an. Medford hatte den Vorteil, dass Sacramento auf dem Weg lag. So konnte ich meine Pause bei Pam und Tim verbringen. Weiter würde ich heute sowieso nicht kommen.
Zuerst durfte ich nun aber Bobtail zum Außenlager fahren. Das Außenlager lag etwas außerhalb von Fresno im Süden der Stadt. Ich befand mich hier im Norden von Fresno. Also erstmal wieder quer durch die Stadt. Auch ohne Verkehr brauchte man dafür eine knappe Stunde. So war es dann wirklich schon halb Sechs, als ich am Außenlager ankam.
Ich nutzte schnell die Gelegenheit, hier die Toilette zu benutzen. Als Firmenangehöriger durfte ich das noch. Der Trailer an Tor 5 hatte leider unsere Werbung drauf. Hoffentlich gab das keinen Ärger. Wenn dort aber auch alles kontaktlos ablief, dann bekam ich den wenigstens nicht ab. Als ich aufgesattelt hatte und meine PTI erledigt war, schaute ich im E-Log nach meinen Zeiten. Viereinhalb Stunden hatte ich insgesamt noch zur Verfügung. Von Fresno nach Sacramento brauchte ich vier Stunden. Ich hatte also einen kleinen Puffer, falls noch was passierte.

Als Erstes musste ich aber meine Pause machen. Dazu fuhr ich dann auf R V J’s Truck Stop. Der war nicht toll, er war aber immerhin da. Ansonsten gab es in Fresno nicht viel, wo man stehenbleiben konnte. An und für sich hätte ich da genauso gut am Außenlager stehen bleiben können. Mehr als den Parkplatz nutzte ich jetzt auch nicht. Zuerst machte ich mir aus meinen Vorräten eine kleine Mahlzeit, danach legte ich mich noch ein Stündchen aufs Ohr. Um halb Acht fuhr ich dann wieder weiter. Dazu würde ich nun die CA-99 bis zu Hause nicht mehr verlassen. Die Fahrt verlief ruhig und fast ereignislos. Kurz vor Modesto war die rechte Spur gesperrt. Der Truck, der Ursache für die Sperrung war sah nicht gut aus. Wie der Unfall passiert war, blieb mir schleierhaft, zumal kein Unfallgegner zu sehen war. Vielleicht hatte sich dieser aus dem Staub gemacht.

Als ich Stockton erreicht hatte, rief ich zu Hause an. „Murdock.“ Meldete sich Pam. „Hallo Sweetheart.“ „Hallo Darling.“ „Zum Mittagessen werde ich zu Hause sein.“ „Echt? Das ist aber schön.“ „Ja. Ich bin jetzt in Stockton. In einer Stunde mache ich dann Feierabend.“ „Soll ich dich abholen?“ Brauchst du nicht. Wenn ich laufe, habe ich wenigstens noch etwas Bewegung.“ „Okay. Hast du dann auch Reset?“ „Leider nicht. Ich habe einen Trailer für Medford, Oregon dran. Den muss ich noch wegbringen.“ „Das heißt du musst wieder früh ins Bett?“ „Genau.“ „Dann mache ich dir aber was Schönes zu Essen.“ „Sehr gerne.“ „Bis gleich, Darling.“

Mit der Vorfreude auf das Essen und die Zeit mit Pam und Tim verging die letzte Stunde wie im Flug. Mit der Ankunft im Großraum Sacramento ging dann noch die Tankleuchte an. So verzögerte sich der Feierabend noch kurzzeitig. Ich fuhr an die Betriebstankstelle und füllte noch 50 Gallonen auf. Die Strecke nach Medford war hinter Redding recht hügelig. Daher wusste ich nicht genau, wie viel Diesel ich brauchte. Dann lieber etwas mehr tanken, als zu wenig.
Um viertel vor Zwölf stellte ich den Truck dann aber auf dem Platz ab. Ich zog mich schnell um und packte meine Sachen zusammen. Danach sah ich zu, dass ich nach Hause kam.

Dort kam mir zuerst Tim entgegen. „Daddy.“ Rief er. Ich nahm ihn auf den Arm. Dann gingen wir zusammen in die Küche, wo Pam am Herd stand. „Hey Sweetheart.“ Sagte ich und gab ihr einen Kuss. „Da sind ja meine Männer.“ Sagte sie. „Willst du vor dem Essen noch schnell duschen?“ „Wäre besser.“ „Okay, beeile dich. Das Essen ist fertig.“ Sie nahm mir Tim ab und ich ging duschen.
Nach dem Essen hatte ich dann noch Zeit, eine Stunde mit Tim zu spielen. Danach musste ich dann wieder ins Bett. Am Abend ging es ja schon wieder weiter.

Freitag, den 27. März 2020, 8:30 pm, PDT, Sacramento, CA:

An diesem Abend hatte ich einen Wecker der besonderen Art: „Darling, du musst langsam wach werden.“ Sagte Pam mit sanfter Stimme. „Wirklich? Ist es schon wieder so spät?“ „Leider ja. Ich habe Tim gerade ins Bett gebracht, jetzt darf ich dich wecken.“ „Verrückte Welt. Oder?“ „Irgendwie schon. Trotzdem bin ich froh, dass du das alles für mich machst.“ „Es scheint dir ja auch wieder besser zu gehen.“ „Das stimmt. Obwohl es im Moment alles sehr merkwürdig ist, was in der Welt vorgeht, fühle ich mich besser, als in den letzten Jahren. Ich kann das Zusammensein mit dir und Tim wieder richtig genießen.“ „Das freut mich.“ „Lass uns noch fünf Minuten kuscheln, bevor du aufstehst.“ Ich nahm sie in den Arm und streichelte sie zärtlich.
Als ich aufstand fragte mich Pam: „Soll ich dir noch was fertigmachen?“ „Du könntest Die Thermoskanne mit Kaffee füllen und mir ein paar Sandwiches machen. Frische Lebensmittel nehme ich sonst heute nicht mit. Hinterher muss ich noch was entsorgen, wenn ich von Oregon wieder zurück nach Kalifornien komme.“ Ich ging dann ins Bad und machte mich fertig und Pam ging in die Küche und machte mir meine Sachen fertig. In meinen Sportsachen kam ich dann hinterher in die Küche und packte die Sachen in den Rucksack. „Eigentlich will ich nicht, dass du gehst.“ Sagte sie dann. Ich nahm sie nochmal in den Arm und küsste sie. „Sweetheart, du weißt doch, dass es sein muss. Außerdem komme ich ja morgen Abend schon wieder.“ „Erst morgen Abend?“ „Medford und zurück in einer Schicht, das wird nichts.“ „Na gut.“ Zum Abschied küsste ich sie nochmal. „Ich muss jetzt los.“ „Dann gib mir noch einen Kuss auf Vorrat.“ Den bekam sie.

Als ich das Haus verlassen hatte, nahm ich meine übliche Laufstrecke zum Zentrallager. Dort ging ich schnell duschen. Um viertel vor Zehn war ich dann wieder pünktlich im Truck. Nach der PTI konnte ich mich dann um zehn Uhr auf den Weg nach Oregon machen.
Es ging über den üblichen Weg via CA-99 N und I-80 BUS zur I-5 N. Dieser folgte ich dann in Richtung Redding. Mein nächster Zwischenstopp war dann die Colusa County Weigh Station. Mit einem Gesamtgewicht von 71.052 Pfund konnte ich dann auch sofort weiterfahren.
Die weitere Fahrt durch die Nacht lief ruhig und ohne Zwischenfälle. Auf den langen Geraden der Interstate merkte ich aber, dass ich wohl wieder etwas wenig Schlaf gehabt hatte. Das war bei Truckdrivern mit Familie immer ein Problem, wenn man unter der Woche zu Hause war.
Nördlich von Redding wurde das dann besser. Die Fahrt durch den Shasta-Trinity National Forest und die Berge rund um den Mount Shasta bedeutete zwar mehr Arbeit für mich, ließ mich aber auch nicht so schnell müde werden. Hier war die Interstate hügelig und kurvenreich. Vom Mount Shasta sah ich im Dunkeln natürlich nicht sonderlich viel.
Es ging langsam auf den Samstagmorgen zu, als ich schließlich Oregon erreichte. Der Staat begrüßte mich dann auf zweierlei Weise. Einerseits mit einem kräftigen Schauer, der kurz hinter Hornbrook begonnen hatte und andererseits mit einer Stippvisite am Oregon Port of Entry. Da ich inzwischen noch 400 Pfund leichter war, als am Abend in Colusa County, durfte ich auch direkt passieren.

Meinen Tempomat stellte ich jetzt aber nicht auf 60 mph hoch, sondern ließ ihn auf 56. So viel würde mir das jetzt auch nicht bringen. An der Ausfahrt 30 verließ ich dann die Interstate und wechselte auf die OR-62 E, die ich aber an der nächsten Kreuzung wieder verließ. Der Supermarkt befand sich an der Biddle Road, in der Nähe des Flughafens. Der Schauer hatte inzwischen zum Glück aufgehört. Ich würde gleich also nicht nass werden. Neben dem Anschlussauftrag gab mir ORBCOMM auch bekannt, dass mein Trailer an Tor 1 abgestellt werden sollte.

Als ich auf den Parkplatz des Biomarktes kam, wunderte ich mich, dass der Parkplatz am Samstagmorgen um halb Fünf, bei noch geschlossenem Markt ziemlich voll war. Vielleicht nutzten den Parkplatz auch Flugpassagiere, um die meist gesalzenen Preise der Flughafenparkplätze zu sparen.
Tor 1 war dann für den Trailer mit der sicherlich nicht gern gesehenen Werbung auf der Seite optimal. Das Tor lag auf der Rückseite des Marktes. Vom Parkplatz aus sah man allenfalls die Vorderseite des Trailers mit dem Kühlaggregat. Ich öffnete die Türen und rangierte den Trailer an das Dock. Dort sattelte ich ab. Nun schaute ich mir den nächsten Auftrag an:

PICKUP: WFM-ORMFR
GATE: 03
TRAILER: FEXXXX
FREIGHT: USED PACKAGING
WEIGHT: 29,079 LB
DROP: EST-CASAC
GATE: 20
PRIORITY: STANDARD

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Meine Lieblingsschwägerin holte mich erwartungsgemäß nach Hause. Ich fuhr mit der Zugmaschine um den Markt und nahm den dort stehenden FedEx Trailer auf. Man hatte sich auch unseren Vorschriften angepasst und die Papiere hinten an der Ladung angebracht. Nach dem Aufsatteln und erfolgter PTI fuhr ich dann los.
Weit fuhr ich aber nicht. An der gleichen Straße lag schließlich der Truckstop, wo ich tanken wollte. Die Tankleuchte war auch schon wieder seit etwa der Staatsgrenze an.
Ich fuhr auf den Truckstop und füllte die Tanks wieder voll. Mit vollen Tanks fuhr ich auf den Parkplatz des Truckstops. Ich hatte ja noch keine Pause gemacht. Dort begann ich zu rechnen. Wie ich Pam schon gesagt hatte, bestand keine Chance, in der restlichen Fahrzeit nach Sacramento zu kommen. Irgendwie machte es dann für mich keinen Sinn, jetzt eine kurze Pause zu machen und dann noch drei, vier Stunden zu fahren. Wenn es gut lief, käme ich höchstens noch bis Redding. Da konnte ich auch gleich hierbleiben. Der Lockdown war inzwischen in beiden Staaten, also änderte sich da auch nichts. Außerdem war ich müde. Schließlich stand mein Entschluss fest. Ich machte jetzt Feierabend.
Da Pam sicher noch im Bett war, schrieb ich ihr nur eine kurze WhatsApp, dass ich schon Pause machte und mich am Nachmittag melden würde. Anschließend brauchte ich noch sämtliche Lebensmittel auf, die ich sowieso nicht wieder mit nach Kalifornien einführen durfte. Gegen halb Sieben legte ich mich dann ins Bett.

Samstag, den 28. März 2020, 2:45 pm, PDT, Medford, OR:

Gegen viertel vor Drei klingelte mein Wecker wieder. Ich erstmal völlig durcheinander. Wo war ich? War es jetzt Nachmittag oder Nacht? Musste ich überhaupt aufstehen? Nachdem ich mir über die entsprechenden Antworten im Klaren war, stand ich auf. Mein Versuch, anschließend irgendwie die Keramikabteilung des Truckstops zu besuchen, verlief erfolglos. Was war das bloß für ein verdammtes Virus, dass dafür sorgte, dass die Welt quasi stillstand. Ich suchte mir dann eine halbwegs ruhige und versteckte Ecke, in der ich wenigstens meine Blase entleeren konnte. Die Zahnpflege und Wäsche erfolgte anschließend einmal mehr mit Wasser aus dem Kanister. Auch die Kaffeemaschine wurde wieder in Betrieb gesetzt.

Anschließend hatte ich noch ein paar Minuten Zeit, in denen ich Pam anrief. „Hallo Darling.“ Begrüßte sie mich. „Hallo Sweetheart. Tut mir leid, dass ich noch nicht bei dir bin.“ „Du kommst aber heute noch. Oder?“ „Ja, ich komme heute noch. Das dauert aber. Ich bin noch in Oregon.“ „Wie lange brauchst du?“ „Etwa sieben Stunden.“ „Das wird aber ein kurzes Wochenende.“ „Ist leider so.“ „Okay. Ich warte auf dich. Ich gehe nicht ins Bett, bevor du nicht bei mir bist.“ „Na gut.“ „Ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch. Ciao. Bis heute Abend.“ Ich beendete das Telefonat und begann dann mit der PTI. Um viertel vor Vier konnte ich dann losfahren.

Ich fuhr zur OR-62 und anschließend auf die I-5 S in Richtung Kalifornien. Mein nächster Zwischenstopp war an der Hornbrook Agricultural Inspection Station. In ihrer kompletten Schutzkleidung, die die Kontrollbeamten nun trugen, wirkte die Szene irgendwie surreal, als hätte man sie aus einem schlechten Katatstrophenfilm herausgeschnitten. Ich legte natürlich auch, die in meinen Walmart-Dienstvorschriften genannte Schutzmaske an. Die Beamten wirkten auch irgendwie gestresst und verunsichert. Daher begnügte man sich mit einem schnellen Blick auf den Trailer und die Frachtpapiere, sowie einem kurzen Blick auf meine Vorräte in Fahrerhaus und Sleeper. Ich war froh, als ich das ganze hinter mir hatte und weiterfahren konnte.

Die weitere Fahrt war dann sogar richtig schön. Auf den nächsten Meilen bis Redding fuhr ich ja durch eine schöne und wildromantische Landschaft. Jetzt, am Spätnachmittag konnte ich auch einige schöne Blicke auf den Mount Shasta werfen. Nachdem ich Redding passiert hatte, wurde die Landschaft durch den Sonnenuntergang in ein schönes Licht getaucht. Leider war die Strecke nun wieder recht gerade und eher Langweilig und ermüdend. So liefen die Stunden dahin.

Der nächste eher unfreiwillige Zwischenstopp war dann in Colusa County. Mit gerade mal 66.693 Pfund ließ man mich aber sofort weiterfahren und ersparte mir weitere Kontrollen. Gegen viertel nach Zehn am Abend erreichte ich dann unser Außenlager.
Mein Tor zum Absatteln stand ja schon seit der Abfahrt fest. Der Trailer musste an Tor 20, hinten in die Ecke. Mit dem kurzen Trailer war das aber kein Problem für mich. Ich kämpfte immer nur ein wenig, wenn ich dort mit einem 53 Fuß Trailer hineinmusste.
Anschließend fuhr ich noch eben Bobtail zum Zentrallager, wo ich meinen Truck abstellte. Die Anweisung, die jetzt im System stand, hatte ich erwartet, auch wenn ich mit etwas längerer Dauer gerechnet hatte:

34 H RESET

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Für die Firma war es eben am besten, wenn man abends, zwischen sieben Uhr und ein Uhr nachts Feierabend machte. Dann hatte man 34 Stunden Reset. Ab zwei Uhr hatte man 51 Stunden, die dann anstanden, damit man zwei komplette Standzeiten zwischen ein Uhr und fünf Uhr im Reset hatte. Für den Fahrer kam es natürlich auch darauf an, ob der Reset zu Hause oder unterwegs stattfand. Ein langer Reset zu Hause bei der Familie war schön, unterwegs konnten 51 Stunden Reset aber auch nerven.
Ich packte noch meine Schmutzwäsche in den Rucksack und zog die Sportsachen an. Dann folgte meine Laufrunde nach Hause.

Auf der 44th Avenue, kurz vor der Fußgängerbrücke über die CA-99 kam ein Streifenwagen an mir vorbei. Der hielt an und die Beamten stoppten mich. „Guten Abend, Officers.“ Grüße ich. „Guten Abend, Sir. Würden Sie uns bitte mitteilen, was Sie hier machen? Sie wissen ja, dass man auf Anweisung der Staatsregierung zu Hause bleiben soll.“ „Ich bin auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Also genau dorthin, wo ich hinsoll.“ „Ihren Ausweis bitte.“ Ich holte meinen Ausweis aus dem Rucksack und gab ihn einem der Beamten. Der andere Beamte hatte dabei seine Pistole gezogen und zielte auf mich. Es hätte ja sein können, dass ich eine Waffe aus dem Rucksack holte. „Steven Murdock, wohnhaft in Lemon Hills…“ er nannte dem anderen Beamten meine Adresse. „Ich prüfe das.“ „Wo arbeiten Sie?“ „Bei Walmart Transportation…“ Ich nannte die Adresse des Zentrallagers. „Haben Sie da auch einen Nachweis drüber?“ Ich hatte ja die Mitarbeiterkarte, mit der ich auch die entsprechenden Rabatte beim Einkaufen bekam. Ich gab sie ihm. „Ich habe auch meine benutzten Fahreruniformen im Rucksack, falls die Karte nicht reicht.“ „Schon in Ordnung.“ „Die Adresse stimmt.“ Sagte der Andere. „Keine Einträge oder Vorstrafen. Er ist außerdem Reservist der Marines.“ „In Ordnung.“ Er wandte sich wieder an mich: „Warum fahren Sie nicht mit dem Auto?“ „Ich bin die Woche über unterwegs. Unser Auto wird von meiner Frau genutzt. Ist es jetzt verboten, zu Fuß zur Arbeit zu gehen?“ „Verboten nicht, aber ungewöhnlich.“ „Ich verbinde so den Weg zur Arbeit mit meinem Sport.“ „In Ordnung. Rechnen Sie aber damit, in nächster Zeit öfter kontrolliert zu werden.“ Ich packte meine Sachen wieder ein und setzte meinen Heimweg fort. Zehn Minuten später war ich dann zu Hause.

Pam lag auf der Couch und war vor dem Fernseher eingeschlafen. Ich ging zu ihr, streichelte ihr über den Kopf und gab ihr einen sanften Kuss. Sie schreckte hoch. „Alles gut, Sweetheart, ich bin‘s.“ „Hallo Darling.“ Sie gab mir jetzt auch einen Begrüßungskuss. „Ich bin wohl eingeschlafen.“ „Hat dich Tim wieder so auf Trab gehalten?“ „Frag nicht wie. Gut, dass wir den Garten haben. Sonst würde uns hier die Decke auf den Kopf fallen.“ „Okay. Ich gehe dann schnell duschen.“ Ich drehte mich um und wollte ins Bad gehen. „Warte.“ Sagte Pam. Ich drehte mich zu ihr um. „Ich komme mit dir.“ „Musst du auch duschen?“ wunderte ich mich. „Müssen nicht. Aber wollen.“ Sie umarmte mich und küsste mich leidenschaftlich. „Heute Abend lasse ich dich keine Sekunde mehr alleine.“ Wir gingen gemeinsam duschen und setzten den Abend anschließend im Schlafzimmer fort.

Den Sonntag verbrachten wir dann in unseren vier Wänden und im Garten. Ich spielte viel mit Tim. Pam verwöhnte mich an dem Tag sowohl kulinarisch, als auch mit zahlreichen Zärtlichkeiten. Langsam wurde sie wieder die leidenschaftliche Frau mit dem mexikanischen Temperament, so wie ich sie kennengelernt hatte. Auch der Glanz in ihren fast schwarzen Augen war langsam wieder da. Ich war glücklich, dass ich sie und unseren Sohn hatte.
Leider ist es ja so, dass die Stunden und Minuten gefühlt viel schneller vergingen, wenn man sie angenehm nutzte. So war das kurze Wochenende dann auch wieder viel zu schnell vorbei.

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