April und Mai 2020
Die nächsten Wochen lief es weiterhin so, wie es Ende März begonnen hatte. Da ich noch nicht so lange in dem Job war, waren die neuen Abläufe, die wegen Corona eingeführt wurden, inzwischen mehr Routine für mich, als die vorher üblichen Abläufe. Meine Touren blieben meistens in den drei Westküstenstaaten Kalifornien, Oregon und Washington. Es gab nur ein paar wenige Abstecher nach Nevada.
Pam ging es wieder richtig gut. Dadurch, dass sie sich um Tim kümmerte, hatte sie auch genug Beschäftigung und Ablenkung, um sich nicht allzu sehr mit der Situation befassen zu müssen. Zum Glück gab es unseren Garten und dort Schaukel und Sandkasten, so dass unser Sohn beschäftigt war. Irgendwann brachte ich dann auch noch ein aufblasbares Planschbecken mit.
Ab und zu traf ich dann auch mal Marc oder Gina Lion an den Ladestellen und wir unterhielten uns kurz. Natürlich unter Wahrung des Abstands von sechs Fuß. Gina erzählte bei einem der Treffen, dass sie sich ein wenig Sorgen um ihre Familie machte, deren Hotels aktuell aufgrund des Lockdowns leer standen. Die weiterhin laufenden Fixkosten waren beträchtlich und zehrten am zum Glück guten Finanzpolster der Familie. Danny teilte ihre Sorgen, was man ihm ein wenig anmerkte, wenn man mal mit ihm telefonierte. Dabei war er im Moment noch der, dem es von den drei Dispatchern, mit denen ich zu tun hatte, am besten ging.
Meine Schwester Jessy ging ja sowieso immer schnell hoch und war zickig. Dazu hatte sie gerade eine Beziehungskrise mit ihrem langjährigen Freund Dave. Dieser saß aufgrund des Lockdowns zu Hause und ihm fiel die Decke auf den Kopf. Dazu war er dann auch noch 24 Stunden täglich mit Jessy zusammen, die ja aus dem Home-Office arbeitete. Wenn Jessy zu Hause auch so zickig war, wie sonst im Büro, wäre unsere kleine Prinzessin bald wieder solo.
Auch bei Keela und Marc lief momentan nicht alles rund, wie Marc mir und Keela Pam erzählt hatten. Dabei war das Hauptproblem, dass Keela von Kindheit an immer raus musste und wollte. Sie hielt es in der Wohnung einfach nicht aus. Ihre Hobbies Surfen und Motorradfahren fielen im Moment beide aus und sie war zu Hause festgenagelt. Dazu kam noch der Neid auf Marc, der beruflich wochenlang unterwegs war und nicht zu Hause festsaß. Da Keela ebenfalls sehr temperamentvoll war, stand sie im Moment ebenfalls immer kurz vorm Explodieren. Aus purer Langeweile hatte sie schon den Savana und den Pickup von Grund auf sauber gemacht und beide Motorräder auf Hochglanz poliert. Da Keela schon nicht mehr mit Jessy über ihre Probleme reden wollte, die dann ihrerseits Keela volljammerte oder über die Arbeit reden wollte, Gab es für sie nur noch zwei Ansprechpartner. Ihre Freundin Stella aus Minneapolis, mit der sie regelmäßig skypte und eben Pam. Daher wusste ich aus erster Hand, was bei den beiden los war.
Die Covid19 Erkrankungen stiegen in Kalifornien weiterhin stark an, wobei sich dabei zwei Hotspots zeigten. Die Bay Area rund um San Francisco und Los Angeles County. Ich war immer froh, wenn ich nicht in diese Gegenden musste, genauso wenn es in den Norden oder Osten von Oregon ging. Auch in Washington musste ich manche Gegenden nicht wirklich haben. Wenn ich dort aber trotzdem hinmusste, vermied ich jeglichen Kontakt und stieg nur dort aus, wo es zwingend notwendig war.
Zum Monatswechsel von April zu Mai gingen tausende Kalifornier aus den Küstenregionen auf die Straße und protestierten gegen die Ausgangsbeschränkungen und die Sperrung der Strände. Es hätte mich nicht gewundert, wenn Keela ebenfalls protestiert hätte. Zum Glück waren wir hier entsprechend weit weg von den Stränden. Einige Bezirke wagten daraufhin eine vorsichtige Öffnung ihrer Strände. Zahlreiche Besucher kamen – sehr zum Ärger des Gouverneurs: „Das Virus nimmt sich nicht an den Wochenenden frei, es geht nicht nach Hause, weil ein sonniger Tag ist“, warnte Newsom. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in einer virusfreien Welt leben, ist nicht realistisch in den nächsten Monaten. Es wird dauern, bis wir eine Herdenimmunität erreichen und ein Impfmittel, das wir ausliefern können.“ Newsom ließ die Strände dann zum Teil wieder schließen. Polizei und Küstenwache sollten das kontrollieren. Orange County wollte dann auch dagegen klagen.
Der Staat war, wie die gesamten USA gespalten, wie das Vorgehen richtig sei. Die Anhänger Newsoms, meist Demokraten, unterstützten die Maßnahmen und hielten sie für Sinnvoll. Die Gegner der Maßnahmen waren vielfach auch Trump Anhänger und wie der Präsident der Meinung, dass die Pandemie nicht so schlimm sei, wie behauptet.
Zu ihnen gehörte unter anderem Tesla-Chef Elon Musk, der Newsom vorwarf, dass die Maßnahmen „faschistisch“ seien. Er widersetzte sich dann gegen die Anordnungen und hatte seine E-Auto-Produktionsstätte wiedereröffnet. Die Behörden beugten sich letztlich dem Druck und die Fabrik durfte weiter produzieren.
Die Infektionszahlen blieben zu diesem Zeitpunkt auch noch verhältnismäßig gering, was bedeuten könnte, dass die Maßnahmen von Newsom in die richtige Richtung gingen. Der Druck in der Öffentlichkeit stieg aber weiter.
Am 7. Mai gab Gouverneur Newsom bekannt, dass der Staat in die zweite Phase seiner vierstufigen Roadmap zur Wiedereröffnung eintritt. Stufe 2 ermöglicht die Wiedereröffnung bestimmter risikoarmer Wirtschaftssektoren, sofern erhebliche Sicherheitsmaßnahmen vorhanden sind. Zur Mitte des Monats beugte sich Newsom dem Druck der Öffentlichkeit. Am 15. Mai wurde bekannt gegeben, dass die Kalifornier wieder offiziell an ihre Strände dürfen. Allerdings unter Einschränkungen. Die Einschränkungen besagen, dass die Strandbesucher nicht picknicken oder sonnenbaden dürfen. Schilder weisen darauf hin, dass nur sportliche Aktivitäten erlaubt sind: Surfen, Schwimmen, Joggen, Spazierengehen. Und wer nicht baden geht, soll einen Mundschutz tragen.
Keela war damit aber trotzdem noch nicht so wirklich glücklich. Die Parkplätze in Pacifica waren wohl immer noch gesperrt und das San Francisco RV Resort, wo sie in der Regel an den Wochenenden stand, an denen sie dort war, hatte ebenfalls noch geschlossen. Dazu kam, dass der Savana immer noch in Minnesota zugelassen war und Marcs Pickup, der über Walmart geleast war, in Arkansas. Mit auswärtigen Kennzeichen wurde man momentan sicherlich kontrolliert. Schweren Herzens entschied sich Keela dann zu diesem Zeitpunkt noch gegen eine Fahrt nach Pacifica.
Die Strände waren dann trotzdem wieder gut besucht. Dazu kam, dass der Großteil der Leute nicht den angeordneten Mund-Nasen-Schutz trug.
Am 18. Mai kündigte das Gesundheitsministerium an, dass die Bezirke selektiv Geschäftsarten wiedereröffnen könnten, die Teil der dritten Stufe der vierstufigen Roadmap für die Wiedereröffnung des Staates sind. Um bestimmte Arten von Geschäften wieder zu eröffnen, würde ein Landkreis seine Bereitschaft bestätigen.
Es sah also so aus, als ob es langsam wieder ein wenig mehr in Richtung Normalität gehen sollte.
Für mich änderte sich erstmal nichts. Wir hatten sowieso viel zu tun. Pam und Tim ging es gut. Dadurch, dass sie in unseren Garten konnten, vermissten die beiden auch nicht allzu viel.
Ende des Monats gab es dann noch einen Vorfall, der überwiegend Keela in Unruhe versetzte. Am 25. Mai wurde in Minneapolis der 46-jährige Afroamerikaner George Floyd durch eine gewaltsame Festnahme getötet. Auf dem Video, das eine 17-jährige Passantin von der Aktion filmte, welches im Netz erschien, konnte man klar das brutale Vorgehen der Beamten sehen. Einen Tag später gab es in Minneapolis erst Demonstrationen, die dann aber in Ausschreitungen gipfelten. Gerade die Bilder der Ausschreitungen waren auch wieder sehr heftig.
Da Keelas Familie in Saint Paul lebt, was mit Minneapolis zusammen die Twin Cities bildet, war das alles in unmittelbarer Nähe zu den Ryans. Angus versuchte zwar alles, um das Eigentum der Familie und der Firma zu schützen, es gelang aber nur insofern, als dass keiner der Familie verletzt wurde und auch weder das Wohnhaus, noch die Firmengebäude Schaden erlitten. Den Schaden gab es aber auf einigen Baustellen der Ryans. Dort wurden die Bauwerke zum Teil stark beschädigt und einige Fahrzeuge und Baumaschinen fielen auch den Flammen zum Opfer. Außerdem hatten sich einige Arbeiter der Ryans an den Demonstrationen und Krawallen beteiligt, wodurch dann auch Personal aufgrund von Verletzungen oder Festnahmen ausfiel. Zusätzlich zu den Kosten, die durch den Stillstand aufgrund von Corona ohnehin schon anfielen, kamen nun auch noch diese Kosten. Dabei war es momentan noch fraglich, wie viel davon durch Versicherungen abgedeckt war. So ließ man Keela im Moment besser in Ruhe, damit sie nicht explodierte.
So war dann der Mai auch schnell um. Man hatte den Eindruck, dass es eventuell langsam wieder aufwärts gehen könnte. So starteten wir hoffnungsvoll in den Juni.
Montag, den 1. Juni 2020, 3:30 am, PDT, Sacramento, CA:
Es hatte sich inzwischen so eingespielt, dass es am Montagmorgen um fünf Uhr für mich losgehen würde. So war das auch diese Woche wieder. Um halb Vier klingelte deshalb der Wecker, den ich sofort ausmachte, um Pam nicht zu wecken. Nach Morgentoilette, Zahnpflege und Schnellwäsche zog ich meine Sportsachen an. Dann nahm ich mir meinen Rucksack, den ich gestern schon mit sauberer Wäsche gefüllt hatte. In der Küche machte ich mir mein Frühstück und die obligatorische Kanne Kaffee fertig. Anschließend packte ich die Sachen auch noch in den Rucksack und machte mich auf meine Laufrunde zum Zentrallager. Dort duschte ich, schlüpfte dann in die Fahreruniform und füllte meinen Wasserkanister mit Frischwasser.
Am Truck angekommen, verstaute ich meine Sachen und begann pünktlich um fünf Uhr mit der PTI. Dabei machte ich mir Gedanken über meinen Truck. Ich hatte irgendwie Gefallen an dem Cascadia gefunden. Er war zwar nichts Besonderes, Greg, mein Vorbesitzer hatte ihn aber sehr nett fertiggemacht, so dass er nicht das übliche Walmart Einerlei war. Wie lange würde ich ihn wohl noch fahren dürfen? Immerhin hatte der Truck bereits über 400.000 Meilen auf dem Buckel. Bisher lief er noch problemlos. Sobald es aber mit den Reparaturen losgeht, würde er garantiert weggehen. Was bekam ich dann? Einen nagelneuen Truck oder wieder einen Gebrauchten?
Schließlich hatte ich die PTI abgeschlossen und schaute im ORBCOMM, was denn der erste Auftrag des neuen Monats werden würde:
PICKUP: EST-CASAC
GATE: 08
TRAILER: DV141451
FREIGHT: TABLEWARE
WEIGHT: 41,649 LB
DROP: FEX-CALAX
PRIORITY: URGENT
WAT-CASAC-JMU
Ich wusste nicht, ob mich Jessy wieder genau deswegen nach LA schickte, weil sie genau wusste, dass ich mich in Zeiten von Corona nicht sonderlich wohl in der Metropole fühlte. Durch die angespannte Situation zwischen ihr und Dave konnte es durchaus sein, dass sie ihrem Ärger dadurch Luft machen wollte, indem sie mich ärgerte. Ich würde ihr aber nicht den Gefallen tun und mich beschweren. Schließlich war ich als ehemaliger Marine geschult, mit unangenehmen Situationen umzugehen. Also startete ich den Cummins und machte mich auf den Weg zum Außenlager.
Dazu nahm ich die übliche Strecke über die CA-99 N, die I-80 BUS und I-5 N nach North Natomas. Gegen halb Sechs traf ich dort ein und nahm den Dry Van auf. Nach der PTI des Trailers ging es dann los.
Ich fuhr zurück zur Interstate. Dann verließ ich Sacramento über die I-5 S in Richtung Los Angeles. Es wurde langsam heller und der neue Tag brach an. Offensichtlich wurde es ein schöner Tag. Es war jetzt schon recht mild bei 15°C. Angesagt waren hier für Sacramento knapp 30°C. Zum Glück war unser Garten von höheren Gewächsen umgeben, die nicht nur einen Sichtschutz zu unseren Nachbarn boten, sondern auch den entsprechenden Schatten spendeten. Sonst würden Pam und Tim das nicht allzu lange aushalten. Obwohl – die beiden hatten eigentlich genug mexikanisches Blut, um da gut mit klar zu kommen. Pams Haut bekam im Sommer immer eine richtig schöne braune Farbe. Tim war nur geringfügig heller, als sie.
Die Fahrt lief an diesem Morgen wieder entspannt und ohne Probleme. Es waren zwar schon wieder mehr Leute unterwegs, als noch vor einem Monat, aber eben nicht so viele, wie in normalen Zeiten. Außerdem hatte ich ja, nachdem ich Stockton hinter mir gelassen hatte, keine größeren Städte, durch die der Verkehr lief. So war der einzige ungeplante Zwischenstopp der, den ich auf der Waage machen musste. Mit 78.874 Pfund durfte ich aber sofort weiterfahren. Ich hatte, glaube ich, noch keine größere Kontrolle seitdem ich bei Walmart fuhr. Mal abgesehen von der Kontrolle mit den Frischwaren bei Hornbrook. Vielleicht lag es auch daran, dass es bei Walmart so gut wie keine Verstöße gab. Da gab es sicher viele Unternehmen, wo sich eine Kontrolle mehr lohnte.
Meine Mittagspause verbrachte ich dann, wie immer, wenn ich die Interstate 5 in Richtung Süden nahm, am TA Truckstop in Buttonwillow. Nachdem ich geparkt hatte, ging ich zum Willow Ranch Restaurant und holte mir einen Grilled Chicken Salad. Inzwischen hatte ich mir einen Klappstuhl, der in mein Staufach passte, gekauft. Diesen stellte ich mir jetzt in den Schatten des Trucks und aß dort in aller Ruhe meinen Salat. Anschließend relaxte ich noch etwas. Bevor ich mich wieder auf den Weg machte, unternahm ich dann auch noch einen Verdauungsspaziergang. So dehnte ich die Pause auf eineinhalb Stunden aus. Gegen halb Eins ging es dann weiter.
Die Überquerung des Tejon Passes lief auch gut. Ich kam nur einmal kurz unter 40. Nun ging es ins San Fernando Valley und damit mit großen Schritten auf LA zu. Ich hatte Glück. Heute gab es kaum Behinderungen. So konnte ich auf der I-5 S bleiben. Erst in Richtung LA und dann in Richtung Santa Ana. Schließlich wechselte ich auf die I-605 S in Richtung Long Beach. Dann nur noch wenige Meilen durch die Stadt und ich war am Ziel.

So erreichte ich am Nachmittag das FedEx Lager. ORBCOMM teilte mir inzwischen mit, dass ich an die Rampe bei Rolltor 3 ansetzen sollte. Außerdem sollte ich dann folgende Ladung bekommen:
PICKUP: FEX-CALAX
GATE: 01
TRAILER: RE127289
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 24,002 LB
DROP: CAUKI
MARKET: SUC2052
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: ADR-CLASS 1-04 UN-NO. 0336
WAT-CASAC-KMU
Die Rückladung ging also nicht direkt zurück, sondern zum Supercenter 2052 in Ukiah. Knapp einem Monat vor dem Independence Day am 4. Juli wurde Feuerwerk natürlich wieder mehr nachgefragt, als im Rest des Jahres. Daher konnte dann auch ruhig mal ein kompletter Trailer an ein Supercenter gehen. Vielleicht war auch noch andere Ware auf dem Trailer. Auf jeden Fall war die Ladung leicht. Da nur noch ein weiterer Walmart Trailer an der Rampe stand, brauchte ich nicht lange suchen. Nach der PTI des Reefers ging es dann wieder zurück nach Norden.
Es lief dann sogar so gut im Bereich Los Angeles, dass ich sogar noch aus dem San Fernando Valley wieder rauskam. Nun merkte ich, dass der Tejon Pass in nördlicher Richtung erheblich steiler war, als in der Gegenrichtung. Während ich auf dem Hinweg mit fast vollem Gewicht kaum unter 40 kam, ging es mit dem leichten Trailer nur mit 30 mph den Pass hinauf. Immerhin wurde es dem Cascadia nicht so warm, wie dem Peterbilt, der am Straßenrand stand.

Mit meiner Fahrzeit kam ich dann tatsächlich noch bis nach Buttonwillow zurück. Das hatte ich vorher selbst nicht für möglich gehalten. Den Feierabend machte ich dann am frühen Abend auf dem gleichen Truckstop, wie meine Mittagspause. Mein Abendessen bestand dann aus dem Rest vom Salat, den ich am Mittag nicht komplett gegessen hatte und noch ein paar Sandwiches. Anschließend telefonierte ich noch mit Pam, bis sie unseren Sohn ins Bett bringen musste. Nachdem ich dann noch eine Stunde durch das Fernsehprogramm switchte, ohne was Sehenswertes zu finden, ging ich schlafen.
Dienstag, den 2. Juni 2020, 4:15 am, PDT, Buttonwillow, CA:
Am Dienstagmorgen klingelte mein Wecker wieder um viertel nach Vier. Ich stand auf und ging anschließend in den Truckstop, um die Toilette zu benutzen. Die Zahnpflege erfolgte aber genau wie die weitere Körperpflege mit Wasser aus meinem Kanister. Zurück im Truck wechselte ich meinen Jogginganzug gegen die Fahreruniform und setzte meinen Kaffee auf. Um fünf Uhr begann ich dann meine PTI und eine Viertelstunde später ging es weiter nach Ukiah.
Dazu fuhr ich dann zurück auf die I-5 N in Richtung Sacramento. Die Fahrt auf dem West Side Freeway ging aber vorerst nur bis zur kurz darauffolgenden Weigh Station. Aufgrund der Gefahrgutbeschilderung fürchtete ich schon, hier länger zu stehen. Nachdem sich die Waage aber bei 63.942 Pfund eingependelt hatte, durfte ich meine Reise schon fortsetzen.
Die nächsten drei Stunden lief die Fahrt dann eigentlich wie immer. Es ging in den anbrechenden Morgen hinein, ohne dass etwas Nennenswertes passierte. Bei dem Ort Tracy folgte ich dann aber nicht, wie sonst üblich, weiter der I-5 N in Richtung Sacramento. Heute ging es, als Premiere, über die I-580 W in Richtung Tracy / San Francisco weiter.
Im Alameda County angekommen, folgte ich weiter der I-580 W in Richtung Oakland / San Francisco. Bei Oakland fuhr ich dann aber nicht in Richtung San Francisco, sondern folgte der gemeinsamen Trasse von I-80 E und I-580 W in Richtung Sacramento und der Universitätsstadt Berkeley. Nachdem ich diese passiert hatte, folgte ich bei Albany weiter der I-580 in Richtung Point Richmond / San Rafael.

Die Bay überquerte ich dann heute mal über die ebenfalls Mautpflichtige Richmond – San Rafael Bridge. Die eigentlich von Richmond nach San Quentin führte. Dieser Ort war aber überregional eher durch das berühmt, berüchtigte San Quentin State Prison bekannt, weswegen man vermutlich eher San Rafael genommen hatte. Danach war man aber auch unmittelbar in San Rafael.
Die I-580 mündete dann in der, aus San Francisco und von der Golden Gate Bridge kommenden US-101 N. Über diese ging es nun bis zu meinem Ziel weiter.
Zwei Stunden später erreichte ich dann die Hauptstadt des Mendocino Countys. Das Supercenter, hier in Ukiah, kannte ich ja bereits. Es lag ja nur eine halbe Meile von der Abfahrt 548 A, Talmage, entfernt. Gegen viertel nach Zwölf am Mittag fuhr ich auf das Gelände und setzte den Trailer, wie angeordnet, an das Dock mit der Nummer 2. Mein Anschluss stand dann auch bereits im ORBCOMM:
PICKUP: CAUKI
MARKET: SUC2052
GATE: 04
TRAILER: DV135600
FREIGHT: USED PACKAGING
WEIGHT: 38,772 LB
DROP: EST-CASAC
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-DSN
Danny schickte mich also mit Altverpackungen zum heimischen Außenlager. Das bedeutete, dass ich den heutigen Abend zu Hause verbringen würde. Ich sattelte um und zog den Trailer von der Rampe ab. Nachdem die Türen geschlossen waren, stellte ich mich auf dem Hof auf die Seite. Es wurde höchste Zeit für meine kurze Pause.

Anschließend telefonierte ich kurz mit Pam. Ich meldete mich für den Abend an und fragte sie, ob noch was eingekauft werden sollte. Nach dem Telefonat ging ich in das Supercenter zum Einkaufen. Einerseits kaufte ich die Sachen, die Pam mir durchgegeben hatte und andererseits füllte ich meine Vorräte im Truck wieder auf. Bevor ich mich auf den Rückweg machte, aß ich noch eine Kleinigkeit. Danach ging es nach Hause.
Dazu fuhr ich auf die US-101 S in Richtung San Francisco zurück. Keine zwei Stunden später wechselte ich bei Novation auf die CA-37 E in Richtung Vallejo. Dort ging es dann auf die I-80 E in Richtung Sacramento.
Gegen halb Fünf erreichte ich dann das Außenlager. Die Ecke bei Tor 20 war voll, weswegen ich den Trailer freundlicherweise an Tor 10 abstellen durfte. Danach schaute ich mir den Anschlussauftrag an:
PICKUP: EST-CASAC
GATE: 08
TRAILER: DV133335
FREIGHT: FURNITURE
WEIGHT: 37,537 LB
DROP: ORMFR
MARKET: SUC5839
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-KMU
Es wurden also wieder mal Möbel, die vermutlich vorher in Oregon produziert worden waren, via Sacramento nach Medford transportiert. Das waren dann halt die Mehrkosten, die eine Zusammenlegung der Gebiete genauso mit sich brachte, wie die Kosten, die dadurch eingespart wurden. Vermutlich bestand die Ladung aber nicht ausschließlich aus Möbeln.
Ich nahm den Trailer an Tor 8 auf und erledigte die PTI. Anschließend fuhr ich zum Zentrallager, um dort Feierabend zu machen. Um viertel nach Fünf stellte ich den Truck dort ab. Dann schlüpfte ich in meine Sportsachen. Die Schmutzwäsche und die Einkäufe packte ich in meinen Rucksack. Danach lief ich, über die inzwischen zur lieben Gewohnheit gewordenen Strecke nach Hause.
Pam und Tim begrüßten mich freudig. Nachdem die Einkäufe verstaut waren, wurde Pam kurz mal Ernst. „Ich habe seit langer Zeit mal wieder einen schlimmen Albtraum gehabt.“ Ich schaute sie traurig an. „Ich hatte gehofft, dass wir das Thema hinter uns haben.“ „Das dachte ich auch.“ „Wieder einen der bekannten Träume?“ „Nein. Den hatte ich noch nie. Auch wenn ich zuerst dachte, es wäre wieder der alte Traum.“ „Wieso das?“ „Weil es wieder eine Beerdigung war.“ „Meine, oder die deiner Großeltern?“ „Weder, noch. Dieses Mal wurde mein Vater beerdigt.“ „Was?“ sagte ich erschreckt. „Ja. Du und Tim waren ja auch mit bei der Beerdigung. Mom auch. Dann merkte ich, dass es Dad war, der beerdigt wurde.“ „War noch mehr?“ „Nein, dann bin ich schweißnass aufgewacht.“ „Musst du nun deine Therapie wieder aufnehmen?“ „Kann sein. Ich war ja auch nicht austherapiert. Wir haben die Therapie ja deswegen abgebrochen, weil es mir gut ging und dann die Kontaktverbote kamen.“ „Was machen wir jetzt?“ „Erst mal abwarten. Ich hatte ja jetzt nur einmal einen Albtraum. Wenn das ein Einzelfall war, machen wir gar nichts.“ „Okay.“
Ich ging mit Tim in den Garten und wir spielten dort ein wenig zusammen. Schließlich sagte Pam, dass das Abendessen fertig sei. Anschließend machte ich den Kleinen bettfertig und brachte ihn hinterher ins Bett und las ihm noch was vor. Nachdem er eingeschlafen war, gingen Pam und ich ebenfalls ins Schlafzimmer.
Mittwoch, den 3. Juni 2020, 3:30 am, PDT, Sacramento, CA:
Mein Wecker stand noch vom Montag auf halb Vier. Da ich zur gleichen Zeit loskonnte wie am Montag, behielt ich auch die Weckzeit bei. Soweit ich das in der Nacht mitbekommen hatte, schlief Pam ruhig und tief. Keine Anzeichen von einem weiteren Albtraum. Der Ablauf war diesen Morgen ebenfalls so, wie am Montag. Kurz ins Bad, nach dem Anziehen in die Küche und dann über meine Laufstrecke zum Zentrallager und dort unter die Dusche. Pünktlich um Fünf begann ich mit der PTI und eine Viertelstunde später fuhr ich los.
Die Route durch Sacramento war ebenfalls schon bekannt. CA-99 N, I-80 BUS W und schließlich auf die I-5 N in Richtung Redding.
Die Fahrt in Richtung Norden lief richtig entspannt. Gute Musik im Radio, ruhiger Verkehr und als Tüpfelchen auf dem I noch einen Bypass in Colusa County. Bei den Touren Richtung Oregon hatte ich in den letzten Wochen und Monaten meist am TA in Redding Pause gemacht. Heute hatte ich da absolut keine Lust zu. Es lief heute so gut, dass ich weiterfahren wollte, solange es weiterhin so gut lief. Die Entscheidung war dann auch richtig. Gegen viertel nach Zehn passierte ich dann bereits die Grenze nach Oregon. Dann bekam ich auch noch am Port of Entry einen Bypass. Ich war kein Freund solcher Superlative, ansonsten hätte ich glatt behauptet, dass es heute perfekt gelaufen war.
Um viertel nach Elf fuhr ich dann auf das Gelände des Supercenters 5839 am Crater Lake Highway. Sollte das heute so weiterlaufen, würde ich noch wieder bis nach Redding zurückkommen. So sollte es aber nicht kommen. Mein Handy klingelte. „Ich wollte gerade an die Rampe setzen. Wer stört bei der Arbeit?“ „Hallo Steve, Danny hier.“ „Hallo Danny. Was kann ich denn gegen dich tun?“ „Ich habe ein Attentat auf dich vor.“ „Bist du sicher? Ich bin es gewohnt, Attentäter zu entwaffnen.“ „Okay. Spaß beiseite. Bei einem unserer Lieferanten ist ein Fahrer ausgefallen. Vermutlich sogar eine Covid19 Erkrankung.“ „Was habe ich damit zu tun?“ „Die Lieferung, die er zu Walmart bringen sollte, ist zwar eine Standard Lieferung, Nichtsdestotrotz ist sie nicht ganz unwichtig.“ „Alles schön und gut. Wie komme ich dabei ins Spiel?“ „Du bist jetzt am nächsten dran.“ „Rede bitte mal Klartext und nicht so lange um den heißen Brei herum.“ „Okay. Der Trailer mit der Ladung, um die es geht, steht in Central Point bei der Cascadian Farm. Da warst du letztens schonmal. Die Ladung geht aber nach Idaho und Montana.“ „Hallo! Wir haben Mittwoch.“ „Wir machen das ja auch kombiniert. Die erste Entladestelle ist in Idaho. Bis dahin bringst du den Trailer und sattelst ihn dort ab. Für den Rest kommt ein Kollege aus Montana dorthin, übernimmt den Trailer dort und bringt ihn nach Montana.“ „Ich muss also nur nach Idaho.“ „Korrekt.“ „Wo ist dann das Problem?“ „Es geht nicht nur eben nach Boise, sondern schon ein bisschen weiter rein. Solche Touren fahren wir normal Anfang der Woche.“ „Verstehe.“ „Außerdem glaube ich nicht, dass du dort eine Ladung nach Hause bekommst.“ „Wie verhindere ich, dass ich mich ebenfalls anstecke? Ich meine, wenn der andere Fahrer das schon hat.“ „Der andere Fahrer war nicht aus Central Point, sondern aus Rockport, Washington, wo der Firmensitz ist. Der sollte ja via Idaho und Montana wieder da hoch fahren.“ „Okay. Versuche mich aber nach Hause zu bekommen.“ „Ich gebe mein Bestes. Versprechen kann ich aber nichts.“ Wir legten auf und ich setzte den Trailer ans Dock. Dann schaute ich mir die Einzelheiten an. Ich hatte folgenden Auftrag im ORBCOMM stehen:
PICKUP: CFO-ORMFR
TRAILER: CFOXXX
FREIGHT: DRY MILK POWDER
DROP: IDSMN
MARKET: DST10121
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-DSN
Den Absender kannte ich. Auf der Farm, die als Partnerbetrieb für Cascadian Farm auftrat, war ich ja schon mal. Das hatte Danny eben ja auch gesagt. Das Zielkürzel musste ich selbst erstmal im Klartext lesen. Gut DST stand für Discount Store. Das war bei Walmart das Zwischending zwischen den kleinen Neighborhood Markets und den großen Supercentern. ID stand natürlich für Idaho. SMN stellte sich als Salmon heraus. Salmon ist eine Kleinstadt im Lemhi County, unweit der Grenze zu Montana. Also mitten im Nirgendwo in den Bergen. Das konnte ja heiter werden. Zuerst ging es jetzt aber nach Central Point, wo die Farm lag.
Über die OR-62 und OR-99 kam ich dort hin. Dann ging es wieder über die Schotterstraße zur Farm. Dort hatte ich dann wieder Kundenkontakt. Mit Schutzmaske und unter Wahrung des Abstands fragte ich nach meinem Trailer. Nachdem man mir die Nummer und den Platz, wo dieser stand, genannt hatte, fragte ich noch, ob ich dort für meine kurze Pause stehen bleiben konnte. Das wurde mir erlaubt, wenn ich mich bei meinem Fahrzeug aufhalten würde. Nun fuhr ich zum Trailer, sattelte diesen auf und erledigte die PTI. Es war zum Glück ein kurzer Trailer und kein 53 Fuß Auflieger. Wer weiß, wie groß die Straßen zum Ziel waren. Die Ladung schien tatsächlich komplett aus Milchpulver zu bestehen. Das war ja aktuell auch gefragt.
Nach der PTI stellte ich die Systeme auf Pause. Dann machte ich mir was zu Essen aus meinen Vorräten fertig. Anschließend telefonierte ich kurz mit Pam, um ihr zu sagen, dass ich vor dem Wochenende nicht mehr nach Hause kommen würde. Noch hatte ich die Hoffnung, dass mich Danny irgendwie zurück nach Sacramento bekam. Um halb Eins hatte ich meine Pause drin und konnte weiterfahren.
Über den Schotterweg ging es wieder zurück zur öffentlichen Straße. Dann fuhr ich über die OR-99 zurück zur OR-62 E in Richtung Klamath Falls. Bei dem Städtchen White City wechselte ich auf die OR-140 E, dem Lake of the Woods Highway. Nun ging es durch die Wälder, für die Oregon bekannt war.

Außerdem fuhr ich auf den Mount McLoughlin zu. Von dem See, der dem Highway den Namen gab, sah ich nichts, genau wie von dem Upper Klamath Lake, den ich westlich tangierte. Von der US-97 am Ostufer sah man mehr von dem See.
Als nächstes passierte ich Klamath Falls und Altamont, hielt mich aber weiter in Richtung Lakeview. Inzwischen war auch schon wieder geraume Zeit meine Tankleuchte an. Ich wollte es dann aber nicht riskieren, bis zu meinem Tagesziel zu fahren und dort zu tanken. Deshalb legte ich dann in Bly, OR noch einen kurzen Tankstopp ein, bei dem ich volltankte. Ich konnte aber noch eine gute Stunde fahren und sah hier auch keine Parkmöglichkeit. Daher fuhr ich noch weiter. Dann würde ich es sicher noch bis nach Lakeview schaffen. So war es dann auch. Eine knappe Stunde später erreichte ich Lakeview.

Es ging durch den Ort und an dem Sägewerk vorbei, an dem ich vor einigen Wochen die Leerpaletten angeliefert hatte. Ich wechselte auf die US-395 N in Richtung Burns und verließ den Ort. Anschließend fuhr ich auf das Gelände, dass sich dort eine Werkstatt und eine Tankstelle teilten. Ich fragte in der Werkstatt kurz nach, ob ich hier über Nacht stehen bleiben konnte. Das wurde mir erlaubt, also parkte ich den Lastzug so, dass er keinen behinderte. Dann machte ich Feierabend.
Nun telefonierte ich noch mal etwas länger mit Pam. Mein Eindruck hatte mich nicht getäuscht. Sie hatte in der vergangenen Nacht tatsächlich keinen Albtraum. Als Pam dann das Abendessen machen wollte, legten wir auf. Mein Abendessen kam dann wieder aus meinem Vorratsschrank. Anschließend sah ich noch etwas fern und legte mich dann schlafen.
Donnerstag, den 4. Juni 2020, 4:15 am, PDT, Lakeview, OR:
Unterwegs durfte ich ja immer etwas länger schlafen, wenn ich zur gleichen Zeit loswollte. Zu Hause hatte ich ja dann auch noch die Laufrunde zur Arbeit dabei. Die fehlte dann zwar heute, aber vielleicht hatte ich beim Feierabend die Gelegenheit dazu. Ich nutzte die Kundentoilette der Tankstelle und erledigte die Körperpflege anschließend mit Wasser aus meinem Kanister. Anschließend zog ich mir die Fahreruniform an. Während der Kaffee durchlief, füllte ich in der Tankstelle meinen Kanister nochmal mit frischem Wasser. Um fünf Uhr begann wieder die PTI und eine Viertelstunde später ging es weiter gen Idaho.
Ich bog rechts auf die US-395 N, die ich auch das erste Mal, als ich hier war genommen hatte, wo ich dann von hier aus nach Pendleton gefahren war. In Riley, was so aussah, als würde es nur aus einer Tankstelle, einem Laden und einer Poststelle bestehen, traf die US-395 mit der US-20 zusammen, die dann heute wohl den Großteil meiner Strecke ausmachen würde. Hier ging es erstmal in Richtung Burns weiter. In Burns musste ich an der großen Kreuzung links abbiegen, um beiden US-Routes weiter zu folgen. Kurz darauf trennten sich die 395 und die 20 wieder. Ich folgte hier der US-20 E in Richtung Ontario. Die kurz darauffolgende Weigh Station gab mir einen Bypass. Das war dann jetzt schon der dritte in Folge. Zeit für ein rotes Kreuz auf dem Kalender.
Eine gute Stunde später meldete mein Navi dann „Changing time zone.“ Mit Überschreiten der County Grenze hatte ich die Mountain Time Zone erreicht. Es gibt eine Handvoll Staaten, in denen es zwei Zeitzonen gibt. Oregon ist einer davon.
Kurz vor Ontario, Oregon und nicht Kanada, ging es dann links auf die OR-201 N, die mich in die Stadt führen sollte. Zweieinhalb Meilen später ging es rechts in die Stadt. Ich folgte der Beschilderung, die zur Interstate 84 in Richtung Süden ging. Bevor ich zur Interstate kam, fuhr ich aber links auf das Pilot Travel Center, um dort meine Pause zu machen. Gemäß der Ortszeit war es ja auch bereits high noon.
Eigentlich ging ich nur in den Truckstop, um die Toilette zu benutzen. Dann fiel mein Blick auf das Arby’s Logo. Irgendwie bekam ich dann Heißhunger auf gegrilltes Fleisch. Also wurde heute mal gesündigt. Es gab dann ein Greek Gyro mit Curly Fries. Das nahm ich mir als Takeaway mit in den Truck. Gut gesättigt fuhr ich dann um viertel nach Eins weiter.
Ich fuhr auf die I-84 E in Richtung Boise. Dann überquerte ich über die Devo Bridge den Snake River und war somit das erste Mal in meiner beruflichen Laufbahn in Idaho.
Eine Stunde später durchquerte ich auf der Interstate Boise, die Hauptstadt Idahos. Es verging nochmal eine knappe Stunde, bis ich an der Ausfahrt 95, Mountain Home / Fairfield von der Interstate abfuhr und nun wieder der US-20 E folgte.
Fürs Erste ging es dann durch eine langweilige, öde Landschaft weiter. Erst bei Stanton Crossing wurde es mal kurz etwas grüner. Es ging aber immer leicht bergauf und die Straße zog in leichten Kurven ihre Bahn. Bei Carey ging es links ab und nun ging es gleichzeitig über die die US- Routes 20, 26 und 93 weiter. Mit erreichen des Butte Countys wurde die Landschaft wieder etwas trister. Die Berge wurden aber höher.

Außerdem ging meine heutige Fahrzeit aus. Weit würde ich nicht mehr kommen. Es sah dann so aus, als würde ich heute auf dem Mond Feierabend machen. Zumindest am Craters of the Moon National Monument. Am Robert Limbert Visitor Center war nicht genug Platz, um mit dem Truck zu parken, ein Stück weiter, an einem Aussichtsparkplatz schon. Dort machte ich Feierabend. Falls ich noch mal eine Toilette brauchte, war das Besucherzentrum eine knappe Meile entfernt und der Lava Flow Campground, mit einer öffentlichen Toilette ein paar Yards weiter.
Zuerst telefonierte ich aber mit Pam. Anschließend zog ich mir die Sportsachen an und lief noch ein paar Meilen. Dabei nutzte ich dann auch gleich die Toilette. Danach wusch ich mich mit Wasser aus dem Kanister und machte es mir im Sleeper gemütlich.
Freitag, den 5. Juni 2020, 4:30 am, MDT, Craters of the Moon National Monument (Moore, ID):
Da ich am heutigen Morgen etwas mehr vor der Abfahrt vorhatte, als nur Körperpflege und Kaffeekochen, stand ich zu der Zeit auf, die ich sonst zu Hause nahm. Ich stand auf und zog meine Sportsachen an. Da es draußen noch dunkel war, nahm ich meine Kopfleuchte, die ich für die frühen Laufrunden, eigentlich für den Winter gekauft hatte. Dann legte ich meine Laufrunde so, dass ich unterwegs beim Lava Flow Campground die öffentliche Toilette benutzen konnte. Ich wollte ja nicht unbedingt einen „Naturpark“ mit meinen Exkrementen verunstalten.
Zurück am Truck folgte dann die Körperpflege mit Wasser aus dem Kanister. Eine Dusche wäre mir lieber gewesen, aber leider war hier keine. Was sollte man auch auf einem Aussichtsparkplatz mit einer Dusche. Anschließend kochte ich Kaffee und zog die Fahrersachen an. Um sechs Uhr durfte ich wieder arbeiten, also begann ich dann auch pünktlich mit der PTI. Eine Viertelstunde später ging es dann weiter.
In Arco folgte ich dann weiter der US-93 N. Die beiden anderen US-Routes führten rechts in Richtung Twin Falls weiter. Da wollte ich aber nicht hin. Die Straße stieg bei ihrem Weg in die Berge stetig an. So musste der Cummins kräftig arbeiten. Für diese Regionen könnte man gerne etwas mehr Leistung unter der Haube haben. Zuerst war der Highway noch recht gerade oder mit leichten Kurven. Nördlich von Mackay führte er aber durch ein Tal und folgte den von den umliegenden Bergen vorgegebenen Kehren. Ab Challis ging es dann durch das Tal des Salmon River weiter. Die Kurven wurden daher enger und häufiger. Das bescherte mir viel Arbeit. Nicht nur die am Lenkrad forderte die volle Aufmerksamkeit, ich durfte auch immer abwechselnd alle Gänge zwischen dem Siebten und Zehnten benutzen. Das hatte ich sonst eher selten.
Kurz vor Zehn erreichte ich dann Salmon. Die Stadt wurde nach dem Fluss benannt und dieser vermutlich nach seinem häufigsten Bewohner. (Salmon=Lachs) An der größten Kreuzung des Städtchens durfte ich dann geradeaus fahren. Dann fuhr ich quasi direkt auf den Walmart Discount Store zu. ORBCOMM hatte mir inzwischen Rampe 1 zugewiesen. Also rangierte ich den Trailer an die entsprechende Rampe. Mein Anschluss kam dann aber nicht direkt von diesem Supermarkt. Im System stand nun folgender Auftrag:
PICKUP: CFO-SMN
TRAILER: RE135872
FREIGHT: CHEESE
WEIGHT: 33,521 LB
DROP: WFS-IDBOI
PRIORITY: IMPORTANT
REMARKS: SORRY, NO LOAD TO CALIFORNIA
WAT-CASAC-DSN
Ich wunderte mich weniger über Dannys Bemerkung oder die Tatsache, dass er keine Ladung nach Kalifornien hatte. Was mich wunderte, war die Tatsache, dass es in Salmon einen Partnerbetrieb von Cascadian Farms gab, bei dem es offensichtlich Milchprodukte gab. Vielleicht hatte man hier nicht die Anlagen um Milch in Milchpulver umzuwandeln. Keine Ahnung. Die Wege der Transportlogistik sind manchmal nicht nachvollziehbar. Außerdem musste ich nachschauen, was denn das Kürzel WFS bedeutete. Das sagte mir gar nichts. Es stand dann offensichtlich für Walmart Food Storage. Bisher war mir nur bekannt, dass wir Zentralläger und Außenläger hatten. Die Zentralläger waren Lebensmittelläger, die außerdem einen Bürokomplex hatten. Die Außenläger hatten keinen Bürotrakt. Dort wurden dann in der Regel Non Food Artikel gelagert. Aber was war ein WFS? Ein Außenlager für Lebensmittel? Morgen würde ich es wissen.
Ich übernahm die Adresse der Farm ins Navi und verließ das Gelände des Discount Stores.
Es ging zurück zur US-93 N, die nun in Richtung Missoula ausgeschildert war. Dann ging es aus Salmon heraus. Kurz darauf war ich bereits am Ziel. Die Farm lag linkerhand direkt am Highway. Hier musste ich dann wieder mal Kontakt zu den Leuten aufnehmen. Mit Schutzmaske stieg ich aus und ging zu dem Wohnhaus. Der Farmer hatte mich aber schon gesehen. „Guten Morgen.“ Grüßte ich. „Hallo. Sollst du euren Trailer für Boise abholen?“ „Ganz genau.“ „Geradeaus und hinter dem Getreidesilo rechts steht der Trailer. Papier sind, wie gewünscht, an der Ware.“ „Okay, danke.“ Ich stieg wieder ein und fuhr zu dem Trailer. Es war einer unserer 53 Fuß Reefer. Nachdem ich aufgesattelt und die PTI erledigt hatte, machte ich mich wieder auf den Weg.
Es ging nun den gleichen Weg zurück, den ich auch hierhin genommen hatte. Über die US-93 S zuerst wieder nach Salmon und dann weiter in Richtung Challis. Das Städtchen passierte ich auch noch. Ich merkte aber, dass ich Hunger bekam. Ich fuhr noch bis zur Grand View Canyon Road, die Teil der US-93 war. Mitten im Canyon gab es einen kleinen Parkplatz. Hier fuhr ich raus und machte dort meine kleine Pause.

Mein Mittagessen machte ich mir wieder aus meinen Vorräten zurecht. Dort blieb ich dann aber auch nur die vorgeschriebene halbe Stunde stehen, bevor ich mich wieder auf den Weg machte.
In Arco, knapp eineinhalb Stunden später ging es dann rechts ab. Ab hier nahm ich dann wieder drei US-Routes gleichzeitig. Weiterhin die US-93 S und gleichzeitig die US-20 und US-26 in westlicher Richtung. Ich kam dann wieder an dem Platz vorbei, an dem ich am Morgen losgefahren war. Da ich aber noch Fahrzeit hatte, brauchte ich hier nicht wieder stehenbleiben.
Eine weitere Stunde später folgte ich dann ab Carey nur noch der US-20 W. Bis nach Boise würde ich es heute nicht mehr schaffen. Meinem Ziel würde ich aber noch ein gutes Stück näherkommen.
Ich schaffte noch weitere 100 Meilen, bis ich schließlich am Pilot Travel Center in Mountain Home Feierabend machte.

Zuerst zog ich mir meine Sportsachen an und lief noch eine Runde. Ich lief zum Mountain Home Reservoir und dann weiter am Rattlesnake Creek entlang. Zurück am Truck ging ich dann erstmal im Truckstop unter die Dusche. Anschließend nahm ich mir nochmal was beim Arby’s mit.
Zurück im Truck aß ich dann erst mein Takeaway Menü, danach telefonierte ich mit Pam. Ich sagte ihr dann auch, dass ich meinen Reset wohl dieses Mal nicht zu Hause machen würde. Begeistert war sie verständlicherweise nicht, Sie wusste aber auch, dass es bei mir nur die Ausnahme war. Bei meinem Bruder war es ja inzwischen eher die Regel, als die Ausnahme.
Nach dem Telefonat machte ich es mir im Sleeper gemütlich. Ich blieb dann auch nicht mehr lange auf, bevor ich mich zum Schlafen hinlegte.
Samstag, den 6. Juni 2020, 5:00 am, MDT, Mountain Home, ID:
Um fünf Uhr klingelte mein Wecker wieder. Ich stand auf und ging erstmal in den Truckstop auf die Toilette. Anschließend nutzte ich den Waschraum vor den Kabinen gleich für Zahnpflege und eine Schnellwäsche. So sparte ich mir die Kanisterwäsche. Zurück im Truck zog ich die Fahrersachen an und setzte den Kaffee auf. Um sechs Uhr begann ich mit der PTI und eine Viertelstunde später fuhr ich los.
Mein erstes Zwischenziel hätte ich von meinem Parkplatz sehen können, wenn dieser leer gewesen wäre. So standen mir aber einige Trucks im Sichtfeld. Es war die Chevron Tankstelle auf der anderen Straßenseite. Ich hätte zwar auch beim Pilot Travel Center tanken können, ich wusste aber nicht, ob unsere Techron Karte akzeptiert würde. Und wenn ja. War das garantiert teurer, als wenn ich direkt bei Chevron oder Texaco tanken würde. Also fuhr ich rüber und tankte dort. Mit vollen Tanks ging es dann hinterher weiter nach Boise.
Es ging auf die I-84 W. Dann konnte ich auf 66 mph beschleunigen. Schneller fuhr der Freightliner sowieso nicht, da alle Walmart Trucks bei 66 abgeregelt waren. Um kurz nach Sieben klingelte mein Telefon. „Schönen guten Morgen, Danny.“ Begrüßte ich meinen Dispatcher. „Hallo Steve. Wie ich sehe, bist du schon am Rollen.“ „Natürlich. In einer halben Stunde werde ich wohl in Boise ankommen.“ „Okay. Wie sieht denn deine Restzeit für diese Woche aus?“ „Ich bin vor einer guten Stunde mit zwölfeinhalb Stunden Rest angefangen. Also sagen wir mal maximal noch elf Stunden.“ Danny begann zu fluchen. „Fuck! Holy shit! Das reicht nicht.“ „Was ist los?“ fragte ich perplex. „Ich könnte dir in Boise eine Ladung nach Sacramento beschaffen. Die muss aber vor dem Reset ausgeliefert werden. Du bräuchtest zweieinhalb Stunden mehr.“ „Und wenn ich zweieinhalb Stunden überziehe?“ „Vergiss es. Das darf ich weder anweisen, noch darfst du das machen.“ „Und wenn ich das auf meine Kappe nehme?“ „Dann kannst du dir ab Montag einen neuen Job suchen.“ „Auch wenn ich sage, ich hätte mich verrechnet?“ „Wie soll das gehen? Du hast ein E-Log.“ „Also haben wir keine Chance.“ „Nur wenn wir ab Montag woanders arbeiten wollen. Ich hab da noch alte Abmahnungen in der Personalakte. Sind noch von der Zeit, wo Marc noch mit Papierlog und ohne ORBCOMM gefahren ist. Als er damals den Mack hatte. Da habe ich mich mal verrechnet und Marc hat es auch erst zu spät bemerkt. Da wäre ich beinahe schon rausgeflogen. Ich werde einen Teufel tun und ausgerechnet bei einem Murdock fünfe gerade sein lassen. Das mache ich bei keinem.“ „Was heißt das dann? Wochenende in Boise?“ „Du bekommst noch einen Anschluss. Nur eben kürzer, nicht so weit.“ „Richtung Heimat?“ „Eher nicht. Willst du lieber in einem kleinen Ort Resetten, oder lieber in einer größeren Stadt?“ „Macht das aktuell einen Unterschied? Ist doch sowieso alles zu.“ „Ich weiß ja nicht, wie es in anderen Staaten ist. Bei uns hat Gouverneur Newsom gestern bekannt gegeben, dass die meisten Countys in Phase drei der vierstufigen Roadmap gegangen sind. Ich glaube, die Bay Area und einige Bereiche im Raum LA noch nicht, aber hier in Sacramento schon.“ „Das klingt gut. Dann vielleicht doch in eine größere Stadt. Vielleicht kann man da mehr machen, als nur im Truck zu sitzen.“ „Okay. Ich schaue mal, was noch zur Verfügung steht.“ „Okay, Danny. Dann bis später.“ Wir legten auf.
Kurz darauf erreichte ich die Ausfahrt 57, Gowen Road. Hier sollte ich von der Interstate abfahren. Anschließend ging es links auf die East Gowen Road. Eine knappe Meile weiter hatte ich mein Ziel erreicht. Linkerhand ging es zu dem Walmart Lager. Es war dann tatsächlich ein Food Lager ohne Bürotrakt. Ich hatte vermutet, dass die Zentrale für Idaho in Boise war. Offensichtlich war das nicht so. Vielleicht war da aber auch was zusammengelegt worden. Ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nur, dass mein Trailer an Tor 9 sollte. Damit wusste ich auch erstmal genug.
Nachdem ich vor das Tor rangiert und die Türen des Trailers geöffnet hatte, setzte ich ihn ans Dock. Dann schaute ich im ORBCOMM, was mir Danny nun zugedacht hatte:
PICKUP: WFS-IDBOI
GATE: 02
TRAILER: DV135894
FREIGHT: DRY MILK POWDER
WEIGHT: 42,383 LB
DROP: FEX-UTSLC
PRIORITY: STANDARD
WAT-CASAC-DSN
In Begeisterung versetzte mich dieser Auftrag nicht gerade. Über 42.000 Pfund mit einem vollgetankten Truck war nicht optimal. Auch das Ziel, Salt Lake City war nicht wirklich das, was ich mir gewünscht hätte. Ich meinte mal gehört zu haben, dass die Stadt einer der Corona Hotspots in Utah war. Da hatte Danny wohl zielsicher ins Fettnäpfchen gegriffen. Jetzt war es zu spät. Meckern half nicht. Nun musste ich da durch. Es war dann auch tatsächlich ein 53 Fuß Dry Van. Damit war ich mit Sicherheit zu schwer. Ich sattelte auf und erledigte die PTI. Danach machte ich mich dann auf den Weg nach Utah.

Über die E Gowen Rd ging es zurück zur Interstate 84, auf der es nun wieder in östlicher Richtung weiterging. Der Cascadia musste nun richtig kämpfen. Das merkte ich sofort bei der Beschleunigung. Er tat sich schwer überhaupt auf 66 mph zu kommen. Als ich sie dann endlich erreicht hatte, konnte ich wieder auf die Bremse gehen, weil ein Kollege vor mir bis auf 35 mph runterbremste, bevor er auf die Abbiegespur einer Abfahrt ging. Dann ging das ganze Theater wieder von vorne los.
Als ich mich Twin Falls näherte, bekam ich etwas Hunger. Ich beschloss dann meine Pause zu machen. Ich verließ die Interstate an der Ausfahrt 173. Dann fuhr ich aber nicht in Richtung Twin Falls, sondern in Richtung Sun Valley auf die US-93 N. Nachdem ich auf der anderen Seite der Interstate war, lag rechterhand der Flying J Truckstop, Jerome. Hier machte ich meine Pause. Den Truckstop nutzte ich aber nur, um die Toilette zu benutzen. Mein Mittagessen machte ich mir im Truck. Wobei Mittagessen um halb Elf vielleicht nicht die korrekte Bezeichnung war. Um elf Uhr machte ich mich dann wieder auf den Weg.
Über die US-93 S fuhr ich zurück zur I-84 E in Richtung Pocatello. Dann folgte wieder der Kampf, den Cascadia zu beschleunigen. Eine Stunde später erreichte ich Declo. Geradeaus ging nun die I-86 nach Pocatello, ich folgte aber weiter der I-84 E. Nun stand auch bereits Salt Lake City auf den Schildern.
Etwa sieben Meilen später ging mein Puls dann schneller. Der Grund war, dass ich mich der Cotterel Weigh Station näherte. War ich jetzt unter, oder über 80.000 Pfund. Dann schaltete mein Transponder auf grün und ich durfte weiterfahren. Ich atmete erstmal tief durch.

Eine Stunde später war ich in Utah und eine gute halbe Stunde später erreichte ich Tremonton, wo die I-84 mit der I-15 zusammentraf.
Eine weitere halbe Stunde später wurde mein Puls wieder schneller. Ich erreichte die offiziell Perry I-15 Southbound Port of Entry genannte Weigh Station. Nachdem ich vorher viermal in Folge einen Bypass bekommen hatte, schaltete mein Transponder nun auf Rot. Also fuhr ich, wie die meisten Trucks über die Waage.
Die Anzeige pendelte sich bei 79,776 lb ein. Ich wollte gerade aufatmen, als die Ansage aus dem Lautsprecher kam: „Bitte fahren Sie auf den Parkplatz. Dann warten Sie dort, bis ein Beamter zur Kontrolle kommt.“ Ich folgte der Anweisung.

Während ich wartete, legte ich schonmal die Schutzmaske an. Etwa zehn Minuten später kamen zwei Beamte zum Truck. „Guten Tag, Sir. Ich bin Sergeant Brown und das ist Officer Stiles. Wir führen eine Routinekontrolle durch. Führen Sie Waffen mit?“ Ich reichte ihm mein Ka-Bar USMC MK2 Kampfmesser, wobei ich es an der Lederscheide hielt und mit dem Griff auf den Sergeant zeigte. „Haben Sie noch weitere Waffen bei sich?“ „Nein, Sir. Das Messer reicht mir.“ Er prüfte es. „Das ist ein Original. Waren Sie bei den Marines?“ „Ja Sir. Bis Ende vergangenen Jahres.“ „In Ordnung. Reichen Sie mir bitte Ihre CDL und die Papiere. Außerdem schalten Sie bitte Ihr E-Log zum Auslesen frei.“ Ich folgte den Anweisungen. „Wo sind die Frachtpapiere?“ „Im Trailer, an der Ware. Das wird aktuell wegen der Pandemie so gemacht, um Kontakte zu vermeiden.“ „Dann steigen Sie bitte aus und öffnen den Trailer.“ Ich tat es.
Der Sergeant prüfte die Papiere, während der Officer die E-Log Daten prüfte. „Milchpulver von Boise nach Salt Lake City.“ „Ja, Sir.“ „Sie sind recht schwer unterwegs. Ich frage mich, ob sie während der ganzen Fahrt unter 80.000 Pfund waren. Haben Sie da was zu zusagen?“ „Nein Sir. Ich denke, ich war knapp dran, aber nicht über 80.000 Pfund.“ „Und das soll ich Ihnen glauben?“ „Ich werde keine andere Aussage machen.“ Er gab mir die Papiere zurück, die ich wieder in die Lieferscheintasche an der Ware steckte. Dann schloss ich den Trailer. Wir gingen nach vorne, wo Stiles gerade mit dem Auslesen und Prüfen fertig war. „Wie siehts aus?“ fragte der Sergeant. „Keine Verstöße im Prüfzeitraum. Das Fahrzeug ist bisher noch nie negativ aufgefallen. Und das bei Zulassung 2015.“ Er reichte Stiles die CDL. „Prüfen sie noch den Fahrer.“ „Ebenfalls keine Verstöße. Die Kombination hat eine erstklassige Bewertung.“ „Okay. Wie sieht die Wochenfahrzeit aus?“ „Bereits über 60 Stunden.“ Der Sergeant wandte sich an mich. „Wie ist Ihre Planung?“ „Den Trailer in Salt Lake bei FedEx abstellen und dann auf einem Truckstop in der Nähe meinen Reset machen.“ „Das passt locker.“ Sagte Stiles. „In Ordnung, Mr. Murdock. Dann werde ich nicht weiter prüfen, ob sie heute über 80.000 Pfund waren. Ansonsten ist ja alles vorbildlich. Gute Fahrt und schönes Wochenende.“ „Danke Sir. Ihnen beiden auch.“ Der Sergeant gab mir noch mein Messer zurück, dann nahmen sie sich den nächsten Truck vor. Ich verstaute meine Sachen und atmete erstmal kräftig durch. „Glück gehabt, Steve.“ Sagte ich zu mir selbst. Dann machte ich mich wieder auf den Weg.
Bei Ogden folgte ich dann weiter der I-15 S. Auf dieser blieb ich dann, bis ich Salt Lake City erreichte. Hier wechselte ich dann auf die I-80 W in Richtung Airport und Reno. An der Ausfahrt 113 verließ ich schließlich die Interstate und bog dann rechts in die N 5600 W ein. Ich hasste diese Straßennamen, die nur aus Ziffern bestanden. Auch wenn es für jemanden, der fremd in der Stadt ist, gut für die Orientierung war, da man diese ja nicht wahllos waren, sondern einer Ordnung folgten. Mein Ziel lag dann am Harold Gatty Drive. Das war dann schon mehr nach meinem Geschmack.
Bei FedEx ging es dann auch recht schnell. Auch wenn es hier ziemlich eng war. Ich stellte den Trailer ab und hatte dann die erwartete Anweisung im ORBCOMM:
38 H RESET
WAT-CASAC-DSN
Ich nahm mein Smartphone und öffnete die Truckstop App. Diese fand zu meiner Überraschung nur einen Truckstop im Raum Salt Lake City. Der Truckstop der Sapp Brothers lag dann passenderweise an der California Avenue. Ich übernahm das Ziel ins Navi und machte mich auf den Weg. Es waren dann noch etwa sieben Meilen bis zum Ziel. Dort angekommen, fand ich aber noch recht einfach einen Platz für die Zugmaschine.
Danach telefonierte ich mit Pam. „Du bist in Salt Lake City?“ fragte sie überrascht. „Ja. Danny hatte von Boise eine Ladung nach Hause, ich hatte aber nicht mehr genug Fahrzeit. Bis hierhin hat sie aber noch gereicht.“ „Pass bloß auf, dass du dir nichts einfängst.“ „Ich passe schon auf. Leider ist der Truckstop hier mitten in einem Industriegebiet. Ich muss entweder meine Vorräte plündern oder hier in die Restaurants gehen.“ „Was haben die denn da?“ „Ein Restaurant namens Apple Barrel. Das scheint noch ganz gut zu sein. Ansonsten nur Eine Hähnchenkette und Burger King. Dann noch ein Coffeehouse namens Beans & Brews.“ „Ist ja prima.“ Sagte Pam abfällig. „Immerhin habe ich hier Toiletten und Duschen. Das ist die Hauptsache. Im Industriegebiet kann ich etwas laufen, ohne mir was einzufangen. Dann plündere ich eben meine Vorräte. Morgen gehe ich dann vielleicht in das Apple Barrel.“ „Apropos morgen. Deine Mom kommt morgen vorbei. Sie hat ja ewig Tim nicht mehr gesehen.“ „Schön, dann habt ihr wenigstens auch etwas Abwechselung. Grüße sie von mir.“ „Mach ich.“
Nach dem Telefonat zog ich dann die Sportsachen an und powerte mich noch ein wenig aus. Anschließend ging ich im Truckstop duschen. Den Abend verbrachte ich dann im Sleeper vor dem Fernseher.
Den Sonntag vertrieb ich mir dann mit Sport. Soweit das hier eben möglich war. Zum Essen ging ich dann ins Apple Barrel. Das Essen war erstaunlich gut. Auch am Sonntag telefonierte ich noch mal mit Pam. Sie erzählte begeistert vom Besuch meiner Mom, die sich richtig wohl gefühlt hatte und viel mit Tim spielte. Auch den Sonntagabend beendete ich dann vor dem Fernseher. Ich war gespannt, wie es am Montag weitergehen wird.
