14. Salzseen – Kollegentratsch – Weißbrot

Montag, den 8. Juni 2020, 5:00 am, MDT, Salt Lake City, UT:

Dank dem Umstand, dass ich mich in der Mountain Time Zone befand, brauchte ich heute erst um die Uhrzeit aufstehen, bei der sonst üblicherweise die Zeit zum losfahren war. Das E-Log wurde permanent in der Zeit geführt, die im Heimatstaat galt. Jetzt könnte man glauben, dass mein Truck in der Central Time Zone geführt würde, da er in Bentonville zugelassen war, hier galt dann aber der Standort des Trucks, also Sacramento in Kalifornien. Dementsprechend brauchte ich erst um fünf Uhr, Pacific Daylight Time, anfangen, also hier um sechs Uhr.
Ich stand auf und nahm meine Kulturtasche. Dann ging ich in den Truckstop zum Duschen. Zurück im Truck zog ich meine Fahrersachen an und setzte den Kaffee auf. Pünktlich um sechs Uhr begann ich mit der PTI. Nachdem diese erledigt war, schaute ich im ORBCOMM nach dem ersten Auftrag der Woche:

PICKUP: FEX-UTSLC
GATE: 09
TRAILER: DV178279
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 24,002 LB
DROP: EST-CAAAT
PRIORITY: IMPORTANT
REMARKS: ADR-CLASS 1-04 UN-NO. 0336

WAT-CASAC-DSN

Es gab also mal wieder Feuerwerkskörper. Im Juni nahm das immer etwas zu, da die meisten Amerikaner am 4. Juli Feuerwerk abbrannten. Ich stürzte mich in den Montagmorgenverkehr und fuhr zum FedEx Lager, wo ich ja am Samstag meine Woche beendet hatte.
Es ging auf die California Avenue, die um diese Zeit auch schon gut gefüllt war. Ich quälte mich durch den Verkehr der sich durch Glendale schob, bis ich die 5600 W, die auch die UT-172 war, erreicht hatte. Erwähnte ich, dass mir diese nur aus Ziffern bestehenden Straßennamen unsympathisch sind? Auf jeden Fall nahm ich nun die 5600 W in Richtung Norden.
Nach drei Meilen hatte ich dann das Industriegebiet, welches westlich des Salt Lake City International Airports lag. Für diese nicht mal 10 Meilen brauchte ich am Montagmorgen eine geschlagene halbe Stunde.
An Tor 9 stand der Trailer mit meiner Ladung. Ich sattelte ihn auf und erledigte die PTI. Anschließend machte ich mich auf den Weg nach Alturas, CA, wo die Ladung Feuerwerkskörper hingehen sollte.

Es ging zurück zur N 5600 W, wie die Hauptstraße hier hieß. Die nahm ich jetzt in Richtung Süden. Prima. Eine Straße und drei Himmelsrichtungen. Diese Straße kreuzte dann die Interstate. Hier wechselte ich auf die I-80 W in Richtung Reno.
Heute würde es wohl der Tag der Salzseen werden, was nicht wunderte, weil diese am Nordrand des Great Bassins nicht gerade selten waren. So ging es jetzt am Great Salt Lake vorbei, welchem die Hauptstadt Utahs ihren Namen verdankte. Auf den Salzsee folgte Salzwüste.
Zum Abschied von Utah durfte ich am Port of Entry noch mal über die Waage. Mit 61.288 Pfund hielt man mich aber nicht länger auf. Gefahrguttransporte mit Klasse 1.4 war man im Juni, wie gesagt, gewohnt.
Bei Wendover kam dann folgende Meldung vom Navi: „Crossing border – entering Nevada – changing Timezone.“ Ich hatte Nevada und somit die Pacific Time Zone erreicht. So war es auf einmal eine Stunde früher, als vor ein paar Sekunden.
Nun wechselte auch die Landschaft von Salzwüste in die, mit Sand, Steinen und trockenem Gras. Das kannte ich aber auch zur Genüge aus meinem Heimatstaat.
Erst lief dann noch alles nach Plan. Die Osino Weigh Station gab mir sogar einen Bypass. An der Anschlussstelle 303, Elko East, änderte sich das Bild. Die Interstate war hier aus nicht zu erkennenden Gründen gesperrt. Alles musste runter von der Interstate. Während der Umleitungsverkehr linksrum geführt wurde, um dann über die Idaho Street in den Westen von Elko zu fahren, fuhr ich rechtsrum. Dann nahm ich die nächste Straße links. Als dann linkerhand ein paar kleine Geschäfte auftauchten, machte ich am Straßenrand halt. Hier konnte ich dann gleich meine Pause absolvieren.

In einem Coffeeshop holte ich mir dann einen großen Kaffee und ein paar Donuts. Dann war mein Frühstück komplett. Zurück im Truck telefonierte ich kurz mit Pam und sagte ihr, dass ich zwar wieder nach Kalifornien käme, aber heute noch nicht nach Hause. Danach frühstückte ich in aller Ruhe. Um halb Elf machte ich mich dann wieder auf den Weg.

Über Nebenstraßen fuhr ich zur Anschlussstelle 301, Elko Downtown, wo ich dann wieder auf die I-80 W in Richtung Reno wechselte. Nun ging meine Tour regulär weiter. Ich passierte den Tunnel an der Schleife des Humboldt Rivers, anschließend ging es an Carlin, Battle Mountain und Winnemucca vorbei. Es folgten Lovelock und Fernley.
Schließlich erreichte ich am Nachmittag Reno. Hier wechselte ich an der Ausfahrt 15 auf die US-395 N in Richtung Susanville. Nachdem ich mit dem White Lake den nächsten Salzsee passiert hatte, überquerte ich die Grenze nach Kalifornien. Kurz darauf musste ich an der Agricultural Inspection Station – Long Valley kurz anhalten. Da ich aber keine frischen Lebensmittel an Bord hatte, ging es kurz darauf weiter.
Ein paar Minuten später begann ich fürchterlich zu fluchen. Grund dafür war die jetzt aufleuchtende Tankleuchte. „Ich Vollpfosten habe vergessen zu tanken.“ Rügte ich mich selbst. Das würde sicherlich einen Anschiss von Charlie bedeuten. Zum Umdrehen und in Nevada nachzutanken hatte ich aber keine Zeit. Meine Fahrzeit war sowieso schon fast voll.
Ich schob also meine Nachlässigkeit zur Seite und begann mit der Parkplatzsuche. Diesen fand ich dann in Form der Honey Lake Rest Area in der Nähe des kleinen Kaffs Janesville.
Ich amüsierte mich eine Weile über den Namen des Honey Lakes. Gut. Von der Farbe könnte er mit Honig versetzt sein. Da es sich aber um einen weiteren Salzsee handelte, war er alles Andere als Honigsüß. Viel ließ sich hier zum Feierabend nicht machen. Laufen konnte man aber überall. Also zog ich die Sportsachen an und machte noch eine ordentliche Laufrunde.
Anschließend wusch ich mich mit Wasser aus dem Kanister und wärmte mir zum Abendessen den Inhalt einer Dose Tomatensuppe in der Mikrowelle auf. Nach dem Essen telefonierte ich noch eine Weile mit Pam. Den restlichen Abend bis zum Schlafengehen sah ich noch etwas fern.

Dienstag, den 9. Juni 2020, 4:15 am, PDT, Honey Lake Rest Area (Janesville, CA):

Um viertel nach Vier am Morgen klingelte mein Wecker wieder. Ich hatte sehr gut geschlafen. Außerdem hatte ich die berechtigte Hoffnung, heute Pam und Tim wiederzusehen. Ich stand auf und nutzte als erstes eine der Toiletten der Rest Area. Zahn- und Körperpflege erfolgten dann aber am Truck mittels Wasser aus dem Kanister. Fahrersachen anziehen, Kaffeekochen und die PTI waren die nächsten Programmpunkte. Eine Stunde nach dem Klingeln des Weckers ging es dann wieder on the Road.
Ich fuhr wieder auf die US-395 N. Nach knapp 12 Meilen war Susanville erreicht und ich bog rechts ab, um weiter der US-395 N zu folgen. Jetzt hatte ich noch 100 Meilen bis zum Ziel. Diese führten in maximal sanften Kurven durch eine karge, hügelige Landschaft. Es lief aber sehr gut, so dass ich gegen sieben Uhr Alturas erreichte.
An der Hauptkreuzung im Ort bog ich rechts ab und folgte damit weiter der US-395. Nach einer halben Meile ging es links über die Bahngleise, dann erreichte ich das Außenlager.
Die nächsten Anweisungen des ORBCOMM verwirrten mich wieder. Aber die Wege der Transportlogistik waren eben unergründlich. Die wichtige Ladung Feuerwerkskörper sollte hinten in die Ecke, wo sonst Altverpackungen oder Leerpaletten abgeladen wurden. Das war aber noch nicht alles. Der nächste Auftrag brachte noch mehr Verwirrung:

PICKUP: EST-CAAAT
GATE: 04
TRAILER: RE133997
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 22,759 LB
DROP: CAMYV
MARKET: SUC1903
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: ADR-CLASS 1-04 UN-NO. 0336

WAT-CASAC-KMU

Ich hab also eine Ladung Feuerwerk von Utah nach Alturas gebracht und fuhr jetzt mit einer weiteren Ladung Feuerwerk von hier nach Yuba City, was im ORBCOMM mit der kleineren Nachbarstadt Marysville zusammengelegt war. Warum denn nicht direkt nach Yuba City?
Es gab nur zwei Antworten, die mir darauf einfielen. Erstens war das Gewicht nicht 1:1 das gleiche, was darauf hindeutete, dass entweder der Artikel oder die Menge nicht gleich waren. Die zweite, noch wahrscheinlichere Antwort war die, dass der Warenfluss bei Walmart, wie bei allen Einzelhandelsketten, nach dem Fi-Fo Grundsatz erfolgte. Fi-Fo stand für first in – first out. Bei einer Handelskette, bei der viele Waren ein Mindesthaltbarkeitsdatum hatten, ging es gar nicht anders. Sonst würden einem die Waren im Lager verderben. Für Feuerwerk war das zwar nicht so wichtig, wie für Obst oder Milchprodukte, es wurde aber generell so gehandhabt.

Ich stellte also den Trailer aus Utah in die Ecke und nahm an Tor 4 den nächsten Trailer mit Feuerwerk auf. Nach der PTI des Reefers ging es dann weiter. Ich fuhr zur US-395 zurück und fuhr erstmal in die Richtung aus der ich gekommen war.
Nach einer halben Meile war aber der nächste Zwischenstopp. An der Chevron Tankstelle, die an der Hauptkreuzung lag, tankte ich dann 50 Gallonen Diesel nach. Die brauchte ich noch, um via Yuba City nach Hause zu kommen. Den Anschiss dafür, beziehungsweise für das Versäumnis, gestern nicht mehr in Nevada getankt zu haben, bekam ich später. Um viertel vor Acht ging es dann weiter.

Jetzt ging es über die CA-299 W in Richtung Redding weiter. Ich passierte Canby, Adin, Bieber, McArthur und Burney. Nach drei Stunden erreichte ich dann endlich die Interstate 5, auf die es in südlicher Richtung ging. Auf dieser blieb ich dann etwas über eine Stunde, bis ich die Interstate bei Orland verließ und dort auf die CA-32 E in Richtung Chico wechselte. Dort angekommen, machte ich in einem kleinen Gewerbegebiet meine kurze Pause.

Ich telefonierte kurz mit Pam und sagte ihr, dass ich mich hoher Wahrscheinlichkeit nach Hause kommen würde. „Wir müssen sowieso einkaufen. Soll ich dich dann abholen?“ „Dann aber so, dass ich mitkommen kann. Meine Vorräte im Truck müssen auch dringend aufgefüllt werden.“ „Okay. Dann sag rechtzeitig Bescheid.“ „Mache ich. Bis gleich. Ich liebe dich.“ „Ich dich auch.“ Nach dem Gespräch machte ich mir was zu Essen. Nachdem ich aufgegessen hatte und die halbe Stunde um war, fuhr ich weiter.
Über die W East Avenue fuhr ich dann von der CA-32 zur CA-99 S, über die es dann nach Yuba City gehen sollte. Eine gute Stunde, nachdem ich die Pause beendet hatte, erreichte ich das Supercenter 1903. Ich sattelte den Trailer an Tor 2 ab und schaute dann im ORBCOMM nach dem Anschluss:

PICKUP: CAMYV
MARKET: SUC1903
GATE: 04
TRAILER: DV146235
FREIGHT: EMPTY PALLETS
WEIGHT: 40,154 LB
DROP: EST-CASRU
PRIORITY: STANDARD

WAT-CASAC-JMU

Eigentlich hatte ich auf eine Ladung nach Sacramento gehofft. Je länger ich darüber nachdachte war das jetzt sogar besser. Ich sparte mir damit wenigstens ein weiteres Umsatteln. Weiter als bis nach Sacramento würde meine Fahrzeit eh nicht reichen. Ich nahm also den Trailer auf, erledigte die PTI und machte mich dann auf den Weg nach Hause.
Ich fuhr zurück zur CA-99 S in Richtung Sacramento. Eine knappe Stunde später erreichte ich am International Airport die ersten Vororte von Sacramento. Dann rief ich Pam kurz an und sagte ihr, wann ich etwa am Zentrallager sein würde. Ich nahm weiter die CA-99 S, die sich hier dann aber erst hinter der Interstate 5 und dann hinter der US-50 versteckte. Schließlich erreichte ich Lemon Hills und das Zentrallager. Dort stellte ich den Truck direkt auf den Parkplatz. Tanken konnte ich auch morgen früh.
Während ich den Papierkram zum Feierabend erledigte, kam Pam mit unserem Ford auf den Parkplatz. Ich räumte noch schnell meine Schmutzwäsche zusammen und reichte sie Pam, die sie im Auto verstaute. Dann hatte ich Feierabend.
Nun musste ich erstmal meine Süße umarmen. Anschließend bekam Tim, der in seinem Kindersitz saß, einen dicken Kuss. Wir fuhren dann zur Florin Road, wo unser nächstes Supercenter war. Dort machten wir dann Großeinkauf. Auf dem Weg nach Hause brachten wir dann noch meine Einkäufe für Unterwegs zum Truck, wo ich sie schnell verstaute. Dann ging es nach Hause.
Während Pam die Einkäufe verstaute ging ich schnell unter die Dusche. Anschließend spielte ich mit Tim, während Pam das Abendessen machte. Nach dem Abendessen machte ich den Kleinen langsam bettfertig. Als er dann eingeschlafen war, gingen Pam und ich auch direkt ins Schlafzimmer.

Mittwoch, den 10. Juni 2020, 3:30 am, PDT, Sacramento, CA:

Mein Wecker meldete sich, wie meistens zu Hause um halb Vier. Ich hatte nicht so gut geschlafen, was in erster Linie daran lag, dass Pam mal wieder einen Albtraum hatte. Es war wieder der Traum von der Beerdigung ihres Vaters. Als ich sie aus dem Traum geweckt hatte, gingen wir erstmal in die Küche, wo ich Pam eine Tasse heiße Milch machte. „Hast du mal mit deinen Eltern gesprochen?“ fragte ich sie dann. „Ich hab regelmäßig Kontakt über Skype. Sie wollen ja auch mitbekommen, wie es Tim geht.“ „Ist mit deinem Dad denn alles in Ordnung?“ „Mit ihm kann ich nur selten sprechen. Er arbeitet viel. Macht häufig Doppelschichten und so. Mom sagt aber, dass alles in Ordnung ist.“ „Glaubst du ihr das, oder will sie dich nur beruhigen?“ „Das weiß ich nicht.“ „Okay. Dann hoffen wir das Beste.“ „Was machen wir mit Mom, falls er wirklich stirbt?“ „Das ist doch wohl klar. Wir holen sie nach Sacramento.“ „Wirklich?“ „Natürlich.“ „Das beseitigt schonmal eine Sorge. Ich würde mich sonst fühlen, als hätte ich sie im Stich gelassen.“ „Ich würde deine Eltern schon jetzt hierhin holen, wenn ich nicht genau wüsste, dass dein Dad nicht aus San Diego weggeht, solange deine Großeltern noch in Mexico leben.“ „Meinst du wirklich?“ „Natürlich. Dein Dad ist Lagerarbeiter. Er könnte genauso gut in einem Walmart Lager arbeiten.“ „Du weißt, dass Mom auch noch putzen geht.“ „Das könnte sie hier auch.“ „Vielleicht rede ich nochmal mit ihnen.“ Nachdem Pam ihre Milch ausgetrunken hatte, gingen wir nochmal ins Bett, dann schlief sie in meinen Armen schließlich wieder ein.

Jetzt um halb Vier war ich wie gerädert. Trotzdem stand ich auf und machte mich fertig. Morgentoilette und Schnellwäsche. Dann anziehen, den Rucksack mit der sauberen Wäsche mitnehmen und in der Küche noch Kaffee und Frühstück machen. Nach der Laufrunde zum Zentrallager duschte ich dort und war dann pünktlich um fünf Uhr im Truck um mit der PTI zu beginnen.
Anschließend ging es dann noch nicht los, da ich erstmal an die betriebseigene Tankstelle fuhr und den Cascadia dort volltankte. Um halb Sechs konnte ich dann aber doch schließlich losfahren.
Es ging dann zuerst auf die CA-99 N in Richtung Downtown und dann auf die I-80 BUS W, die dann in die I-80 W in Richtung San Francisco überging. Je näher ich dann der Bay Area kam, um so dichter wurde dann auch der Verkehr. In Oakland folgte ich dann weiter der I-80 W und fuhr anschließend über die Bay Bridge nach San Francisco. Nachdem ich den Tunnel hinter mir hatte und auf den zweiten Teil der Brücke kam, hatte ich wieder den unglaublichen Blick auf Downtown San Francisco vor mir, der mich jedes Mal faszinierte, wenn ich Es war hier herfuhr.

In San Francisco ging dann die I-80 in die US-101 S über, die ich dann in Richtung San José nahm. Über die CA-17 S ging es dann von San José nach Santa Cruz. In Santa Cruz ging es dann über die CA-1 N weiter. Schließlich konnte ich links in die Swift Street einbiegen, an der das Außenlager lag.
Auch heute hatte ich dann wieder die Ehre, den Trailer in die hintere Ecke zu rangieren. Bei Leerpaletten war ich davon aber wenigstens nicht überrascht. Der Anschluss überraschte mich dann doch etwas mehr:

PICKUP: EST-CASRU
GATE: 02
TRAILER: RE127289
FREIGHT: TELEVISION SETS
WEIGHT: 32,347 LB
DROP: WGR-CABAR
PRIORITY: STANDARD

WAT-CASAC-KMU

Mit Barstow als Ziel hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Da wir aber erst Mittwoch hatten, war es auch kein größeres Problem. Ich fuhr zu Tor 2 und nahm den Reefer auf. Da nirgends neutrale Trailer rumstanden, wunderte ich mich auch nicht weiter über den Trailer mit unserer Werbung. Was man nicht hatte, konnte man auch nicht beladen. Nach der PTI machte ich mich dann auf den Weg.
Ich fuhr aber nicht in Richtung der CA-1 zurück, sondern in Richtung Pazifik. Ich musste sowieso meine Pause machen, warum dann nicht mit Meerblick. Ich hatte die Hoffnung, dass aufgrund der Corona Einschränkungen auf irgendeinem Parkplatz am West Cliff Drive genug Platz für den Truck war. So hatte ich wenigstens bei der Suche schon mal Meerblick.

Der Parkplatz mit Meerblick wurde dann auch nichts Ich fand dann aber in der Nähe einen Taco Imbiss, bei dem man auch mit dem Truck parken konnte. Dort stellte ich den Truck ab. Natürlich musste ich dann dort auch was kaufen. So gab es dann das, was man in den USA weitläufig als mexikanische Küche verstand, zur Auswahl. Tacos, Burritos, Enchiladas, Nachos und Quessadillas. Pams Großeltern würden wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Klar gab es das in Mexico, aber eben nicht nur das. Aber in Italien gab es ja auch mehr, als nur Pizza und Pasta. Ich nahm mir dann einen Soft Taco und einen Salat. Gegessen wurde natürlich im Truck. Anschließend machte ich noch einen kleinen Verdauungsspaziergang, bei dem ich noch mal einen letzten Blick aufs Meer warf.

Zurück im Truck meldete ich mich kurz bei Pam und sagte ihr, dass es leider keine direkte Fahrt Richtung Heimat gegeben hatte. Wann ich nun genau nach Hause kam, stand noch in den Sternen. Es war dann viertel nach Zwölf, als ich mich auf den Weg machte.
Dazu fuhr ich zuerst mal zurück zur CA-1 S. Anschließend ging es über die CA-129 zur US-101. Diese nahm ich bis nach Gilroy, wo ich auf die CA-152 E in Richtung Los Banos fuhr. Kurz vor Erreichen der Stadt wechselte ich dann auf die I-5 S in Richtung Los Angeles.
Für den Rest des Arbeitstages war nun Rollstrecke auf der Interstate angesagt. Feierabend machte ich schließlich am TA Truckstop in Buttonwillow. Hier hätte ich sowieso auf die CA-58 E in Richtung Bakersfield wechseln sollen. Also blieb ich dann bei dem wohlbekannten Truckstop.
Ich zog mir dann die Sportsachen an und lief noch eine gute Runde durch die umliegenden Felder. Anschließend ging ich im Truckstop duschen. Da ich nicht zweimal am gleichen Tag Fastfood essen wollte, machte ich mir mein Abendessen aus meinen Vorräten zurecht. Anschließend telefonierte ich noch mit Pam. Danach legte ich mich früh schlafen. Ich wollte noch etwas Schlaf von der vergangenen Nacht nachholen.

Donnerstag, den 11. Juni 2020, 4:00 am, PDT, Buttonwillow, CA:

Ich hatte sehr gut geschlafen und hatte deshalb kein Problem, als der Wecker um vier Uhr klingelte. Auch wenn die Tage inzwischen recht warm wurden, waren die Nächte immer noch angenehm. Als ich in der Nacht einmal kurz wach war, konnte ich dann auch schon die Standklimaanlage ausschalten. Ich hatte zwar gestern Abend nach der Laufrunde schon geduscht, ging aber heute früh trotzdem nochmal duschen. Zurück im Truck, setzte ich den Kaffee auf und zog die Fahrersachen an. Um viertel nach Fünf fuhr ich dann nach erledigter PTI los.
Heute war es dann das erste Mal, wo ich nach einer Übernachtung in Buttonwillow nicht auf die Interstate 5 fuhr. Es ging nämlich auf die CA-58 E in Richtung Bakersfield. Bei Calders Corner gab es eine kleine Zacke in der Route, ansonsten ging die CA-58 fast schnurgerade auf Bakersfield zu. Die Fahrt durch diese Stadt, die ja immerhin knapp 350.000 Einwohner hatte, lief an diesem Morgen erstaunlich gut. Es war aber auch noch früh. Der schlimmste Morgenverkehr war sowieso am Montag, wenn viele Studenten der California State University, Bakersfield aus dem Wochenende wieder anreisten. Heute ging es aber reibungslos durch die Stadt und so ließ ich sie schnell hinter mir und kam dann in die Mojave Wüste.
Der Sonnenaufgang, dem ich nun entgegenfuhr, war dann auch sehr beeindruckend. Der Verkehr war mäßig und hielt mich nicht groß auf. Nur in dem nicht ausgebauten Bereich zwischen Boron und Jimgrey musste ich mal kurz vom Gas gehen. Kurz vor Neun erreichte ich dann die Interstate 15, die ich dann in Richtung Norden nahm. Knapp zwei Meilen später verließ ich die Interstate an der Ausfahrt 181 wieder. Nun ging es in die Kleinstadt Barstow.
Über die L Street und Main Street gelangte ich dann zu der Walgreens Filiale, die in einer kleinen Nebenstraße der Main Street lag.

Da wir mit der eigentlich konkurrierenden Apothekenkette keinen direkten Kontakt hatten, musste ich heute aussteigen und selbst nach dem Tor fragen, an welches ich den Trailer setzen konnte. Der Mitarbeiter, den ich ansprach, war nicht gerade begeistert, dass ich mit Walmart Werbung in seiner Einfahrt stand. Es gab ja eben auch die Walmart Pharmacy. „Hast du dich verfahren?“ wurde ich daher auch gefragt. „Definitiv nicht. Ich habe eine Ladung Fernseher und so weiter für euch.“ „Ach, die Aktionsware.“ Stöhnte er auf. „Okay. Stell deinen Trailer an Tor 1 und sieh danach zu, dass du hier verschwindest.“ „Sehr gerne.“ Sagte ich mit einem extrafreundlichen Lächeln, was den Typen noch mehr ärgerte. Dann rangierte ich den Trailer ans erste Tor. Als ich absattelte, war mir auch klar, warum der Trailer dorthin sollte. So stand er zwischen der Wand und dem FedEx Trailer, der am zweiten Tor stand. Damit war unsere Werbung dann gut versteckt. Von der Vorderseite sah man auch nur das Kühlaggregat des Reefers. Da mich der Typ nicht nach einer Rückladung gefragt hatte, ging ich direkt davon aus, dass ich woanders einen Trailer bekam. Die Anweisung auf meinem Tablet bestätigte das:

PICKUP: BNS-CABAR
TERMINAL: DISTRIBUTION TERMINAL
TRAILER: FEXXXX
FREIGHT: CLOTHES
WEIGHT: 29,293 LB
DROP: NVLSV
MARKET: SUC3473
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: ORDER-NO. WAL01581325449562 CHARGE-NO. 4468413544

WAT-CASAC-KMU

Es gab mal wieder einen Auftrag, mit dem ich nicht gerechnet hatte. Barstow hatte einen ansehnlichen Güterbahnhof der BNSF Rail. Hier sollte ich dann offensichtlich einen FedEx Trailer mit Kleidung für ein Supercenter in Las Vegas übernehmen. Nach Hause hätte ich es sowieso nicht geschafft, daher war das nicht so tragisch.
Ich übernahm die Adresse des Bahnhofs ins Navi und fuhr dorthin. Nach einer Viertelstunde erreichte ich das Terminal. Zusätzlich zu dem üblichen Mund-Nasen-Schutz nahm ich heute auch die Warnweste, die ich auf Bahnhöfen und in Häfen benutzte. Da hier kein Kranbetrieb war, konnte ich mir wenigstens den Helm schenken. Außerdem nahm ich das Tablet aus der Halterung. Die Nummern konnte sich ja kein Mensch merken. Dann ging ich zur Anmeldung. Anhand der Nummern fand der Mitarbeiter dort auch schnell den beladenen Trailer. Da die Frachtpapiere ja, wie gewünscht, an der Ware waren, musste ich ihm einen anderen Übernahmebeleg unterschreiben. Anschließend konnte ich den Trailer aufnehmen. Nach der Überprüfung des Trailers ging es dann weiter nach Vegas.

Dazu nahm ich den Weg zur Interstate und fuhr dann auf die I-15 N, wo Las Vegas natürlich bereits auf den Schildern stand. Ich fuhr dann nochmal eine knappe Stunde auf der Interstate durch die Wüste. An der Clyde V. Kane Rest Area – Northbound hielt ich dann für meine Pause. Dort schaltete ich sofort die Standklima an, damit sich der Truck gar nicht erst aufheizen konnte. Anschließend telefonierte ich mit Pam. Dabei sagte ich ihr, dass ich vor dem Wochenende nicht mehr damit rechnete, nach Hause zu kommen. Außerdem fragte ich sie, ob sie weitere Albträume hatte. Zum Glück war das nicht so.
Nach dem Telefonat machte ich mir was zu Essen. Nach dem Essen legte ich noch eine halbe Stunde die Füße hoch. Gegen halb Eins machte ich mich dann wieder auf den Weg.

Es ging weiter durch die Wüste. Schließlich überquerte ich bei dem Örtchen Primm die Grenze nach Nevada. Primm besteht nur aus drei Hotels mit Casinos und einem Fashion-Outletcenter. Außerdem gibt es hier noch einen Flying J Truckstop. Falls ich auf dem Rückweg hier vorbeikam, würde ich hier auf jeden Fall zum Tanken anhalten. Jetzt zog ich aber erstmal durch.
An der Ausfahrt 35, Russel Road verließ ich dann die Interstate. Es ging links ab und etwas später rechts in den S Valley View Boulevard. Etwas später ging es rechts in die W Tropicana Avenue und am Wild Wild West Truck Plaza vorbei. Dann hatte ich das Supercenter erreicht.
Ich setzte den Trailer dann an das vom ORBCOMM vorgegebene Dock und schaute dann nach dem nächsten Auftrag:

PICKUP: EST-NVLSV
GATE: 99
TRAILER: RE148361
FREIGHT: COMPUTER COMPONENTS
WEIGHT: 19,885 LB
DROP: POR-CAOAK
TERMINAL: UNITED INTERMODAL SERVICES / HAWAII TRANSPORT
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: COM. WALMART HAWAII ORDER-NO. HI4698655494675 CHARGE-NO. 9849949485

WAT-CASAC-JMU

Am Außenlager in Vegas lag also eine Ladung Computer und Zubehör für Walmart, Hawaii. Ladungen nach Hawaii hatten wir ja immer wieder zwischendurch. Meistens wurden diese von Oakland aus verschifft. Es war also nichts Neues. Der einzige Haken an der Sache war, dass die Ladung morgen noch nach Oakland muss, da der Containerhafen samstags und sonntags geschlossen hatte. Ich machte mich auf den Weg zum Außenlager, an dem ich auf dem Hinweg bereits vorbeigekommen war. Ich brauchte wieder eine knappe Viertelstunde dafür. Der Trailer stand schon an der Seite, worauf der Rampenplatz 99 hinwies. Ich fand den Trailer und sattelte ihn auf. Die Seefrachtpapiere nahm ich aber mit nach Vorne. Die würde ich bei der Anmeldung am Hafen brauchen. Nach der PTI konnte ich dann wieder zurück nach Kalifornien.
Ich fuhr zurück zur I-15 S in Richtung Los Angeles. Weit würde ich aber nicht mehr kommen. Allzu viel Fahrzeit hatte ich eigentlich noch nicht weg. Es waren gerade etwas über acht Stunden. Da kamen aber noch mehr als eine Stunde Arbeitszeit zu. Wenn ich gleich noch den Tankstopp machte, waren es eineinhalb Stunden. Ich beschloss daher, in Primm auf dem Truckstop Feierabend zu machen. Dann hatte ich wenigstens eine Dusche. Danach kam sowieso erstmal nicht Vernünftiges mehr.

Gegen vier Uhr fuhr ich dann auf den Truckstop. Dort tankte ich erstmal den Cascadia voll. Anschließend suchte ich mir einen Parkplatz. Als ich dann Feierabend gemacht hatte, überlegte ich kurz, ob ich laufen gehen sollte. Ich entschied mich dann aber dagegen. Es machte nicht wirklich Sinn, hier in der Hitze der Wüste zu laufen. Ich ging dann stattdessen duschen. Anschließend machte ich es mir im Sleeper gemütlich.

Freitag, den 12. Juni 2020, 4:00 am, PDT, Primm, NV:

Ich hatte wieder gut geschlafen. Zum Glück kühlte es in der Wüste in der Nacht gut ab. Trotzdem entschied ich mich dazu, mir am Morgen noch eine Dusche zu gönnen. Zurück im Truck zog ich noch die Fahrersachen an und setzte den obligatorischen Kaffee auf. Um fünf Uhr begann ich mit der PTI, eine Viertelstunde später machte ich mich wieder auf den Weg.
Ich fuhr zurück zur I-15 S in Richtung Los Angeles. Kurz darauf war ich in Kalifornien. An der California Inspection Facility, Nipton stand ich dann nicht lange. Ich hatte ja nur Nonfood Ware und dann noch Transitware. Mein Kühlschrank beinhaltete auch nur in Kalifornien gekaufte Ware. So ging es schnell weiter.
Das war auch heute die Zielsetzung. Ich musste heute Meilen fressen, damit ich es noch nach Oakland schaffte. Nach knapp zweieinhalb Stunden Fahrt durch die Wüste hatte ich Barstow erreicht. Hier wechselte ich an der Ausfahrt 179 auf die CA-58 W in Richtung Bakersfield. In dem nicht ausgebauten Streckenabschnitt lief es etwas schleppend. Danach ging es aber wieder besser. Ansonsten lief die Fahrt durch die Wüste gut. Zum Glück hatte ich Klimaanlage. Die Temperaturen stiegen hier nämlich schnell wieder an. Es ging durch eine Landschaft, die Hollywood auch häufig für Wildwest Filme verwendet hatte.

Nach weiteren zweieinhalb Stunden erreichte ich Bakersfield. Hier entschied ich mich dafür, meine Pause zu machen. Deswegen wechselte ich an der Ausfahrt 117 auf die CA-184 N. Nach der nächsten Querstraße lag dann rechterhand der 24 Seven Travel Plaza genannte Truckstop. Hier hielt ich für meine Pause an. Dann ging ich zum Starbucks rüber, der ein Stück weiter lag. Hier holte ich mir einen großen Americano und ein paar Blueberry Bagels. Das Frühstück verzehrte ich dann im Truck. Anschließend machte ich noch einen kleinen Verdauungsspaziergang. Um elf Uhr fuhr ich dann aber weiter.

Nun ging es durch Bakersfield. Erst nahm ich den Edison Highway. Es ging weiter über die E Truxtun Avenue. Dann folgten weiter Westside Parkway und Stockdale Highway. An der Anschlussstelle 253 wechselte ich dann auf die I-5 N in Richtung Sacramento. Nun hatte ich für die nächsten 200 Meilen Rollstrecke über den Westside Freeway. Mit Tempomat 56 rollte ich dahin.

Irgendwann während der Fahrt hörte ich über CB-Funk: „Steve, warst du das gerade?“ Ich antwortete. „Ich bin hier. Wen habe ich denn da?“ „Harry Pearson. Ich bin gerade hinter dir aufgefahren.“ „Hab dich gar nicht gesehen.“ „Das liegt vielleicht daran, dass ich in einer Leihkarre unterwegs bin.“ „Wie kommts?“ „Kapitaler Motorschaden. Mein Cascadia steht in der Werkstatt.“ „Du kriegst auch alles kaputt.“ „Na klar. Was tut man nicht alles, um einen neuen Cascadia zu bekommen.“ „Warum sind denn alle so scharf auf den neuen Cascadia?“ „Bist du verrückt? Gegen den sind unsere alten wie Oldtimer.“ „Wenn man den so sieht, hat der doch nur eine andere Haube. Gut, die neue Front ist nicht schlecht, aber das kann man abwarten.“ „Du hast noch keinen gefahren oder mal dringesessen.“ „Nicht wirklich.“ „Das ist wie ein Zeitsprung. Modernes Cockpit, bessere Bremsen, Sicherheitsfeatures und so weiter.“ „Na und?“ „Hast du überhaupt schon mal einen modernen Truck gefahren?“ „Hab ich. In meiner ersten Woche. Da hatte ich Mack Anthem und International Lonestar. Der Volvo, den ich hatte, war auch schon ein älteres Modell.“ „Dann kennst du doch andere Trucks.“ „Brauchen tue ich die aber nicht wirklich. Was hab ich denn von einem modernen Cockpit? Mir sind meine Rundinstrumente lieber. Außerdem schalte ich lieber selbst.“ „Das neue Eaton Getriebe ist in Verbindung mit dem Cummins aber ein Traum. Die Detroit Version habe ich aber noch nicht gefahren.“ „Die wird doch sowieso nicht bestellt.“ „Stimmt auch wieder.“
Während der weiteren Fahrt versuchte Harry weiter, mir den neuen Cascadia anzupreisen. Andere Hersteller verteufelte er. Volvo, International und Mack gefielen ihm nicht, bei Peterbilt und Kenworth waren ihm das Cockpit nicht modern genug. „Mir ist egal, was ich fahre. Hauptsache das Geld und die Arbeitsbedingungen stimmen.“ „Eigentlich hast du ja recht.“ „Natürlich habe ich das. Mir kann Charlie hinstellen, was er will. Es sollte nur technisch okay sein.“ „Stimmt. Ich werde mal abwarten.“ „Wird dein Cascadia nicht mehr repariert?“ „Im Moment wird in der Werkstatt geprüft, was die Ursache war. Normal habe ich keinen Fehler gemacht. Außerdem war das jetzt bereits der dritte Motorschaden innerhalb von ein paar Wochen.“ „Echt?“ „Ja. Außerdem waren alle drei Maschinen aus der gleichen Charge.“ „Das klingt nicht gut.“
Harry erzählte weiter, dass die Werkstatt vermutet, dass ein Produktionsfehler bei der besagten Charge aufgetreten ist, der die Motoren nach einer bestimmten Laufzeit den Geist aufgeben. Normal war der Cummins ISX 15 als sehr zuverlässig bekannt. Vielleicht lag es auch an einem Zulieferteil der Motoren. Auf jeden Fall war es seltsam, dass Motoren, die sonst eine Million Meilen verkrafteten, zwischen 420000 und 450000 den Geist aufgaben.
Bei Westley sagte ich dann zu Harry: „Unsere Wege trennen sich gleich.“ „Willst du nicht nach Hause?“ „Wollen schon. Ich hab aber eine Hawaii Ladung für Oakland drauf.“ „Verstehe. Dann musst du gleich Richtung Frisco weiter.“ Harry setzte den Blinker und begann mich zu überholen. „Willst du jetzt angeben?“ „Tja. 455 PS und 13 Gänge sind mehr, als bei unseren Trucks.“ „Und gleich ziehen dich die Chips raus, weil du 60 fährst.“ Auf gleicher Höhe grüßte er rüber und hupte kräftig. Ich ging dann vom Gas und ließ ihn wieder rein.

„Mach‘s gut, du Chaot.“ „Ciao, Steve. Man sieht sich.“ Harry ging dann nach rechts und blieb auf der I-5 N in Richtung Heimat. Ich blieb links und fuhr damit auf die I-580 W in Richtung San Francisco.
Im Alameda County angekommen, ging es dann über die I-238 N zur I-880 N, welche dann direkt nach Oakland führte. An der Ausfahrt 42 B verließ ich die Interstate und folgte der Beschilderung in Richtung Harbor Terminal. Über die 6th Street und Adeline Street ging es dann zur Middle Harbor Road.

Als ich mich beim Pförtner meldete, schaute dieser demonstrativ auf die Uhr. „Ganz schön spät, junger Mann. Um halb Fünf ist Annahmeschluss.“ „Wir haben doch erst Vier.“ Erwiderte ich. „Was hast du denn?“ Ich reichte ihm die Papiere. „Ach für Hawaii Transport. Okay. Bekommst du auch was?“ Ich schaute ins ORBCOMM:

PICKUP: POR-CAOAK
TERMINAL: UNITED INTERMODAL SERVICES
TRAILER: DV136743
FREIGHT: CURTAINS
WEIGHT: 34,618 LB
DROP: EST-CASRU
PRIORITY: IMPORTANT
REMARKS: ORDER-NO. WAL64956646868463 CHARGE-NO. 6549651684

WAT-CASAC-JMU

Ich nannte ihm die Nummern und er schaute nach. „Okay. Der Trailer steht auch hier. Den kannst du gleich wieder mitnehmen.“ „Gut.“ Wir erledigten den Papierkram. „Hier ist dein Laufzettel. Du bringst den Trailer erst an diese Stelle.“ Er zeigte erst auf die Nummer, die er auf den Laufzettel geschrieben hatte und dann auf den Plan, wo er mir die Route mit dem Stift einzeichnete. „Dort sattelst du ab und lässt dir das gegenzeichnen. Dann fährst du dahin.“ Auch den Ort zeichnete er auf dem Plan ein. „Das ist nicht weit auseinander. Dort steht der Trailer. Sollte einer von euren sein. Lass dir das dann auch gegenzeichnen. Dann fährst du über diesen Weg zurück und gibst den Laufzettel hier wieder ab.“ Er zeichnete den Rückweg ein und gab mir den Plan. „Im Hafen gelten Sicherheitsvorschriften. Du musst Warnweste oder -Jacke tragen und Arbeitsschuhe und Helm tragen. Anweisungen der Mitarbeiter ist Folge zu leisten und Schienen- und Staplerverkehr hat Vorrang.“ Ich salutierte gespielt. „Sir, Ja Sir.“ „Verarschen kann ich mich alleine.“
Ich fuhr dann auf das Hafengelände und folgte der im Plan eingezeichneten Strecke. Am zugewiesenen Ort sattelte ich ab und suchte mir jemanden, der das quittierte. Dann fuhr ich zum Standort des nächsten Trailers, sattelte auf und erledigte die PTI. In der Zeit kam dann auch ein Staplerfahrer vorbei, der mir das ebenfalls quittierte. Anschließend fuhr ich zum Tor zurück und gab den Laufzettel wieder ab.
„Kann man hier irgendwo über Nacht stehenbleiben?“ fragte ich. „Offiziell nicht. Auf unserem Gelände geht das aus zwei Gründen nicht. Erstens wegen der Versicherung und zweitens haben wir bis Montagmorgen das Tor zu.“ „Verstehe. Gibt es hier irgendwo einen Truckstop oder einen Parkplatz für Trucks?“ „Nicht wirklich. Stell dich aber von mir aus da hinten an den Straßenrand. Ist zwar offiziell auch nicht erlaubt, wird von den Cops aber geduldet. Ist denen lieber, als wenn ihr die Zeiten überschreitet.“ „Okay.“ „Von unseren Unternehmern ist eh keiner da. Die sind alle im Wochenende.“ „Verstehe.“ Ich verabschiedete mich und suchte mir am Rand der Middle Harbor Road einen halbwegs legalen Parkplatz. Dort machte ich dann Feierabend.
Anschließend machte ich noch eine Laufrunde durch den Hafen. Toll war das hier nicht, für eine Nacht ließ sich das aber ertragen. Zurück am Truck wusch ich mich mit Wasser aus dem Kanister. Anschließend telefonierte ich mit Pam. Den restlichen Abend verbrachte ich dann vor dem Fernseher.

Samstag, den 13. Juni 2020, 4:15 am, PDT, Oakland, CA:

Heute blieb ich bis viertel nach Vier liegen. Dann stand ich auf. Die Nacht ging so. Wenn man im Hafengebiet stand, war das normal. Ein Hafen war 24 Stunden, 7 Tage die Woche in Betrieb. Dementsprechend war es dort auch nicht wirklich ruhig. Andererseits konnte man sagen, wenn man sonst auf einer Rest Area direkt am Highway stand, war es ja auch nie wirklich ruhig.
Glücklicherweise musste ich heute früh nicht „groß“. So blieb es mir erspart, mir dafür was zu suchen. Nach der Zahn- und Körperpflege mit Wasser aus dem Kanister setzte ich den Kaffee auf und zog die Fahrersachen an. Um fünf Uhr begann ich mit der PTI, eine Viertelstunde später ging es los.
Über die Adeline Street und 5th Street fuhr ich zur I-880 S in Richtung San José. Die Fahrt durch das Alameda County lief an diesem Morgen gut. Man merkte schon, dass am Samstag weniger Leute zur Arbeit mussten.
Schließlich passierte ich San José, die Stadt die überregional für Hightech und ihren NHL Club, die San José Sharks bekannt war. Die NHL verfolgte ich schon, war aber nicht so ein Fan, wie Dad, Marc und vor allem Keela, deren Herz aber für die Minnesota Wild schlug, die aus ihrer Heimatstadt St Paul kamen. So kam es bei Familienfeiern auch schon mal zu hitzigen Diskussionen, wenn es um Eishockey ging.
Von San José ging es nun über die CA-17 S weiter nach Santa Cruz. Dort angekommen, wechselte ich auf die CA-1 N in Richtung Half Moon Bay, die mich durch die Stadt führte. Schließlich ging es links in die Swift Street, an der das Außenlager lag. Hier hatte ich ein einfaches Spiel zum Andocken. Tor 11 war gut erreichbar. Entgegen meiner Erwartung bekam ich dann aber hier keine Anschlussfracht.

PICKUP: CASRU
MARKET: NMA4174
GATE: 02
TRAILER: DV144871
FREIGHT: EMPTY PALLETS
WEIGHT: 40,154 LB
DROP: EST-CASAC
PRIORITY: STANDARD

WAT-CASAC-KMU

Wenigstens holte mich Keela nach Hause. Wenn es dazu Leerpaletten aus einem Neighborhood Market sein sollten, war mir das auch recht. Ich verließ also Bobtail wieder das Außenlager. Dabei fiel mir der Running Gag eines deutschen Truckers aus Kanada ein, der nach einem Versprecher immer sagte „Nur der Trailer ohne Zugmaschine“. Ich fuhr zur CA-1 S und dann wieder durch die Stadt. Dann ging es links ab und ich hatte den Supermarkt erreicht, den ich seit meiner ersten Woche bei Walmart kannte. Ich sattelte den Trailer auf und erledigte die PTI. Anschließend stellte ich ORBCOMM und E-Log auf Pause.

Nun rief ich Pam an. „Guten Morgen, Darling.“ Meldete sie sich gut gelaunt. „Hallo Sweetheart. Du bist ja gut drauf.“ „Ja, ich hab gut geschlafen und freue mich darauf, dass du gleich nach Hause kommst.“ „Ich freue mich auch auf euch. Weswegen ich anrufe. Ich stehe gerade bei einem Neighborhood Market in Santa Cruz. Wenn wir noch was brauchen, könnte ich hier direkt einkaufen gehen.“ „Gute Idee. Ein paar Teile könnten wir noch gebrauchen.“ Sie nannte mir alles und ich schrieb mir einen Zettel. „Wann wirst du denn hier sein?“ „Kommt darauf an, wie ich durchkomme. Ich muss einmal quer durch die Bay Area. Entweder durch Alameda oder durchs Silicon Valley.“ „Also irgendwann am Nachmittag.“ „Richtig.“ „Okay. Dann bis gleich. Bring mir ein bisschen Seeluft vom Pazifik mit.“ „Wir können ja auch morgen mal an die Küste fahren.“ „Das geht auch. Ist Keela wohl am Surfen?“ „Nein. Sie hat am Wochenende Bereitschaft.“ „Okay.“ Wir verabschiedeten uns und legten auf. Dann ging ich in den Markt und kaufte ein. Zurück im Truck aß ich noch schnell zwei Bagels, bevor ich mich auf den Weg nach Hause machte.

Ich fuhr zurück auf die CA-1 S, wechselte dann aber kurz darauf auf die CA-17 N in Richtung San José. Über die CA-85 N ging es dann weiter zur US-101 N. Das Navi wollte, dass ich via San Francisco fuhr. Vermutlich war in Alameda irgendeine Sperrung oder ein dicker Stau. So ging es durchs Silicon Valley nach San Francisco. Dort fuhr ich auf die I-80 E in Richtung Bay Bridge / Oakland. Als ich dann fast wieder da war, wo mein Tag begonnen hatte, hielt ich mich weiter auf der I-80 E die mich nach Sacramento bringen sollte. Ich fuhr dann erst zum Außenlager, wo ich zum Abschluss der Woche noch den Trailer in die hintere Ecke setzen durfte.

Anschließend ging es Bobtail zum Zentrallager, wo ich endlich Wochenende hatte. Laut Keelas Anweisung dauerte dieses bis Montagmorgen um Fünf. Ich packte die Schmutzwäsche und die Einkäufe in den Rucksack und lief dann nach Hause, wo ich gegen vier Uhr ankam.

Während Pam dann meinen Rucksack auspackte, ging ich schnell duschen. Anschließend forderte Tim sein Recht ein, mit Daddy zu spielen. Es folgte das Abendessen und anschließend machte ich den Kleinen Bettfertig.
Nachdem er eingeschlafen war, ging ich zu Pam ins Wohnzimmer. „Gibt es noch was Neues?“ fragte ich sie. „Eigentlich nicht. Ich hab die Woche nochmal mit Mom gesprochen.“ „Und?“ „Ich habe sie noch mal gefragt, ob sie und Dad nicht zu uns ziehen wollen.“ „Lass mich raten. Solange deine Großeltern leben, kommt das nicht in Frage.“ „So ist es. Das haben sie uns ja schon vor einem halben Jahr gesagt.“ „Da können wir nichts machen.“ „Leider ist das so. Mir würde es besser gehen, wenn sie hier in Sacramento wären.“ „Hast du ihnen das gesagt?“ „Schon. Mom hat aber jede weitere Diskussion darüber abgelehnt.“ „Dann denk jetzt an was anderes.“ „Dann bring mich auf andere Gedanken.“ Sagte Pam. „Okay, Sweetheart.“ Ich nahm sie in den Arm und küsste sie lange. Der Abend wurde dann noch richtig schön. Wir tranken zusammen eine Flasche Wein und kuschelten auf der Couch.

Sonntag, den 14. Juni 2020, Sacramento, CA:

Der Sonntag wurde wunderschön. Wir schliefen so lange, bis Tim uns weckte. Dann frühstückten wir in Ruhe zusammen. Anschließend machten wir uns fertig. Am Vormittag setzten wir uns ins Auto und fuhren los. „Wo willst du denn hin? Hast du ein bestimmtes Ziel im Auge?“ „Irgendwo ans Meer.“ „Schon klar. Aber die Küste ist lang.“ „Dann lass uns dahin fahren, wo Keela und Marc zum Surfen hinfahren.“ „Okay. Auf nach Pacifica.“ Also fuhr ich schon wieder über die Interstate 80 nach San Francisco und dann über die CA-1 weiter nach Pacifica.

Als wir am San Francisco RV Resort vorbeikamen, sagte ich: „Das ist wohl der Campingplatz, wo Keela mit dem Van zum Übernachten steht.“ „Sieht doch ganz nett aus.“
Wir fuhren weiter nach Rockaway Beach, wo wir am Pacifica Beach View Park parkten. Tim protestierte dann erst, weil er nicht an Mamas Hand bleiben wollte, fügte sich dann aber doch. Wir gingen am Pacifica Lighthouse vorbei, wie das Hotel direkt am Wasser hieß. Dann kamen wir zu Nick’s Rockaway. „Marc hat erzählt, dass hier das Stammlokal der Surfclique ist. Irgendwo hier müssen sie wohl surfen.“ Pam staunte. „Hier? Wo die ganzen Felsen sind? Das ist aber nicht ganz ungefährlich.“ „Deshalb surfen hier ja auch nicht die Anfänger.“ „Verstehe. Wo ich das damals in San Diego versucht habe, war ein einfacher Strand.“ „Keela ist wohl richtig gut. Sie surft ja auch schon, seit sie ein Teenager war. Marc macht das zwar nicht so lange, aber Keela hat ihm das wohl gut beigebracht.“ „Bist du da eigentlich nie draufgekommen, das zu machen?“ „Ich habe zugegebenermaßen nie viel Zeit am Strand verbracht.“ „Na gut. Du bist in Sacramento aufgewachsen und nicht, wie ich, in San Diego. Aber Keela hat es auch gemacht, obwohl sie aus Minnesota kommt.“ „Wenn ich zwei, dreimal im Jahr mit meinen Eltern in den Urlaub nach Hawaii geflogen wäre, hätte ich das auch gemacht. Das ist ja wohl der einzige Luxus, den sich die Ryans gönnen.“ „Ihr seid auch nie wirklich in den Urlaub gefahren. Oder?“ „Urlaub kennt mein Dad nicht. Der kennt doch nur die Arbeit. Wenn wir mal unterwegs waren, dann immer zu irgendwelchen Orten, wo man was lernt. Mount Rushmore oder Washington, DC. Sowas haben wir gemacht. Aber keinen Erholungsurlaub.“ „Wir sind nie weggefahren, weil wir kein Geld hatten. Außerdem haben meine Eltern immer gesagt, dass wir den Pazifik vor der Haustür haben und deshalb nicht wegfahren brauchen. In den Ferien sind wir deswegen immer nur am Strand gewesen. Meistens sind meine Freundinnen und ich morgens mit dem Bus zum Imperial Beach gefahren und erst abends wieder zu Hause gewesen.“ „Wie dunkel ist deine Haut den dann geworden?“ „Nach den Sommerferien sah ich dann aus, wie eine reinrassige Latina, was wieder dazu geführt hat, dass ich von den Weißbroten total gemobbt wurde.“ „Ich habe noch nie gehört, dass du diese Bezeichnung nimmst.“ „Mach ich normal auch nicht. Zumindest seit der Highschool nicht mehr.“ „Und dann hast du ein Weißbrot geheiratet.“ „Tja, wo die Liebe hinfällt. Komm du Weißbrot.“ Tim begann zu kichern. „Daddy ist ein Weißbrot.“ Sagte er und lachte sich kaputt.

Wir gingen zum Auto zurück und fuhren weiter zum Pacifica State Beach nach Linda Mar. Dort gingen wir dann auch an den Strand. Pam und ich setzten auch vorschriftsmäßig die Schutzmasken auf, worauf Tim sich wieder vor Lachen nicht mehr ein bekam. Das kannte er sonst nur, wenn er mit zum Einkaufen durfte. „Ich will auch verkleiden.“ Sagte er. „So kleine Masken haben wir nicht.“ Antwortete Pam. Erst schmollte er, freute sich aber dann, als wir die Schuhe auszogen und am Wasser entlang gingen. „Irgendwie bekommt man Lust, ins Wasser zu gehen.“ Meinte Pam. „So warm ist es heute auch nicht. Außerdem haben wir keine Badesachen drunter.“ „Ich hätte aber auch nicht gedacht, dass es hier so viel kühler ist, als bei uns.“ „Das Meer kühlt.“
Wir setzten uns dann aber in den Sand und ließen Tim ein bisschen im Sand spielen. Ich ging dann zum Taco Bell und holte uns was zu essen, was wir dann am Strand verzehrten.

Am Spätnachmittag machten wir uns dann wieder auf den Weg nach Hause. Zu Hause angekommen, machte uns Pam das Abendessen und ich bespaßte Tim noch etwas. Nach dem Essen wurde es dann für Tim Zeit ins Bett zu gehen. Nachdem er eingeschlafen war, blieben wir noch etwas auf der Couch. Schließlich gingen wir dann aber auch schlafen.

Hinterlasse einen Kommentar