20. Große Umwege und früher Start

Das Wochenende war zugegebenermaßen recht eintönig. Schuld waren einmal mehr die Brände. Zuhause angekommen, schickte mich Pam nochmal zum Einkaufen. Das war aber klar. Wir hatten ja vereinbart, dass Pam aktuell nur rausgeht, wenn es nötig war, damit sie und Tim nicht unnötig dem Rauch ausgesetzt waren. Corona geriet in diesen Zeiten tatsächlich in den Hintergrund, da die Gefahr durch die Brände deutlich präsenter wirkte. Klar, die Feuer und den Rauch konnte man sehen. Das Virus nicht.
Ich fuhr ins Supercenter an der Florin Road und kaufte ein. Meine Vorräte für Unterwegs brachte ich auf dem Weg nach Hause wieder direkt zum Truck und räumte sie ein. Zurück zu Hause kümmerte ich mich um das Tim Entertainment, während Pam sich den Haushalt vornahm. Auch für das Essen war sie zuständig. Zeit für uns hatten wir dann abends, als der Kleine im Bett war.

Auch den Sonntag verbrachten wir zu Hause. Pam hatte erzählt, dass Tim langsam quengelig wurde, da er wieder raus wollte, was wir aber aus gutem Grund vermieden. Es war sowieso blöd, dass Tim, aufgrund der besonderen Situation in diesem Jahr, noch keine Freunde in Sacramento finden konnte. Seit den ersten Meldungen im März vermieden wir Spielplätze. Außerdem wäre Tim inzwischen sonst im Kindergarten, was wir natürlich auch erstmal aufgeschoben hatten. Da Pam zu Hause blieb und nicht berufstätig war, hatten wir ja die Möglichkeiten. Wenn Pam wirklich mal einen Termin hatte, freute sich Mom auf ihren Timothy. Wir fragten uns allerdings auch, wie sich das auf seine Entwicklung auswirkte, wenn er nur mit Erwachsenen zusammen war und nicht mit Gleichaltrigen.

Heute hatte der Kleine weniger Probleme damit, nicht raus zu dürfen, da Daddy ja da war. Da freute er sich immer die ganze Zeit drauf. Zum Glück war das so. Ich hätte ein großes Problem damit, ein Vater zu sein, vor dem die Kinder Angst hätten, weil die Mutter die ganze Woche damit droht: „Warte bloß bis Daddy Samstag nach Hause kommt.“ Tim machte aber bisher auch keinen Grund, um ihm zu drohen. Er hatte zwar seine Trotzphasen und war quengelig, wenn es nicht nach seinem Kopf ging, das ging aber auch schnell wieder vorbei. Dabei zeigte sich wieder der Vorteil, dass ihm gleichaltrige Freunde keinen Unsinn zeigen konnten.
Es war also auch heute wieder meine Aufgabe, sich um den Kleinen zu kümmern. Da ich ihn aber ebenfalls die ganze Woche nicht sah, freute ich mich mindestens genauso viel wie er selbst darauf.
Gleiches galt natürlich auch für Pam. Sie vermisste ich auch die ganze Woche. Die abendlichen Telefonate konnten einem auch nicht die Zweisamkeit ersetzen. Es war zwar schön, ihre Stimme zu hören, anfassen oder gar in den Arm nehmen waren eben auch die ganze Woche nicht drin. Ich wusste genau, dass ihr das genauso fehlte wie mir, sie würde sich aber nie bei mir beschweren, da ja ihre labile Psyche Grund dafür war, dass ich meinen Ausbilderjob aufgegeben hatte und Truckdriver geworden bin.
So kam sie natürlich zwischen der Hausarbeit auch immer wieder dazu und spielte mit Tim und mir. Dabei bekam ich dann auch meine Streicheleinheiten und Küsse von ihr, mit denen sie mir ihre Liebe zeigte.

So verging diese schöne Zeit am Wochenende auch mal wieder wie im Flug. Wir telefonierten auch noch kurz mit Keela, um ihr zu ihrem 25. Geburtstag zu gratulieren. Diesen verbrachte sie ja aufgrund der aktuellen Situation alleine. Mit Marc wollte sie ihn feiern, wenn er wieder von der Ostküste zurück war. Mehr hatte sie wegen der Kontaktbeschränkungen auch nicht geplant. Am Sonntagabend zogen wir uns dann auch wieder früh ins Schlafzimmer zurück, da mein Wecker um halb Vier wieder klingeln würde.

Montag, den 21. September 2020, 3:30 am, PDT, Sacramento, CA.

 Mein Wecker klingelte wie immer, wenn es von zu Hause losging, um halb Vier. Seitdem ich den alten Focus gekauft hatte und ihn für die Fahrt zur Arbeit nutzte, hatte sich der Morgenablauf ein wenig geändert. Da ich ja keinen Frühsport mehr mit dem Weg zur Arbeit verband, konnte ich schon zu Hause duschen und mich dort komplett fertigmachen. So kam nun nach der Morgentoilette und der Zahnpflege auch die Dusche und weitere Körperpflege zu Hause. Die Sportsachen wurden nicht angezogen, sondern waren in dem Rucksack mit meinen Sachen zum Mitnehmen. Dafür zog ich nun zu Hause direkt die Fahreruniform an. Kaffee und Frühstück machte ich dann weiterhin zu Hause fertig. Schließlich ging es mit dem Focus zur Arbeit.

Dort angekommen, begann ich aber, wie sonst um fünf Uhr mit der PTI. Nachdem diese erledigt war, schaute ich im ORBCOMM nach dem ersten Auftrag der neuen Woche:

PICKUP: EST-CASAC
GATE: 02
TRAILER: DV115966
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 26,883 LB
DROP: FEX-AZCVE
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: ADR-CLASS 1-04 UN-NO. 0336  

WAT-CASAC-KMU

Mit Keelas Anweisung ging es also mal wieder mit Feuerwerk vom Außenlager los. Ziel war die FedEx Niederlassung in Camp Verde, Arizona. Nach einem Blick auf die Tankuhr beschloss ich, die Tanks hier nochmal voll zu machen. So ging es gar nicht erst auf die Straße, sondern erstmal an die Betriebstankstelle. Nachdem die Tanks gefüllt waren, fuhr ich nach North Natomas zum Außenlager, wo ich den Trailer mit der explosiven Ladung übernahm. Um sechs Uhr war die Kontrolle des Trailers abgeschlossen und ich konnte losfahren.

Dazu nahm ich erstmal wieder den Weg, auf dem ich hierher gefahren war. An Lemon Hills fuhr ich aber nun vorbei und blieb auf der CA-99 S. Normal hätte ich nun einen schönen Sonnenaufgang vor mir. In den letzten Wochen war uns dieser aber nicht vergönnt. Die angebrannt riechende Luft, die von den zahlreichen Feuern verursacht wurde, verhinderte dies. Die Rauchschwaden ersetzten die Wolken und so hatte man optisch den Eindruck, an einem trüben Wintertag zu starten, obwohl die Temperaturen eher auf den Hochsommer hindeuteten.
Der durch Corona und die Brände reduzierte Montagmorgenverkehr lief flüssig, trotzdem blieb die gute Laune auf der Strecke. In den Nachrichten waren die Brände immer noch das Hauptthema. Es folgten Berichte über diverse Unruhen, den Wahlkampf und noch ein kurzer Bericht über die Auswirkungen eines kleinen Bebens vom vergangenen Freitag. Corona kam erst zum Ende der Nachrichten, wo berichtet wurde, dass die Zahlen seit dem Sommer wieder leicht zurückgingen.

So plätscherte der Morgen dahin. Es ging über die CA-99 nach Süden, bis ich schließlich Bakersfield erreichte. Seit meiner Abfahrt in Sacramento waren fünfeinhalb Stunden vergangen. Nun wechselte ich an der Ausfahrt 24 auf die CA-58 E in Richtung Mojave / Tehachapi. Nach sechseinhalb Meilen fuhr ich dann an der Ausfahrt 117 ab und wechselte kurz nach links auf den Weedpatch Highway. Nun lag rechterhand das 24 Seven Travel Plaza, Bakersfield. Hier machte ich meine Mittagspause.

Die halbe Stunde Pflichtpause machte ich dann im Truck. Dort aß ich erst den Rest meines am Morgen gemachten Frühstücks. Außerdem machte ich mir noch eine Portion Cup Nudeln heiß. Gegen viertel nach Zwölf ging es dann weiter.

Ich steuerte den Peterbilt zurück auf die CA-58 E in Richtung Mojave / Barstow. Anschließend beschleunigte ich wieder auf 56. So hatte schon der ganze Vormittag der Tempomat gestanden. Jetzt wurde es allerdings etwas hügeliger, als auf dem Golden State Highway. Trotzdem konnte ich den Truck entspannt mit Tempomat laufen lassen. Gute zwei Stunden später wollte ich bei Barstow auf die I-15 N in Richtung Las Vegas wechseln, über die es dann zur Interstate 40 gehen sollte. Leider ging das nicht. Die Auffahrt zur Interstate in Richtung Norden war mal wieder gesperrt.

Zwangsläufig fuhr ich also auf die I-15 S in Richtung San Bernadino. Bei dem Wechsel sah ich schon, dass I-15 N auch von Süden aus gesperrt war. Es machte also keinen Sinn zu wenden und dann in Richtung Norden wieder aufzufahren. Da ich nicht wusste, was ich machen sollte, fuhr ich an der nächsten Abfahrt von der Interstate runter. Ich wollte auf den TA an der Lenwood Road und dann im Büro anrufen. Der Truckstop war aber jetzt, um kurz vor Drei schon voll. Über CB-Funk hörte ich, dass es auf den Truckstops von Flying J und Pilot auch nicht mehr viel gab. Da hier aber vier Truckstops vertreten waren, nahm ich den Love’s Travel Stop. Hier fand ich noch anstandslos eine Lücke. Dann wählte ich die Nummer der Dispatch.

Danny meldete sich. „Irgendein Murdock muss mich immer nerven. Was kann ich denn heute machen, um dich wieder loszuwerden?“ „Dir auch einen wunderschönen Tag, lieber Danny.“ „Ja, ja. Was ist los?“ „Die Interstate 15 ist bei Barstow in Richtung Norden gesperrt.“ „Du musst da doch sowieso auf die Interstate 40.“ „Da komme ich aber gar nicht hin.“ „Warte mal kurz.“ Danny tippte hörbar an seinem Computer. Dann schnaufte er. „Brennen tut da nichts. Es gibt zwar ein Feuer im Mojave National Preserve, da bist du aber schon fast in Primm.“ „Das habe ich ja auch nicht behauptet.“ „Okay.“ Danny tippte weiter. „CalTrans meldet einen schweren Verkehrsunfall auf der Interstate 15 Northbound, zwischen Anschlussstelle 178 und 181. Die Sperrung dauert voraussichtlich bis in die späten Abendstunden.“ „That’s it.“ „Kannst du das denn nicht lokal umfahren?“ „Kennst du dich in Barstow aus?“ „Ein Bisschen.“ „Die Sperrung ist zwischen dem neuen Outlet Center an der Lenwood Road, wo auch die Truckstops sind, und der Ausfahrt L Street.“ „Was heißt das genau?“ „Östlich der Interstate gibt es keine Straßenverbindung nach Barstow. Die Straße nach Barstow Heights, falls es mal eine geben soll, gibt es noch nicht.“ „Und auf der anderen Seite der Interstate?“ „Kannst du mit einem PKW noch fahren, aber nicht mit dem Truck.“ „Warum?“ „Zwischen Lenwood und Barstow gibt es eine alte Eisenbahnunterführung von der BNSF. Durchfahrtshöhe maximal 10 Fuß.“ Danny begann zu fluchen. „Warte mal.“ Er tippte wieder ein paar Minuten auf seinem Computer. „Okay. Du hast nach meinen Angaben noch zwei Stunden Fahrzeit. Sinnvollste Umleitung für einen Truck ist nach unseren Systemen die Route über San Bernadino und dann auf die I-10 nach Phoenix, dann die I-17 nach Norden. Da ist aber das Problem, dass zwischen Rock Springs und Cordes Junction das Feuer so dicht an der Interstate 17 ist, dass sie kurz vor der Sperrung steht.“ „Super und jetzt?“ „Mach Feierabend. Morgen fängst du die zwei Stunden dann früher an, damit du die Zeit wieder rausholst. Bekommst du noch einen Parkplatz? Ist sicher schon voll dort.“ „Glücklicherweise gibt es hier inzwischen vier Truckstops. Ich stehe schon auf einem Parkplatz.“ „Dann schönen Feierabend. Ich schreibe Keela einen Vermerk. Dann weiß sie morgen Bescheid.“ Wir legten auf. Ich stellte die Systeme auf Pause und durfte dann in zwölf Stunden wieder los.

Nun zog ich meine Sportsachen an und lief noch etwas. Als ich merkte, dass die Luft nicht so gut war, brach ich ab. Dabei war es hier viel besser, als in Nordkalifornien. Ich ging dann duschen und nahm mir auf dem Rückweg bei Godfather’s Pizza mein Abendessen mit. Nach dem Essen telefonierte ich noch eine Weile mit Pam. Schließlich ging ich zeitig schlafen.

Dienstag, den 22. September 2020, 2:00 am, PDT, Barstow, CA:

Damit ich, wie es Danny angeordnet hatte, zwei Stunden früher beginnen konnte, stand ich bereits um zwei Uhr wieder auf. Das war ich gar nicht gewohnt, musste in dieser Woche aber anscheinend sein. Als erste Amtshandlung buchte ich mir ein Duschbadezimmer im Truckstop. Nach einer erfrischenden Dusche wäre ich sicher wach genug für diese unchristliche Uhrzeit.
Zurück im Truck setzte ich den obligatorischen Kaffee auf und machte mich startklar. Um drei Uhr begann ich mit der PTI. Eine Viertelstunde später war die Abfahrtskontrolle erledigt und ich machte mich auf den Weg.

Ich fuhr auf die I-15 N in Richtung Las Vegas. Dann merkte ich, dass ich mich gar nicht schlau gemacht hatte, ob die Sperrung vom Nachmittag aufgehoben war. Ich hatte einfach damit gerechnet, dass ich zwölf Stunden nach meinem Feierabend die Strecke wieder nutzen konnte. Leider war das nicht der Fall. Ich wurde auf die CA-58 abgeleitet.

Nachdem ich kräftig geflucht hatte, ließ ich mein Handy die Nummer der Dispatch anwählen. Der Ruf ging lange durch, es nahm aber keiner ab, also fluchte ich ein weiteres mal kräftig. Das änderte aber an der Situation auch nichts. In Lenwood fuhr ich von der 58 ab und in Gegenrichtung wieder auf. Natürlich wurde ich jetzt auch auf die I-15 S in Richtung San Bernadino abgeleitet. Es half alles nichts. Ich musste also erstmal in diese Richtung fahren.

Nun versuchte ich nochmal, die Dispatch zu erreichen. Diesmal wurde nach dem dritten Klingeln abgehoben. „Sorry Steve. Ich muss vorhin irgendwann eingeschlafen sein. Dein erster Anruf hat mich dann geweckt.“, sagte eine verschlafen klingende Keela. „Hab ich verpasst, dass die Nachtschicht nur Bereitschaft ist?“ „Nicht wirklich. Im Homeoffice ist das nur nicht so, wie im Büro. Dort hatte ich in der Nachtschicht immer noch genug zu tun. Da hat man noch die Wareneingänge bearbeitet, Entladeberichte geschrieben und sich um Differenzen gekümmert. Wenn die Kollegen, die Schalterdienst haben, aber nichts einscannen, kann ich auch nichts bearbeiten. Die hatten aber gestern offensichtlich was Besseres zu tun. Ich bin dann wohl vor Langeweile eingedöst.“ „Dann will ich dich mal von deiner Langeweile befreien. Die Interstate 15 ist offensichtlich immer noch oder schon wieder bei Barstow gesperrt. Mangels Alternative bin ich jetzt in Richtung San Bernadino unterwegs.“ „Okay. Ich prüfe mal, was da los ist.“ „Dann prüfe gleich noch was. Danny hat mir gestern was gesagt, dass es sein kann, dass die Interstate 17 zwischen Phoenix und Camp Verde auch zum Teil nicht befahrbar ist. Bitte prüfe das auch und suche mir eine fahrbare Strecke raus.“ „Okay. Dann habe ich wenigstens was zu tun. Ich melde mich, wenn ich was weiß.“ Wir legten auf.

Auf der Interstate war um die Zeit noch nicht viel los. So kam ich erstmal gut voran. Bis nach Victorville und Hesperia war die Strecke nur leicht hügelig. Nun ging es aber über die Berge nach San Bernadino. Trotz der leichten Ladung musste der Paccar MX13 gut arbeiten und ich ihn über das Fuller Getriebe bei Laune halten. Trotz der frühen Uhrzeit sah es aus, als hätten wir gleich Sonnenaufgang. Der wäre dann aber nicht im Westen. Dort war der Himmel orangerot. Es war der Wiederschein vom Bobcat Fire, welches ständig durch die Medien ging, weil es der größte Feuerkomplex in Südkalifornien war, der außerdem Greater Los Angeles bedrohte. In San Bernadino wechselte ich dann auf die I-10 E in Richtung Phoenix. Hier wurde das Dämmerlicht noch heller. Ich hatte den Schein des Bobcat Fire im Rücken und das El Dorado- und Apple Fire nördlich von mir. Ein Stück weiter passierte ich den Bereich, in dem das Snow Fire südlich von mir brannte. Ich atmete auf, als ich Palm Springs erreichte und die Feuer hinter mir lagen. Ich wollte nicht wissen, was passierte, wenn meine Ladung was abbekam. Schließlich hatte ich Feuerwerkskörper geladen.

Kurz darauf klingelte mein Telefon. „Hallo Keela. Wie siehts aus?“ „Das frage ich dich.“, entgegnete sie. „Ich weiß ja, wo du gerade hergefahren bist.“ „Sah sehr gemütlich aus.“, sagte ich lachend. „Fast romantische Stimmung, wie bei einem Sonnenuntergang. Man darf nur nicht darüber nachdenken, was wirklich die Ursache ist.“ „Mit deiner Ladung schon gar nicht.“, sagte Keela. „Eben. Hast du was rausgefunden?“ „Habe ich. Die Sperrung auf der Interstate 15 dauert deshalb noch an, weil die Feuerwehren keine Kapazitäten für Bergungsarbeiten mehr übrighaben. Das machen aktuell private Unternehmen. Die hatten aber auch nicht genug Leute, um das schnell zu beseitigen. Außerdem keine Ausrüstung zur Ausleuchtung der Unfallstelle. Daher dauert die Sperrung noch an.“ „Okay. Soviel dazu. Kann ich denn über Phoenix fahren?“ „Aktuell ist die Strecke nicht gesperrt. Die Behörden in Arizona rechnen aber damit, dass es jederzeit kommen kann. Der Gefahrgutverkehr soll den Bereich aber weiträumig umfahren, es sei denn, man ist lokaler Zulieferer. Das darf man dann aber nur auf eigene Gefahr.“ „Ich muss ja nicht genau in den Bereich, sondern ein paar Meilen nördlich der Brandstelle.“ „Genau. Wir gehen da auch kein Risiko ein.“ „Wie soll ich dann fahren?“ „Ich habe die Möglichkeiten am Computer durchprobiert. Der beste Kompromiss aus Fahrdauer und gefahrloser Strecke geht über die US- 95 und Interstate 40.“ „Sicher?“ „Laut Computer, ja. Du fährst bis nach Blythe, wechselst dort auf die 95. Nimmst die bis nach Needles und nimmst ab dort die Interstate 40. Von dort fährst du über die ursprünglich geplante Strecke via Ash Fork und Prescott.“ „Ma’am, Yes Ma’am.“ „Okay, Sergeant Murdock.“ „Gunnery Sergeant. Soviel Zeit muss sein.“ „Kommt dir sicher bald so vor, wie damals.“ „Warum?“ „Überall Brandgeruch und Gefahrgut Klasse 1 auf dem Trailer.“ „Im Einsatz war das noch was Anderes. Glaub mir.“ „Okay. Dann werde ich mal noch die letzten Minuten absitzen, bis ich an Jessy übergebe. Für dich plane ich nur noch die Fahrt nach Camp Verde in dieser Schicht ein.“ „Ist wohl besser.“ „Mach’s gut, Steve.“ Sie legte auf.

Mein Weg führte mich dann erstmal über die Interstate 10 weiter in Richtung Osten. Das Navi würde ich dann fürs Erste vergessen können. Diese Strecke würde kein Rechner vorschlagen, es sei denn man gibt die entsprechenden Parameter in den Rechner ein. Da konnte Keela sicher keiner was vormachen. Als sie von Minnesota nach Sacramento gezogen war, kannte sie sich sicher auch nicht in Kalifornien aus. Trotzdem hat sie als Dispatcher die Touren geplant. Ich verließ mich also auf ihr Urteil.

Es war schon hell, als ich an der Ausfahrt 241 von der Interstate abfuhr und auf die US-95 N in Richtung Needles wechselte. Normal wäre ich in wenigen Minuten in Ehrenberg und somit in Arizona gewesen. So bleib ich noch länger in Kalifornien. Zu meiner Überraschung stand Needles bereits auf der Interstate auf dem Schild. Ich hatte vermutet, dass ich mich da auf Keelas Aussage verlassen sollte.
Es ging nun in Richtung Norden. Blythe lag linkerhand und Arizona im Osten. Einige Meilen später ging es dann direkt am Colorado River vorbei, der hier auch die Staatsgrenze war. Wieder etwas später führte der Highway nordwestlich weiter, während sich der Fluss aus dem Nordosten kam.

Meine Pause machte ich dann in dem Örtchen Vidal Junction, an der Kreuzung der US-95 mit der CA-62. Das Kaff war so klein, dass die Vidal Agricultural Inspection Station und der Hof der Straßenmeisterei der CalTrans die größten Gebäude waren. Es gab noch eine Tankstelle, die hier, unweit der Grenze zu Arizona wahrscheinlich nur die CalTrans als Kunden hatte. Sonst war hier nicht viel. Der kleine Imbiss am Ort diente sicher überwiegend Truckern und Kontrollbeamten als Nahrungsquelle.

Hier aß ich dann zu Mittag. Nach der vorgeschriebenen halben Stunde fuhr ich auch weiter. Eine Stunde ging es nun noch über die US-95, dann hatte ich Needles erreicht, wo ich nun auf die I-40 E in Richtung Kingman fuhr. Kurz darauf erreichte ich wieder den Colorado River, den ich dieses Mal auch überquerte und damit nach Arizona kam.

Den Tempomat erhöhte ich nun von 56 auf 66. Es war schon später Vormittag und ich war jetzt erst in Arizona angekommen. Vielen Dank für den Umweg. Zum Glück war alles mit Danny und Keela abgesprochen. Sonst hätte das sicher Konsequenzen gehabt.
Jessy meldete sich gar nicht. Das war mir aber recht. Seitdem sie Single war, war sie ja noch unausgeglichener, als vorher. Sie hatte von Charlie und sogar Dad schon ein paar Verwarnungen erhalten. Um ihretwillen hoffte ich nur, dass sie sich zusammenriss. Wenn sie, als Tochter des Gebietsleiters, ihren Job bei Walmart verlor, würde sie Schwierigkeiten bekommen, wenn es um einen neuen Job ging. Sie sollte sich also besser zusammenreißen.

Insgesamt blieb ich knapp zweieinhalb Stunden auf der I-40, dann fuhr ich in Ash Fork an der Ausfahrt 146 von der Interstate. Danach bog ich rechts auf die AZ-89 S in Richtung Prescott. Es ging nun eine dreiviertel Stunde in Richtung Süden.
Beim Prescott Regional Airport ging es dann über die AZ-89 A weiter. Eine halbe Stunde später wechselte ich auf die AZ-260 E in Richtung Camp Verde.

Kurz vor Zwei kam ich dann endlich dort an. Meine Zeit war so gut, wie aufgebraucht. Jetzt wusste ich, warum Keela meinte, dass sie mich nicht weiter einplante. Um zwei Uhr fuhr ich dann bei der FedEx Niederlassung auf den Hof. Bevor ich mich meldete, schaute ich im ORBCOMM nach, ob es was gab:

REST UNTIL 3 AM

WAT-CASAC-JMU

Genau zum Schichtwechsel stand jetzt noch Jessys Kürzel unter der Anweisung. Jetzt meldete ich mich aber an der Anmeldung. Mein Trailer sollte an Tor 4. Ich fuhr auf den Hof und sattelte ab.
Heute blieb mir dann nur noch, eine Parkmöglichkeit zu finden. Diese fand ich in der Nähe der Interstate 17. Leider gab es hier keinen Truckstop. Es gab aber ein kleines Industriegebiet mit einer Chevron Tankstelle. Außerdem war noch ein Wendy’s nebenan. Vorräte hatte ich aber genug.

Nachdem ich den Truck geparkt hatte und die Systeme auf Feierabend standen, erledigte ich heute auch noch eine Laufrunde. Anschließend wusch ich mich mit Wasser aus meinem Kanister. Mein Essen machte ich mir dann aus meinen Vorräten fertig. Nach dem Telefonat mit Pam, bei dem ich ihr von meiner heutigen Odyssee berichtete, ließ ich den Tag mit YouTube auf meinem Notebook ausklingen.

Mittwoch, den 23. September 2020, 2:15 am, MST, Camp Verde, AZ:

Da ich um drei Uhr wieder beginnen konnte, musste ich auch heute wieder früh aufstehen. Ich brauchte einen Moment, bis ich wirklich aufstand. Die frühe Uhrzeit war ich nicht gewohnt. Was so ein Unfall am Montag doch für Auswirkungen haben konnte. Schließlich war ich aufgestanden und ging zur Tankstelle, um dort die Toilette zu benutzen. Die Tankstelle selbst war zwischen 10pm und 6am geschlossen, wie ich feststellte, als ich dort ankam. Ich probierte aber trotzdem, ob die Tür zu der Kundentoilette verschlossen war. Zu meiner Überraschung war sie offen. Der Letzte Nutzer hatte offensichtlich vergessen, diese wieder abzuschließen. Ich packte die Gelegenheit beim Schopf und nutze die Gelegenheit.

Nachdem ich mich erleichtert hatte, ging ich zurück zum Truck, wo ich den Rest der Morgenroutine wieder mal mit Wasser aus meinem Kanister erledigte. Um drei Uhr war ich nicht nur gewaschen und trug die Fahreruniform, der Kaffee war auch fertig. Ich schüttete mir die erste Tasse des Tages ein und erledigte dann die PTI der Zugmaschine. Anschließend hatte ich noch etwas Zeit, den Kaffee zu genießen. Nur für die Zugmaschine brauchte ich ja nicht die vorgeschriebene Viertelstunde. Um viertel nach Drei stand dann auch mein nächster Auftrag im System:

PICKUP: FEX-AZCVE
GATE: 01
TRAILER: FEXXXX
FREIGHT: FROZEN FOOD
WEIGHT: 33,593 LB
DROP: ORONO
MARKET: DST1951
PRIORITY: STANDARD

WAT-CASAC-KMU

Meine Lieblingsschwägerin war mal wieder für eine Überraschung gut. Mit einem Ziel in Ontario, Oregon hätte ich nicht gerechnet. Das gehörte aber eben zu unserem Einzugsbereich, der ja immer größer wurde, je mehr Gebiete mein Dad hinzubekam. Ich startete den Motor und fuhr wieder zu der FedEx Niederlassung, an der ich gestern abgesattelt hatte. Dass ich unseren Trailer nicht wieder mitbekommen konnte, war klar. Immerhin hatte ich einen Dry Van hierhin gebracht. Für Tiefkühlware brauchte ich aber einen Reefer. Im Bereich von dem ersten Rolltor stand nur einer an der Rampe. Die grüne Leuchte zeigte mir auch, dass das Kühlaggregat in Betrieb war. Nachdem ich aufgesattelt hatte, erledigte ich die PTI des Trailers. Dabei schaute ich auch nach den Papieren. Diese bestätigten mir, dass ich den richtigen Trailer am Haken hatte. Um viertel vor Vier war dann auch der Papierkram erledigt und ich konnte mich auf den Weg machen.

Ich fuhr wieder bis zur Interstate zurück und nahm nun die I-17 N in Richtung Flagstaff. Da der Bereich, wo die Brände bis an die Trasse der Interstate 17 reichten, südlich von mir lag, konnte ich die Strecke nehmen. Während der nächsten eineinhalb Stunden bekam ich gut zu tun. Die I-17 schlängelte sich regelrecht durch die Berge. Es gab zahlreiche Kurven und es ging auf und ab. Wenigstens war die Fahrt so nicht allzu eintönig, was bei der ungewohnten Uhrzeit schlecht gewesen wäre.

Schließlich erreichte ich Flagstaff. An der Anschlussstelle 340A wechselte ich erstmal auf die I-40 E in Richtung Albuquerque. Diese durfte ich aber gute fünf Meilen später an der Ausfahrt 201 wieder verlassen. Es ging links ab und dann über die Bahn. Danach bog ich rechts auf die US-89 N in Richtung Page. Nun ging es in das Land der Navajo.

Die US-89 war aber, im Vergleich zur Interstate 17 eine wahre Erholung. Die starken Berge wurden zu sanften Hügeln und der Straßenverlauf war weitgehend gerade.
Während ich auf den Sonnenaufgang wartete, rollte ich so entspannt im Tempomat dahin.

Es war dann schon halb Sieben durch, als ich die kleine Ortschaft Cameron erreichte. Ich entschloss mich dann, meine Pause heute früh zu machen. Mein Hunger und die Tatsache, dass ich das frühe Aufstehen nicht mehr gewohnt war, überzeugten mich davon. An einem Kreisverkehr sah ich dann rechterhand sowas wie einen Truckstop. Da fuhr ich dann hin. Zuerst stillte ich hier den Durst des Peterbilt und füllte die Tanks wieder mit frischem Diesel. Anschließend setzte ich den Lastzug auf den Parkplatz und stellte die Systeme auf Pause.

Mein Timing war perfekt. Die Chevron Tankstelle hatte zwar durchgehend geöffnet, da dort an den Automaten gezahlt wurde, der Shop öffnete aber erst um sieben. Das hatten wir ja jetzt gerade. Ich ging also zum Navajo Trail Trading Post genannten Shop. Im McAllister’s Deli holte ich mir zwei Sandwiches, wobei mir die Auswahl bei dem Angebot schwerfiel. Außerdem nahm ich einen Kaffee dabei. Verzehren musste ich mein Essen natürlich wieder draußen.
Ich holte meinen Klappstuhl aus dem Staufach und setzte mich neben meinen Truck in die Morgensonne. Dann genoss ich die zaghaften Sonnenstrahlen, die sich hier nicht durch dichte Rauchschwaden kämpfen brauchten. Um halb Acht beendete ich meine Pause und machte mich wieder auf den Weg.

Es ging wieder zurück auf die US-89 N in Richtung Page. Nun sah ich auch was von der Landschaft, durch die es ging. Eineinhalb Stunden später erreichte ich Page. Die kleine Stadt am Glen Canyon und Lake Powell hatte zwar keine 7.000 Einwohner, war aber trotzdem der größte Ort in der Gegend. Das Städtchen tangierte ich über die US-89, dann kam das heutige Highlight der Tour. Meine Strecke führte unmittelbar am Glen Canyon Dam vorbei. Rechterhand sah ich den Damm, linkerhand hatte ich einen tollen Blick in den Canyon.

Kurz darauf hatte ich Utah erreicht. Somit hatte ich nicht mehr nur die Mountain Standard Time, sondern die Mountain Daylight Time. Ansonsten änderte sich vorerst nichts. Bei Kanab, UT wechselte ich dann auf die US-89A in Richtung Süden. Damit kam ich dann nach dem Ortsende wieder zurück nach Arizona. Kurz darauf wechselte ich bei Fredonia, AZ auf die AZ-389 W in Richtung St. George. Nach knapp 33 Meilen war das Chaos mit den Staaten dann perfekt. Kurz hinter dem Städtchen Colorado City wechselte ich zurück von Arizona nach Utah. Dort wurde die AZ-389 dann zur UT-59. Weitere 22 Meilen später wechselte ich dann in Hurricane, UT auf die UT-9 W, die mich weiter nach St. George führen sollte. Bei Washington, UT ging es dann endlich auf die Interstate 15. Hier nahm ich dann die nördliche Richtung, die nach Salt Lake City ausgeschildert war.

Als ich dann mit Tempo 66 dahinrollte, fiel mein Blick auf die Anzeige des E-Log. Viel Zeit hatte ich nicht mehr übrig. Die Fahrt über die kleinen Highways hatte viel Zeit beansprucht. Ich musste mir langsam überlegen, wo ich Feierabend machen konnte.

Ich kam dann noch bis nach Cedar City, wo ich an der Ausfahrt 57 von der Interstate abfuhr. Da kein Truckstop verfügbar war, fuhr ich einfach mal der Hauptstraße in Richtung Innenstadt nach. Schließlich fand ich ein Motel, was auch Parkplätze hatte, die nicht so nah beim Haus waren. Dort wurde ich auf Nachfrage auch mit einem laufenden Reefer gegen eine geringe Gebühr geduldet. Die erhoffte Duschmöglichkeit bekäme ich aber nur, wenn ich ein Zimmer mieten würde. Das ersparte ich mir dann aber doch. Trotzdem ließ ich mir heute die Laufrunde zum Feierabend nicht nehmen.

Zurück im Truck telefonierte ich dann noch mit Pam, der ich berichtete, dass ich wohl die ganze Woche unterwegs sein würde. Nachdem wir dann noch eine weile über dies und das gesprochen hatten, gab sie den Hörer noch an Tim weiter, der mir erzählte, was er denn heute schon mit Mami gespielt hatte. Anschließend legten wir auf. Den Arbeitstag ließ ich dann noch mit ein, zwei YouTube Videos ausklingen.

Donnerstag, der 24. September 2020, 3:15 am, MDT, Cedar City, UT:

Um viertel nach Drei klingelte mein Wecker und holte mich aus meinen Träumen. Obwohl ich ja seit Vorgestern schon so früh aufstehen musste, hatte ich mich immer noch nicht an die Uhrzeit gewöhnt. Hoffentlich war die Woche bald vorbei, damit ich wieder meine gewohnte Zeit hatte.
Ich stand auf und ging zu dem Motel. Dort fragte ich, ob ich eine Toilette benutzen konnte. Zum Glück hatte man auch eine bei der Anmeldung. Die durfte ich dann benutzen. Anschließend folgte dann die Morgenhygiene aber am Truck mit Wasser aus meinem Kanister. Dann setzte ich den Kaffee auf und zog mir die Fahreruniform an. Um vier Uhr konnte ich dann mit der PTI beginnen und eine Viertelstunde später setzte ich meinen Weg nach Oregon fort.

Über die S Main St fuhr ich zurück zum Freeway. Hier ging es dann wieder auf die I-15 N in Richtung Salt Lake City. Ich beschleunigte den Truck bis an den Begrenzer bei 66 mph und legte dann den Tempomat ein.
Nun hieß es Kilometerfressen. Gestern hatten mich die Back Country Highways eine Menge Zeit gekostet. Trotzdem war die Strecke besser, als Irgendwo außen herum zu fahren. Mein Plan war es, heute noch bis zum Ziel in Ontario zu kommen. Um das zu schaffen, durfte dann aber auch nicht viel schiefgehen. Am frühen Morgen passte dann auch das Meiste. Der Hauptgrund aus dem Tempomat zu gehen, war dann das Problem der Nordamerikanischen PKW-Fahrer, sich vernünftig einzufädeln oder auf den Freeway aufzufahren. Da die meisten Leute den Führerschein aber mit 16 bei einem Kurs auf der High School machten, wo die Ausbildung eher Massenabfertigung, als vernünftige Ausbildung war, brauchte man sich darüber nicht wundern.

Als die Sonne dann über die Berge im Osten kam, hatte ich Salt Lake fast erreicht. Da auch in der größten Stadt Utahs wieder zahlreiche Firmen aufgrund von Corona geschlossen waren, hielt sich wenigstens der Verkehr auf der Interstate 15 in erträglichen Grenzen. Trotz Rush Hour hatte ich keinen Stau und konnte Salt Lake schnell hinter mir lassen.

Bei Tremonton hielt ich mich dann links und folgte nun der I-84 W in Richtung Boise. Es lief heute so gut, dass ich gar keine Lust hatte, für meine Pause raus zu fahren. So schob ich das erstmal immer weiter nach hinten.

Knapp eineinhalb Stunden später wurde mir dann die Entscheidung abgenommen. Ich war inzwischen in Idaho. Bisher war alles nach Plan gelaufen. Nun begann mein Transponder zu piepen. Die Polizei von Idaho oder die entsprechenden Beamten der DOT riefen zur Kontrolle. Der offizielle Name der Station war Cotterel West Bound Rest area & DOT State Scale. Einfach ausgedrückt war es die Weigh Station bei Declo, ID. Die Waage pendelte sich bei 68,625 lb ein. Das reichte den Beamten. Wo ich jetzt sowieso schon stand, konnte ich auch gleich meine Pause machen. Ich zog den Truck vor und fuhr auf die Parkfläche. Dort standen schon zwei Trucks und keiner von denen wurde kontrolliert. Da kam es auf einen mehr auch nicht an.
Im Sleeper machte ich mir aus meinen Vorräten ein paar Sandwiches fertig und aß sie. Danach Stieg ich aus und ging noch ein paar Schritte über das Gelände der Kontrollstelle. Nachdem die halbe Stunde Pflichtpause um war, machte ich mich dann aber auch wieder auf den Weg.

Es ging zurück auf die I-84 W. Knapp sechseinhalb Meilen später hatte ich das Dreieck bei Declo erreicht. Hier hielt ich mich links und folgte weiter der I-84 W in Richtung Twin Falls. Inzwischen war es Mittag und die Sonne schien. Das Fahren machte richtig Spaß. Ich hatte mir einen Sender gesucht, der Rockklassiker spielte. Je nachdem, welcher Song gerade lief, drehte ich das Radio laut und sang auch noch mit. Mich hörte ja zum Glück niemand.

Erst passierte ich Twin Falls und später ging es durch Boise. Alles lief nach Plan. Das gab mir einen zusätzlichen Kick. Nun näherte ich mich Oregon. Es war dann schon zwei Uhr durch, als ich den Snake River überquerte und somit Oregon erreichte. Kurz darauf nahm ich die Ausfahrt 376A und tauschte die Interstate 84 gegen die US-30 BUS. Ich hatte Ontario erreicht.

Eine Meile ging es nun über die E Idaho Avenue, dann bog ich links in die SW 2nd Street. Vier Blocks später ging es rechts in die SW 4th Avenue, kurz darauf lag der Discount Store auf der linken Seite. Ich fuhr auf den Hof der Warenannahme und stellte den Reefer an das Dock, welches mir ORBCOMM vor ein paar Minuten genannt hatte. Dort sattelte ich ab. Statt der erwarteten Anweisung, Pause zu machen, bekam ich dann folgende Anweisung:

PICKUP: ADM-ORONO
TRAILER: ADMXXX
FREIGHT: DRIED FRUITS
WEIGHT: 32,767 LB
DROP: CASAC
MARKET: NMA5683
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: TRAILER IS PROVIDED BY ARCHER DANIELS MIDLAND CO.

WAT-CASAC-JMU

Die Anweisung, einen Heimatschuss zu übernehmen, war mir natürlich lieber, als jetzt mit Ungewissheit in die Pause zu gehen. Auch, wenn meine Fahrzeit nun knapp werden könnte. Durch die Angabe in der Zeile Bemerkungen wusste ich nun auch schon so, wofür ADM stand. Andererseits war das naheliegend, weil das auch so die offizielle Bezeichnung für das Unternehmen war. Da das Unternehmen eigentlich eher dafür bekannt war, Ölmühlen zu betreiben und das Sortiment eher aus Ölen oder Schrot und Mehl bestand, handelte es sich sicherlich wieder um eine Farm, die mit ADM kooperierte. Die Trockenfrüchte wurden dann eben auch über ADM abgerechnet. Ich übernahm die Adresse aus dem ORBCOMM ins Navi und machte mich auf den Weg.

Es wunderte mich daher auch nicht, dass mich das Navi westlich aus Ontario hinausnavigierte. Es ging zurück auf die SW 4th Avenue, über die ich zum Stadtrand kam. Dort ging es links auf die OR-201 S. Die Strecke kannte ich. So war ich bei meiner ersten Idaho Tour nach Ontario reingekommen. Als es dann auch noch rechts auf die US-20 W ging, hoffte ich bloß, dass ich nicht schon halb in Burns war, bevor ich die Farm erreichte. Nach zwei Meilen wurde ich aber erlöst. Die Farm lag auf der linken Seite.

Nachdem ich den Pete auf dem Hof abgestellt hatte, setzte ich eine Maske auf und suchte mir einen Arbeiter. „Hallo, Ich komme von Walmart und soll einen Trailer mit Trockenfrüchten übernehmen.“ „Hallo. Der Trailer steht da vorne, neben dem Schuppen. Die Papiere sind hinten an der Ware.“ „Danke. Braucht ihr noch ein Autogramm?“ „Nicht nötig.“ „Danke.“ Ich ging zurück zum Pete und nahm dann den Trailer auf. Anschließend erledigte ich die PTI.

Als ich diese erledigt hatte, schaute ich aufs E-Log. Die Schichtzeit war bereits bei elf Stunden, die Fahrzeit lag bei zehn Stunden und 15 Minuten. Es war Zeit, Feierabend zu machen. Bloß wo? In Richtung Burns kam erstmal nichts. Ich gab die Adresse des Neighborhood Markets in Elk Grove ins Navi ein und wunderte mich, dass mich das Navi wieder zurück zur Interstate 84 schicken wollte. Das passte mir aber ganz gut in den Kram. In dieser Richtung war ich in einer halben Stunde am Pilot Travel Center, welches direkt an der Interstate lag. Das war noch so eben im Rahmen. Also wieder zurück nach Ontario.

Um vier Uhr hatte ich dann mein Ziel erreicht. Der Pete musste zwar noch getankt werden, das verschob ich aber auf morgen Früh. Nachdem ich den Truck abgestellt hatte, zog ich mal wieder die Sportsachen an. Hier war zwar wieder mehr Rauch, als ich ihn in den letzten zwei Tagen hatte, für eine kurze Laufrunde sollte es aber gehen. Diese erledigte ich im Industriegebiet neben dem Truckstop. Anschließend konnte ich dann auch endlich wieder duschen. Auf dem Rückweg zum Truck verführte mich dann mal wieder das Greek Food vom Arby‘s. Also nahm ich mir mein Abendessen mit. Gesättigt telefonierte ich noch eine Weile mit Pam, der ich dann die gute Nachricht sagte, dass ich eine Ladung nach Hause hatte. Da es ja diese Woche früh weiterging, legte ich mich entsprechend zeitig ins Bett.

Freitag, den 25. September 2020, 3:00 am, MDT, Ontario, OR:

Da ich mal wieder an einem Truckstop war, stand ich früh auf. Dann reservierte ich mir ein Duschbadezimmer. Dort war, neben dem Toilettengang und der Dusche auch mal wieder eine Rasur fällig. Den ersten Kaffee des Tages nahm ich mir auch mit zum Truck. Die Kette warb ja auch mit dem besten Kaffee an der Interstate. Meinen Kaffee setzte ich mir im Truck trotzdem auf. Ein Coffee to go würde schließlich nicht den ganzen Tag reichen. Ich zog die Fahreruniform an und begann pünktlich um vier Uhr mit der PTI. Eine Viertelstunde später konnte ich meinen Heimweg beginnen.

Zuerst ging es aber nicht allzu weit. Die Tanks mussten ja noch gefüllt werden. So war mein erster Zwischenstopp an den Zapfsäulen, wo der Pete 163 Gallonen Diesel für einen Tarif von $2,27 pro Gallone gab. Nachdem der Pete nun genug Diesel und ich genug Kaffee hatte, ging es endlich in Richtung Heimat los.

Dazu fuhr ich auf die I-84 E in Richtung Boise. Kurz darauf überquerte ich den Snake River und war wieder in Idaho. Auf der Interstate 84 blieb ich aber insgesamt keine fünf Meilen. An der Ausfahrt 3, Payette / Parma, verließ ich die Interstate wieder und wechselte auf die US-95 S in Richtung Parma.

Ich durchquerte den Ort, dessen Name mich an italienischen Schinken erinnerte und folgte weiter der US-95 S in Richtung Wilder / Winnemucca. Es ging ein weiteres Mal über den Snake River. Die 95 war nun in Richtung Marsing / Jordan Valley ausgeschildert. Bevor ich Marsing erreichte, ging es nochmal rechts ab. Nun stand wieder Winnemucca auf der Beschilderung. Für mich bestätigte das, dass ich mich auf dem richtigen Weg befand. Schließlich war Winnemucca in Nevada an der Interstate 80.

Nun ging es in die Berge und kurz darauf zurück nach Oregon. Es ging nun über eine Strecke, die viel Arbeit von mir forderte, Die teils starken Steigungen ließen mich häufig die Gänge wechseln. Die Kurven waren mal sanft, dann auch wieder stärker, weswegen ich abbremsen musste, was seinerseits wieder zu Gangwechseln führte. Trotzdem machte es mir Spaß. So hatte man wenigstens Abwechselung und blieb konzentriert.

Eine Weile später meldete das Navi: „Changing time zone“. Die heimische Pacific Time Zone hatte mich also wieder. Es ging auf acht Uhr zu, trotzdem war es nicht wirklich hell. Die Rauchschwaden aus den brennenden Wäldern Oregons zogen übers Land und hüllten die Landschaft regelrecht in einen Nebel.

Es ging weiter durch den Morgen. Irgendwann ging es über die Grenze nach Nevada. Etwas später waren die Rauchschwaden auch nicht mehr ganz so dicht und die Sonne kam auch mal durch.

Mit dem Anbruch des Tages waren aber auch die Nahverkehrsfahrer wieder on the Road. Mit ihnen und ihren teilweise doch untermotorisierten Zugmaschinen staute sich der Verkehr auch öfter. Den Vogel schoss dabei der Fahrer eines Trucks mit STAA-Double im Schlepp, ab. Dieser quälte sich die Steigungen zum Teil so langsam hoch, dass ich in die kleine Gruppe wechseln musste. Seitdem ich selbst das Endorsement hatte, wusste ich, dass ein STAA-Double ebenfalls nur ein Gesamtgewicht von 80.000 Pfund haben durfte. Es konnte also gar nicht am Gewicht liegen. Mir war es bisher erspart geblieben, ein solches Gespann zu ziehen, trotzdem war mir nun klar, dass es eher an der Fähigkeit des Fahrers, oder an der mangelnden Eignung der Zugmaschine liegen konnte.

Fakt war, dass mich das alles viel Zeit kostete. Meine Planung sah vor, dass ich meine kurze Pause in Winnemucca machen wollte. Als mir dann die Zeit wieder weglief, entschied ich mich um. Hinter dem Abzweig zur NV-140 hielt ich einfach am Straßenrand an und machte die Pause hier. Meine Blase entleerte ich im Sichtschutz des Trucks. Ansonsten hatte ich ja alles dabei. Ich machte mir aus meinen Vorräten mein Mittagessen und aß es in Ruhe im Truck. Als ich gesättigt war, war auch die halbe Stunde um, die ich laut Gesetz machen musste. Ich konnte meinen Heimweg also fortsetzen.

Ich hielt weiter auf Winnemucca zu. Kurz vor Erreichen des Städtchens bog ich links ab auf die NV-795 E. Gut eine Meile später ging es rechts in die E 2nd Street. Knapp eine Meile später ging es rechts auf die I-80 W in Richtung Reno. Endlich hatte ich wieder eine Interstate unter den Rädern. Mir blieben noch gut drei Stunden Fahrzeit. Mit etwas Glück sollte es noch bis zu meinem geplanten Tagesziel, dem Petro Stopping Center in Sparks, NV reichen.

Nachdem ich den Pete bis zum Begrenzer bei 66 mph beschleunigt hatte, legte ich den Tempomat ein und sah zu, dass ich die Geschwindigkeit halten konnte. Um die Mittagszeit war der Verkehr soweit überschaubar, dass ich langsamere Trucks locker überholen konnte, ohne den Verkehr großartig zu behindern. Trotzdem lief mir zum Ende die Fahrzeit ein wenig weg. Mit viel Glück erreichte ich mein Tagesziel dann um viertel vor Drei. Das E-Log vermerkte eine Fahrzeit von 10 Stunden und 45 Minuten. Mit PTI und Tankstopp war ich zwar wieder über die Elf Stunden Schicht, damit konnte ich aber leben.

Trotz des Rauchs der Brände aus der Sierra Nevada, entschied ich mich für eine kurze Laufrunde. Als ich zurück am Truck war, merkte ich aber auch in der Lunge, dass ich nicht mehr hätte machen sollen. Ich ging unter die Dusche und nahm mir auf dem Rückweg zum Truck einen Skillet Steak Cheese Burger aus dem Iron Skillet Restaurant als Takeaway mit. Nach dem Essen telefonierte ich noch eine Weile mit Pam. Anschließend schaute ich noch etwas YouTube.

Samstag, den 26. September 2020, 2:00 am, PDT, Sparks, NV:

Wie am Rest der Woche klingelte auch heute der Wecker wieder sehr früh. Ich stand auf und ging zum Duschen in den Truckstop. Um drei Uhr hatte ich die Morgenroutine erledigt und mir einen frischen Kaffee eingeschenkt. Dann begann ich mit der PTI. Eine Viertelstunde später konnte ich dann den Heimweg antreten. Über die E Greg Street und den Sparks Boulevard fuhr ich zurück zur Interstate. Hier ging es nun auf die I-80 W in Richtung Sacramento. Nach 16 Meilen nahm ich die Ausfahrt 2, Gold Ranch Road. An der Tankstelle vom GOLD RANCH CASINO & RV RESORT füllte ich die Tanks des Pete nochmal voll. Ich bekam dort 99 Gallonen in den Tank, die zum Preis von $ 2,56 pro Gallone abgerechnet wurden. Anschließend ging es zurück auf die I-80 W.

Weitere 16 Meilen später, inzwischen war ich in Kalifornien, musste ich zur Donner Pass Commercial Vehicle Enforcement Facility. Mit dem vollgetankten Zug brachte ich 66.712 Pfund auf die Waage. Damit waren Polizei und DOT schon mal zufrieden gestellt.

Beim Food & Agriculture Department reichte das nicht aus. In der Nachtschicht hatte man wenig zu tun. Wenn es aufs Wochenende zuging, wie heute, war es sogar noch weniger. Somit stürzten sich die Kontrollbeamten regelrecht auf jedes Fahrzeug, was dann auch noch Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Produktion nach Kalifornien einführte. So hatte man was zu tun und der Feierabend kam gefühlt schneller näher, als wenn man nur seine Zeit absaß. Man nahm mich also regelrecht auseinander. Ich hatte ja vorher schon geahnt, dass ich nicht „nur“ Trockenfrüchte geladen hatte, sondern noch andere Landwirtschaftliche Erzeugnisse. Außerdem gingen die Waren nicht nur zum Neighborhood Market nach Elk Grove, sondern auch noch zum dortigen Discount Store, was nur ein paar Fuß vom Neighborhood Market entfernt war. Das Umsetzen des Trailers am Ziel war aber Aufgabe eines City Truckers. Mein Fahrerhaus war schnell kontrolliert. Der Trailer dauerte aber umso länger. Bis die Beamten sämtliche Artikel kontrolliert hatten, Proben entnommen und eingetütet hatten, dann noch die ganzen Papiere kopiert und alles dokumentiert hatten, war eine dreiviertel Stunde ins Land gegangen. Um viertel vor Sechs durfte ich dann endlich weiterfahren. Vermutlich aber nur, weil um sechs Uhr sowieso Schichtwechsel war.

Zurück auf der I-80, nahm ich mir dann den weiteren Anstieg des Donner Passes vor. Um kurz nach Sechs klingelte dann mein Telefon. Da ich gerade dabei war, einen langsameren Kollegen zu überholen, achtete ich nicht auf die Nummer im Display. „Murdock, Hallo.“ „Hi Steve, Keela hier.“ „Hey Keela. Hast du nicht Feierabend?“ „Doch. Ich habe gerade an Jessy übergeben.“ „Trotzdem rufst du noch an?“ „Ist ja nur zur Hälfte dienstlich. Was war denn eben in Truckee los?“ „Nichts weiter. Die Beamten wollten nur noch mal etwas Diensteifer zeigen, bevor sie um Sechs in den Feierabend gingen. Da ich landwirtschaftliche Erzeugnisse geladen hatte, war ich ein dankbares Opfer.“ „Also nichts Schlimmes.“ „Nee. Hat halt nur Zeit gekostet.“ „Dann ist ja gut. Soviel zum Dienstlichen.“ „Was gibt’s noch?“ „Da dein Bruder heute auch nach Hause kommt, wollen wir morgen meinen 25. nachfeiern. Wir hätten auch gerne, dass ihr drei dabei seid.“ „Ich muss zwar noch mit Pam sprechen, das sollte aber gehen. Wo wollt ihr feiern? Wieder bei euch hinten, wie am 4. Juli?“ „Wir dachten eigentlich an Pacifica.“ „Was?“ „Wir dachten, dass wir meine Feier nach Pacifica verlegen. Dann können wir auch ein paar Freunde aus unserer Surfclique dabeihaben. Wir wollen das am Strand in Rockaway Beach machen und das Essen vom Nick’s holen.“ „Wer soll da alles bei sein?“ „Von der Familie neben uns und euch noch deine Mom.“ „Was ist mit dem Rest?“ „Frank ist noch in Bentonville und Jessy hat Bereitschaft.“ „Verstehe. Wer kommst sonst noch?“ „Von der Surfclique haben Beverly und Jeff fest zugesagt. Das sind unsere besten Freunde dort. Ob sonst noch wer kommt weiß ich nicht. Wenn noch wer kommt, freue ich mich, wenn nicht, ist das auch egal.“ „Ich muss noch mit Pam sprechen. Von mir aus aber gerne.“ „Sagst du mir heute noch Bescheid?“ „Natürlich. Was mache ich, wenn du gleich schläfst?“ „Dann quatsch einfach auf die Mailbox.“ „Gut.“ Wir legten dann auf. Inzwischen war ich über den Pass und befand mich quasi im Sinkflug nach Sacramento.

In meiner Heimatstadt angekommen wechselte ich auf den Capital City Freeway, die I-80 BUS und überquerte den American River. Nun folgte ich der Beschilderung zum S Sacramento Freeway, der CA-99 S. An der Ausfahrt 286 verließ ich diesen und bog rechts in den Elk Grove Boulevard. Kurz darauf ging es rechts auf das Gelände, wo sowohl der Neighborhood Market 5683, als auch der Discount Store 1697 waren. Heute war es mal wieder der Markt 5683, an dem ich den Trailer abstellen sollte. ORBCOMM hatte mir, wie erwartet, Tor 1 zugewiesen. Mit dem mittellangen Trailer kein Problem. Nachdem ich abgesattelt hatte, schaute ich nach dem Anschluss:

PICKUP: CASAC
MARKET: NMA5683
GATE: 02
TRAILER: RE112149
FREIGHT: EMPTY PALLETS
WEIGHT: 41,827 LB
DROP: EST-CASAC
GATE: 20
PRIORITY: STANDARD

WAT-CASAC-JMU

Irgendwie hatte ich auch damit gerechnet. Wenn ich zum Ende der Woche hierhin kam, durfte ich meistens nochmal nach North Natomas zum Außenlager. Diese Woche hatte ich aber auch noch reichlich Luft. Laut E-Log hatte ich diese Woche gerade erst 60 Fahrstunden absolviert. Hoffentlich kam Jessy nicht noch auf dumme Ideen. Zuerst sattelte ich den Reefer auf. Dann kam mir eine Idee. Falls Jessy noch auf dumme Ideen kam, brauchte ich ja noch eine Pause. Falls nicht, konnte ich trotzdem Zeit sparen, wenn ich jetzt schonmal eben zum Einkaufen ging. Nachdem ich die Trailer PTI und den damit verbundenen Papierkram erledigt hatte, stellte ich die Systeme auf Pause und rief zu Hause an.

„Hallo Darling.“, meldete sich Pam. „Hey, Sweetheart. Ich rufe aus zwei Gründen an.“ „Du kommst heute noch nicht.“, sagte Pam sofort. „Nur wenn Jessy noch Blödsinn macht.“ „Was ist denn dann?“ „Ich stehe gerade in Elk Grove beim Neighborhood Market. Da bin ich auf die Idee gekommen, dass ich ja hier direkt einkaufen könnte. Kannst du mir sagen, was wir noch brauchen?“ Pam las mir den Einkaufszettel vor, den sie mir schon geschrieben hatte und ich schrieb mit. Dann fragte sie: „Was ist das Zweite, was du wolltest?“ „Wir sind gerade von Keela eingeladen worden. Da Marc heute auch nach Hause kommt, möchte sie morgen ihren Geburtstag nachfeiern.“ „Wir haben momentan ja sowieso nichts geplant. Es spricht also nichts dagegen.“ „Vielleicht schon.“ „Wie meinst du das?“ „Die Feier soll in Rockaway Beach stattfinden. Also in Pacifica.“ „Ist das erlaubt?“ „Ganz sicher bin ich mir auch nicht. Andererseits kann man das ja keinem verübeln, wenn er aktuell mal frische Seeluft und keinen Rauch einatmen will.“ „Na hoffentlich gibt das keinen Ärger.“ „Ich vermute mal, dass die Behörden momentan mehr damit zu tun haben, sich um die Waldbrände zu kümmern. Da wird man sich nicht unbedingt um eine Handvoll Leute kümmern, die am Strand eine kleine Feier machen. Dann auch eher in Linda Mar, als in Rockaway.“ „Dein Wort in Gottes Ohr.“ „Und? Was meinst du?“ „Okay. Tim und mir tut es auch sicher mal gut, frische Luft zu bekommen.“ „Dann sag ich Keela zu?“ „Mach das.“ „Okay, Sweetheart. Wenn ich eingekauft habe, muss ich noch mit einem Trailer nach North Natomas zum Außenlager. Danach ist hoffentlich Wochenende.“ „Wenn du von dort nochmal raus musst, dann sag bitte Bescheid.“ „Okay.“ Wir legten auf.

Ich wählte dann nochmal Keela an. „Ich wollte mich gerade hinlegen.“, begrüßte sie mich. „Ich wollte auch nur schnell für morgen zusagen.“ „Okay. Könnt ihr dann Mary mitnehmen?“ „Natürlich. Warum?“ „Unser Pickup hat zwar Rücksitze, die sind aber nicht wirklich dafür geeignet, dass Erwachsene da eine längere Strecke sitzen.“ „Warum nehmt ihr dann nicht den Savana?“ „Der hat gar keine Rücksitze. Da ist hinten nur der Schlafplatz für maximal zwei Leute drin und ein paar Schränke und die Halter für die beiden Boards. Außerdem ist der immer noch auf Ryan Constructions zugelassen.“ „Ist das nicht egal, ob ihr mit Kennzeichen aus Minnesota oder Arkansas nach Pacifica fahrt?“ „Beim Pickup steht immerhin noch Sacramento auf den Türen.“ „Okay. Wir nehmen Mom mit.“ „Dann treffen wir uns morgen um neun Uhr bei euren Eltern vor der Tür.“ „Okay. Ich gehe jetzt einkaufen. Müssen wir noch was mitbringen?“ „Nein. Alles was wir nicht bei Nick’s bekommen, habe ich schon im Pickup.“ „Okay, dann bis Morgen. Schlaf gut.“ Wir legten auf und ich ging erstmal einkaufen.

Als ich wieder startklar war, hatte ich dann eine dreiviertel Stunde Pause auf der Uhr. Nun fuhr ich über die CA-99 N nach North Natomas, wo ich dann den Trailer mit den Leerpaletten hinten in die Ecke setzte. Danach stand dann auch die erhoffte Anweisung im System:

43 H BREAK / RESET

WAT-CASAC-JMU

Es ging also nochmal Bobtail zum Zentrallager zurück. Dort angekommen, stellte ich den Peterbilt auf den Zugmaschinenplatz. Dann räumte ich meine Sachen zusammen. Als Nächstes holte ich den alten Focus rüber und räumte die Sachen in den Kofferraum. Nun ging es endlich nach Hause.

Als ich mit den Einkäufen reinkam, stürmte Tim so auf mich zu, um mich zu umarmen, dass ich beinahe umgefallen wäre. Pam nahm mir dann erstmal die Taschen ab und ich ging nochmal zum Auto und holte den Rest rein. Dann nahm ich auch Tim auf den Arm. „Na mein Großer.“, sagte ich zu ihm. „Daddy, wir fahren morgen zum Meer.“, sagte Tim zu meiner Überraschung. „Woher weißt du das denn?“ „Hat Mami gesagt.“ „Wenn Mami das sagt, wird das wohl stimmen.“ „Ich will da am Strand spielen.“ „Das geht dann ganz bestimmt.“ Wir gingen zu Pam. „Tim ist ja ganz aus dem Häuschen.“ „Ich war auch überrascht. Das muss ihm letztes Mal doch richtig Spaß gemacht haben.“ „Wenn man das sieht, ist es wieder schade, dass wir aus San Diego weg sind.“ „Schon. Mir gefällt unser Leben aber. Ich fühle mich hier wohl.“ „Auch ohne deine Eltern und deine Freunde in der Nähe?“ „Mit deinen Geschwistern und mit Keela habe ich doch hier auch Freunde. Klar vermisse ich Mom und Dad. Das wusste ich aber vorher.“ Ich nahm Pam in den Arm und küsste sie. „Ich freue mich, dass du dich hier wohlfühlst.“ „Mir gefällt unser Leben. Solange wir jeden Tag telefonieren, kann ich auch damit leben, dass du unterwegs bist. Schließlich hast du den Job für mich angenommen. Wenn keiner von uns krank wird, ist alles perfekt. Sogar in so einem verrückten Jahr wie diesem.“ „Okay, Sweetheart.“ Pam räumte weiter die Einkäufe weg und ich ging duschen. Anschließend sortierte ich meine Schmutzwäsche und schaltete direkt eine Maschine an. Bis zum Mittagessen spielte ich dann noch ein bisschen mit Tim.

Da Pam den Haushalt gut im Griff hatte, war am Nachmittag genug Zeit, dass wir beide mit Tim spielen konnten. Wir machten zusammen ein paar Spiele, die für Dreijährige geeignet waren. So flog der Nachmittag regelrecht an uns vorbei. Es folgte das Abendessen und etwas später die Gutenachtgeschichte für Tim.

Anschließend verbrachten Pam und ich den Abend auf der Couch. Meine Süße lag in meinen Armen und wir kuschelten. Dabei genossen wir zusammen eine Flasche kalifornischen Wein. Als die Flasche geleert war, gingen wir ins Schlafzimmer und genossen weiter die gemeinsame Zeit.

Hinterlasse einen Kommentar