Kapitel 4 und 5 – Rund um den Kirchturm -und- Retter in der Not

Jetzt war ich bereit. Ich hatte einen Firmensitz, Auftragsgarantien und meinen ersten eigenen LKW.

Ich meldete mich bei Stefan um Ihm mitzuteilen, dass ich nun bereit war Europas Straßen zu erobern. Aber er verpasste mir erstmal einen gehörigen Dämpfer. >>Ich hab da erstmal ein paar kurze Touren für dich rausgesucht.<< >>Was meinst du damit?<< >>Naja, so um den Kirchturm rum… Nahverkehr eben. Ich kann dich nicht gleich auf große Touren schicken.<<

>>Okay, dass versteh ich.<< Und irgendwie konnte ich mich auch damit anfreunden. So konnte ich mich erstmal an meinen LKW gewöhnen und enge Pisten gab es um Dresden herum auch. So kam es, dass ich die erste Woche nur im Umkreis meiner Heimat unterwegs war, aber auch da kam ich an manchen Stellen mächtig ins schwitzen. Ein Schwertransporter ist eben nicht für enge Städte und schmale Erzgebirgsstraßen gemacht. Vor allem nicht für meinen, an manchen Steigungen wäre ich echt mit laufen schneller gewesen. Da hab ich mich gefragt, wie die Kollegen das vor 20-30 Jahren gemacht haben als solche Motorisierungen noch Standard waren.

Am Wochenende dann meinte Stefan >>Die Touren diese Woche sind gut gelaufen, ab nächste Woche fährst du weiter.<< So kam es dann auch. Meine ersten längeren Touren führten mich mit einem Linienbus auf dem Trailer nach Wroclaw und von da mit einem Mobilkran nach Prag. Somit war der internationale Einstieg geschafft.

Nachdem ich nun erstmal in den östlichen Nachbarländern unterwegs war, führte mich meine nächste Tour nun nach Österreich.

Ich sollte für einen der vielen in Europa entstehenden Windparks einen der Grundträger von Prag nach Linz bringen. Meine nächste Tour führte mich also ins Land meiner Vorfahren.

Allerdings hatte ich auch so meine Bedenken, den die Erfahrung der letzten Tage hatten mir doch gezeigt, dass mein LKW für Bergetappen nicht wirklich gut geeignet war. Aber glücklicherweise sollte ich ja auch nicht auf den Gletscher.

Während einer kurzen Pause an einer Tankstelle kurz vor meinem Ziel hatte ich Zeit meine Mails und SMS zu checken. Dabei war auch eine Nachricht von Stefan mit meiner nächsten Fracht. Ich sollte Teile für ein Fertighaus nach Salzburg fahren. Okay, dachte ich, diese Teile sind nicht so schwer, damit dürfte ich keine Probleme haben.

Nachdem ich es grad so noch geschafft meinen Trailer in Linz abzuholen bevor dort alle Feierabend machten, war ich kurze Zeit später schon wieder auf der Autobahn.

Dabei fiel mir ein gewisser Bauboom in Österreich auf, den ich war nicht der einzige, der mit Fertighausteilen unterwegs war. Die ganzen anderen LKW die ebenfalls damit fuhren, hätten problemlos ein Dorf aus dem Boden stapfen können.

Zum Glück war Nachts auf der Autobahn nicht viel los und so konnte ich diese Tour zügig abschließen. Da mir Stefan schon mitgeteilt hatte, dass Sie von Salzburg aus keine Frachten zu vergeben hatten, musste ich mir auf eigene Faust etwas suchen.

Eigentlich hatte ich mich schon mit einer Leerfahrt arrangiert, als mir das Glück zur Hilfe kam. Gegenüber dem Parkplatz auf dem ich stand, hatte die Strabag eine Niederlassung. Wahrscheinlich war dort für heute noch ein Transport einer Dreiseiten-Nabe geplant. Den da stand ein Tiefladezug abfahrbereit. Mich wunderte allerdings das hektische Treiben und als dann die Kabine des Actros SLT gekippt wurde, wusste ich da läuft wohl was schief. Kurz darauf wurde die Zugmaschine weggeschleppt.

Da stand nun der Trailer und daneben lief ein Mann in Jeans und weißem Hemd hektisch auf und ab, immer das Handy am Ohr. Auf einmal schaute er über die Straße und sah mich und meinen 4-Achser. Er kam herüber und da ich eh grad für eine Zigarette ausgestiegen war, sprach er mich gleich an. >>Haben Sie das grad gesehen?<< >>Ja, es ließ sich nicht vermeiden.<< >>Dann brauch ich Ihnen ja nix erklären. Sind Sie der Besitzer von dem Iveco? Haben Sie grad eine Tour? Wieviel Lenkzeit haben Sie noch? Wären Sie daran interessiert diese Tour zu übernehmen?… Oh entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Staufensteiner, Andreas Staufensteiner, Leiter Transportmanagement der Strabag Salzburg.<< Es sprudelte nur so aus Ihm raus. Der Mann war anscheinend verzweifelt. Ich stellte mich nun auch vor und bestätigte Ihm, dass das mein LKW sei und ich im Moment keine Fahrt hätte und fragte Ihn wohin der Transport den sollte. >>Nach Graz<< >>Da muss ich aber unterwegs meine lange Pause machen.<< >>Das wäre kein Problem so lange Sie bis Freitagmittag in Graz sind.<< Okay das sind 14 Stunden inklusive Pause. Viel Spielraum gab es also nicht. Aber wir wurden uns schließlich schnell einig und wenige Minuten später war ich dabei den Trailer aufzusatteln.

So hatte ich es also doch noch geschafft eine Leerfahrt zu vermeiden. Auf der Autobahn waren zu dieser Zeit, es war so gegen Mitternacht, nur noch wenige Autos unterwegs. So kam es das die Bahn uns Truckern gehörte und es öfter mal zu einem sogenannten Elefantenrennen kam. Was soll ich sagen… Ich war immer der schnellste.

Wenig später war es dann Zeit einen weiteren Beitrag am Österreichischen Staatshaushalt zu tätigen und die Maut zu zahlen. Und da war wieder ein Fertighaustransporter. Wirklich ein Bauboom.

Ein paar Kilometer weiter fuhr ich dann auf einen Rastplatz, da meine Lenkzeit sich doch stark dem Ende näherte. Schnell einen Platz suchen, ungewöhnlich leer hier für diese Zeit. Dann noch duschen, essen und ins Bett.

Am nächsten Morgen lass ich erst meine Mails. Dabei erfuhr ich, dass Stefan eine Fracht von Graz aus für mich hatte. Mit dem guten Gefühl wieder ohne Leerfahrt weiter zu kommen fuhr ich dann ohne besondere Vorkommnisse weiter und war bald nur noch wenige Kilometer von meinem Ziel entfernt.

In Graz gab es dann noch einen kurzen mittäglichen Stau. Aber das sollte mich nicht aufhalten. Nur noch ein paar Straßen dachte ich mir.

Aber plötzlich schlief mir das Grinsen im Gesicht ein, als ich die Einfahrt zu meinem Abladeort sah. Wahrscheinlich hatten die beim Wettbewerb „Europas engste Hofeinfahrt“ den ersten Platz mit Auszeichnung gewonnen.

Aber irgendwie klappte es nach einer gefühlten Ewigkeit doch und ich konnte den Trailer pünktlich abliefern. Und dann nichts wie weg, den ich hatte nur wenig Zeit meine Folgefracht abzuholen.

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