Kapitel 6 – Abgehoben

Mein nächster Auftrag, war der Transport eines Straßengraders von Graz nach Györ. Da ich die Fracht bis 14:00 Uhr abholen sollte, musste ich mich beeilen. Der Abholort, war der Hof einer großen Baumarktkette. Was es da nicht alles gab. Wahrscheinlich stand der Grader im letzten Angebotsprospekt. Es heißt ja immer „Alles bei Obi“.

Bei strahlendem Sonnenschein startete ich meine Tour nach Ungarn. Sah schon imposant aus, das Gespann.

Die Fahrt in Richtung Ungarischer Grenze verlief recht ereignislos und so kam ich gut voran. Ich hoffte nur, dass das Wetter halten würde, den es zogen immer mehr Wolken auf.

Jetzt war es fast geschafft. Der letzte Abzweig vor der Grenze und es kam auch wieder die Sonne raus.

Kaum zu Glauben, was das Schengen-Abkommen doch für eine Erleichterung für uns Trucker ist. Früher hätte ich ein paar Stunden an der Grenze zugebracht, aber heute kann ich einfach durchrauschen und bin schon in Ungarn. Inzwischen hatte mir Stefan eine SMS geschrieben. Hab von Ungarn aus eine besondere Fracht für dich, schau in deine Mails, stand da zu lesen. Da war ich mal gespannt.

Nachdem ich den Grader abgeliefert hatte, checkte ich meine Mails. Fast schon ein wenig enttäuscht nahm ich zur Kenntnis, dass ich wieder Grundträger für eine Windkraftanlage transportieren sollte. Was ist daran besonders? Hatte ich doch schon mal. Allerdings, je weiter ich las, desto mehr wurde mir klar was da besonderes war.

Denn der Transport sollte auf den afrikanischen Kontinent führen. Okay, in Gedanken malte ich mir meine Fahrtroute aus. Von Györ nach Trieste und von da mit der Fähre nach Tripolis. Doch die nächste Zeile der Mail riss mich jäh aus meinen Plänen. Abholzeit Freitagnachmittag 17:00 Uhr. Ablieferzeit bis spätestens 04:00 Uhr am Samstagmorgen.

Wie sollte das den gehen. Das waren ja gerade mal 11 Stunden. Die Fähre nach Tripolis würde allein ja schon länger brauchen. Ich rief Stefan an. >>He Stefan, sag mal was denkst du dir eigentlich. Dieser neue Auftrag, soll dass ein Witz sein. Das ist doch gar nicht machbar, oder bist du der Meinung ich könnte fliegen?<< Am anderen Ende der Leitung hörte ich Ihn nur noch lachen. Der spinnt, der ist komplett durchgedreht, dachte ich. >>Fliegen ist das richtige Stichwort. Du fährst von Györ nach Bratislava und fliegst nach Tripolis. Ist alles schon geplant. Auf dem Flughafen steht eine Antonow Transportmaschine, die dich und noch zwei andere LKW nach Lybien bringt.<< Das war was anderes, ich entschuldigte mich bei Ihm für meinen Ausraster. >>Aber das nächste Mal, schreibst du das gleich mit in die Mail.<< Er wünschte mir noch einen guten Flug und dann beendeten wir das Gespräch. Es war auch Zeit, dass ich mich auf den Weg machte meine Fracht abzuholen.

Schließlich hatte ich meinen Trailer geholt. Aber das erste Problem wartete schon auf mich. Mitten im spätnachmittäglichen Berufsverkehr musste ich mit meinem langen Gespann auf eine viel befahrene vierspurige Ausfallstraße einbiegen. Im Geiste machte ich mich schon auf eine längere Wartezeit gefasst, aber ich hatte Glück, ein PKW hielt an und gab mir durch Lichthupe zu verstehen, dass ich raus fahren könne. Es gab sie also doch noch, die freundlichen Autofahrer.

Ich kam zügig voran und hatte bald die slowakische Grenze hinter mir gelassen. Der Weg zum Flughafen, bedeutete einmal um Bratislava herum zu fahren.

Kurz vor dem Flughafen musste ich dann noch durch einen Tunnel. Je länger ich durch diesen fuhr, umso mehr fragte ich mich ob es nicht vielleicht einen Tunnel nach Afrika gibt.

Schließlich erreichte ich gegen 20 Uhr den Flughafen. An der Zufahrt standen einige Flugzeuge aus vergangenen Zeiten. Da sah mein Lastzug richtig groß aus, gegen diese kleinen Flieger.

Als ich aber schließlich an der Antonow ankam fühlte ich mich nicht mehr groß.

Torben, einer der beiden anderen Fahrer war schon da und hatte seinen Scania schon im Flugzeug untergebracht. Es war ein schöner Truck, 4 Achsen, Topline Kabine und natürlich ein V8 mit 730 PS. Hinten dran hatte er einen Trailer mit einer Erdramme drauf. Schade das es am Flughafen verboten war zu fotografieren. Als er merkte das mir sein Truck gefiel, lächelte Torben mit Blick auf meinen LKW etwas mitleidig. Er dachte wohl, was für ein armes Schwein ist das den.

Nach zwanzig Minuten hatte ich schließlich meinen Truck auch im Bauch der Maschine verstaut. Nun warteten wir auf den dritten Fahrer. Kurze Zeit später kam er dann auch mit einem schwarzen Volvo FH16. An der Kabine stand in großen Zahlen „750“ dran. Da war einer mächtig stolz auf seinen Dreiachser. Wahrscheinlich war der Volvo mit seinem Trailer mächtig unterfordert, den die drei Gabelstapler darauf, waren wohl eher keine Herausforderung für diesen Truck. Nachdem auch er seinen Truck im Flieger geparkt hatte, stellte er sich uns als Sören vor. Wie Torben war auch er Däne. Jeder von Ihnen musterte kurz den Truck des anderen und schaute mitleidig auf meinen Iveco.

Schließlich setzten wir uns im Flieger auf unsere Plätze und wenig später waren wir dann auch schon in der Luft. Während des gesamten Fluges versuchten Torben und Sören sich gegenseitig zu überbieten, wer den nun den besseren Truck im speziellen und welche Truckmarke im Allgemeinen die Beste sei. Torben war felsenfest davon überzeugt das die besten Trucks der Welt aus Södertälje kommen. Das Sören da anderer Meinung war, könnt Ihr euch sicher denken. Für Ihn waren die LKW aus Göteborg das Non plus Ultra. Ich hielt mich aus dieser Diskussion raus, da mir klar war was Sie von meinem Deutsch-Italiener halten.

Als wir schließlich in Tripolis gelandet waren, waren sich die beiden nur darin einig, sich nicht einig zu sein. Nachdem ausfahren aus dem Flugzeug, nahm ich nun erstmals afrikanischen Boden unter die Räder.

Viel zu sehen gab es ja nicht, es war schließlich mitten in der Nacht und stockfinster. Nach wenigen Kilometern hatte ich dann auch meinen Abladeort erreicht und stellte den Trailer ab. Nun war es an der Zeit zu schauen ob ich einen Folgeauftrag hatte, dem war aber leider nicht so und ich musste mir auf eigene Faust etwas suchen. Allerdings sah es mit Schwertransporten hier eher schlecht aus. Es gab lediglich eine Ladung Kohlen nach Trieste zu transportieren. Die Bezahlung war zwar nicht das was ich mit den Schwertransporten verdient hatte, aber es würde wenigstens die Fährkosten nach Europa decken. Schon nach etwa 20 Kilometern welche ich mit meinem LKW auf afrikanischen Straßen gefahren war, war ich bereit diesen Kontinent wieder zu verlassen. Im Hafen musste ich noch etwas warten bis ich aufs Schiff durfte. Sah schon irgendwie komisch aus, so ein Vierachser mit einem Kipper dran.

Nach einer nicht enden wollenden Überfahrt kam ich schließlich am späten Samstag Abend in Trieste an.

Der Weg zu meinem Abladeort, war vom Hafen nur noch wenige Kilometer entfernt und so kam es das ich auf dieser Tour effektiv nur 25 Kilometer selbst gefahren bin, der Rest war die lange Schiffspassage. Auf dem Weg zum abladen, hoffte ich, dass ich von Trieste aus wieder mehr Glück mit den Frachten haben würde, denn diese Kohlenladung war nicht gerade lukrativ.

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