Sonntag, 26.07.2020
Wahrscheinlich hatte ich in den letzten Nächten besser geschlafen als Alex. Immerhin hatte ich mir nicht eine Woche lang überlegt, wie denn wohl der Besitzer eines geliehenen Autos auf einen USB-Stick mit nur einem handverlesenen Lied drauf reagieren würde. Jedenfalls wurde ich vor ihm wach. Das lichtdichte Rollo hing natürlich etwas von der Wand ab und so fiel durch den schmalen Spalt diffuses Licht in das Schlafzimmer. Alex lag friedlich neben mir und schlief noch. Ich betrachtete ihn und war glücklich, hier liegen zu dürfen.
Gestern Abend hatten wir noch gerade eine Pizza in den Ofen geschoben und waren dann brav ins Bett gegangen. Auch wenn es voll bekleidet passiert war, hatten wir ja schon zuvor eine ganze Zeit nicht so artig auf dem Sofa zugebracht. Und auch im Bett würden wir in der Zukunft noch oft genug unanständig sein können.
Selbst wenn ich dieses Lied einer deutschen Band nicht sonderlich mochte. Auch ich hatte einen Schatz gefunden. Er trug den Namen Alex und war auch mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Und irgendwann begann mein Schatz zu blinzeln: „Guten Morgen…“ „Guten Morgen.“ Ich gab ihm einen Kuss. „So könnte ich jeden Morgen aufwachen.“ Wir blieben noch ein Bisschen zusammen liegen.
Schließlich schälten wir uns aber doch aus dem Bett und gingen erst einmal duschen. Zahlten die Leute heutzutage eine Menge Geld für eine Walk-In-Dusche, hatte diese billige Mietwohnung praktischerweise auch so was. Ein Stück Badezimmer war einfach mit einem Duschvorhang abgetrennt, dahinter waren eine Brause fest an der Wand und ein Bodenablauf, weil das billiger und einfacher zu bauen war. So bewerkstelligten wir es, zwar unter dem Vorwand des gegenseitigen Einseifens, unsere Körper von oben bis unten zu erkunden, aber ohne dabei wie in einer normalen Duschkabine dauernd an die Wand zu stoßen.
Anschließend gab es Frühstück, heute auch mal amerikanische Pancakes, weil Alex das Buchweizenmehl ausgegangen war und der Nachschub noch auf dem Versandweg von einem russischen Supermarkt in Portland steckte. Um noch was Herzhaftes dazu zu bekommen, riss Alex eine Packung Bratwürstchen auf, die wohl eher auf englischen als deutschen Traditionen basierten, und packte sie in eine zweite Pfanne. Außerdem machte er ein paar Spiegeleier in der Würstchenpfanne.
„Und was machen wir heute?“ Ich hatte ursprünglich ja mal Pläne gehabt, aber die waren hinfällig. Aber die anderen, die ich gestern schon anfangen wollte, waren es nicht. Sonst bekam ich im Laufe der kommenden Woche ein Problem: „Unromantisch, aber typisch Truckerwochenende – Wäsche!“ „Sehr witzig. Ich glaube Dir, dass das nötig sein mag, aber kaum tagfüllend und schon gar nicht erfüllend. Hol gleich mal Deine Sachen hoch und pack eine Ladung in die Waschmaschine, aber dann bleibt die Frage.“
„Motorradtour?“ „Im gleichen Fahrzeug wäre mir lieber.“ „Warst Du mal am Crater Lake?“ „Nein, Du?“ „Auch nicht. Habe nur Fotos bei meiner Mutter gesehen. Die war da mal wandern. Ist aber toll da oben.“ „Dann lass uns da hin fahren.“ Und so waren wir einige Zeit später unterwegs. Alex hatte es sich nicht nehmen lassen, diesmal zu fahren. Immerhin hatten wir damals mein Auto genommen, als wir am Strand waren.
So konnte ich dann vom Beifahrersitz aus ein Bisschen Korrenspondenz auf dem Handy betreiben. Per SMS Schluss machen, war doch ganz einfach, zumindest geschäftlich. „Hallo Susan, meine Lebensumstände haben sich überraschend geändert. Ich habe keinen Grund mehr, aus Oregon wegzuziehen. Viele Grüße, Brandon“ Die Antwort war überraschend verständnisvoll, ich hatte mit etwas mehr Theater um den ausgefallenen Tag gerechnet: „Hallo Brandon, vielen Dank für Deine Nachricht. Kann man wohl nichts machen. Dann alles Gute. Susan.“
Der Empfänger der nächsten WhatsApp-Nachricht war nicht ganz so erbaut. „Hallo Brian, ich kann doch ab morgen fahren. Viele Grüße, Brandon“ „Vielen Dank auch! Zum Glück mag ich meinen Job, dann kann ich ihn ja auch mal doppelt machen!“ Er würde nie von mir erfahren, wie die andere Nachricht an diesem Wochenende hätte aussehen können. Und ich somit die Antwort auf die Version nicht erleben – dachte ich.
Am späten Vormittag standen wir dann da, wo es auch der Fotograf für die Vorlage meines Airbrush auf der GFK-Dachkuppel meines Trucks getan hatte. Nur die Uhrzeit war falsch, auf dem Truck war Abenddämmerung.
Anschließend fuhren wir mit dem Auto um den Krater zur anderen Seite, wo die Bootstouren ablegten und machten nach der Runde mit dem Boot noch eine kleine Wanderung in den Wäldern. Das typische Frischverliebtenklischee, sich beim Gehen an den Händen zu halten, war mal ganz neu für mich. Wenn uns danach war, setzten wir uns einfach mal auf einen umgekippten Baum oder in die Böschung und genossen die Natur um uns.
Auch mein Handy meldete sich mal. Es war eine Nachricht vom Chef: „Vor Dienstag früh kriege ich Dich nicht raus. Dafür aber 6:30 zur PTI.“ „Mit wem textest Du denn dauernd?“ „Mit Brian. Fahre erst am Dienstagmorgen raus.“ „Wieso das denn?“ „Weil ich eigentlich erst am Mittwoch raus wollte. Verlängertes Wochenende spontan wieder verkürzt.“ „Ich frage lieber nicht.“
Ich wusste zwar nicht wie, aber ihm hätte ich meinen ursprünglichen Plan wohl irgendwie beibringen müssen, wenn er doch gefragt hätte. Nach meinem anfänglichen Verhalten gestern schien er aber diesem Kommentar nach sowieso was zu ahnen. Ich lenkte seine Aufmerksamkeit stattdessen auf ein auffälliges Geräusch, das vom Getriebe zu kommen schien. Er wollte das weiter beobachten.
Auf dem Rückweg hielten wir wegen der gegenüber Walmarts Massenware besseren Qualität der Biolebensmittel am Tidbit, wobei über dem Laden mehr als nur gerüchteweise der Pleitegeier schwebte, weil die Leute weniger Geld hatten und somit kein Bio kauften. Es war sogar angeblich ein Käufer gefunden, der aber nur an den Läden und nicht am Biolabel interessiert war. So kauften wir aber erst mal noch was hochwertiges zum Abendessen. Ich hatte mir im Laufe der Jahre auch einiges an schnell zubereiteten Leckereien für Motels, die üblicherweise auch eine kleine Einbauküche hatten, zusammengestellt, um nicht immer in Restaurants zu müssen. So gab es Gnocchi mit Cocktailtomaten in Basilikum-Soße und mit Mozzarella überbacken.
Montag, 27.07.2020
Auch diese Nacht verbrachten wir wieder bei Alex. Nach dem gemeinsamen Frühstück, das auch wirklich früh war, musste er zur Arbeit. Ich fuhr nach Hause und kümmerte mich um die restliche Wäsche. Dafür war dann abends, als er zu mir nach Hause kam, schon ein typisch deutscher Nudelauflauf fertig. Rezeptandenken an meinen Austausch.
Nachdem sich das Essen etwas gesetzt hatte, gingen wir noch auf ein paar Jumps und Flips in den Vorgarten und danach duschen. Bei mir leider einzeln, weil hier genau das Problem bestand, dass zu zweit immer einer mit dem Hintern an die kalten Fliesen kommen würde. Und weil im Einzelbett nicht genug Platz für zwei war, mussten wir dann auch noch die Schlafcouch ausklappen. Irgendwie hatte ich mehr Platz in dem Haus als er in seiner Wohnung, aber war trotzdem schlechter für einen Freund eingerichtet.
Dienstag, 28.07.2020
Und heute ging es nach dem gemeinsamen Frühstück getrennte Wege. Naja, fast. Es ging erst mal gemeinsam in getrennten Autos, bis die Kreuzung kam, wo es hieß „VW Jetta rechts abbiegen, Chevrolet Silverado links!“
Ich fuhr auf den Firmenparkplatz. Brians Van stand schon da und im Büro brannte Licht. Ich ging rein und direkt nach der Begrüßung kam von ihm: „Schön, dass Du bleibst.“ Ich hatte keine Ahnung, wie dumm ich aussah, aber scheinbar dumm genug: „Okay, es war nur ein Verdacht. Aber Deinem Goldfischgesicht nach war er richtig. Als Freund kenne ich Deinen Lebenslauf auch von der privaten Seite und Du tendierst zum Weglaufen, wenn es Probleme gibt. Daher jetzt auch ein ebenso freundschaftlicher Rat. In Zukunft stelle Dich Deinen Problemen, denn das Kunststück, nach vorne wegzulaufen gelingt nicht immer. Irgendwann musst Du mal zurücklaufen und verschlechterst Dich dadurch.“ „Es tut mir Leid…“ „Braucht es nicht. Wir sind ein freies Land. Als Vorgesetzter muss ich immer damit rechnen, dass einer von Euch in den Sack haut.
Aber ich hoffe zwei Dinge. Es passiert nicht aus einer tagesaktuellen Laune heraus, wie Du es wahrscheinlich gerade vorhattest sondern Ihr habt Euch das gut überlegt und den neuen Job gut verhandelt. Und wenn es mit mir und Zweifeln an meinen Führungsqualitäten zu tun haben sollte, dann dass Ihr vorher mit mir darüber sprecht.“ „Danke, Brian.“ „Tour steht bis Mittwoch bisher. Darf ich Dich wieder draußen lassen?“ „Nein, bitte nicht.“ „Ich versuche mein möglichstes. Mal sehen.“ Kleinlaut verdrückte ich mich nach diesem entlarvenden Gespräch in meine Zugmaschine und rief den Marschbefehl ab.
PICKUP: ORMFR-HAW
DESTIN: WAYKM-UPR
TERMINAL: LARGE PART STORAGE
TRAILER: FLT45
LOAD: HOUSE PARTS
WEIGHT: 36,410
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Also mal ums Eck zur Möbel- und Fertighausfabrik. Dort lag eine komische Stimmung auf dem Gelände. Ich erfuhr schließlich, dass Heartwood pleite war und Ashley Furniture das Unternehmen geschluckt hatte. Nun hatten sie insbesondere in der Fertighaussparte Angst, geschlossen zu werden, da kein Kerngeschäft des neuen Besitzers. Eine knappe Stunde, nachdem ich Brians Büro verlassen hatte, fuhr ich bei Heartwood vom Hof in Richtung Yakima. Einmal durfte ich bei Myrtle Creek raus zur Waage, aber mit 71,053 Pfund auch gleich weiter.
Meine Mittagspause legte ich auf Jack’s Truck Stop in Albany (OR). Weil ich mal wieder nichts zu Essen dabei hatte, nutzte ich die Gelegenheit, um im benachbarten Walmart Supercenter einzukaufen. Vor Donnerstag würde ich auf keinen Fall nach Kalifornien kommen, also heute und morgen gingen schon mal.
Cascade Locks durfte ich an der Waage vorbeifahren und wie gehabt wechselte ich bei Biggs Junction nach Washington aufs Nordufer des Columbia. Auf die Waage in Goldendale musste ich drauf und weil es nicht mehr ganz ans Ziel reichte, machte ich an der 76-Tankstelle gegenüber meine Nachtpause.
Es war 6:20 PM und ich rief Alex an. Nach der Begrüßung und dem Austausch einiger Liebesschwüre typisch frisch Verliebter kam von Alex auch schon die bange Frage von frisch Verliebten Truckerpartnern: „Bist Du am Wochenende zu Hause?“ „Ich habe Brian darum gebeten, weiß es aber nicht.“ „Wann wirst Du es wissen?“ „Frühestens morgen Abend, spätestens am Freitag irgendwann, wenn der letzte Auftrag für die Woche kommt.“ „Da muss ich mich wohl erst dran gewöhnen. Bisher hatte ich erst eine Beziehung und da waren wir beide vor Ort und abends zu Hause.“ „Das wird schon. Ich wollte nicht ohne mich mit Dir abgestimmt zu haben mit Brian über uns sprechen. Aber ich denke, wenn er es weiß, wird er auch versuchen, mich am Wochenende so oft wie möglich da zu haben. Oder ich nehme mir dann mal verlängerte Wochenenden, wenn ich lange draußen war.“ Wir unterhielten uns noch etwas und dann wollte er sich was zu Essen machen. Ich stand wegen der kleinen Tankstelle auf dem Parkplatz des benachbarten Fastfood-Restaurants und musste so anstandshalber bei denen einen Burger essen.
Mittwoch, 29.07.2020
Um auszugleichen, dass ich heute noch knapp eine Stunde Fahrt zur Entladestelle hatte, musste ich noch unter Berücksichtigung der von gestern mitgenommenen 38 Minuten Lenkzeit über 20 Minuten länger warten und konnte erst gegen 7 AM losfahren. Die Zeit vertrieb ich mir mal wieder mit ein paar Übungssprüngen.
Isotrak meldete sich nach der Stunde Fahrt schon im Endanflug auf Union Pacific, wo ich erst einmal den Bereich für die Großgüter-Lagerung ansteuerte. Dann hieß es Gurte lösen und aufrollen, während die Hausteile entladen wurden. Schließlich konnte ich nachsehen, wie es weiter ging.
PICKUP: WAYKM-UPR
TERMINAL: LOADING TRACK
DESTIN: IDCOE-HOM-MA
TRAILER: FLT45
LOAD: CONSTRUCTION TIMBER
WEIGHT: 39,100
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Also fuhr ich los. Da ich sowieso arbeiten musste, konnte ich der Automatik freien Lauf lassen und an den Kollegen vorbei pfeifen, die im ersten Gang über den Güterbahnhof krochen, um in der Einstellung Pause zu bleiben. Das gab ein paar böse Blicke, war aber nicht mein Problem. Die konnten mich alle überholen, wenn ich Pause machte, die sie auf diese Weise an der Ladestelle verbuchten. Am Ladegleis musste ich nicht lange warten, das Holz war schon entladen und stand auf dem Hof direkt neben der Rampe. Also wurde es mit einem Großstapler aufgeladen und ich warf Gurte drüber, um die Ladung niederzuzurren.
9:33 AM war ich wieder unterwegs und nahm die I-82 in Richtung Pasco / Kennewick. Mein Gefühl hätte mich auf die I-90 schicken wollen, aber das Navi lag meistens besser was die Fahrzeit anging. Die Waage bei Grandview durfte ich passieren. Das gleiche galt auf der US-395 für Sagemoor.
Die Mittagspause legte ich auf den Love’s Travel Stop Ritzville (WA). Nachdem es heute Nacht keine gegeben hatte, nutzte ich die Chance für eine Dusche. Anschließend machte ich mir ein Sandwich aus dem Vorrat und genoss den Blick über die Hochebene.

Um 1:30 PM ging es weiter, es waren noch 1:20 Stunden, bis ich die Grenze zwischen Washington und Idaho hinter Spokane passierte. Bis Coeur d’Alene war es dann nicht mehr weit. Ich belieferte den Baumarkt und bekam dort den nächsten Auftrag, der zumindest die Chancen, nach Hause zu kommen, nicht zerstörte.
PICKUP: IDCOE-SHZ
DESTIN: WATAC-POR
TERMINAL: WASHINGTON UNITED
TRAILER: FLT45
LOAD: MOORING BUOYS
WEIGHT: 3,520
EXCEEDINGS: WIDTH
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Ich war erstaunt, dass hier in den Rockies Bojen für einen Hochseehafen hergestellt wurden. Aber nach einer Dreiviertelstunde Fahrzeit kam ich am Ufer eines Sees an, wo in der Tat eine ausgewachsene Werft war, die neben Bojen auch stattliche Yachten herstellte.

Das war die leichteste Oversize meiner bisherigen Karriere. Jede einzelne Boje wog etwas unter 1,200 Pfund und war halt eine riesige Plastiktonne. Ich setzte meine Gurte, baute Fähnchen und Schilder an, startete den Motor, legte den Schalter für die Warnleuchten um und fuhr los.
Der Washington Point of Entry zog mich natürlich dank auffälliger Kriegsbeflaggung raus, aber ließ mich mit 37,395 lb. gleich wieder raus. Zug der Woche wurde kurz darauf die Portland Section von Amtraks Empire Builder, der in der Anfahrt auf Spokane die Interstate auf einer Brücke überquerte.

Noch weit vor meinem Tagesziel rief Alex an. Er war etwas überrascht, dass ich noch unterwegs war. Von seinen geregelten Arbeitszeiten konnte ich halt nur träumen. „Weißt Du schon, ob Du nun am Wochenende nach Hause kommst?“ „Nein. Ich weiß nur, dass es bis jetzt noch möglich ist, nach Hause zu kommen.“ Weil Alex früh ins Bett wollte, um morgen wieder zeitig zur Arbeit zu kommen, ich aber wohl bis dicht an das Limit gegen halb 9 fahren wollte und dann mein Abendessen auf den Grill werfen wollte, so lange ich es noch sehen konnte, beschlossen wir, heute nicht noch mal später zu telefonieren.
Hinter Ritzville blieb ich nun auf der I-90. Heute mal nicht mit einem Lenkzeit- sondern bei zweimal Ab- und Aufladen einem Schichtzeitproblem steuerte ich um 08:27 PM den Columbia River Overlook 2 bis 3 Meilen nördlich der Vantage Bridge an.

Nach dem Essen legte auch ich mich zeitig ins Bett. Vier Ladevorgänge an einem Tag gingen auch mir, der sich für gut trainiert hielt, an die Kondition.
Donnerstag, 30.07.2020
Dank der großzügigen Lenkzeitreserve vom Vortag konnte ich relativ früh los. Also gab es ein schnelles Mini-Wheats-Frühstück vor der PTI und ich war wieder unterwegs. Auch an der Roslyn Weigh Station wurde ich wieder rausgezogen und ob meines geringen Gewichts gleich wieder weiter geschickt.
Es folgte der Abstieg vom Soqualmie Pass zum Pudget Sound. Besonders der Abschnitt Franklin Falls / Denny Creek war sehenswert.

Die 11 Meilen Umweg über die I-405 durch Renton machten gegenüber der kürzeren WA-18 keine 10 Minuten Zeit aus, waren aber mit einem 18-Wheeler wesentlich angenehmer zu fahren. Und an meiner „Lieblingswaage“ in Federal Way (WA) führten beide Wege vorbei. Das Motto war das gleiche. Schwertransport raus, doof gucken, dass der inzwischen nur noch 37,091 Pfund wog, weiterfahren lassen.
Kurz vor 11 war ich dann am Hafen von Tacoma und an meiner Abladestelle. Auch hier schien es direkt hier weiter gehen zu sollen. Ich musste nicht mal das Terminal wechseln.
PICKUP: WATAC-POR
TERMINAL: WASHINGTON UNITED
DESTIN: ORPDT-DGV-SW
TRAILER: FLT45
LOAD: PRESSURE VESSEL
WEIGHT: 48,070
EXCEEDINGS: WEIGHT
REMARKS: WA/OR PERMANENT GVWR PERMIT
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Brian hatte kürzlich für die Staaten Oregon, Washington, Idaho und Nevada dauerhafte Ausnahmegenehmigungen für 90,000 Pfund Zuggewicht auf 5 Achsen geholt. Das kostete zwar eine Straßenverschleißgebühr, war aber billiger als der Kauf eines dreiachsigen Trailers, mit dem es dann wieder Scherereien in Kalifornien gab, weshalb er den Zweiachser zusätzlich behalten müsste. So konnten wir dann auch solche Aufträge fahren.
Auf dem Weg vom Hafen zur Insterstate war ein Love’s, wo ich den Truck volltankte, meine Mittagspause machte und bei der Gelegenheit gleich den Duschgutschein verbrauchte, den es für die Tankfüllung gegeben hatte.
Danach ging es den gleichen Weg zurück, den ich gekommen war und ich durfte doch tatsächlich die Northbound Federal Way Weigh Station passieren. Das galt aber wieder nicht für Roslyn Eastbound. Die Waage ging durch auf 82,708, aber zu meinem Erstaunen bekam ich die grüne Ampel. Offenbar war das Permit in den Zentralrechnern der Behörden hinterlegt und wurde in der Waage angezeigt. Sollte mir recht sein.
In Ellensburg wechselte ich auf die I-84 und auch heute durfte ich dort wieder an der Grandview Weigh Station vorbei fahren. Exakt 5:30 Stunden nachdem ich den Truck Stop verlassen hatte, stand ich auf der Abladeposition im Sägewerk in Pendleton. In den Kesseln wurde Holz imprägniert, um es wasserfest zu machen.
Es gab in Pendleton keinen Truck Stop und keine Tankstelle mit großem Parkplatz. Daher war es bekannt und beliebt, sich an der Southwest Court Avenue auf eine Kiesfläche zu stellen. Ich war auch nicht alleine mit der Idee.

Alex war am Telefon nicht begeistert, dass ich auf seine ungeduldige Frage immer noch nicht mehr wusste als gestern. Immerhin merkte er scheinbar selbst, dass er die Frage zu oft stellte. Ja, auch ich hatte damit als Single natürlich immer weniger Probleme gehabt als in Beziehungen. Aber mein Beruf war ein Teil von mir und auch einer, den ich nicht aufgeben wollte. Und zu dem gehörte auch das.
Und hier klappte es anders als bei CAT ja auch wirklich gut mit den Wochenenden. Ich machte Alex Mut, dass der aktuelle Verlauf der Tour so aussah, als würde Brian versuchen, mich tatsächlich hier zu behalten, um im richtigen Moment den Auftrag nach Hause zu holen. Sonst hätte er mich bestimmt schon gestern in Coeur d’Alene auf eine äußere Umlaufbahn geschossen.
Ich kochte mir eine Tomatensoße auf dem Gaskocher. Weil man da keine zwei Töpfe drauf bekam, hatte ich vorgegarte Fertigpasta im Beutel, die ich nur zum Aufwärmen die letzten Minuten reinwerfen musste.
Freitag, 31.07.2020
Und Brian spannte mich noch was länger auf die Folter. Allerdings sah eine Nahverkehrsfahrt von Pendleton nach The Dalles gefährlich nach einem Lückenfüller aus.
PICKUP: ORPDT-DGV-SW
DESTIN: ORDLS-HOM-MA
TRAILER: FLT45
LOAD: CONSTRUCTION TIMBER
WEIGHT: 39,100
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Also fuhr ich wieder zum Sägewerk, wo ich gestern schon entladen hatte und holte das Bauholz ab. Um 8:43 AM war ich auf dem kurzen Weg. Wenn das den erhofften Heimatschuss gab, wurde es mit vier Ladevorgängen wieder ein langer Tag.
Genau 2 Stunden dauerte die Fahrt und als ich nach dem Abladen und Verstauen der Ladungssicherung zurückkam ins Fahrerhaus, fand ich endlich die erhoffte Meldung vor.
PICKUP: ORDLS-XYZ
DESTIN: ORMFR-KRH
TRAILER: FLT45
LOAD: VENTILATION SHAFTS
WEIGHT: 11,904
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Also fuhr ich durch die Stadt zu dem kleinen Metallbaubetrieb und ließ die zwei Belüftungsschächte aufladen. Zwar hatte ich Kantenschoner, aber da man mir anbot, welche aus einer großen Kiste Neuteile zu nehmen, griff ich natürlich zu.
Da konnten wir manche unserer ziemlich verschlissenen mal wegschmeißen. Weil Ketten, Gurte und Schoner zum Trailer gehörten, war ich da nicht alleine für verantwortlich. Zum Glück achteten wir drei Fahrer drauf, dass auf dem Flatbed vernünftiges Material war.
Weit kam ich erst mal nicht, denn ich musste meine Pause ja noch machen. In einem kleinen Ladenlokal, zwischen einem majestätischen Baum und einem kitschigen Beautysalon versteckt, lag eine Metzgerei mit Imbiss. Hier sollte es „Original German Bratwurst“ geben. Na mal sehen.

„Hi.“ Der Bursche hinterm Tresen war wohl so um die 20 Jahre alt. „Hi. Bitte schön?” „Ich wollte mal testen, wie deutsch die Bratwurst wirklich ist.“ „Sehr deutsch. Mein Großvater ist nach seiner Metzgerlehre und kurz bevor sie die Mauer gebaut haben aus Weimar in Thüringen nach Westdeutschland und dann weiter nach Amerika, das Rezept hat er an meinen Vater weitergegeben und ich kenne es auch schon. Du klingst aber nicht sehr deutsch?“ „Nein, aber ich habe mal 6 Monate in der Nähe von München gelebt. Schüleraustausch.“
Auf dem Imbissgrill lagen einige Würstchen fertig, draußen standen eben beim Einparken auch drei Männer auf dem Platz neben dem Baum mit Bratwurst im Brötchen. Er kassierte mein Geld und packte dann eine in ein Brötchen: „Dann bitte sehr. Eine originale Thüringer Rostbratwurst. Die macht mein Vater nach Familienrezept. Wir haben in Amerika natürlich auch Ketchup…“ „…aber eine deutsche Bratwurst isst man korrekt mit Senf?“ „Genau.“ Er quetschte mir eine dünne Spur Senf aus der Plastikflasche auf die Wurst, gab mir das Brötchen und ich biss herzhaft rein: „Mmh! Cool! Das ist die beste Bratwurst, die ich in Nordamerika bisher hatte. Wenn ich mal wieder Pause in The Dalles mache, komme ich wieder.“ „Danke. Das sage ich gerne meinem Vater. Jetzt muss ich Dich zum Essen aber leider rauswerfen. Die Hygienevorschriften…“
Nach dieser leckeren Mittagsverpflegung nahm ich, während die mindestens 30 Minuten hochzählten, mein Handy und schrieb eine Textnachricht an Alex: „Komme heute Abend nach Hause, kann aber spät werden. 9PM denke ich.“ Und dann war es auch Zeit, loszufahren.
An der Cascade Locks Weigh Station nahmen sie es seit längerem mal wieder besonders genau. Trotz mit 46,196 lb. absolut unkritischem Gewicht durfte ich antreten zur Inspektion der Papiere und des Logfiles. Aber weil beides keine Unregelmäßigkeiten aufwies, war ich 10 Minuten später auch schon wieder draußen.
Eine kurze Unterbrechung für einen Toilettengang legte ich dann noch mal auf der Gettings Creek Rest Area ein. Da ich aber kein Fahrzeitproblem mehr bekommen konnte, blieb es bei den paar Minuten. In denen prüfte ich mein Handy und sah, dass Alex geantwortet hatte: „Cool. Komm dann direkt zu mir. Ich mache uns was zu essen.“
Auch Myrtle Creek wollte mich noch mal wiegen und die Ampel blieb verdächtig lange dunkel, bevor sie auf grün sprang. Es dämmerte schon ziemlich, als ich in Seven Oaks auf das Farmgelände fuhr. Die Schächte für einen neuen Stall wurden entladen und so war es wirklich 9 PM, als ich los fuhr. Entsprechend dunkel war es inzwischen.

Es interessierte mich auch nicht die Wochenstatistik. Mit dem Verbrauch von 6.4 konnte man diese Woche zufrieden sein. Ich interessierte mich mehr für Alex, zu dessen Wohnung ich mich nun auf den Weg machte. Er empfing mich im Flur seiner Wohnung, umarmte mich und kommentierte: „Hallo. Du riechst nach Arbeit.“ „Ich habe ja auch gearbeitet.“ „Wollen wir noch duschen? Die Lasagne kann auch noch etwas im heißen Ofen stehen bleiben.“ „Wer kann dazu schon nein sagen?“ Dem nassen Handtuch nach hatte Alex vorhin schon geduscht, aber zu zweit machte es mehr Spaß.
Danach gab es die köstliche Lasagne. Alex konnte also nicht nur russisch kochen. Er wollte wissen, wo ich die Woche alles gewesen war und anschließend gingen wir ins Bett und kuschelten uns in Schlaf.
