5. Bürotratsch, Privatgespräche und amerikanische Güterzüge

Donnerstag, den 10. August 2017, 6:00 p.m. Pacific Daylight Time:

Ich hatte wieder erstaunlich gut geschlafen. Die Entscheidung meine Pause in einem Motel zu verbringen, war trotz der höheren Kosten, die das mit sich brachte, die Richtige gewesen. Nachdem ich ausgeschlafen hatte, ging ich erstmal in Ruhe duschen. Dann hatte ich immer noch etwas Zeit. Ich nahm mir meinen Laptop, den ich inzwischen mit in den Truck nahm, und schrieb schon mal ein paar Rechnungen. Zu diesem Zweck hatte ich mir ein Rechnungsvordruck auf Excel erstellt, wo ich dann nur noch die entsprechenden Angaben eintragen brauchte. Den Rest rechnete Excel dann selbst. Das war die günstigste Alternative, wenn man sich nicht sofort eine teure Softwarelösung für Transportfirmen kaufen wollte. Seinen Zweck erfüllte es allemal. Ausdrucken musste ich die Rechnungen dann aber am Wochenende zu Hause. Einen Drucker wollte ich nicht auch noch mitnehmen.

Um viertel nach Sieben am Abend begann ich dann mit meiner PTI am Truck. Das Wichtigste dabei war dann der Kühlwasserstand. Ich musste zwar noch etwas Wasser auffüllen, der Wasserstand war aber nicht besorgniserregend. Dass man nach einer Reparatur des Kühlsystems die ersten Tage Wasser nachfüllen musste war normal. Das System drückte dann die restliche Luft aus dem Kreislauf. Kurz vor halb Acht hatte ich dann alles erledigt und auch das Logbuch bis hierhin geführt. Dann konnte ich in der Dispatch anrufen.
„Walmart Transportation, guten Abend, Keela Ryan hier.“, meldete sich dann wieder die angenehme Stimme mit dem Midwest Akzent. „Hallo Keela, Marc Murdock hier.“ „Ach, da ist der Mann, der sich nach mir erkundigt hat.“, sagte sie Stimme. Zum Glück hatten wir keine Bildübertragung. Ich lief nämlich knallrot an. „Wer erzählt denn sowas?“, fragte ich mit einem leichten Zittern in der Stimme. Ein herzliches Lachen erklang. „Ein kleines Vögelchen namens Danny hat mir das verraten.“ Dieser Idiot, wieso konnte er denn nicht die Klappe halten. „Äh… …ja… du hast eine nette Stimme. Daher…“ „Ist doch in Ordnung.“,  sagte sie belustigt. „Ich finde das cool, dass du nach mir fragst. Ich bin neu hier in der Stadt und kenne noch keinen. Laut Danny hast du in etwa mein Alter. Die Kollegen hier sind ja schon 30, oder älter. Da stehe ich nicht so drauf.“ Ich war erstmal sprachlos. Sie fand das also cool, dass ich mich nach ihr erkundigt habe. „Du bist also neu in Sacramento?“, fragte ich schließlich. „Richtig. Eigentlich bin ich aus Minnesota. Ich hab in Saint Paul gewohnt und bin da auch aufgewachsen. Das gehört zu den Twin Cities mit Minneapolis zusammen. In Minneapolis habe ich dann bei Walmart auch die Ausbildung gemacht. Nach der Ausbildung habe ich mich dann intern auf die Stelle hier in Sacramento beworben.“ „Was hat dich denn nach Kalifornien verschlagen?“ „Eins meiner Hobbys. Ich bin eine leidenschaftliche Surferin. Das geht im mittleren Westen so schlecht.“ „Verstehe.“ „Ich würde ja sehr gerne mit dir weiterquatschen, aber wir müssen beide was tun.“ „Du hast leider Recht.“ „Dann fahr bitte zum Zentrallager, Redding und übernimm dort einen 48 Fuß Reefer mit 29.500 lb Frischware für den Neighborhood Market in Sacramento.“ „Mache ich.“ „Dann bis morgen. War nett mit dir zu quatschen.“ Wir legten auf und ich machte mich dann auf den Weg.

Bereits fünf Minuten später kam ich dann am Zentrallager an. Ich meldete mich in der dortigen Dispatch an und bekam meine Papiere. Meinen Trailer sollte ich dann an Tor 1 übernehmen. Ich ging zurück zum Truck und fuhr dann zu Tor 1. Dort sattelte ich dann mal wieder einen der UPS Reefer auf. Anschließend folgte die obligatorische PTI. Gegen zehn vor Acht konnte ich mich dann auf den Weg nach Sacramento machen.
Ich fuhr dann zur Interstate 5 und fuhr dort in Richtung Süden auf. Der Verkehr war zwar noch recht lebhaft, aber immer noch erträglich. Ich beschleunigte den Truck auf 55 Meilen und hielt dann das Tempo. Dann konnte ich ruhig und gemütlich in Richtung Sacramento rollen.
Meine Gedanken schweiften dabei immer wieder ab. Ich musste an das Telefonat mit Keela denken. Ich war immer noch ein bisschen sauer auf Danny, dass er mich so hatte auflaufen lassen. Andererseits hatte er mir damit die Kontaktaufnahme mit Keela auch vereinfacht. Da sie eine sehr direkte Art zu haben schien, hatte sie dann das Ruder in die Hand genommen.
Apropos Ruder. Ruder – Wassersport – Surfen. Sie hatte sich als leidenschaftliche Surferin bezeichnet. Das Risiko mit den 250 Pfund war somit schon mal aus der Welt. So jemand würde nicht surfen. Das hatte ich bisher übrigens auch noch nicht versucht. Wie in Sacramento üblich hatte man versucht, mich zum Basketball zu bekommen. Zu meinem Glück war ich dann aber nicht groß genug, um dort erfolgreich zu sein. Mit den Sacramento Kings aus der NBA hatte ich dann auch gar nichts am Hut. Irgendwann hatten sich meine sportlichen Aktivitäten dann aber auf Fitnessstudio und gelegentliche Joggingrunden reduziert. Das reichte aber, um mich in Form und fit zu halten. Meine Mom achtete dann noch darauf, dass wir uns gesund ernährten. Da mein Dad ein Eishockeyfan war, fuhren wir dann, wenn er gut an Karten kam schon mal zu den San José Sharks. Das war es dann aber auch, was ich mit Sport an der Mütze hatte. Surfen hatte ich noch nie versucht. Ich war zwar ein guter Schwimmer, hatte aber nie jemanden im Freundeskreis gehabt, der da Interesse dran hatte. Außerdem wohnten wir ja auch nicht direkt an der Küste.

Während ich so meinen Gedanken nachhing, kam ich dann gut voran. Die Waage war dann auch noch geschlossen. So kam ich gut durch. Gegen elf Uhr erreichte ich dann Sacramento.

Ich fuhr von der Interstate ab und machte mich mal wieder auf den Weg zum Neighborhood Market. Dort hatte immer noch der gleiche Security Mann, wie vor drei Tagen Dienst. „Ist zwar alles leer hinten, kannst du aber trotzdem ans erste Tor setzen?“ „Na klar.“ Er unterschrieb mir meine Papiere und ich rangierte den Trailer ans erste Tor. Mit dem 48 Fuß Trailer hatte ich dabei auch ein leichtes Spiel. Die waren mir zum Rangieren inzwischen auch die liebsten Trailer. Nicht ganz so schwerfällig zu rangieren, wie die langen 53 Fuß Trailer und nicht so nervös, wie die Pup’s, die einem sofort wegliefen. Ich sattelte den Trailer am Tor ab und meldete mich dann bei Charlie. Leider hatte Keela schon Feierabend.
„Wenn du fertig bist, kannst du zu mir kommen.“ War seine Antwort. Als ich dann aufgelegt habe, sah ich noch eine Nachricht auf dem Handy: „Hallo Marc. Hier hast du meine Handynummer. Du kannst dich ja mal melden, wenn wir beide Zeit haben. Persönlich oder über WhatsApp. Keela.“ Es folgte ihre Handynummer. Damit hatte ich absolut nicht gerechnet.

Gut gelaunt machte ich mich dann auf den Weg zum Zentrallager. Um kurz nach halb Zwölf kam ich dann dort an. Ich ging ins Büro und wurde von Charlie begrüßt. „Hallo Marc. Was hast du denn mit meiner jungen Kollegin gemacht?“ Ich wurde schon wieder rot. „Warum?“ „Sie hat mich regelrecht nach dir ausgefragt.“ Ich war überrascht. „Echt? Und was hast du ihr erzählt?“ „Was soll ich ihr schon groß erzählen? Viel weiß ich ja auch nicht von dir. Dass du der Sohn vom Boss bist und dass du jetzt die Firma von Joe übernommen hast. Dann wollte sie noch wissen, wie du aussiehst, da habe ich dich kurz beschrieben.“ „Aha.“ „Das war es auch schon.“ „Wie sieht sie denn eigentlich aus?“ „Mittelgroß, schlank, kurze, rotblonde Haare.“ „Und sonst?“ „Soll ich jetzt ein Phantombild zeichnen? Du wirst sie noch früh genug kennenlernen.“ „Auch gut.“ „Jetzt zurück zur Arbeit. Du fährst zum Außenlager und übernimmst dort einen Pup mit 15.000 lb Haushaltsgeräten. Die haben wir an Best Buy verkauft. Läuft über unsere Großhandelssparte Sam’s Club. Das Ganze geht nach LA. Der Trailer steht am Außenlager an Tor 5.“ „Okay.“ Charlie gab mir die Papiere und ich ging wieder.

Zurück im Truck, machte ich mich auf den Weg zum Außenlager, was ich dann gegen viertel vor Zwölf erreichte. Ich meldete mich kurz im Container an und fuhr dann zu Tor 5 und nahm den kleinen Trailer auf. Dann folgte die PTI.
Gegen Mitternacht machte ich mich dann wieder auf den Weg. Zuerst ging es dann wieder durch Sacramento, dann kam ich wieder auf die Interstate 5, auf die ich wieder in südlicher Richtung auffuhr. Dann beschleunigte ich wieder auf 55 Meilen und ließ den Zug dann rollen. Während ich dann so durch die Nacht fuhr konnte ich meinen Gedanken freien Lauf lassen.
Meine Gedanken waren dann wieder bei Keela. Ich fand es interessant, dass sie sich auch nach mir erkundigt hatte. Wo ich bei Danny noch sauer gewesen war, freute ich mich dann bei Charlie drüber. Er hatte mir nun auch gesagt, dass sie sich nach mir erkundigt hatte. Nun waren wir quitt. Die Beschreibung, die mir Charlie gegeben hatte, ließ natürlich noch genug Raum für Spekulationen. Ich konnte mich zwar im Allgemeinen Danny anschließen und sagen, dass sie eigentlich nicht mein Typ ist. Ich stand normal mehr auf den Typ, der weitläufig als Latina bezeichnet wurde. Mittelgroß und schlank kam mir aber sehr entgegen. Der Rest sollte sich zeigen, wenn man sich mal persönlich treffen würde.

Durch meine Gedankenspiele verlief die Nacht wie im Flug. Schließlich merkte ich, dass ich dann doch etwas Hunger hatte. Ein Blick auf die Uhr verriet mir dann auch, dass es bereits drei Uhr war. Es wurde also auch Zeit für eine Pause. Da ich mich inzwischen auch mal schlau gemacht hatte, was es alles für Apps gab, die mir nützlich sein konnten, hatte ich auch eine gefunden, die einem den nächsten Truckstop anzeigte. Das war in meinem Fall der, an der Ausfahrt Jayne Ave bei Coalinga. Eine Viertelstunde später erreichte ich dann den Truckstop und hielt dort für meine Pause an. In dem Restaurant des Truckstops nahm ich dann einen großen Kaffee und dazu ein kleines Frühstück. Das sollte erstmal reichen.

Gegen vier Uhr machte ich mich dann auf meine letzte Etappe des Tages.Ich fuhr dann zurück auf die I-5 und sah zu, dass ich Los Angeles weiter immer näherkam. Dabei wurde es dann auch langsam wieder heller. Eine Stunde nach meiner Abfahrt erreichte ich dann mal wieder die nächste Wiegestation an der Interstate. Diese hatte dann auch mal wieder geöffnet. Ich hatte ja gestern schon Glück gehabt. Dann wurde es heute mal wieder Zeit. Bei mir ging es dann heute natürlich nur um die Achslasten Insgesamt hatte ich ja heute noch nicht einmal 45.000 lb. Da alles in Ordnung war, konnte ich dann schnell wieder weiterfahren.

Nun fuhr ich dann langsam in den beginnenden Morgen. Damit wurde dann der Verkehr auch wieder dichter. Als ich dann am Tejon Pass war, konnte ich dann mit dem leichten Zug sogar die mittlere Spur nehmen und mal andere Kollegen mit erheblich moderneren Trucks überholen.

Dann ging es den Berg wieder herunter. Heute brauchte ich dann aber nicht die Ausfahrt mit dem Rückstau nehmen, die auf die CA-126 nach Oxnard führte. Ich musste ja noch ein Stück weiter. An der Ausfahrt, die dann auf die CA-14 ging, fuhr ich dann aber ab, um Feierabend zu machen. Ich hatte gesehen, dass dort ein kleines Dorf an der Autobahn war, in dem es wohl alles gab, was ich für eine Pause brauchen würde. Ein Motel mit hoffentlich klimatisierten Zimmern, eine Tankstelle und ein Burger Restaurant. Das reichte mir für meinen Feierabend.
Ich fuhr von der Interstate ab und kam dann kurz darauf in das Dorf. Das Motel lag dann direkt auf der rechten Seite. Also verschob ich das Tanken auf den Abend und fuhr zuerst zum Motel. Dort war dann auch noch ein klimatisiertes Zimmer für mich frei.
Nachdem ich eingecheckt hatte, ging ich dann noch zum Burger Restaurant. Dort nahm ich dann, während andere Leute dort frühstückten noch ein leckeres Burger Menu mit French Fries und Salat ein. Anschließend machte ich noch einen kleinen Verdauungsspaziergang und ging dann aufs Zimmer.
Dort nahm ich mein Handy und schrieb eine kurze WhatsApp an Keela. Das tat ich in ersten Linie um ihr Profilbild zu sehen. „Hi Keela. Danke für deine Nummer. Jetzt können wir ja auch außerhalb der Arbeit Kontakt aufnehmen. Ich weiß übrigens, dass du dich auch nach mir erkundigt hast. Vielleicht können wir uns ja am Wochenende mal treffen. Marc.“ Ich schickte die Nachricht ab und schaute mir ihr Profilbild an.

Leider war es kein Bild von ihr, sondern von einem Motorrad. Das sah aber klasse aus. Es war nicht allzu übertrieben und eher eine Tourenmaschine. Ich hatte aber keine Ahnung, was das für eine war. Ich war selber kein Biker. Anschließend telefonierte ich noch kurz mit meiner Mom und legte mich danach schlafen.

Freitag, den 11. August 2017, 5:00 p.m. Pacific Daylight Time:

Ich hatte wieder sehr gut geschlafen. Als ich dann ausgeschlafen hatte, ging ich noch schnell unter die Dusche und machte mich fertig. Nachdem ich mich dann angezogen hatte, warf ich einen Blick auf mein Handy. Ich hatte eine Antwort von Keela erhalten. „Hallo Marc, nett dass du dich gemeldet hast, aber an diesem Wochenende wird das nichts. Ich bin, wie jedes Wochenende, wo ich nicht arbeiten muss, in Pacifica zum Surfen. Komme wohl auch erst am Sonntagabend wieder. Bis dann. K.“ Schade eigentlich. Da kann man aber nichts machen. Ich packte dann in Ruhe meine Sachen zusammen und checkte dann aus. Um kurz vor Sechs ging ich dann zum Truck und machte meine PTI. Um zehn nach Sechs konnte ich dann los.
Da meine Tankuhr aber anzeigte, dass die Bulldogge wohl schon wieder Durst hatte, fuhr ich dann erstmal nebenan auf die Tankstelle. Dort nahm ich dann die mittlere Spur. So konnte ich dann direkt von beiden Seiten tanken. Die Schläuche der Zapfpistolen waren lang genug, dass ich, wenn ich mich mittig stellte, an beide Tanks kam.

Gegen halb Sieben waren die Tanks dann gefüllt und ich mit frischem Kaffee versorgt. Nun konnte ich wieder zurück zu Interstate 5 fahren. Dann ging es jetzt richtig in den Großraum Los Angeles hinein. Ich musste mich jetzt also voll konzentrieren, um mich nicht zu verfahren. Gegen LA war sonst alles in Kalifornien harmlos. Selbst San Francisco kam da nicht mit. Das war hier mehr, als San Francisco und Sacramento zusammengenommen.
Zuerst blieb ich auf der Interstate 5. Dann wechselte ich auf die CA-110, die dann mitten in die Stadt ging. Nun musste ich dann direkt an Downtown Los Angeles vorbei, um zu meinem Ziel zu kommen.

Mein Ziel lag in Vermont Harbor. Dort war ich dann mitten in der Stadt. Ich war dann richtig froh, dass ich nur einen Pup hintendran hatte. So brauchte ich bei den Kurven wenigstens nicht so viel aufpassen.
Trotzdem schaffte ich es, in einer knappen Stunde an meinem Ziel zu sein. Ich hatte das Best Buy Lager gefunden, was man bereits Zwei Blocks weiter nicht mehr sah. So versteckt lag es. Zum Glück hatte ich mir noch ein Navi gekauft, obwohl ich noch kurz darüber nachgedacht hatte, ob sich das lohnt, da ich im Kenworth eins eingebaut bekam. Dieses hier konnte ich ja dann immer noch wieder über Ebay verkaufen.

Ich meldete mich an und durfte den Trailer dann direkt vor ein Tor setzen, wo die Leute noch dabei waren, Sachen einzuräumen, die wohl vor kurzem erst geliefert worden waren. Drei Tore weiter stand dann auch wieder ein 48 Fuß Dry Van von Walmart. Ich konnte also schon fast davon ausgehen, dass ich den Trailer wieder mitbekam. „Sollst du den anderen Trailer wieder mitnehmen?“ wurde ich dann auch prompt gefragt. „Ich muss mal eben in der Dispatch anrufen.“ „Mach das.“ Ich wählte die eingespeicherte Nummer und hatte dann wieder Keela am Telefon. „Hallo Marc. Bist du gerade in LA?“ „So ist es.“ „Ich beneide dich. Das wollte ich mir auch immer schon mal anschauen.“ „Das muss man dann aber nicht mit dem Truck machen.“, gab ich zur Antwort. „Auch wieder wahr.“ „Hier steht ein 48 Fuß Dry Van bereit. Soll ich den wieder mitnehmen?“ „Sollst du. Da ist eine Ladung Fernseher drauf, die zum Supercenter in Fresno soll.“ „Okay.“ „Übrigens. Nimm mir das bitte nicht übel, dass ich dir eine Absage gegeben habe. Ich bin an den Wochenenden eigentlich immer zum Surfen an der Küste.“ „Können wir da nachher drüber reden? Ich muss hier erstmal weitermachen.“ „Okay. Kannst du mich gegen halb Elf auf meinem Handy anrufen? Dann bin ich zu Hause.“ „Gerne.“ Wir verabschiedeten uns und ich sagte dem Mitarbeiter von Best Buy: „Sind da Fernseher für Fresno drauf?“ „Moment… …stimmt. Da sind etwa 32.000 lb Fernseher drauf, die nach Fresno sollen.“ „Dann bekomme ich den Trailer mit.“ „Gut.“ Ich konnte also umsatteln, dann machten wir den Papierkram. Anschließend stand dann die PTI des Trailers an.

Gegen viertel vor Acht machte ich mich dann wieder auf den Weg. Ich quälte mich dann wieder durch die engen Straßen zurück und sah zu, dass ich wieder auf die CA-110 kam. Über die fuhr ich dann wieder zurück zur Interstate 5. Als ich dann auf der Interstate war, atmete ich erstmal kräftig durch. Los Angeles war immer eine der Städte, die ich nicht unbedingt haben musste. Das kam dann vom Verkehr auch schon den Ballungsgebieten an der Ostküste sehr nahe. Ich glaube im ganzen Westen der Vereinigten Staaten gab es keine schlimmere Stadt, als LA.
Als ich nun wieder auf die Berge zufuhr, ging dann auch langsam die Sonne unter und die Nacht brach an. Ich schaltete die Klimaanlage aus und machte das Fenster auf. So ließ ich dann erstmal frische Luft in den Truck. Mit der relativ leichten Ladung hatte ich dann auch kein Problem über die Berge zu kommen.
Nachdem ich die dann hinter mir gelassen hatte, fuhr ich dann wieder mal zur Abwechslung auf die CA 99. Als ich dann auf Höhe Bakersfield war, kam langsam die Zeit, für die ich mich mit Keela zum Telefonieren verabredet hatte. Dass dann gerade ein Truckstop kam, passte mir ganz gut in den Kram. Ich fuhr auf den Rasthof und suchte mir einen Parkplatz.
In dem Bereich, der mit Idle Air ausgerüstet war, fand ich dann noch eine freie Lücke. Den meisten Fahrern war das halt einfach zu teuer. Solange ich noch den Mack hatte, könnte ich mich damit sogar anfreunden. Ob ich mir ein Motel Zimmer für die Pause mietete, oder etwa 30 Dollar für eine Pause mit Idle Air gönnte, kam dann fast aufs Gleiche raus. Für die kurze Pause, die dann noch am Abend stattfand, brauchte ich das dann natürlich nicht. Ich machte mir noch schnell eine Kleinigkeit zu Essen aus meinen Vorräten fertig, dann nahm ich mein Handy und rief die Nummer von Keela an.
„Schön, dass du dich meldest.“, sagte die angenehme Stimme am anderen Ende der Leitung. „Geht das denn, oder passt das nicht so?“ „Das geht schon. Ich mache meine Pause heute mal etwas früher. Ich stehe gerade in der Nähe von Bakersfield auf einem Rastplatz.“ „Dann geht’s ja.“ „Du brauchst dich aber nicht dafür entschuldigen, dass du am Wochenende keine Zeit hast. Wenn du extra um surfen zu können nach Kalifornien gezogen bist, dann solltest du das auch machen. Bei uns im Norden ist die Saison ja auch nicht so lange, wie zum Beispiel in San Diego.“ „Das stimmt.“ „Wie kommt eigentlich jemand aus Minnesota zum Surfen?“ „Meine Eltern haben wohl einen Narren an Hawaii gefressen. Sie haben damals dort ihre Flitterwochen verbracht und waren seitdem mindestens einmal im Jahr dort. Wenn nicht, dann öfter.“ „Verstehe. Sind deine Eltern auch Surfer?“ „Das nicht, aber ich musste ja immer mit in den Urlaub. Da ich dann nicht die ganze Zeit mit den Eltern rumlaufen wollte, hatte ich mir dann was Anderes gesucht. Das war dann eben Surfen. Irgendwann konnte ich das dann auch ganz gut. Dann fing das auch an, Spaß zu machen. Dann wurde da ein Hobby von mir draus.“ „Und bei euch gab es da keine Möglichkeiten?“ „Da kannst du maximal Windsurfen. Das ist wiederum überhaupt nicht meins. Kitesurfen wäre vielleicht noch was, das habe ich aber auch noch nicht gemacht. Ich will lieber die Wellen bezwingen.“ „Sacramento ist aber auch noch ein Stück von der Küste weg.“ „Ich habe meine Ausbildung nun mal bei Walmart in Minneapolis gemacht. Dort habe ich mich auch wohlgefühlt. Nach meiner Prüfung habe ich daher mal im internen Netz nach Stellenangeboten in anderen Niederlassungen umgesehen. An die Ostküste wollte ich nicht. An der Westküste gab es nicht viel und auf Hawaii schon mal gar nicht. Das beste Angebot war dann Sacramento. Ich bin hier schon näher am Pazifik dran, als ich von Minneapolis an den großen Seen dran war. Also habe ich mich hier beworben und dein Vater hat mich eingestellt. Er war von meinen Leistungen begeistert, die ich in Minneapolis gebracht habe. Da war ich nämlich Jahrgangsbeste. Außerdem hatte ich in der Ausbildung eine ganze Zeit genau diesen Job gemacht.“ „Aha. Wie machst du das denn an den Wochenenden? Du wirst dir ja nicht jedes Wochenende ein Hotelzimmer leisten können.“ „Ich habe mir seinerzeit einen gebrauchten GMC Savana gekauft und den mit meinem Bruder zusammen zum Camper umgebaut. Mit dem fahre ich am Wochenende nach Pacifica oder Ocean Beach. Da habe ich mir Plätze gesucht, wo man günstig campen kann. Dann schlafe ich in dem Van.“ „Das geht natürlich auch.“ „Sonst könnte ich mir das nicht leisten. Kalifornien ist sowieso sehr teuer. Aber so brauche ich nicht viel. Ich habe ein kleines Appartement hier, das reicht mir. Ich bin eh kaum zu Hause. Entweder ich arbeite, oder ich bin unterwegs.“ „Was hast du da eigentlich für ein Motorrad als WhatsApp Bild?“ „Das ist mein zweites Hobby. Wenn ich nicht gerade arbeite oder surfe, dann bike ich.“ So langsam kam mir mein eigenes Leben sehr langweilig vor. Ich war weder Surfer noch Biker. „Wo fährst du denn dann mit dem Bike rum?“ „Zum Beispiel in der Sierra Nevada. Da sind viele schöne Strecken.“ „Ich habe keine Ahnung von den Dingern. Was ist das für eine?“ „Eine Electra Glide.“ „Das sagt mir nichts.“ „Das ist natürlich eine Harley-Davidson.“ „Ach so.“ „Was machst du denn so als Hobby?“ „Im Moment habe ich nicht mehr viel Zeit für Hobbys. Ich habe mich ja jetzt selbstständig gemacht. Aber irgendwie ist mein Beruf auch mein Hobby.“ „Das ist schon mal gut. Der Beruf sollte einem schon Spaß machen. Was hast du denn früher so gemacht?“ „Ich habe früher mal Basketball gespielt. Inzwischen gehe ich aber nur noch ins Fitnessstudio, oder ein wenig Joggen.“ „Mit Basketball kann ich wiederum nicht viel anfangen. Auch mit der ganzen NBA nicht. Ich weiß, dass ihr hier ein NBA Team habt, aber das ist trotzdem nicht mein Sport. Ich habe es da eher mit der NHL.“ „Du bist Eishockeyfan?“ „Ich komme aus Saint Paul. Also bin ich Fan der Minnesota Wild.“ „Mein Dad ist auch Eishockeyfan. Mit ihm war ich schon öfter bei Spielen.“ „Wo denn?“ „San José.“ „Natürlich. Bei den Sharks.“ „Richtig.“ „Jetzt weißt du schon eine ganze Menge von mir. Von dir hast du aber noch nicht viel erzählt.“ Ich musste schlucken. Im Vergleich zu Keela war mein Leben offensichtlich total langweilig. Ich wusste gar nicht, was ich ihr jetzt sagen sollte. „Wenn ich offen sein soll, gibt es von mir gar nicht so viel zu erzählen.“ Gab ich kleinlaut zu. „Das kann ich mir nicht vorstellen.“, sagte sie lachend. „Wahrscheinlich müssen wir uns doch mal persönlich treffen, damit ich dir die Infos aus der Nase ziehen kann.“ „Wahrscheinlich.“ „Wann musst du eigentlich wieder fahren?“ „So gegen Elf, glaube ich.“ „Dann müssen wir jetzt wohl auflegen. Arbeite am Wochenende nicht so viel.“ „Ich weiß gar nicht, wie das geplant ist. Wer von Euch hat denn Bereitschaft am Wochenende?“ „Danny. Immer der, der von Montag bis Freitag Frühschicht hatte, fängt dann am Samstagmorgen mit der Bereitschaft an. Die hat er dann bis Montagmorgen um Sechs. Danach geht er dann in der kommenden Woche auf Nachtschicht.“ „Das ist aber heftig.“ „Es fahren ja am Wochenende immer nur ein paar Fahrer. Es wird ja zugesehen, dass alle Fahrer am Wochenende ihren Reset gemacht bekommen. Das wird dann so verteilt, dass manche die am Samstag und manche die am Sonntag machen. Dann sieht man zu, dass man denen gleich die komplette Planung auf einmal durchgibt. Dann brauchen sich die Fahrer nur einmal melden. Oder eben noch, wenn was nicht nach Plan läuft.“ „Dann geht das ja noch.“ Im Prinzip schon. Man hängt nur das ganze Wochenende zuhause rum. Ich kann ja schlecht Telefon und Laptop mit aufs Board oder aufs Bike mitnehmen.“ „Letzte Woche habe ich aber recht oft mit Charlie gesprochen.“ „Bei neuen Fahrern ist das noch was Anderes. Da muss man dann noch mal schauen, ob das alles klappt. Außerdem hast du noch kein ORBCOMM.“ „Verstehe.“ „Jetzt fahr aber weiter.“, sagte sie lachend. „Sonst bin ich noch schuld, wenn deine Tour nicht mehr klappt.“ „Ist ja gut. Mach ich.“ Wir beendeten das Telefonat und ich machte mich dann wieder auf den Weg.

Ich fuhr dann wieder zurück auf die CA-99. Nun hatte ich viel, wo ich drüber nachdenken konnte. Keela war offensichtlich kein typisches junges Girl. Dazu hatte sie einfach die falschen Hobbys. Trotzdem klang das alles Interessant und auch aufregend. Heute sollte ich mich aber wieder auf die Arbeit konzentrieren.
Ich konzentrierte mich auf die Straße und fuhr gemütlich durch die Nacht. Etwa zwei Stunden nachdem ich dann wieder losgefahren war, kam ich dann in Fresno an. Ich fuhr Downtown vom Highway und machte mich auf den Weg in die Stadt. Dabei kam ich dann auch am Zentrallager vorbei. Das ließ ich in diesem Fall aber rechts liegen.

Ich fuhr weiter in die Stadt und machte mich dann auf den Weg zum Supercenter. Auch bei FedEx kam ich dann wieder vorbei und ich musste an die Situation vor ein paar Tagen denken, wo es mit der Planung gar nicht geklappt hatte. Heute Nacht lief aber alles glatt und ich kam dann kurz vor halb Zwei am Supercenter an.
Dort meldete ich mich wieder im Büro im Nebengebäude. Man wies mir dann das Tor zu, an dem die Fernseher abgeladen werden sollten. „Nimmst du eigentlich den Trailer mit dem Verpackungsmaterial wieder mit?“ wurde ich dann gefragt. „Ich frage mal eben bei der Dispatch nach.“, sagte ich und rief dann Charlie an. „Schön, dass du dich meldest. Ich hatte schon etwas früher mit dir gerechnet.“ Begrüßte mich Charlie. „Ich habe meine Pause schon vorher gemacht. Bevor ich hierhin gefahren bin.“ „Ach so. Dann passt das wieder.“ „Soll ich die Altverpackungen hier mitnehmen?“ fragte ich dann. „Das kannst du machen.“, sagte Charlie. „Die gehen zum Außenlager in Santa Cruz. Die haben noch Platz in ihrer Müllpresse.“ „In Ordnung.“ Wir beendeten das Telefonat und ich teilte den Kollegen hier mit, dass ich den Trailer mitnehmen würde. Man machte mir also meine Papiere fertig und dann erledigten wir den ganzen Papierkram. Mein Trailer sollte dann an Tor 4 auf mich warten. Ich ging zurück zum Truck und fuhr auf den Hof. Dann sattelte ich um.
Nachdem ich das Umsatteln beendet hatte, folgte dann mal wieder die PTI. Um Zehn Minuten vor Zwei konnte ich dann nach Santa Cruz losfahren.

Diesen Weg war ich schon mal in umgekehrter Richtung mit Joe zusammen gefahren. Daher brauchte ich nicht lange überlegen, wie ich fahren wollte. Zuerst ging es dann über die Landstraße zur Raffinerie. Dort angekommen, konnte ich dann auf die CA 152 abbiegen. Über diesen zweispurigen Highway ging es nun durch die Nacht, bis ich an der US Route 101 ankam. Dort fuhr ich dann in nördlicher Richtung auf und kam so mal wieder direkt nach Santa Cruz. Dieses Mal brauchte ich aber nicht zum Neighborhood Market. Ich musste direkt zum Außenlager.
Dort kam ich dann gegen fünf Uhr in der Frühe an. Ich meldete mich im Container und der Kollege hatte eine schlechte Nachricht für mich. Der Trailer muss zur Müllpresse das ist hinten auf der Rückseite ganz in der Ecke. Ich musste also den langen 53 Fuß Trailer über die Blind Side in die letzte Ecke vom Hof rangieren. Glücklicherweise wurde es aber langsam hell, dass man wenigstens genug sah. Auch wenn der Hof sowieso gut ausgeleuchtet war. Das Rangieren klappte dann aber erstaunlich gut. Ich musste zwar mehrmals aussteigen und schauen, da ich ja keinen Beifahrer mehr mithatte. Eine Viertelstunde später stand der Trailer aber perfekt in der hinteren Ecke.
Dann meldete ich mich wieder bei Charlie. „So. Du bekommst dann einen Pup mit 23.000 lb Tafelgeschirr für das Supercenter in Bakersfield. Dass du da in dieser Schicht nicht mehr hinkommst, ist mir klar.“ „Okay.“ „Dann mach’s gut. Ich habe gleich Wochenende. Wir sprechen uns nächste Woche. Da habe ich dann Spätschicht.“ „Alles klar. Dann schönes Wochenende.“ Ich fuhr dann mit der Zugmaschine wieder nach vorne und machte am Container den Papierkram. Dann konnte ich an Tor 2 meinen Trailer aufsatteln.
Als ich dann meine PTI machte, kamen die beiden Kollegen vorbei, mit denen ich die Woche die Pause zusammen verbracht hatte. „Was machst du denn hier?“ wurde ich gleich gefragt. „Wonach sieht’s denn aus?“ „Hast du denn noch keinen Feierabend?“ „Zwei Stunden noch.“ „Das geht ja noch.“ Wir verabschiedeten uns und ich beendete die PTI. Um halb Sechs machte ich mich dann wieder auf den Weg.

Ich fuhr zuerst zurück durch Santa Cruz. Dann ging es wieder ein Stück über die Route 101. Schließlich nahm ich dann wieder den gewohnten Weg über die CA 152. Dieses Mal fuhr ich dann aber nur bis zur Interstate 5, auf die ich dann in südlicher Richtung auffuhr. Mit meiner restlichen Fahrzeit kam ich dann mit Ach und Krach noch bis zu einem kleinen Truckstop bei Firebough. Dort war dann endgültig Feierabend.
Viel für den Fahrer gab es dann hier aber nicht. Es war eine Tankstelle mit einem kleinen Bistro und ein paar Duschräumen. Dann gab es noch die obligatorische Waage und ein paar LKW Parkplätze. Leider gab es noch nicht mal was, in dessen Schatten man hätte parken können. Ich stand dann also mit meinem Truck auch noch in der prallen Sonne. Todmüde fiel ich aber erstmal in die Koje. Noch war es einigermaßen kühl. Daher schaltete ich noch den kleinen Lüfter im Dach des Sleepers an. Dann versuchte ich erstmal zu schlafen.

Samstag, den 12. August 2017, 5:15 p.m. Pacific Daylight Time:

Mit Schlafen war dann auch nicht viel. Da ich müde war, hatte ich dann erstmal geschlafen. Die Stunden konnte man dann aber an einer Hand abzählen. Zum Glück hatte ich keinen Reefer im Rücken, der mich dann hätte wecken können. Irgendwann war es dann wieder so warm im Truck, dass ich mich nur noch hin und her wälzte.
Schließlich stand ich dann auf und ging in den kleinen Truckstop. Dort lief wenigstens die Klimaanlage. Zuerst ging ich unter die Dusche. Danach fühlte ich mich wieder wie ein Mensch. Dann aß ich was in dem Bistro.
Schließlich holte ich mir meinen Laptop aus dem Truck und setzte mich mit dem an einen der wenigen Tische. Zuerst machte ich meine Rechnungen fertig, dann surfte ich dank WiFi noch etwas im Internet. So ging dann wenigstens die Zeit um.

Um viertel nach Fünf war dann endlich meine Pause um. Ich ging zurück zum Truck und begann mit der PTI. Um halb Sechs konnte ich dann endlich wieder fahren. Zunächst fuhr ich dann wieder in südlicher Richtung auf die I-5. Am Verkehr konnte man dann sehen, dass Wochenende war. Die Anzahl der Trucks war etwas geringer, als in der Woche, dafür war die Anzahl der PKW mit Familien um einiges höher, als in der Woche. Bei dem heißen Wetter, was wir zurzeit hatten, zog es dann doch viele an die Küsten. Genau, wie Keela, die jetzt wohl in Pacifica beim Surfen war.

Etwas später wechselte ich dann auf die CA-58 in Richtung Osten, was mich dann direkt nach Bakersfield bringen sollte. Inzwischen war es, der neuen Klimaanlage sei Dank, wieder sehr angenehm in meinem Truck. Gegen halb Neun erreichte ich dann das Supercenter in Bakersfield.
Ich stieg aus und meldete mich im Büro, was für die Lieferungen zuständig war. „Da steht auch noch ein Trailer für Altverpackungen am Tor. Nimmst du den mit?“ wurde ich gefragt. „Ich rufe mal eben in der Dispatch an, dann weiß ich mehr.“ Ich wählte die Nummer des Bereitschaftshandys und bekam Danny ans Telefon. „Wer stört?“, meldete er sich. „Gestatten, Murdock, Nervensäge.“ Antwortete ich. „Ach du bist das.“, sagte Danny. „Hier steht noch ein Trailer mit Altverpackungen. Soll ich den mitnehmen?“ „Ich nehme an, dass hier in Bakersfield ist.“ „Ja klar. Sorry.“ „Ja, den sollst du mitnehmen. Ich habe sonst eh nichts in Bakersfield. Die Altverpackungen sollen heute mal zu unserem Lager in Oxnard, wo sie dann entsorgt werden. Damit du mir nachher nicht noch auf die Nerven gehst, sage ich dir jetzt auch gleich den Anschluss. Bei einem 7Eleven Markt in Oxnard steht ein Trailer von uns, der mit Getränken voll ist. Dabei handelt es sich um eine Falschlieferung, die zurücksoll. Irgendjemand hat denen versehentlich Getränke unserer Eigenmarken verladen. Die möchten aber bei 7Eleven keine Cola mit Walmart Logo verkaufen.“ Er gab mir dann noch die Adresse des Marktes, die ich mir aufschrieb. „Die Ladung geht dann zurück an unser Zentrallager in Sacramento. Danach sollten dann auch deine 70 Stunden voll sein.“ „Okay.“ Wir legten auf und ich sagte dem Mitarbeiter hier, dass ich die Altverpackungen mitnehmen sollte. „Gut. Dein Trailer geht dann an Tor 2, der Andere steht dann an Tor 4.“ „Okay.“ Wir erledigten gleich den Papierkram und ich fuhr auf den Hof. Nun durfte ich den 28 Fuß Trailer dann wieder gegen einen fast doppelt so langen 53 Fuß Trailer tauschen. 36.000 lb an Altverpackungen sollten da drauf sein. Nach dem Umsatteln folgte dann die PTI.
Um zehn vor Neun durfte ich dann weiter nach Oxnard fahren. Das Supercenter lag direkt an der CA-99. Also fuhr ich dann auch direkt dort in südlicher Richtung auf. Langsam ließ dann der Verkehr wieder nach und ich konnte ganz entspannt durch den Abend fahren. Einige Zeit später ging die CA-99 dann in die I-5 über. Nun folgte wieder mal die Fahrt über den geliebten Tejon Pass. Anschließend ging es dann, wie gewohnt über die CA-126 weiter nach Oxnard.
Dieses Mal musste ich dann wieder nach Oxnard hinein, um zu dem dortigen Zentrallager zu kommen. Um kurz nach halb Eins kam ich dann dort an. Ich meldete mich, wie am Wochenende üblich direkt beim Lagermeister. „Stell den Trailer an Tor 23. Da hinten in der Ecke ist auch die Müllpresse.“ „Mache ich.“ „Sollst du auch wieder was mitnehmen?“ „Nein. Wir haben beim 7Eleven noch einen Trailer mit einer Falschlieferung stehen. Den soll ich mitnehmen.“ „Auch gut.“ Ich bekam meine Unterschriften und ging dann zurück zum Truck.
Dann stellte ich den Trailer an das besagte Tor. Man hatte die Müllpresse wohl deshalb in diese Ecke des Lagers gestellt, weil das nicht gerade toll war, dort einen Trailer abzustellen. Einen langen 53 Fuß Trailer sowieso nicht. Dementsprechend brauchte ich auch mal wieder eine Viertelstunde, bis ich den Trailer am Dock stehen hatte. Schweißgebadet sattelte ich dann ab und machte mich im Anschluss auf den Weg zum 7Eleven.

Normal wäre das eine Strecke, die man, selbst am Tage in fünf bis zehn Minuten zurückgelegt hätte. In dieser Nacht hatten aber offensichtlich die Lokführer was dagegen. Als ich gerade am Bahnübergang ankam, begannen die Lampen zu blinken. Ich hielt an und die Schranken senkten sich. „Gut. Dann lassen wir eben den Zug durch.“, sagte ich zu mir selbst. Der Zug fuhr durch und ich dachte es würde weitergehen. Die Schranken blieben aber unten und das Blinklicht blieb an. „Es kommt wohl noch ein Zweiter.“, vermutete ich. Ich stellte dann doch mal den Motor ab und öffnete das Fenster. Ich wollte ja nicht am Bahnübergang gegen die fünf Minuten Regelung verstoßen. Der nächste Güterzug fuhr durch und amerikanische Güterzüge können verdammt lang sein. Ganz so lang war er aber zum Glück nicht. Die Schranken gingen aber auch nach diesem nicht auf. „Was ist denn hier los? Ist die Schranke kaputt?“, dachte ich inzwischen. Es kam dann aber der dritte Güterzug. „Das gibt’s doch gar nicht.“, dachte ich inzwischen. Damit war es aber noch nicht vorbei. Erst nach dem vierten Güterzug gingen dann die Schranken wieder auf und die Blinklichter erloschen. Ich stellte mir dann schon die Frage, wie ich das im Logbuch vermerken könnte.
Nun konnte ich aber wieder weiterfahren. Um zwanzig nach Eins erreichte ich dann den 7Eleven Markt. Der Security Mann brachte mir dann die Papiere. Dabei fragte ich ihn dann gleich, ob ich nach dem Aufsatteln noch etwas stehen bleiben konnte und meine kurze Pause machen. Da keine Lieferung mehr in der Nacht erwartet wurde, war das dann kein Problem.
Ich quittierte ihm die Übernahme des Trailers und fuhr dann in den Annahmebereich wo einer unserer 48 Fuß Dry Van stand. Ich sattelte auf und machte dann die PTI. Im Logbuch trug ich dann auch die Zeit am Bahnübergang ein. Schließlich hatte ich da fast eine halbe Stunde gestanden. „4 Trains Crossing“ trug ich dann ein. Das würde bei der nächsten Kontrolle mit Sicherheit Klärungsbedarf geben. Nun machte ich noch meine Pause. In der Zeit legte ich mich noch mal in die Koje und machte ein kurzes Schläfchen.

Um viertel nach Zwei fuhr ich dann weiter. Zuerst ging es kurz auf die Route 101, die ich dann aber verließ, um auf die CA-126 zu wechseln. Nun merkte ich, dass ich mit der Ladung Getränke wieder etwas mehr zu tun hatte. Es waren immerhin 44.000 lb. Der Mack schlug sich aber gut und ich kam dann an der I-5 an, auf die es dann wieder in Richtung Norden und somit in Richtung Heimat ging.
Nun hatte ich aber wieder das Problem, dass ich für den Aufstieg zum Tejon Pass keinen Schwung holen konnte. Entsprechend mühsam wurde der Aufstieg. Der Mack kämpfte sich den Berg hoch und ich machte wieder Bekanntschaft mit einigen der 18 Fahrstufen des Fuller Getriebes. Ein Fahrer, der mit seinem modernen Kenworth für einen Wettbewerber unterwegs war, hatte da wohl entsprechend weniger auf seinem Trailer und überholte mich mit zügigem Tempo.

Mancher Werbemanager hätte jetzt wohl viel Geld für eine Aufnahme davon aufgegeben. Das Ganze dann mit einem Spruch wie „Nicht nur auf dem Highway ziehen wir so an Walmart vorbei – sondern auch mit unserer Leistung“ Zum Glück war gerade kein Werbemanager da, sondern nur ein Kollege, dem es noch schlechter ging, als mir. Er hatte seinen Truck mit kochendem Kühler bereits am Rand abgestellt.
Nachdem wir dann die Passhöhe erreicht hatten, kam nun der nächste Teil. Nun musste ich mit der Motorbremse versuchen, das vorgeschriebene Tempo zu halten. Da es bei einem vollen Trailer aber nicht funktionierte, musste ich dann doch immer wieder bei bremsen. Das tat ich aber nur in Maßen, damit mir die Bremsen nicht zu heiß wurden.
An dem Abzweig, wo die CA-99 abging, blieb ich dann aber auf der Interstate. So konnte ich mir dann am Sonntag die Ortsdurchfahrt durch Stockton sparen. So fuhr ich dann aber langsam dem Feierabend entgegen.

Kurz bevor der Feierabend dann aber kam, sollte ich dann aber noch für Polizei und DOT da sein. Die Waage hatte nämlich mal wieder geöffnet. Wer denkt am frühen Sonntagmorgen schon an sowas. Mit 75.916 lb war ich aber gut im grünen Bereich. Auch die Achslasten waren in Ordnung.
Nun hatte ich dann noch eine Viertelstunde, dann war für heute Morgen Feierabend. Dazu fuhr ich auf den Truckstop, wo ich schon mit den Kollegen aus Santa Cruz zusammengestanden hatte. Auch heute Früh war dort wieder ein Owner Operator mit einem Peterbilt mit Day Cab anzutreffen. Es stellte sich dann heraus, dass es einer der Beiden war, die ich schon kannte. Er war auf dem Rückweg aus Bakersfield nach Santa Cruz und hatte für eine Kaffeepause angehalten.

Als er dann hinterher weiterfuhr, ging ich dann zu dem kleinen Motel, was hier auf dem Rasthof war und nahm mir ein Zimmer. Noch eine Pause im heißen Truck konnte ich nicht gebrauchen. Da es noch zu früh war, um zu Hause anzurufen, schließlich schliefen meine Eltern sonntags länger, legte ich mich dann bald ins Bett.

Sonntag, den 13. August 2017, 4:00 p.m. Pacific Daylight Time:

Ich hatte wunderbar geschlafen. Da ich vom Tag zuvor etwas Nachholbedarf hatte, ging das umso besser. Ich schlief dann bis in den frühen Nachmittag hinein, dann stand ich auf und duschte und rasierte mich. Anschließend telefonierte ich mit Mom. Sie war etwas enttäuscht, dass ich nicht zu Hause war. Sie hatte eine Kaffeerunde im Familienkreis geplant, zu der auch Jessy und Dave gekommen waren. Nun war ich aber noch unterwegs und konnte nicht dabei sein. Ein kleiner Trost war dann für sie, dass ich dann aber am Abend nach Hause kommen würde.
Nachdem sie mich dann vertröstet hatte, weil sie den Kaffeetisch decken musste, setzte ich mich dann noch an meinen Laptop und machte die Kompletten Rechnungen einschließlich dieser Tour fertig. Die Meilen für diese Tour entnahm ich dann einfach von der Tour, wo ich vom Bahnhof, Oxnard zum Neighborhood Market Sacramento gefahren war. Das sollte dann einigermaßen hinkommen. So brauchte ich die Rechnungen morgen nur noch ausdrucken und konnte sie dann bei Walmart abgeben.
Als ich das beendet hatte, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, Keela eine WhatsApp zu schreiben: „Hi Keela. Ich bin heute Abend in Sacramento und habe dann Wochenende. Wollen wir dann noch irgendwo was trinken gehen? LG. Marc.“ Ich drückte dann schnell auf „Senden“ dann gab es kein Zurück mehr und ich konnte mir es dann nicht mehr anders überlegen.

Am Nachmittag um Vier hatte ich dann meine Pause hinter mir und ich begann mit meiner PTI. Eine Viertelstunde später ging es dann zurück auf die I-5. Dort war dann wohl auch der allgemeine Rückreiseverkehr von den Leuten, die aus dem Hinterland über das Wochenende an die Küste gefahren waren. Trotzdem lief es einigermaßen. Schließlich durfte in Kalifornien der PKW Verkehr etwas schneller fahren, als die Trucks. So fuhr ich dann langsam in den Abend hinein.
Irgendwann kam dann der Signalton von meinem Handy, dass eine WhatsApp angekommen war. Sie war, wie erhofft von Keela. Ihre Nachricht war dann aber nicht, wie erhofft. „Hi Marc. Sorry aber ich habe den ganzen Tag auf dem Board verbracht und morgen habe ich Frühdienst. Ich bin heute Abend echt fertig. LG. Keela.“ Schade dachte ich. Andererseits konnte ich das dann verstehen. Den ganzen Tag auf dem Board. Dann noch die Rückfahrt von Pacifica nach Sacramento. Ich sah ja selbst, was auf den Straßen los war. Ich spielte erst mit dem Gedanken, sie nochmal anzuschreiben und für morgen Nachmittag zu fragen. Dann ließ ich es aber, da mir da eine andere Idee kam.

So fuhr ich dann gemütlich in den Abend hinein. Es war dann schon Acht durch, als ich mich Sacramento näherte. Wenn dann in der Ferne die Skyline der Kalifornischen Hauptstadt erschien, war das für mich immer ein schöner Moment, weil es dann was Vertrautes hatte. Es gab sicherlich schönere Orte auf der Welt, das war aber die Stadt, in der ich aufgewachsen war und in der meine Familie und meine Freunde lebten. Daher liebte ich die Stadt irgendwie.
Ich fuhr dann Downtown von der Interstate. Da schon vor einigen Meilen die Tankleuchte angegangen war, bog ich dann erstmal recht ab und fuhr auf die Tankstelle. Dort füllte ich dann schonmal die Tanks für die nächste Woche.

Ich trug dann noch die Tankung ins Logbuch ein und fuhr dann zum Zentrallager. Dort musste ich mich dann wieder beim Lagermeister melden. Heute Abend hatte der Meister Dienst, unter dem ich damals bei meinem Ferienjob gearbeitet habe. „Sieh an. Der kleine Murdock. Was kann ich für dich tun?“ „Ich habe die Ladung wiedergebracht, die ihr fehlverladen habt.“, sagte ich mit einem Grinsen. Ich wusste ja schon wie er darauf reagieren würde. „Was heißt hier fehlverladen?“, regte er sich dann, wie erwartet auf. „Wenn die Knallköppe im Büro die falschen Artikelnummern nehmen, können wir doch nichts dafür.“ „Schon mal mitgedacht?“ stichelte ich weiter. „7Eleven will bestimmt keine Walmart Cola verkaufen.“ „Werden wir hier fürs Denken bezahlt? Dafür bekomme ich zu wenig Geld.“ Nun konnte ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen. „Du nimmst mich hoch, oder?“, fragte er jetzt. „Nein.“, sagte ich mit Unschuldsmiene. „Ich habe wirklich die Fehlverladung mit.“ „Dann stell den Trailer dahinten in der Ecke ans Tor.“ Schon hatte ich wieder meine Retourkutsche bekommen. Ich bekam wieder ein Tor, wo man sich entweder zu Tode rangierte, oder über die Blind Side ansetzen musste. „Willst du auch wieder was mitnehmen?“, wurde ich dann gefragt. „Ich habe jetzt Wochenende.“ Sagte ich wieder mit einem Grinsen. „Dann gib deine Zettel her.“, brummte der Meister. Er unterschrieb mir meine Exemplare und stempelte sie ab. Dann scheuchte er mich aus dem Büro. „Raus jetzt. Ich habe noch mehr zu tun, als mich hier von Kindern veräppeln zu lassen.“ „Ey, das war jetzt Altersdiskriminierung.“, rief ich in seine Richtung. „Pass auf, dass ich dir nicht noch den Hintern versohle.“, drohte er mir mit einem Grinsen. „Ich bin ja schon weg.“, sagte ich noch und machte mich auf den Weg zum Truck.
Dann setzte ich den Trailer an die Rampe. Hier machte sich die Retourkutsche des Meisters dann wieder bemerkbar. Das Rangieren war dann wirklich nicht so einfach. Erst recht mit einem Truck ohne Servolenkung. Eine Viertelstunde später hatte ich dann aber abgesattelt und konnte zu mir auf den Platz fahren.
Ich stellte den Truck in die Halle und füllte mein Logbuch zu Ende aus. Ich lag dann wirklich bei etwas über 68 Stunden. Dann sollte schon Wochenende sein.

Ich nahm dann meine Tasche mit der Schmutzwäsche und schloss dann alles ab. Dann wunderte ich mich, dass mein Auto gar nicht da war, bis mir einfiel, dass der noch bei Rick an der Werkstatt stand. Ich rief mir also ein Taxi und ließ mich zur Werkstatt fahren. Dort schmiss ich dann meine Tasche in den Ford und machte mich auf den Weg nach Hause.
Jessy und Dave waren natürlich schon lange weg. Mom und Dad wollten dann aber alles wissen, was ich die Woche so erlebt hatte. „Bekommst du das mit den Reparaturkosten hin?“, fragte mich Dad. „Ich denke schon.“, sagte ich. „Das war zwar nicht eingeplant, zumal ich letzte Woche erst 500 Dollar in die Klimaanlage investiert habe, aber irgendwie bekomme ich das hin.“ „Deine Mom und ich haben uns überlegt, dass wir das eine Mal die Reparaturkosten übernehmen. Aber nur, weil ich nicht möchte, dass du dich mit der Bestellung des neuen Trucks gleich übernommen hast.“ „Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“ „Danke reicht schon.“ Ich fiel den beiden vor Freude um den Hals. „Ich danke euch beiden.“ „Gern geschehen.“ Sagte Mom.
„Ich habe noch eine Kleinigkeit.“, sagte Dad. „Ich hätte gerne, dass du auf deinem neuen Truck auch Walmart Beschriftung anbringst. Dafür übernehmen wir dann die Kosten der Beschriftung. Dein Firmenname soll dann natürlich auch mit dranstehen.“ „Wenn du meinst.“, sagte ich mit gemischten Gefühlen. „Du hast doch eh einen festen Vertrag mit Walmart.“ „Ja gut. Einverstanden.“ Wir saßen dann noch eine Zeit zusammen. Ich überlegte erst, ob ich Dad noch nach Keela ausfragen sollte, entschied mich dann aber noch dagegen. Schließlich gingen wir dann alle zu Bett.

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