Ich ließ den LKW stehen, wo er war, sprang aus der Kabine und lief in die Halle. Auf den ersten Blick konnte ich sehen, dass teure Werkzeuge verschwunden waren. Auch einiges an Metallschrott war nicht mehr da. Wenn der Stahlpreis noch besser wäre, hätten sie wahrscheinlich die Blechhalle abgebaut. Ich rief die Polizei und meinen Bankberater Dennis Seiler an, der ja neben den Bankgeschäften auch für meine Versicherungsangelegenheiten erster Ansprechpartner war.
Die Polizei kam, aber der Kommissar machte mir wenig Hoffnung. Es gab hier zu viele Spuren. Die Halle hat jetzt den dritten Besitzer in 5 Jahren, manche davon hatten auch noch Personal und beauftragte Unternehmen hier im Einsatz. Es wimmelte nur so von Fingerabdrücken verschiedener Leute, das war nicht verwertbar und die Täter sowieso schon weg. In NRW agierten organisierte Banden von Belgien und Holland aus. Sie brachen hier ein, transportierten die Beute schnell über die Grenze und konnten da dann in Ruhe aussortieren, vor Ort verkaufen oder in ihre Heimatländer in Südosteuropa verschieben.
Schon tauchte der nächste Mensch in dieser Angelegenheit auf, um für die Versicherung den Schaden aufzunehmen. Er ließ sich eine Aufstellung der verschwundenen Gegenstände geben, machte Fotos, untersuchte die Überreste des Schlosses am Schiebetor und fuhr wieder.
Immerhin meine Wohnung hatten sie in Ruhe gelassen. Das wertvollste da drin wäre aber eh ein DVD-Recorder für 240 Euro gewesen. Ich studierte also erst mal zur Ablenkung die kostenlosen Nachrichtenblättchen aus dem Briefkasten, wo mir ein Artikel auffiel:
Stadt greift durch, kein Lohndumping mehr am Stadion

Nachdem an der Baustelle für das neue Leichtathletikstadion an der Essener Straße überwiegend für Niedriglöhne arbeitende, ausländische Subunternehmen eingesetzt wurden (wir berichteten), wird die Stadt nun durchgreifen. Der Vertragspartner hatte sich bei der Ausschreibung verpflichtet, auf genau solche Subkontrakte zu verzichten. Das bauleitende Unternehmen teilte mit, dass sie unter diesen Umständen die Anzahl der Subunternehmen reduzieren müssten um das Budget einzuhalten und die Bauarbeiten dann nicht schneller als zum Pflichttermin fertig würden. Nun sollen Freitagnachmittag zur Wochenendruhe alle Subunternehmer, die nicht zum der Stadt zugesagten Lohn weiterbeschäftigt werden können, die Baustelle räumen.
Das war heute und vermutlich ziemlich bald. Ich brauchte eine neue und sicherere Halle, so viel stand fest. Ich setzte mich in mein Auto und brauste zur Baustelle. Irgendeinen Unternehmer, der jetzt einen Auftrag suchte, würde ich hier schon finden. Ein ganzer Konvoi von Baufahrzeugen aus allen Ländern Europas machte sich abfahrbereit.
Von der Einfahrt verfolgte ich, wie ein verärgerter Mann mit jemandem von der Bauleitung sprach. Der niederländische Akzent war nicht zu überhören, eigentlich war es mehr Niederländisch mit deutschem Akzent: „Da habt je uns erst doll bescheißt, met de große Auftrag gelockt und jetzt kann het niet snell genug gehen?“ Der Bauleiter zeigte stumm Richtung Ausfahrt, worauf der aufgebrachte Holländer zu einem Kipper-Sattelzug mit Ginaf-Zugmaschine stapfte: „Ik verdwijn je nu, klootzak!“

An der Ausfahrt hielt ich den LKW an: „Brauchst Du einen neuen Auftrag?“ „Het muss mein Boss entscheijden. Hij is vor vijf Minuten weggefahren.“ „Ruf ihn an und er soll zu dieser Adresse kommen.“ Er telefonierte auf Niederländisch und gab mir dann die Antwort: „Hij wird en Hotel nehmen und kommt morgen voorbij.“
Als ich am nächsten Tag versuchte, zwei Löcher in das Tor zu bohren, um es auf altmodische Weise mit einer Kette und Vorhängeschloss zu sichern, nachdem das alte Schloss Schrottwert hatte, rollte ein Peugeot Boxer Pritschenwagen mit gelben Kennzeichen auf den Hof. Auf der Heckklappe stand „Bouwbedrijf Van Kuilenburg“. Der Fahrer stieg aus, ich ließ meine Bohrmaschine liegen und ging auf ihn zu: „Hallo. Ich bin Ricky Kaiser, der Besitzer von dieser Traumhütte.“ „Danjel van Kuilenburg. Mijn Mitarbeiter hat gesagt, dat je een Auftrag habt?“ Auch er sprach diesen drolligen Mix aus Deutsch und Niederländisch. Ich ging mit ihm im strömenden Regen das Gelände ab, während Vinni mit seinem Auto auf den Hof gebrettert kam und neben Danjels Kleinlaster einparkte.
„Hallo Vinni. Fang!“ Ich warf ihm die Schlüssel für meinen Truck zu. „Ich flashe das gerade hier. Brauche ich nicht wirklich für wegzufahren. Einmal Motor starten reicht.“ Er kletterte mit einem Laptop ins Führerhaus. Inzwischen erklärte mir Danjel, mit welchen Kosten er rechnete, um die alte Halle, den Krempel darin und wenigstens einiges von dem Unrat auf dem Gelände zu entsorgen. Es wurde doch um einiges teurer, als ich damals gedacht hatte, als ich das Grundstück übernahm.
In der Halle startete einmal kurz der Motor meines Stralis, dann kam Vinni aus der Halle und gab mir den Schlüssel zurück: „Wieder alles strahlend blau!“ „Was kriegst Du?“ „Jetzt nix, demnächst mal einen Werkstattauftrag wenn mehr anliegt.“ Ich steckte Vinni trotzdem einen Zwanziger in die Hemdtasche und er fuhr wieder weg.
Ziemlich durchweicht setzte ich mich mit Danjel ins Büro meines Containerpalasts. Er schlug eine dreiständige Halle vor, expandieren wollte ich sowieso mal irgendwann und bis dahin konnte ich wohl auch die beiden Stellplätze vermieten.
Außerdem sollte ein mehrgeschossiges Gebäude daneben für meine Wohnung, das Büro und ein weiteres Büro, ebenfalls zum Vermieten.
Weil durch die nicht mehr einbruchssichere Halle Gefahr im Verzug war und das Bausystem eine EU-Abnahme hatte, rechnete er damit, eine 24-Stunden-Genehmigung zu bekommen.
Ich hatte auch Dennis herbeigeklingelt und er rechnete mir kurz in meinem Wohnzimmer die Finanzierung durch, während Danjel nebenan wartete. Es war zu schaffen, umso einfacher, je mehr der nicht benötigten Bürofläche und Hallenplätze ich vermieten konnte. Also ließ ich Dennis mit unterschriebenem Kreditantrag wieder ziehen und Danjel mit Bauauftrag und Behördenvollmacht für die Genehmigung hinterher. Dann suchte ich mir einen Auftrag für Montag.
Ich wollte erst am frühen Mittag aufbrechen, damit ich noch kurz mit Danjel sprechen konnte. Er berichtete von seinem Besuch auf der Stadtverwaltung. Sie wollten den Antrag wirklich in 24 Stunden durch bekommen. Er selbst würde dann 2 Wochen brauchen, bis die Gebäude standen oder eher zusammengeschraubt waren, denn viel mehr als das war es bei der Bauweise nicht.
Während Danjel und seine Leute anfingen, einige der alten Kabelrollen zu zersägen und den Unrat aus der Halle zu räumen, machte ich mich mit meinem Truck auf den Weg. Auch der Auftrag war der Aufräum-Aktion am Stadion geschuldet. Mit einem 25-Tonner Radlader sollte es nach Aberdeen gehen. Dieses Bauunternehmen hatte seinen Auftrag ebenfalls verloren. Im immer noch kräftigen Regen sattelte ich auf und verließ die Stadionbaustelle.
Direkt am Stadtrand fuhr ich noch eine Tankstelle an. Es lohnte auch nicht wirklich, noch mal in Belgien raus zu fahren, um ein paar Cent zu sparen und die anderen Länder auf dem Weg waren noch teurer. Auf die Tankfüllung gerechnet waren das gerade mal 30 Euro zwischen Deutschland und Belgien.
Und der Zeitplan war ohnehin eng. Die Fähre in Amsterdam legte um 17 Uhr ab und war nicht mehr machbar, also wollte ich von Rotterdam nach Hull übersetzen. Die war noch relativ knapp zu schaffen, Ablegezeit dort war erst um 21 Uhr. Auch wenn, bedingt durch ein Problem mit einem alten Bergbaustollen am Essener Hauptbahnhof, der Verkehr im Ruhrgebiet dichter war als sonst.
P&O hatte gerade „Schweizer Wochen“, also gab es neben dem Standardprogramm allerlei alpine und pseudo-alpine Küche. Ich entschied mich für ein Schnitzel mit Schinken und Käse überbacken, dazu Röstiecken und ein Salat vom wie immer riesigen Buffet.
Am nächsten Morgen kämpfte ich mich gegen die Massen der Kontinentaleuropäer und mit den Briten ins obere Restaurant, wo es das „Full Traditional“ gab. Wie man diesen Sattmacher für den ganzen Tag nur verschmähen konnte, um sich stattdessen ein Brötchen Marke Glockenklöppel mit viel zu wenig Butter und so langweiligen Brotbelägen wie Konfitüre, Aufschnitt oder Schnittkäse beim kontinentalen Frühstück eine Etage tiefer reinzuquälen, würde ich wohl nie verstehen
Nun folgte die Fahrt von der Fähre zum Zoll. Der Bagger durfte zwar frei in der EU herumreisen, aber ich musste jedes Mal zum Immigrations Office. Im Zollbüro ging aber alles schnell. Die Dienstagmorgensonne ging entgegen aller Vorurteile über das hiesige Wetter über Großbritannien auf, nachdem sie auf dem Kontinent letztmals am Freitag einen Sonnenaufgang hinbekommen hatte. Zwar waren Wolken zu sehen, als ich auf der Schnellstraße aus Hull raus fuhr, aber es blieb erst mal trocken.

Erst bei Newcastle upon Tyne holte die Herbstrealität mich ein und versuchte es all den Inselbesuchern recht zu machen, die hier nur Regen und Nebel erwarteten. Trotzdem kam ich mit einer Rast an der englisch-schottischen Grenze gut voran in Richtung Highlands.
Die Nachtruhe legte ich auf einem kleinen Tankstellenhof bei Dundee ein. In Angesicht des auf solchen kleinen Tankstellen europaweit meistens vorherrschenden Fraßes machte ich mir lieber in der Kabine einen Eintopf warm.
Danach rief ich Danjel an und informierte mich. Die alte Halle war schon fast komplett abgerissen, das vorhandene Fundament gut und konnte integriert werden. Damit sollte die neue Systemhalle in 2 Wochen stehen und in 3 fertig sein.
Am nächsten Morgen regnete es immer noch. So fuhr ich weiter zum Ziel. Den Bagger wurde ich schnell los und machte mich dann auf den Weg zu ENI in die Stadt. Hier nahm ich 20 Tonnen Säure mit für einen Tagebau bei Prag. Die trennten damit wohl irgendwie das Erz vom Gestein.
Ebenfalls wieder durch den Regen kämpfte ich mich durch die Highlands zur Autobahn. Immerhin hatte ich, nachdem ich schon bei der Abfahrt noch mal der Automatik eine Chance gegeben hatte, festgestellt, dass sie auf trockener oder regennasser Straße auch am Berg funktionierte, auch wenn man handgeschaltet die eine oder andere Kuppe mit 5 oder 10 km/h mehr genommen hätte. Die Forth Road Bridge war nur ein Umriss im Nebel, von der keinen Kilometer weiter stehenden, berühmten Eisenbahnbrücke war nichts zu sehen.

Also beeilte ich mich auf dem Rastplatz Edinburgh, schnell in das Gebäude zu kommen. Auch hier gab es nur einen Imbiss nach dem schottischen Motto „Wir frittieren alles, was man verkaufen kann und verkaufen alles, was man frittieren kann.“ Wenn schon Hardcore, dann aber richtig. Also einmal Fish & Chips mit Remoulade und als Nachtisch ein in Backteig frittiertes Snickers – das Original war mit Mars, aber ich mochte keine Marsriegel.
Nachdem sich das Wetter südlich von Edinburgh gebessert hatte, gelangte ich trocken auf die Fähre und nass verließ ich sie am nächsten Morgen in Amsterdam. Trotz des Wetters kam ich aber gut voran, auch wenn ich auf der A4 irgendwann beschloss, die Rundumleuchten einzuschalten, damit mir niemand in dem Dunst auf den Trailer fuhr. Zwar würde die Schuldfrage dann auf ungewöhnliche Weise „gelöst“, aber der ganze Schreibkram…
So fuhr ich mit Lichtorgel auch zu meiner Nachtruhe auf die Rastanlage Hirschberg.
Am nächsten Morgen ging es im Regen weiter ans Ziel. Nun blieb mir noch genug Zeit, um nach Prag zu fahren und dort das Wochenende in einem billigen Hotel zu verbringen.
Als erstes rief ich bei Danjel an, um zu hören, wie weit die neue Halle war. Das Gerippe mit Dach stand, kommende Woche sollte es an die Wände gehen. Systembauweise hatte auch ihre Vorteile.
Das Wochenende in Prag war vom Wetter durchwachsen. Den Samstag verbrachte ich daher im Hotelzimmer. Immerhin am Sonntag schien die Sonne, deshalb heißt er ja auch so.
Auch wenn ich das ganze Wochenende noch gehofft hatte, eine bessere Fracht zu bekommen, aber ich musste am Ende doch den Kraftstoff-Tanktainer wieder beim Tagebau laden. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich dort in der Nähe in einer Pension geblieben. Und natürlich regnete es schon wieder, als ich raus zum Kunden fuhr.
Bis zur Schlafpause kam ich kurz vor die Schweizer Grenze, hatte aber auch schon den ersten Tag mit verlängerter Lenkzeit ziehen müssen. Am nächsten Vormittag kam ich, immer noch im Regen, durch die Schweiz und machte hinter Genf Pause an der Grenze nach Frankreich. Am Nachmittag ging es weiter, bis ich in einer Kleinstadt abseits der Hauptstraße in einem Gewerbepark übernachtete.
Am Mittwoch ließ sich dann endlich wieder die Sonne blicken, als ich abfuhr.

Sie blieb mir auch bis Marseille erhalten, wo ich den Trailer beim Kunden abstellte und ins Büro ging.
Wenn ich nun dachte, dass ich mal endlich ein Bisschen meine Ruhe vor Regen, Scheibenwischern, Nebel und Rundumleuchten hätte, so war dies aber ein Irrtum. Ich war zu Linde gefahren, hatte meine 9 Tonnen Stickstoff aufgesattelt und die Papiere geholt. Aber noch während ich die Papiere verstaute und mich wieder auf dem Fahrersitz häuslich einrichtete, fing es wieder an zu tröpfeln.
Mit einer Rast an einer Tankstelle fuhr ich weiter bis in die Schweiz. Und endlich, hinter Genf hörte der Regen an einem Bergkamm auf. Ich fuhr bei Regen in den Tunnel und kam in der Abendsonne wieder raus. Kurz danach war meine auch heute wieder verlängerte Lenkzeit um und ich steuerte meinen Truck auf den Rastplatz. Bevor ich ins Rasthaus auf einen Teller Geschnetzeltes mit Rösti ging, machte ich noch ein Foto von der Abendstimmung.

Am nächsten Morgen war meine Stimmung wieder eher Weltuntergang, weil draußen auch die Welt unterging. Der Weg bis in das Rasthaus reichte aus, dass ich mir dort eigentlich die Dusche schenken könnte. Nach einem zur Entschädigung hervorragenden Frühstück machte ich mich auf den immer noch weiten Weg nach Leipzig.
Meine Mittagspause machte ich hinter der Grenze auf dem Rastplatz Hegau, danach ging es weiter durch Waterworld bis zur Rastanlage Frankenhöhe, wo ich meine Ruhezeit einlegte. Als ich wieder losfuhr, regnete es noch, aber schon kurze Zeit später kam endlich wieder mal die Sonne raus.
Lange hatte ich nichts von ihr, denn es wurde Nacht. Als ich endlich mein Ziel in Leipzig erreichte, war es schon komplett dunkel.

Schnell fuhr ich nach dem Absatteln noch irgendwo parken.
Leider war am nächsten Morgen auf dem Frachtmarkt nicht so schönes Wetter wie draußen. War schon Leipzig ein Kompromiss gewesen, fand sich auch jetzt keine Fracht ins Ruhrgebiet. Als es bis 11 Uhr keine gab, fuhr ich Solo durch halb Deutschland rüber.
Von unterwegs rief ich Danjel an: „Wie weit seid Ihr?“ „Je kannst morgen in het Apartment einziehen en Parkplaats 1 gebrauchen. Wann kommst je heute?“ „Wahrscheinlich erst gegen 6 Uhr.“ „Dit is zu spaet. Dan zijn we weg.“ „Kein Problem, sehen wir uns morgen oder Montag?“ „Maandag. Bye. Ik werfe Dir en Slussel in de Mailbox. De Steuerung voor de Dooren in de Halle arbeitet schon.“
Ich fuhr über Kassel und Dortmund nach Hause. Gespannt bog ich in meine Straße ein und kurz darauf sah ich die veränderte Skyline von Bochum-Langendreer. Ich parkte meinen Truck hinter der Halle und ging für eine letzte Nacht in meinen Wohncontainer. Wie versprochen lag der Schlüssel im Briefkasten, also ging ich noch schnell ins neue Gebäude und schaute mir alles an, so lange es noch ein Bisschen Licht gab.
Im Erdgeschoss war noch Baustelle, teilweise standen nur die Trockenbauwände, es fehlen Steckdosen und Lichtschalter. Eine Etage drüber waren die Büros schon fertiger. Hier hingen auch schon die Deckenverkleidungen, es fehlten vor allem noch die Türen und jede Menge Feinarbeiten. Nun kannte ich ja die Fläche schon gut, also war ich schon fast ein Bisschen eingeschüchtert, als ich wieder ins Treppenhaus ging.
Schon hier war die Tür zu meiner Wohnung, also nicht erst am oberen Ende der Treppe. Ich schloss auf und ging ins dritte Stockwerk hoch. Dort war, wie auch auf der mittleren Ebene schon, eine Art Balkon in die Halle hinein. Ich schaute kurz über die drei Stellplätze, bevor ich meinen Palast inspizierte. Wer sollte hier alles wohnen? Die Bude hatte eine Küche, ein Badezimmer mit Dusche und Wanne, die Toilette in einem separaten Raum, einen Abstellraum, der keine Fenster, sondern nur ein Oberlicht hatte und drei Zimmer, die Wohn- oder Schlafräume werden konnten.
Aber Danjel hatte gesagt, dass das Gebäude so groß sein musste, weil es das Dach der Halle sonst nicht mittragen könnte. Ich fuhr noch meinen Truck in die Halle und am nächsten Morgen machte ich ein Foto bei Tageslicht.

Am Samstag und Sonntag brachte ich meine wenigen Möbel in die neue Wohnung und stellte sie auf. Die Balkone in der Halle konnte man mit einer kleinen Deckenwinde erreichen und so brauchte ich keinen Tragehelfer, sondern konnte alles mit einer Sackkarre und der Winde alleine rauf schaffen. Montag bis Mittwoch stellten Danjel und seine Leute den Rest fertig und ich richtete mich beim Schweden meines Vertrauens weiter ein. Allerdings würde ich ein Zimmer erst mal leer lassen und nur ein Wohn- und ein Schlafzimmer einrichten.
Bei dem dann angekündigten Orkantief beschloss ich hier zu bleiben und schon mal meine Bude für Weihnachten vorzubereiten. Zwar wollte ich über die Feiertage zu meinen Eltern ins Sauerland fahren, aber wenn ich vorher von meiner letzten Tour wieder kam, wollte ich nur noch den Schalter umstellen und Weihnachtsstimmung haben. Das war der Vorteil von Plastikbäumen. Man konnte sie auch ohne Probleme 3 Wochen in einer schwach beheizten Wohnung stehen lassen, ohne dass ihnen was passierte.
Am Donnerstag kam nicht nur der angekündigte Orkan, sondern auch ein Brief, der mir zumindest mit Orkanstärke über das Bankkonto fegte:
Ihnen wurde die folgende Verkehrszuwiderhandlung verzeigt:
Sie übertraten die zugelassene Höchstgeschwindigkeit mit ihrem Camion um 9 km/h
Ort der Zuwiderhandlung: Tunnel de Arrissoules, Bundesautobahn 1 Genf – Bern
Fahrzeug, Fabrikat: Iveco
Fahrzeug, Modell: Stralis
Immatrikulationsnummer: (D) BO-BV 72
Die Zuwiderhandlung wird mit SFr. 245 gebüsst, anzuweisen auf umseitiges Konto der Bundeskasse.
Sollte keine Busszahlung eingehen, kann diese binnen zwei Jahren bei Einreise in die Schweiz vollstreckt werden. Sollten Sie die Vollstreckung verweigern oder nicht leisten können, kann die Busse in Strafanstalt gewandelt werden.
Allfällige Widersprüche gegen diesen Bescheid sind an die umseitige Adresse zu richten.

Da würde ich wohl bezahlen müssen. Die Schweiz lag einfach zu sehr im Weg, als dass man zwei Jahre um sie herum fahren könnte. Und bei diesem Traumfoto konnte ich auch schlecht behaupten, dass ich es nicht gewesen war.
