32. Ashley – Marcs Niederlassung – Ausschlafen

Freitag, den 20. November 2020, 7:00 pm, PST, Sacramento, CA:

Der Einkauf im Walmart Supercenter an der Florin Road ging aber recht zügig. Schließlich stand ich dann in der Schlange vor der Kasse.

Einige Zeit später, kurz bevor ich aufpacken konnte, hörte ich eine Stimme von hinten. „Steve? … Steve Murdock?“ Ich drehte mich um. Hinter mir stand eine gutaussehende, blonde Frau, die etwa mein Alter hatte. Sie trug ein elegantes Businesskostüm. Durch die vorgeschriebene Maske erkannte ich sie nicht sofort. Diese tiefen blauen Augen kannte ich aber. Dann traf mich fast der Schlag. „Ashley?“, fragte ich überrascht. „Was m…“ Weiter kam ich in diesem Moment nicht. Nun traf mich wirklich der Schlag. Der, einer kräftigen Ohrfeige, die mir Ashley verpasste. Die Bänder meiner Maske rissen auf der linken Seite wegen der Ohrfeige ab und der Rest baumelte am rechten Ohr. Ich starrte sie fassungslos an. „Was sollte das denn?“ „Das fragst du noch?“, sagte Ashley und funkelte mich aus ihren blauen Augen an. „Eigentlich hättest du dir noch viel mehr verdient, nachdem du mich vor zwölf Jahren einfach sitzen gelassen hast.“
Ich blickte mich um. Die anderen Kunden in der Nähe beobachteten die Szene interessiert. Meine linke Wange war von der Ohrfeige schon gerötet, nun glich sich die restliche Gesichtsfarbe vor Scham an. Ich suchte erstmal in meinen Taschen nach einer weiteren Einwegmaske und ersetzte die Defekte, nachdem ich sie gefunden hatte. Dann schaute ich wieder zu Ashley. „Ich weiß nicht was ich sagen soll…“, begann ich. „Das ist mir klar.“, sagte Ashley. „Ihr Kerle seid doch alle gleich.“ „Ich habe damals allen den Rücken gekehrt. Nicht nur dir. Ich habe dir nichts gesagt, um dich zu schützen.“ „Schützen? Wovor denn?“, fragte sie schnippisch. „Davor, dass du kein Geheimnis bewahren musstest. So musstest du nicht entscheiden, ob du mich verrätst oder nicht.“ „Du hast gedacht, ich hätte dich verraten können? Ich hab dich geliebt.“ „Ich habe dich auch geliebt. So konntest du aber glaubhaft versichern, dass du nicht wusstest, wo ich bin.“ „Meinst du, das hat mir jemand abgenommen? Meine Eltern haben mich regelrecht verhört. Mit alles Tricks, die sie als Rechtsanwälte draufhatten. Dann hat mir deine Mutter ins Gewissen geredet. Wenn es keiner verhindert hätte, hätte mich dein Vater sicher geschlagen.“ „Das tut mir leid.“ Sie stieß ein verächtliches Lachen aus. „Meinst du damit ist alles wieder in Ordnung?“ „Sag mir, was ich machen soll und ich tu es.“
Ich war an der Reihe und packte meine Einkäufe auf das Band. Ashley schaute mir zu und schüttelte den Kopf. „Ich fasse es nicht. Da tauchst du nach zwölf Jahren aus dem Nichts in Sacramento wieder auf und meinst mit einer simplen Entschuldigung ist alles vergessen.“ „Was erwartest du? Soll ich mich hier auf den Boden werfen und dich um Vergebung bitten?“ Sie starrte mich an. „Selbst das würde nicht ausreichen, um das zu reparieren, was damals in mir kaputtgegangen ist.“ „Übertreib es nicht.“, sagte ich. Langsam war ich verärgert. „Du hast ja keine Ahnung.“, sagte Ashley und begann nun ihrerseits, ihre Einkäufe aufzupacken. Die Kassiererin scannte nun meinen Einkauf ein, während ich die Sachen wieder in den Wagen packte. Als es ans Bezahlen ging, fragte sie: „Hast du deine Mitarbeiterkarte dabei?“, ich reichte sie ihr unter dem entgeisterten Blick von Ashley. „Du arbeitest bei Walmart?“, fragte sie mich mit fassungslosem Blick. „Das ist einer der Fahrer von Walmart Transportation.“, erklärte die Kassiererin und deutete auf meine Fahreruniform. „Er sorgt dafür, dass die Waren bei uns im Walmart Supercenter ankommen.“ „Du arbeitest als Truckdriver für deinen Vater?“, fragte Ashley fassungslos. Die Kassiererin schaute verwirrt von Ashley zu mir und wieder zurück. „Ich habe doch nichts falsch gemacht. Oder?“ „Alles in Ordnung.“, beruhigte ich die Kassiererin und schloss den Bezahlvorgang ab. Dann ging ich zur Seite und wartete, bis Ashley ebenfalls bezahlt hatte.

Sie kam auf mich zu. „Ich kann es nicht glauben.“, sagte sie immer noch fassungslos. „Das wollte ich ja eben sagen. In meiner Familie ist alles geklärt. Meine Eltern haben inzwischen eingesehen, dass es damals ein Fehler war, mich und meine Geschwister zu irgendwas zwingen zu wollen. Wir verstehen uns inzwischen so gut, dass ich tatsächlich als Truckdriver für meinen Dad fahre.“ „Wie bist du dazu gekommen, Truckdriver zu werden?“ „Das ist eine lange Geschichte. Viele Möglichkeiten hatte ich aber ohne Ausbildung und ohne High-School Abschluss nicht.“ „Stimmt. Die High-School hast du ja damals auch geschmissen.“, erinnerte sie sich. Ich musterte sie und ihr Outfit nochmals. „Aber dir scheint es ja gut zu gehen.“ „Beruflich und finanziell sicherlich.“, sagte sie. „Dass der Rest nicht passt, ist irgendwie deine Schuld.“ „Ich verstehe nicht.“ „Ich habe doch eben schon gesagt, dass du was in mir zerstört hast. Seitdem du mich sitzen gelassen hast, habe ich es nicht geschafft, mich auf einen Mann so einzulassen, dass eine Beziehung möglich wäre.“ „Du gibst mir die Schuld, dass du keinen passenden Mann findest?“ „Oh, Kandidaten gab es genug. Ich bin ja kein Mauerblümchen. Mehr, als Freundschaft plus, funktioniert aber bei mir nicht. Wenn es enger wird, sperrt sich in mir alles.“ „Und das soll meine Schuld sein?“ „Laut meiner Therapeutin schon.“ Jetzt war ich der, der fassungslos war. „Sie sagt, dass ich nicht bereit bin, mich auf eine Beziehung einzulassen, weil da eine unterbewusste Angst ist, wieder verletzt zu werden.“ „Jetzt übertreibe mal nicht.“ „Das tue ich nicht. Es ist mir todernst.“ „Hast du mir deswegen eine gescheuert?“ „Nicht nur deswegen. Und ich würde es jederzeit wieder tun.“ „Dann hast du ja Glück, dass ich niemals eine Frau schlagen könnte.“

Wir gingen auf den Parkplatz. Schließlich kamen wir an meinem Focus an. „Das ist dein Auto?“, fragte Ashley, sichtlich amüsiert. „Was dagegen?“, fragte ich verärgert. „Du musst ja wissen, womit du rumfährst.“ „Ist ja auch nur unser Zweitwagen.“ Jetzt riss Ashley die Augen groß auf. Unser Zweitwagen?“, wiederholte sie. „Hast du gedacht, ich bin Single?“ Sie schlug die Augen nieder. „Eher gehofft.“, antwortete sie. Ich musste einmal schlucken. „Warum?“, fragte ich mit einem flauen Gefühl im Magen. „Weil… ich glaube, … dass ich… dich… immer noch liebe.“ Die bisher so selbstsicher auftretende Ashley schaute mich mit einem scheuen Blick, wie ein kleines Mädchen an. „Tut mir leid, Süße.“, sagte ich. „Du hast also eine Freundin?“, fragte sie. „Ehefrau und Kind trifft es besser.“
Ich sah, dass ihr diese Aussage regelrecht einen Schlag versetzte. Sie stützte sich auf ihren Einkaufswagen. „Kann ich dir helfen?“, fragte ich besorgt. „Geht gleich wieder.“, sagte sie matt. „Du bist Vater?“, fragte sie dann aber. „Ja. Tim ist ein richtig aufgeweckter kleiner Mann von dreieinhalb Jahren.“ Ashley nickte nur. „Verstehe.“
Ich räumte schnell die Einkäufe in den Focus und begleitete sie dann. Nicht, dass sie noch auf dem Parkplatz zusammenbrach. Wir kamen dann an einem silbernen Porsche 911 Turbo als Cabrio an. „Wir sind da.“, sagte Ashley. „Das ist deiner?“, fragte ich überrascht. „Das ist zwar nicht der Zweitwagen, ich habe aber auch noch einen SUV, falls es die Straßen oder das Wetter erfordern.“ „Vermutlich noch einen Porsche.“ Sie nickte. „Aber nur einen einfachen Macan.“ „Ähm… was machst du beruflich?“ Sie holte eine Visitenkarte aus ihrer Handtasche.

CHAMBERLAIN – FOSTER – LEWIS
Attorneys at Law

Ashley C. Chamberlain
Senior Partner
(Attorney at Law)

Darunter folgte noch die Anschrift der Kanzlei. Sie schrieb mir noch ihre Handynummer auf die Rückseite der Karte und gab sie mir dann.
„Du bist Rechtsanwältin und mit knapp 30 schon Senior Partner?“, wunderte ich mich. „In der Kanzlei meiner Eltern. Da ist das doch kein Wunder.“, sagte sie gleichgültig. „Was machst du eigentlich in dieser Gegend?“, fragte ich sie. „Du wohnst ja sicher nicht hier.“ „Natürlich nicht.“, sagte sie, als sei es völlig abwegig. „Ich habe ein Appartement in Southside Park. Ich hatte aber noch einen Außentermin in Florin. Auf dem Weg zurück zum Highway habe ich hier angehalten, um noch schnell was einzukaufen.“ „Sorry, Ash. Luxusappartements, Porsche fahren und so weiter. Das ist absolut nicht meine Welt.“ „Nenn mich nicht Ash. Du weißt, dass ich das hasse. Was ist denn deine Welt? Truck fahren? Familie, Hund und Haus mit weißem Lattenzaun?“ „Etwa das. Nur ohne Hund und Lattenzaun. Wir haben ein gemütliches Haus in Lemon Hills und sind dort glücklich.“ „Ich hatte damals gehofft, dass du etwas mehr Ehrgeiz hättest.“ „Den hatte ich, als ich noch bei den Marines war. Der Einsatz im mittleren Osten hat aber dazu beigetragen, dass ich meine Ziele etwas tiefer gesetzt habe, bevor ich daran zerbreche. Anschließend habe ich erst als Ausbilder in San Diego gedient und jetzt bin ich eben wieder hier. Ohne Abschluss musste ich dann meine Ziele etwas realistischer definieren.“ „Also noch so ein kaputter Kriegsveteran.“ „Nicht wirklich. Ich hab meinen Dienst zugunsten meiner Familie quittiert. Aber du bist noch so ehrgeizig wie früher. Wo hast du studiert? Stanford? Berkeley?“ „Es geht auch außerhalb von Kalifornien.“, sagte sie mit einem Anflug von Stolz in der Stimme. „Nein. Du warst nicht in Harvard.“ „Doch. Nach dem Abschluss bin ich noch in Boston in einer Kanzlei geblieben, bis ich dieses Jahr wieder nach Hause gekommen bin. Mir fehlte die kalifornische Sonne.“ „In Massachusetts alles ohne Chamberlain Bonus?“ „Nicht ganz. Die Kanzlei in Boston ist unser Partner für Angelegenheiten in New England.“
„Okay. Ich muss gehen. Pam fragt sich sicher schon, wo ich bleibe.“ Ashley nickte traurig. „Also kann ich dich nicht davon überzeugen, zusammen noch was trinken zu gehen.“ „Sorry, Ashley. Ich muss auch morgen wieder früh raus. Außerdem ist es besser, wenn wir das nicht machen.“ „Schade. Zumal du immer noch super aussiehst. Du scheinst dich fit zu halten. Vielleicht sollte ich um dich kämpfen.“ „Lass es, Ashley. Ich bin glücklich mit meiner Familie.“ „Wenn du mal einen Anwalt brauchst, weißt du ja jetzt, wo du mich findest.“ „Da komme ich bei Bedarf vielleicht sogar drauf zurück.“ „Wir sehen uns. Verlass dich drauf.“, sagte sie zum Abschied. Dann stieg sie in den Porsche und fuhr mit dem röhrenden Sound des 6Zylinder Boxers vom Parkplatz. Ich brachte meinen Einkaufswagen weg und fuhr schließlich nach Lemon Hills.

Zu Hause angekommen, kam ich mit den Einkäufen beladen in den Flur. „Mami, Daddy ist da.“, rief Tim und lief dann auf mich zu. „Hallo Daddy. Mami hat gesagt, dass wir morgen wieder Truck fahren.“ „Hallo mein Großer. Aber nur, wenn du auch lieb bist.“ „Ich bin immer lieb.“, sagte Tim mit unschuldigem Blick. „Wenn das mal stimmt.“, sagte ich lachend. Tim nickte eifrig.
Nachdem ich meine Jacke und Schuhe losgeworden war, ging ich in die Küche, wo Pam gerade die Spülmaschine ausräumte. „Da bist du ja. Ich habe mir schon sorgen gemacht.“, sagte sie und kam, um mich zu küssen. Dann fiel ihr die immer noch leicht gerötete Wange auf. „Was hast du denn da gemacht?“ „Ich… ähm… hab da eine Ohrfeige bekommen.“, sagte ich mit gequältem Blick. „Ist nicht dein Ernst. Dann möchte ich nicht wissen wie der andere aussieht.“ Die andere ist unverletzt.“, sagte ich nun. „Muss ich das verstehen?“, wunderte sich Pam. „Das ist auch der Grund, warum ich so spät dran bin.“, sagte ich erklärend. „Das musst du mir näher erklären.“ „Ganz einfach. Ich habe beim Einkaufen Ashley Chamberlain getroffen.“ Pam runzelte die Stirn. „Moment… ist das die Ashley?“ Ich nickte. „Ganz richtig. Meine Exfreundin, die ich seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen habe.“ Pam nickte nachdenklich. „Verstehe. Und deine Ex hat dir eine Ohrfeige verpasst?“ „Ganz genau. Mitten im Walmart Supercenter in der Schlange an der Kasse.“ Pam schüttelte den Kopf. Dann musste sie lachen. „Wie peinlich ist das denn?“, sagte sie dann amüsiert. „Ich fand das nicht so witzig. Erst recht nicht in meiner Fahreruniform.“ Pam lachte dennoch weiter. „Das musst du mir gleich in allen Einzelheiten erzählen. Aber zuerst bringst du Tim ins Bett. Der muss jetzt schlafen. Sonst bekomme ich in morgen nicht wach.“ Ich nickte. „Hoffentlich kann er überhaupt schlafen. Er ist ja schon total aufgekratzt wegen morgen. Vielleicht hättest du es ihm nicht sagen sollen.“ „Das wird schon.“, sagte Pam optimistisch. „Dann komm Tim.“, sagte ich. Der kleine wollte erst schmollen, sah dann aber den Blick, den Pam und ich ihm zuwarfen. „Du weißt, was ich dir gesagt habe.“, sagte Pam. „Okay, Mami.“, sagte Tim und ging brav mit.

Es dauerte dann fast die ganze Geschichte, die ich ihm vorlas, bevor er endlich eingeschlafen war. Anschließend ging ich zu Pam ins Wohnzimmer. „Willst du noch was essen?“, fragte sie mich. „Eigentlich schon.“ „Dann gehen wir in die Küche. Was du zu erzählen hast, ist sowieso spannender als das Fernsehprogramm.“
Beim Essen erzählte ich ihr dann die ganze Geschichte. Zwischendurch hatte Pam ein paar Fragen, ansonsten ließ sie mich erstmal erzählen. „Ist ja echt unglaublich. Sie hat echt gedacht, ihr könntet nach zwölf Jahren einfach da wieder anfangen, wo ihr aufgehört habt?“ „Den Eindruck machte es.“ „Das kann doch gar nicht funktionieren. Ihr habt euch doch beide weiterentwickelt. Das weiß ich sogar ohne Harvard-Abschluss.“ „Ich weiß das. Außerdem habe ich dich und Tim. Ich will auch gar nicht zu Ashley zurück.“ „Wenn du jetzt was anderes gesagt hättest, wäre dir heute noch eine zweite Ohrfeige sicher gewesen.“, sagte Pam lachend. „Die hätte ich dann auch verdient.“, sagte ich grinsend. „Obwohl. So ein Porsche ist schon schick.“ Pam boxte mich in die Seite. „Lass dich bloß nicht von dem Geld verlocken.“ „Sicher nicht. Selbst wenn sie Milliardärin wäre, wärst du mir tausendmal lieber. Liebe kann man nicht kaufen.“ „Dann ist ja gut.“
Wir räumten den Esstisch ab. „Willst du noch ins Wohnzimmer oder gehen wir direkt ins Schlafzimmer?“ „Ist das eine Einladung?“ „Vielleicht, vielleicht auch nicht.“, sagte Pam mit einem verführerischen Augenaufschlag.

Samstag, den 21. November 2020, 3:30 am, PST, Sacramento, CA:

Der Wecker klingelte für einen Arbeitstag zur üblichen Zeit. Heute ließ ich aber den Wecker etwas länger klingeln, damit Pam ebenfalls wach wurde. „Was ist los?“, murmelte sie schlaftrunken. „Die Nacht ist um, Sweetheart.“, antwortete ich und gab ihr dann einen sanften Kuss. „Kannst du nicht mit Tim alleine fahren?“, murmelte sie weiter. „Und wer passt auf den Wirbelwind auf, wenn ich gerade draußen bin?“ „Du hast recht. Okay, ich stehe auf.“
Wir gingen beide ins Bad und machten uns gemeinsam fertig. Obwohl das bei uns sehr selten der Fall war, klappte es doch erstaunlich gut. Anschließend schlüpfte ich im Schlafzimmer in meine Fahreruniform. Pam entschied sich wieder für Jeans und ein enges Top. Darüber zog sie erstmal ein Hoodie. Nun ging ich in die Küche und machte dort den Kaffee und ein schnelles Frühstück fertig. In der Zeit weckte Pam Tim und machte ihn fertig. Das klappte alles so gut, als würden wir das tagtäglich so machen. Wir hatten sogar Zeit, eine Kleinigkeit zu essen, bevor wir losmussten.

Am Zentrallager angekommen, lief die ganze Sache ebenfalls wie geschmiert. Ich nahm den Kindersitz aus dem Edge und packte ihn auf den Beifahrersitz des Kenworth. Anschließend erledigte ich die PTI, bei der Tim aufmerksam zusah. Er wusste zwar nicht, warum ich die Kontrollen machte, fand sie aber trotzdem spannend. Ich erklärte ihm dann auch kindgerecht, was ich da machte.
Gegen viertel nach Fünf war die Kontrolle erledigt, Tim saß angeschnallt auf dem Beifahrersitz und wir fuhren los. „So, Boys. Ich gehe dann nochmal in Daddys Bettchen.“, sagte Pam grinsend. „Okay, Sweetheart. Schlaf gut.“ „Fahr ordentlich.“, sagte sie und grinste mich frech an. „Ma’am, Yes Ma’am.“, antwortete ich. Während es sich Pam im Sleeper gemütlich machte, bog ich auf die CA-99 S in Richtung Fresno. Dann beschleunigte ich auf 56 und legte den Tempomat ein. Während der nächsten Stunden rollten wir dann dahin. Dabei stellte mir Tim allerhand Fragen. Momentan war er ja sehr wissbegierig und wollte alles ganz genau wissen. Sein aktuelles Lieblingswort war wohl „Warum“.

Knapp drei Stunden später, es wurde dann auch langsam hell, verließ ich dann an der Ausfahrt 151 den Golden State Highway und bog links auf die Avenue 12 ab. Über diese fuhr ich dann zur CA-41 S, über die ich dann weiter nach Fresno fuhr. Dann rief ich nach hinten: „Sweetheart, aufstehen. Wir sind gleich da.“ „Was ist los?“, murmelte Pam verschlafen. „Was hast du eigentlich in der Nacht gemacht, dass du jetzt noch so lange schlafen kannst?“, fragte ich sie grinsend. „Das möchtest du wohl gerne wissen.“, sagte sie. Ich musste zwar auf die Straße schauen, konnte mir ihren frechen Gesichtsausdruck aber vorstellen. „Hast du etwa Geheimnisse vor mir?“ „Natürlich. Jede Frau hat Geheimnisse vor ihrem Mann. So bleibt man interessant.“ „Wie auch immer. Hol dir mal meinen Beifahrer nach hinten und mach ihm den Fernseher an. Wir sind gleich in Fresno.“ „Ich will nicht nach hinten.“, sagte Tim. „Vorne ist schöner.“ „Mag ja sein. Aber die Leute bei Costco dürfen dich doch nicht sehen.“ „Will auch nicht verstecken spielen.“ „Tim. Du bist jetzt brav und ich nehme dich mit nach hinten. Sonst kann dich Daddy nicht mehr mitnehmen.“ Pam löste den Gurt und Tim kletterte vom Sitz und folgte Pam in den Sleeper. Dabei schmollte er. Als Pam dann ein Kinderprogramm am Fernseher anmachte, ging es aber wieder.

An der Ausfahrt 134 verließ ich den Highway und fuhr auf die Herndon Avenue in Richtung Clovis. An der nächsten Kreuzung ging es rechts ab, dann lag das Costco Lager auf der rechten Seite. ORBCOMM hatte mir inzwischen angegeben, dass ich an der Rampe vor Tor 3 absatteln sollte. Ich rangierte den Lastzug vor das Tor, öffnete die Türen des Trailers und setzte dann endgültig an. Anschließend sattelte ich ab. Jetzt würde sich endlich herausstellen, ob ich wieder eine Odyssee durch Fresno machen müsste. Ich rief im ORBCOMM den nächsten Auftrag ab:

PICKUP: COW-CAFAT
GATE: 01
TRAILER: COWXXX
FREIGHT: CURTAINS
WEIGHT: 38,772 LB
DROP: EST-CASAC
PRIORITY: STANDARD
REMARKS: TRAILER NO: 26458TR (WA)

WAT-CASAC-KMU

Die Stadtrundfahrt blieb uns also erspart. Wir bekamen hier direkt wieder einen Trailer nach Hause. Keela meinte es gut mit uns. Dafür bekamen wir die Stadtrundfahrt dann später zu Hause. Das ging aber in Ordnung. Ich suchte den Trailer. Bei den Rampen und den breiten Rolltoren dahinter hatte man ja immer mehrere Möglichkeiten. Der Trailer für uns stellte sich dann als einer der seltenen Dreiachser Dry Vans heraus. Für Kalifornien waren diese Trailer eigentlich der größte Schwachsinn überhaupt. Im Zulassungsstaat Washington sah das etwas besser aus. In Kalifornien verminderte die dritte Achse nur die Zuladung und machte den Trailer noch unbeweglicher. Auf dieser Strecke war das aber egal. Ich sattelte den Trailer auf und erledigte die PTI. Anschließend machten wir uns dann auf den Weg nach Hause.
Nachdem wir das Gelände von Costco Wholesale dann verlassen hatten, konnte Tim wieder nach vorne kommen. Pam schnallte ihn dann wieder an. „Weißt du was heute cool wäre?“, fragte Pam dann. „Was meinst du?“ „Wenn wir heute mal auf einem Truckstop die Pause machen würden. Dann können wir Tim an die Hand nehmen und er kann noch mal ein paar andere Trucks angucken.“ „Okay. Warum nicht.“ Über die Herndon Avenue fuhr ich wieder zurück zur CA-41 N in Richtung Yosemite. Dann ging es aus Fresno wieder heraus.

Über die Avenue 12 ging es dann wieder zurück zum Golden State Highway. Hier nahm ich dann die CA-99 N in Richtung Sacramento. An der Ausfahrt 157 verließ ich den Highway wieder und wechselte auf die Avenue 17. Dann ging es rechts auf das neugebaute Love’s Travel Center, Madera. Mit Blick auf das Logo des Betreibers meinte Pam: „Hier wird man dann wohl sehr liebevoll behandelt.“ „Der Name kommt eigentlich eher von dem Firmengründer, der tatsächlich Tom Love heißt. Das entsprechende Logo war dann naheliegend.“ „Verstehe. Trotzdem ist das dann wohl zweideutig, wenn man das nicht weiß.“, sagte Pam lachend. „Sie sind aber wenigstens karitativ tätig. Es gibt eine Kooperation von Love’s und den Children’s Miracle Network Hospitals.“ „Wer kranken Kindern hilft, kann ja nicht ganz verkehrt sein.“, sagte Pam. „Dann steckt doch etwas Liebe in der Firma.“
Wir stiegen aus und gingen erstmal mit Tim etwas über den Parkplatz. Der bestaunte dann die ganzen Trucks, die hier standen. „Im Vergleich zu den meisten Trucks hier, ist deiner etwas schlichter.“, stellte Pam fest. „Wir haben halt eine sehr einfache Flottenkonfiguration. Aber das, was man braucht ist ja vorhanden, wie Kühlschrank, Standklima und großer Sleeper. Von dem ganzen Chrom, den manche Trucks haben, habe ich nicht mehr oder weniger. Außerdem habe ich lieber gute Arbeitsbedingungen und ein soziales Netz, als 500 PS und mehr Gänge.“  „Da hast du natürlich recht.“ „Wenn ich, wie Marc, selbstständig wäre, würde ich mir vielleicht auch etwas mehr gönnen. Da ist der Truck aber auch das Aushängeschild der Firma. Das ist unser Fuhrpark zwar auch, da zählt aber mehr das Image eines modernen, gepflegten Fuhrparks.“ „Okay, den habt ihr ja.“ „Eben. Mein Cascadia wäre ohne die Motorprobleme der Serie auch nächstes Jahr weggekommen. Spätestens nach einer halben Million Meilen gehen die Trucks bei uns weg.“ „Verstehe.“

Tim bekam gar nicht genug und wäre am liebsten die ganze Pause auf dem Parkplatz geblieben und hätte sich die Trucks angeguckt. Wir gingen dann aber doch in den Truckstop und suchten die Toiletten auf. Anschließend schauten wir uns weiter im Truckstop um.
Pam staunte über das Warenangebot im Shop. „Ist schon beeindruckend, was man hier alles bekommt.“ „Stimmt schon. Über die Preise kann man allerdings streiten.“ „Ich denke, das ist normal auf den Rastanlagen.“ Bei dem Blick auf den Waschsalon meinte sie: „Schau. Du kannst deine Wäsche auch unterwegs waschen.“ „Wenn ich, wie manche Kollegen wochenlang nicht zu Hause wäre, würde ich das auch sicher machen.“ Wir gingen weiter zu den Restaurants. „Wir haben hier Chester’s, Godfather’s Pizza und Arby’s zur Auswahl.“ „Gesund gibt’s nicht?“ „Ist bei den meisten Kollegen nicht so gefragt. Das beschränkt sich da dann auf das Salatblatt beim Burger.“ „Was würdest du jetzt nehmen?“ „Wenn ich ehrlich bin, dann Arby’s. Hat zwar viele Kalorien, ist aber sehr lecker. Da bin ich leider süchtig nach.“ „Wir müssen, glaube ich, mal über deine Ernährung während der Woche sprechen.“ „Du siehst es ja selbst. Wenn ich mir nicht jeden Tag was selbst machen will, bleibt mir nicht viel anderes übrig.“ „Haben die denn auch was für Kinder?“ „Natürlich.“ „Okay. Dann will ich wissen, wonach du süchtig bist.“
Wir gingen zum Arby’s. Dort bekam Tim dann Chicken Tenders mit der Kinderportion Curly Fries. Außerdem bekam er eine fettarme Schokomilch. Pam bestellte sich als gesunde Alternative einen Roast Chicken Salad. Außerdem wollte sie bei mir probieren und von Tim den Rest, den er nicht schaffte essen. Dazu trank sie ein Diet Dr. Pepper. Ich nahm natürlich Greek Gyro, mit Loaded Curly Fries. Außerdem ein Root Beer. Während dem Essen probierte Pam dann bei mir. „Wirklich lecker. Ich möchte aber nicht wissen, wie viele Meilen du laufen musst, um das wieder abzutrainieren.“ „Das ist der Haken an der Sache.“ „Der Salatteller ist aber auch gut. Vielleicht solltest du den auch mal nehmen.“ „Schon klar. Aber gerade bei Arby’s vergesse ich immer meine guten Vorsätze.“ „Du isst aber nicht jeden Tag so fett.“ „Natürlich nicht.“ „Okay.“

Nach dem Essen gingen wir dann wieder raus und machten noch einen Verdauungsspaziergang. Dabei entdeckten wir den Dog Park, eine eingezäunte Grünfläche für Hunde und natürlich deren Besitzer. Pam begann zu lachen. „Was ist los?“ „Seltsame Prioritäten haben die hier. Einen Park für Hunde gibt es. Aber keine Spielecke oder einen Spielplatz für Kinder.“ „Tja. Die Zielgruppe sind eindeutig Truckdriver. Da haben zwar einige einen Hund mit auf Tour, Kinder aber eher selten. Schon eher in den Ferien, aber die Kinder sind dann meistens zu alt für einen Spielplatz.“ „Okay. Dann müssen wir mit Tim noch ein paar Trucks gucken. Auf den Spielplatz geht es dann morgen.“

Nach eineinhalb Stunden, um viertel nach Zwölf fuhren wir dann weiter. Tim nahm wieder seinen Platz in seinem Kindersitz auf dem Beifahrersitz ein und Pam ging wieder nach hinten. Wir verließen den Truckstop und fuhren wieder auf die Avenue 17 zurück. Dann ging es wieder zurück auf die CA-99 N in Richtung Sacramento. Ich beschleunigte wieder auf 56 und schaltete dann den Tempomat wieder ein. Pam machte es sich wieder in der Koje gemütlich und Tim fragte mir weiter Löcher in den Bauch. „Im Moment will er wirklich alles wissen.“, sagte Pam von hinten. „Ist doch gut, wenn er neugierig ist.“
Bis Stockton blieben wir auf dem Golden State Highway. Dort nahm ich dann aber die CA-4 W in Richtung Downtown Stockton. Nach drei Meilen ging es dann auf die I-5 N, über die ich dann in unsere Heimatstadt wollte. Eine Stunde später wechselten wir in Sacramento auf die I-80 und fuhren an der nächsten Ausfahrt ab. „Soll Tim jetzt nach hinten?“, fragte Pam. „Normal sollte das so gehen. Ich habe euch ja offiziell angemeldet.“ „Okay. Versuchen wir es. Ansonsten müssen wir eben ein paar Minuten vor dem Tor stehen bleiben.“ „Viel kann Keela sowieso nicht mehr mit mir machen. Meine Wochenfahrzeit ist fast um.“

Wir kamen am Außenlager an und fuhren ohne Probleme auf den Hof. Mir war Tor 11, das erste Tor auf der Rückseite der Halle zugewiesen worden. „Wenn ihr wollt, könnt ihr gleich aussteigen und zuschauen, wie ich an die Rampe setze. Tim muss aber bei dir an der Hand bleiben und ihr müsst dort stehen, wo ich euch sehen kann.“ „Willst du von draußen gucken, wie Daddy an das Dock fährt?“, fragte Pam unseren Sohn. Tim nickte. Also stiegen die beiden auch aus. Dann gingen wir nach hinten und Ich öffnete die Türen des Trailers. „Guck mal Tim. Jetzt muss der Truck so an das Dock, dass der Mann mit dem Gabelstapler direkt von hinten in den Truck fahren kann und die Sachen rausholt.“ Tim nickte. Ich hatte eigentlich schon damit gerechnet, erklären zu müssen, warum man das macht, aber das hatte der Kleine schon verstanden. Anschließend stellten sich Pam und Tim so, dass sie alles sehen konnten und ich die beiden ebenfalls im Blick hatte. Nun rangierte ich den Trailer ans Dock. Schließlich stand ich am Dock und konnte absatteln.

Ich war noch nicht ganz ausgestiegen, da kam die nächste Frage. „Daddy, warum tutet der Truck immer, wenn du zurückfährst?“ „Was macht der Truck?“ „Tim meint den Warnton. Den Pieper beim Zurücksetzen.“ „Das macht der Truck, damit die anderen Leute wissen, dass der Truck rückwärts fährt und die Leute vorsichtig sein sollen.“ „Hier sind doch gar keine Leute.“ „Hier nicht, aber wenn ich am Supermarkt rangiere, schon.“ „Kann der Truck nicht nur tuten, wenn Leute da sind?“ „Nein. Das macht der immer, wenn er rückwärts fährt.“ „Und warum blinken die Lampen immer?“ „Aus dem gleichen Grund. Das nennt sich Warnblinker.“ „Aber das tutet doch schon.“ „Manche Leute können aber nicht so gut hören. Die sehen dann eher die Blinklichter.“ Nun sattelte ich ab. Dabei erklärte ich Tim auch alles. Als das erledigt war, stiegen wir wieder ein. Ich schaute noch im ORBCOMM nach der nächsten Anweisung:

RESET UNTIL MO 5 AM

WAT-CASAC-KMU

„Was kommt jetzt?“, fragte Tim. „Wir fahren jetzt zum anderen Lager und da macht Daddy Feierabend.“ „Und dann?“ „Dann fahren wir nach Hause.“ „Ich will aber gar nicht nach Hause.“ „Du vielleicht nicht. Aber Mami und Daddy schon.“ Tim war eingeschnappt, ließ sich aber wieder am Kindersitz anschnallen. „Soll ich Mom noch fragen, ob Tim da schlafen kann?“, fragte ich Pam, als ich losfuhr. „Das wird nicht nötig sein. Keela hat ja gesagt, dass Tim auch in deren Bett schlafen kann. Ich werde heute sowieso nicht alt.“ „Warum? Du hast doch heute früh noch hier geschlafen.“ „Aber nicht so tief. Ich bin das nicht gewohnt, wenn sich das Bett die ganze Zeit bewegt.“ „Okay. Das verstehe ich. Wer kommt denn sonst noch?“ „Ich habe die Tage schon mit Keela telefoniert. Da hieß es, dass heute nur Jessy und wir kommen. Mehr geht ja in diesen Zeiten auch nicht unbedingt.“ „Was ist mit Mom und Dad?“ „Die kommen wohl morgen zum Kaffee.“ „Okay. Holen wir Jessy ab?“ „Nein. Die nimmt ihren eigenen Wagen. Falls wir zur gleichen Zeit zurückwollen, können wir sie ja mitnehmen. Ansonsten ruft sie sich ein Uber für den Rückweg.“ „Wie bekommt sie ihr Auto wieder?“ „Sie fährt morgen mit deinen Eltern mit, fährt dann aber direkt wieder mit ihrem Auto nach Hause.“ „Ist also alles schon organisiert.“ „Hast du was anderes erwartet? Keela und Jessy sind schließlich Dispatcher.“ „Na gut.“

Über den üblichen Weg ging es zum Zentrallager. Dort erledigte ich noch schnell den Papierkrieg. „Viel wäre wirklich nicht mehr gegangen. Eine Stunde hätte ich nur noch arbeiten dürfen.“ „Dann war es ja gut, dass wir heute keine Odyssee hatten.“ Wir räumten den Kindersitz wieder in den Edge, dann holte ich noch die Tasche mit der Schmutzwäsche. Anschließend fuhren wir erstmal nach Hause.

Dort angekommen, füllte Pam als erstes eine Maschine mit der Wäsche und schaltete sie an. Die schafften wir noch, bevor wir wieder losmussten. Als nächstes ging ich dann ins Bad und duschte und rasierte mich schnell. Danach ging Pam ins Bad und ich beschäftigte mich noch mit Tim.
Als Pam fertig war, kam sie nur mit einem Badetuch bekleidet und einem Handtuch um den Kopf zu uns. „Soll ich mich aufdonnern oder geht das heute locker zu?“, fragte sie mich. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich vermute mal, dass es locker zugeht. Keela trägt, glaube ich, am liebsten Jeans und T-Shirt.“ „Und wie hättest du mich am liebsten?“ „Das wäre ganz einfach. Dazu müsste ich dir nur die Tücher wegziehen. Aber so kannst du nicht rausgehen.“ „Was meinst du denn nun?“, fragte Pam ungeduldig. „Aufhübschen oder auch eher leger?“ „Mach, wie es dir am liebsten ist. Ich nehme Bluejeans und ein weißes Hemd.“ „Du bist mir ja eine große Hilfe.“, sagte Pam und verzog die Mundwinkel. „Willst du denn vorher noch was essen? Wir sind ja nicht zum Essen eingeladen.“ „Allenfalls eine Kleinigkeit.“ „Gut, dann gibt es Sandwiches.“ „Okay.“ „Dann mach du den Esstisch fertig. Ich ziehe Tim um und mir was an.“

Zwanzig Minuten später konnten wir essen. Pam hatte sich schließlich für das kleine Schwarze, in Form eines Stretch Kleids entschieden, das ihre Figur gut betonte. Dazu trug sie eine schwarze Nylonstrumpfhose und Heels. Tim würde dann die Miniaturausgabe von mir werden. Er trug auch eine Bluejeans und ein Hemd. Das sah richtig süß aus. „Pass bitte auf, dass sich Tim beim Essen nicht einsaut.“ „Vielleicht hätten wir Tim erst hinterher anziehen sollen.“ „Dann habe ich keine Zeit. Ich muss noch meine Haare machen und etwas Makeup auflegen.“ „Hoffentlich nagt das dann nicht an Keelas Selbstbewusstsein.“ „Wird es nicht. Da du mir nicht helfen wolltest, hab ich eben bei Keela angerufen. Sie läuft heute auch nicht im Alltagslook rum. Sie weiß, dass Marc es mag, wenn sie ab und zu auch mal was anderes trägt.“ „Na dann.“

Wir aßen ein paar Sandwiches, wobei ich darauf achtete, dass Tims Kleidung sauber blieb. Anschließend machte sich Pam fertig. Ich wusch noch schnell Tims Gesicht, dann hängte ich die Wäsche auf und zog mich selbst um. Außerdem packte ich ein paar Spielsachen für Tim ein. Keela und Marc waren ja nicht auf Kinder eingestellt. Pam nahm noch das Geburtstagsgeschenk, was sie die Tage schon eingepackt hatte, dann konnten wir fahren.

Wir trafen dann zeitgleich mit Jessy bei Marc ein. Sie hatte natürlich wieder ein Outfit an, was sie sonst Samstagabends in diversen Clubs trug, wenn sie ausging. Ihr machten die Corona Einschränkungen besonders zu schaffen, weil das eben momentan nicht ging. Normal hätte sie sicher schon einen neuen Freund gefunden. Angeblich schrieb sie auch bereits auf irgendwelchen Single Plattformen mit diversen Männern. Momentan traf man sich aber eben nicht. Dementsprechend kam sie heute auch alleine.
Wir klingelten und gingen dann hoch in die Wohnung, die in zwei Ebenen über den Büro- und Sozialräumen der M.M. Trucking lag. Zuerst gratulierten wir Marc noch nachträglich zum Geburtstag.  Er trug dann ebenfalls Bluejeans und Hemd. Anschließend begrüßten wir Keela, die in Minirock, Nylons und schicker taillierter Bluse ebenfalls toll aussah. „Schön, dass ihr gekommen seid. Ich bin übrigens auch erst seit einer Stunde zu Hause.“, meinte Marc dann. Keela sorgte dann für die Getränke. Die Frauen tranken Sekt und Marc ein Bier. Ich entschied mich für eine Cola, um wenigstens noch etwas Koffein zu bekommen. Tim bekam eine Fanta. Dann übergab Pam das Geschenk, welches wir mit Jessy zusammen verschenkten. Es waren aber auch richtig gute Motorradhandschuhe, die sicher über 100 Bucks gekostet haben. Natürlich stand auch der Laptop auf dem Tisch und das Diensthandy lag daneben. Keela hatte ja Bereitschaft.

Während dann die anderen vier am Tisch sitzen blieben und quatschten, setzte ich mich zu Tim auf den Boden und spielte noch etwas mit dem Kleinen. Irgendwann kam Marc dann zu uns. „Die Mädels beginnen jetzt mit Frauengesprächen. Das muss ich mir nicht geben.“ „Steht Keela denn auf sowas?“ „Kommt immer darauf an. Wenn es um Shopping geht, eher nicht. Styling Gespräche geht noch so. Aber wenn es um Liebe, Beziehungen und Klatsch geht, kommt dann doch ihre weibliche Seite raus.“ Er grinste mit einem Seitenblick auf seine Frau. „Wie kommt sie eigentlich mit eurer Fernbeziehung klar? Immerhin macht ihr das schon über drei Jahre.“ „Wir haben uns damit arrangiert. Sicher gibt es mal Probleme, die hat man aber immer. Besonders, wenn unsere Schichten nicht wirklich zusammen passen. Wenn wir genug Zeit zum Telefonieren haben, dann geht’s. Außerdem freut man sich immer, wenn es wieder nach Hause geht.“ „Klar. Du hast ja auch erheblich mehr Außenwochenenden, als ich.“ „Wir versuchen aber auch, die ganz weiten Touren zu vermeiden. In den ersten zwei Jahren war ich ja auch dann und wann an der Ostküste. Das muss ich nicht wirklich haben. Neu England mag ich auch nicht wirklich und Florida wird meiner Meinung nach stark überschätzt. Außerdem hab ich an der Ostküste immer das Gefühl, dass der Ozean auf der falschen Seite ist.“ „Was fährst du dann so?“ „Viel mittlerer Westen. Gerne auch mit Minnesota oder Wisconsin. Vor allem kann ich in Saint Paul günstig bei meinem Schwiegervater tanken. Ansonsten viel Texas, Oklahoma, Kansas, oder Louisiana. Dann als Rundlauf über Bentonville wieder in den Westen.“ „Wie oft bist du dann in Sacramento?“ „Wir versuchen, dass ich jedes zweite Wochenende hier bin.“ „Das wäre mir zu selten zu Hause.“ „Wenn man Kinder hat, ist das verständlich.“ „Nicht nur wegen Tim. Ich würde auch Pam vermissen.“ „Ich vermisse Keela auch. Aber wir haben uns für dieses Leben entschieden.“ „Mir reicht das auch so. Für mich ist alles ab der Central Time Zone tabu.“ „In der Central Time Zone hast du landschaftlich auch nichts Spannendes. Zwischen den Rockies und den Appalachen gibt es nicht wirklich viel zu sehen.“ „Dann habe ich ja nichts verpasst.“ „Wie weit warst du denn maximal im Osten?“ „Tucumcari, Denver, Cheyenne. Das wars.“ „Ist doch schon was.“ „Reicht auch. Dann wird es manchmal schon knapp, in der Wochenzeit wieder nach Hause zu kommen.“ „Große Umwege macht man da besser nicht.“ „Würde dir das nicht auch reichen?“ „Vermutlich. Das Problem ist, dass es bei euch mit Long Haul nicht weiter geht. Wir haben auch nur Regional oder Long Haul. Regional würde mir auf die Nerven gehen und Long Haul als Unternehmer ist dann eben gleich alles. Inklusive Kanada bei meinem Vertrag.“ „Fährst du viel nach Kanada?“ „Bei den Midwest Touren kommt das ab und zu vor. Dann aber auch nur Manitoba, Saskatchewan und ein bisschen Ontario. Selten mal Alberta oder British Columbia.“ „Wie ist es da so?“ „Das brauche ich auch nicht wirklich. Viele Single Lane Highways, wenig Truckstops und teurer Diesel. Außerdem nimmt Walmart Kanada lieber seine eigenen Unternehmer.“ „Verstehe.“ „Ich habe da oben schon ein paar Mal gestanden und keinen Anschluss bekommen. Dann hast du wieder Leermeilen, um zu einer Ladestelle zu kommen. Binnenbeförderung darf ich da ja auch nicht. Nur rein und direkt wieder raus.“
„Also ist doch nicht alles so toll als Unternehmer.“ „Ich sag es mal so. Wenn man sich, so wie ich, sehr eng an einen Großkunden bindet, hat man eben viele Vorteile aber auch viele Nachteile. Das finanzielle Risiko ist mir aber zu groß, um mit zwei Trucks ohne festen Vertrag zu fahren. Das werde ich in Sacramento wohl auch nicht ändern. Ich habe zwar seinerzeit mit Dave mal über die Möglichkeit gesprochen, eine Maschine für Caterpillar fahren zu lassen, das war aber eher so ein Ausweg, falls mir Walmart gesagt hätte, dass ich den W900 dort nicht mehr einsetzen darf.“
„Und was ist das für eine Geschichte mit M.M. Trucking, Minnesota?“ „Das war eigentlich eine Idee von Angus, meinem Schwiegervater. Er hatte mal den Vorschlag gemacht, die Sattelzugmaschinen von Ryan Constructions an eine Transportfirma auszugliedern, damit man damit im Winter, wenn im Bau nichts läuft, für den Handel fahren kann. Das läuft auch schon. Auf dem Papier sind die Zugmaschinen auf unsere Firma zugelassen, sie werden aber von Ryan Constructions eingeteilt. Aktuell fahren 80 Prozent der Maschinen schon im Nahverkehr für Walmart, Minneapolis und nur noch 20 Prozent im Baustellenverkehr. Wenn der Frost härter wird, versuchen wir, alle Maschinen bei Walmart einzusetzen. Im Sommer fahren sie dann aber alle für Ryan Constructions.“ „Die fahren aber nur Nahverkehr?“ „Momentan ja. Bisher hat Angus aber auch nur Day Cab Trucks. Wenn die weggehen, werden wir wohl T880 mit Mid Roof Sleeper holen. Bei den ersten beiden werden wir den 52 Inch und 76 Inch Sleeper im Vergleich antreten lassen. Angus hat Angst, dass beim 76 Inch Sleeper der Radstand für den Baustelleneinsatz zu lang sein könnte.“ „Sind ja große Pläne. Wie ist er auf die Idee gekommen, eure Firma dafür zu nutzen? Er hätte ja auch eine eigene Transportfirma gründen können.“ „Als ihm das eingefallen ist, waren wir schon verheiratet und Keela schon länger Teilhaberin bei M.M. Trucking. Außerdem haben wir uns bei Walmart schon einen guten Namen gemacht.“ „Ihr lauft in Minneapolis aber nur als C Unternehmer?“ „Geht ja nicht anders. Wenn die Maschinen überwiegend in der kalten Jahreszeit bei Walmart fahren und im Sommer nicht zur Verfügung stehen, geht das nicht anders.“ „Logisch. Aber sonst ist das in Saint Paul nur eine Briefkastenfirma?“ „Wie man’s nimmt. Wir haben offiziell ein Büro im Verwaltungsgebäude von Ryan Constructions. Die Telefonnummer ist eine Durchwahl von Ryan und in dem Büro sitzt der Mann, der die Trucks von Ryan Constructions disponiert. Wobei die Sattelzüge auf uns und die Solowagen auf Ryan Constructions zugelassen sind.“ „Was habt ihr da für Maschinen im Einsatz?“ „Die Solowagen weiß ich nicht genau. Bei den Zugmaschinen sind das aktuell je ein Drittel Kenworth T800, International HX und Mack Titan. Wobei letztere jetzt ausgetauscht werden, weil Angus wohl Stress mit der Werkstatt von Mack hatte. Als Ersatz kommen da jetzt wohl Western Star 49X. Die sind aber schon mit Day Cab bestellt. Danach kommen dann die beiden T880, wofür schonmal zwei T800 weggehen.“ „Aha.“ „Damit die Technik einheitlich ist, haben die alle Cummins X 15 und 13 Gang Fuller.“ „Allrad?“ „Nur eine Handvoll. Das sind dann auch die Zugmaschinen, die als letztes aus dem Baustellenverkehr gezogen werden. Solange noch irgendwo gebaut wird, fahren die Allradmaschinen dort. Die anderen haben 6×4.“ „Wie habt ihr das denn finanziell gelöst? So viel Luft hattest du doch gar nicht.“ „Die sind als Sacheinlage gekommen. Auf Keelas Firmenanteil.“ „Wessen Anteil ist denn aktuell höher?“ Marc verdrehte die Augen. „Durch die hohe Sacheinlage beträgt Keelas Anteil an der Corporation aktuell 85 Prozent.“ „Also bist du jetzt quasi Keelas Angestellter.“ „Quatsch. Wir sind beide geschäftsführende Gesellschafter der Corporation.“ „Dann kannst du nur hoffen, dass eure Beziehung hält. Sonst ist nicht nur deine Frau, sondern auch deine Firma weg.“ „Wir haben keinen Ehevertrag. Das läuft alles als Zugewinngemeinschaft. Offiziell ist Keelas Einlage in der Firma nun höher, das liegt aber eben nur an der Niederlassung. Wenn man die rausnimmt, ist das wieder meine Firma. Sollten sich Keela und ich trennen, ist es nur gerecht, wenn der Ryan Fuhrpark wieder den Ryans gehört.“ „Du wolltest doch gar nicht expandieren.“ „Deshalb ist das ganz gut, dass die Niederlassung weit weg ist und ich da quasi nichts mit zu tun habe. Für mich ist das immer noch so, als ob die Fahrzeuge Ryan Construction gehören.“ „Solange nicht irgendwann Ryan Group auf deinen Trucks steht.“, sagte ich mit einem Grinsen. „Ganz im Gegenteil. Die neuen Maschinen haben zwar immer noch groß den Ryan Schriftzug stehen, darunter steht dann aber M.M. Trucking Inc., Saint Paul, MN. So wie unsere Maschinen das hier unter dem Walmart Schriftzug haben. Kann sogar sein, dass Angus das bei den älteren Maschinen auch noch dranschreiben lässt.“ „So schnell bekommt man eine große Firma.“, sagte ich grinsend. „Zumindest auf dem Papier. Die letzten Male, wenn ich in Minnesota war, musste ich zwar immer einiges unterschreiben, was dann nur einer der Geschäftsführer darf, die Dispatcher dort haben aber für die normalen Geschäftsaktivitäten der Niederlassung Handlungsvollmacht.“ Ich nickte nachdenklich. „Ansonsten läuft das aber fast wie vorher. Nur jetzt laufen die Sattelzüge das ganze Jahr über und stehen nicht im Winter nur rum und kosten Geld.“ „Die Fahrer kommen damit klar?“ „Logisch. Ist doch sowieso nur drop and hook. Früher wurden sie zum Winter entlassen und im Frühjahr wieder eingestellt, jetzt können sie das ganze Jahr über Geld verdienen. Die Fahrer sind zufrieden.“ Auf einmal kam eine Stimme aus dem Hintergrund. „Wusste ich es doch. Ihr beiden redet nur von der Arbeit.“, sagte Keela mit einem frechen Grinsen. Sie gab Marc einen Kuss. „Nur so halb.“, sagte ich. „Steve wollte nur wissen, was es mit der Niederlassung Saint Paul auf sich hat. Das habe ich ihm erklärt.“, sagte Marc. „Du verrätst also einfach so alle unsere Betriebsgeheimnisse.“, sagte Keela und grinste frech. „Bleibt doch in der Familie. Deine Geschwister wissen das doch auch alles.“ „Dad musste ihnen ja wohl erklären, warum auf einmal M.M. Trucking auf den Trucks steht.“ „Sieht sicher lustig aus, wenn so eine Maschine einen Walmart Trailer zieht.“ „Wenn wir mal Fotos haben, schicke ich dir eins.“ „Jetzt ist Schluss hier mit dem Gequatsche über die Arbeit.“, sagte Keela streng. „Kein Problem, Kee.“, sagte Marc und grinste. Keela verzog bei ihrem ungeliebten Spitznamen den Mund. „Du hast Glück, dass dein Name schon so kurz ist, sonst, hätten meine Brüder den auch schon verwurstet.“ Keela ging wieder zu den Anderen, dafür kam Pam kurz rüber. „Was macht Tim?“, fragte sie. „Der spielt hier schön.“ „Wird aber langsam Zeit für ihn.“, meinte Pam dann. „Lass ihn ruhig noch etwas aufbleiben. Dann kommt er morgen nicht so früh an.“ „Okay. Sobald er aber quengelig wird, kommt er ins Bett. Ich wundere mich sowieso schon, dass er so lange durchhält. Er ist ja heute auch früh aufgestanden.“ „Seid ihr heute mitgefahren?“, fragte Marc. „Einmal Fresno und zurück.“, bestätigte Pam. Dann ging sie wieder zu den Mädels.

Marc und ich spielten noch etwa eine halbe Stunde mit Tim, dann merkte man, dass er total kaputt war. Pam und Keela gingen dann mit ihm nach oben, um ihn im Schlafzimmer hinzulegen. In der Zeit waren wir drei Geschwister unter uns. „Na Jessy, wie schmeckt das Leben zu Hause?“, neckte sie Marc. „Hör mir auf. Ich bin froh, wenn ich wieder ausziehen kann.“, sagte Jessy und verzog den Mund. „Ich dachte, mittlerweile geht’s.“, bemerkte ich. „Okay, ist nicht mehr so schlimm, wie früher. Trotzdem finde ich es blöd. Wenn man schonmal zu Hause raus war, dann wieder einzuziehen.“ „Du kannst dir ja eine eigene Wohnung nehmen.“, sagte Marc grinsend. „Wie soll ich das denn bezahlen?“, fragte Jessy und funkelte Marc böse aus ihren Augen an. „Dann kannst du halt nicht ständig neue Klamotten kaufen.“, meinte Marc. „Außerdem will ich nicht alleine wohnen.“, sagte Jessy und senkte ihren Blick. „Hast du nochmal versucht, mit Dave zu sprechen?“, fragte ich. „Dave hat meine Nummer blockiert. Außerdem hat er wohl schon eine Neue.“, sagte Jessy traurig. „Das war halt ein Fehler, Dave so zu ärgern.“, meinte Marc und zuckte die Schultern. „Was willst du denn damit sagen?“, zischte Jessy sauer. „Ich meine ja nur.“, sagte Marc. „Der Typ hat doch alles gemacht, was du wolltest. Er hat dich quasi auf Händen getragen. Und was hast du gemacht? Du hast dich mal wieder verhalten, wie eine verzogene Göre und rumgezickt. Da hat selbst der gutmütigste Typ irgendwann die Schnauze voll.“ „Lass es.“, sagte ich zu Marc. „Jessy hat das inzwischen auch verstanden. Man merkt eben manchmal erst, was man hatte, wenn es weg ist. Deswegen brauchst du sie da nicht immer wieder mit aufziehen.“ „Danke, Steve.“, sagte Jessy. „Ich hätte mich ja schon tausendmal entschuldigt, wenn er denn noch mit mir reden würde. Da er das aber nicht tut, hat es sich leider erledigt.“ „Ist das denn sicher, dass er eine andere hat? Sonst könnte ich nochmal versuchen mit ihm zu reden.“ „Das hast du doch schonmal versucht. Er ist jetzt mit Megan zusammen. Die war schon lange auf Dave scharf. Als er sich von mir getrennt hat, hat sie gleich die Chance ergriffen und ihn getröstet. Inzwischen sind die beiden offiziell ein Paar.“ „Wie kommst du damit klar?“, fragte ich. „Ich bin raus aus der Clique. Ich hätte das nicht ertragen, die beiden ständig zu sehen.“ „Und jetzt?“, fragte Marc. „Ich texte mit ein paar Typen. Mehr geht wohl im Moment nicht. Alles wegen dem blöden Corona. Ob da die Chemie passt, merke ich erst, wenn man sich mal trifft.“

Keela und Pam kamen wieder runter. „Er ist sofort eingeschlafen.“, sagte Pam. „War wohl doch todmüde.“
Wir quatschten dann noch eine ganze Weile miteinander. Dabei achtete Keela darauf, dass wir nicht wieder auf die Arbeit zu sprechen kamen, was gar nicht so einfach war, weil wir ja alle außer Pam beruflich miteinander zu tun hatten. Irgendjemand schweifte immer wieder ab. Wenigstens war es in Keelas Bereitschaft sehr ruhig. Keela hatte die meisten Fahrer vorher mit Aufträgen versorgt und brauchte nur ein, zweimal eingreifen. Das Handy meldete sich zum Glück gar nicht.

Gegen Mitternacht brachen wir dann auf. Da Keela und Marc auch müde waren, entschloss sich Jessy, ebenfalls zu gehen. Ich holte noch Tim aus dem Bett und nahm ihn auf den Arm, wo er weiterschlief. Am Auto packte ich ihn in den Kindersitz. Er wurde kurz wach, schlief aber auch im Auto bald wieder ein. Dann brachten wir eben Jessy nach Hause, bevor wir dann selbst den Heimweg antraten. Zu Hause angekommen, legten wir Tim in sein Bett und gingen anschließend ebenfalls sofort schlafen.

Sonntag, den 22. November 2020, 9:00 am, PST, Sacramento, CA:

Irgendwas war an diesem Sonntagmorgen anders. Das merkte ich direkt, als ich langsam wach wurde. Ich rieb mir die Augen, gähnte herzhaft und streckte mich. Dann war mir klar, was anders war. Tim hatte mich nicht geweckt. Ich drehte mich zur Seite und stellte fest, dass Pam nicht mehr neben mir lag. Verwundert stand ich auf. Dann hörte ich was aus dem Kinderzimmer. Dort entdeckte ich Pam und Tim, wie sie beide miteinander spielten. „Guten Morgen ihr beiden.“, begrüßte ich sie. „Hallo du Schlafmütze.“, sagte Pam und lächelte mich an. „Daddy ist eine Schlafmütze.“, wiederholte Tim und begann zu kichern. „Irgendwie war das eben ungewohnt.“, sagte ich zu den beiden. „Was meinst du, Darling?“, fragte Pam. „Keiner hat mich geweckt und keiner war mehr bei mir im Bett.“ „Du hast doch letzte Woche gesagt, dass du mal ausschlafen wolltest. Also habe ich mit Tim gesprochen, dass er dich heute mal nicht wecken soll. Er hat sich das dann auch gemerkt und sich daran gehalten.“ „Das ist ja lieb von euch beiden.“ „Ich habe ja selbst gestern wieder gemerkt, wie das ist, wenn man um halb Vier aufstehen muss.“ Ich gab Pam einen langen, zärtlichen Kuss. „Danke, Sweetheart.“ „Ich will auch ein Küsschen.“, sagte Tim. Das bekam er dann auch. „Wer macht das Frühstück?“, fragte Pam dann. „Wie du willst, Sweetheart.“ „Gut. Dann bleibt es heute bei dem Rollentausch. Mach du mal Frühstück.“

Ich ging in die Küche und schaute, was wir denn machen könnten. Die wichtigsten Sachen fingen mit B an. Bagels zum Fertigbacken und Bacon. Außerdem machte ich, nachdem ich den Bacon gebraten hatte, noch etwas Rührei. Natürlich durfte auch der Kaffee nicht fehlen. Für Tim gab es stattdessen Kakao.
Schließlich war der alles fertig und der Tisch gedeckt. Dann holte ich die beiden. „Hmm. Das sieht gut aus.“, lobte mich Pam. „Das nächste Mal bitte für mich ans Bett.“, sie grinste mich frech an. „Wenn du am Abend vorher richtig nett zu mir bist.“, erwiderte ich grinsend. „Da können wir drüber reden.“
Wir setzten uns hin und frühstückten. Dabei achtete Pam genau darauf, dass Tim, der heute auch Rührei und Bacon bekam, keine allzu große Schweinerei veranstaltete.
„Haben wir heute noch was vor?“, fragte ich. „Nichts Besonderes.“, sagte Pam. „Ich habe noch ein, zwei Maschinen Wäsche zu machen. Außerdem könnten wir am Nachmittag nochmal mit Tim zum Spielplatz gehen.“ „Das können wir machen.“ „Okay.“ „Ansonsten würde ich gleich eine Runde Laufen. Außerdem möchte ich noch etwas relaxen.“ „Das bekommen wir hin.“, sagte Pam. Dann gab sie mir noch einen Kuss. „Wie stehen denn die Chancen für Thanksgiving in Sacramento?“ „Ohne zu wissen, was mir Keela morgen früh verpasst, würde ich sagen 50 zu 50.“ „Kannst du also erst morgen einschätzen.“ „So sieht es aus.“

Nach dem Frühstück räumten wir zusammen ab. Anschließend ging ich laufen. Als ich dann zurück war, duschte ich schnell und zog mir was Bequemes an. Danach spielte ich mit Tim und Pam machte sich fertig.
Die Zeit verging dann wie im Flug. So war es kurz darauf schon Mittag. Da wir aber recht spät gefrühstückt hatten, machte uns Pam nur einen leichten Salat. Nachdem wir den gegessen hatten, machten wir uns dann auf den Weg zum Spielplatz am Fruitridge Park. Dort ließen wir Tim schaukeln, klettern und rutschen. Einen Teil davon konnte er zwar auch bei uns im Garten, hier war das aber alles etwas größer als bei uns. Außerdem hatte er so etwas Abwechslung.
Nachdem sich Tim ordentlich ausgetobt hatte, gingen wir wieder gemütlich nach Hause. Dort nutzten wir dann die heimische Terrasse und den Garten.
So war es dann im Handumdrehen Abend. Zum Abendessen hatte Pam dann heute mal italienisch gekocht. Es gab Pasta mit Pesto alla Genovese. Es schmeckte richtig gut. Anschließend genossen wir den Abend. Schließlich musste Tim ins Bett. Wenigstens da wollte dann aber, dass Daddy ihn ins Bett bringt und ihm was vorliest. Das war aber auch verständlich. Er hatte ja so selten was von mir.
Als Tim eingeschlafen war, blieben Pam und ich aber auch nicht mehr lange auf. Ich musste ja morgen wieder früh raus. Ich war schon gespannt, ob ich wirklich eine kurze Woche hatte.

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