Dienstag, 23.10.2018, Uppsala.
Es ist 16:00 Uhr und wir haben den ersten Arbeitstag nach dem Segelwochenende schon wieder fast hinter uns. Sandra sitzt in ihrem Büro und telefoniert. Airin und Wencke sind gerade dabei die Computer runter zu fahren. Und ich habe genug Schreibkram auf dem Tisch liegen.
Janina kommt zur Tür rein und legt mir den Schlüssel vom rovfågel auf den Tisch. ”Din lastbil är klar.” ”Hej Janina. Super. Da freue ich mich. Ich schaffe es aber erst heute Abend ihn mir anzuschauen.” ”Kein Problem. Ich bin dann weg für heute.” Ich nicke ihr zu. ”Ha en trevlig kväll. Vi ses imorgon.”
Kurz vor 17:00 Uhr klingelt mein Telefon. ”hansekontor i Uppsala. Christian Dansör. Hallå?“ „…“ „Nächste Woche? Moment, ich schau mal kurz ins System.“ Ich mache ein paar Klicks in unserem Dispoprogramm. ”Frau Larsson?” ”…” ”Es sind etwas über zweitausendeinhundert Kilometer. Wenn ihr das Dienstag Mittag fertig habt ist es schaffbar bis Freitag anzuliefern.” ”…” ”Mhm, klar. Ich fahre mit meiner Frau in Doppelbesatzung.” ”…” ”Ja, genau. Expresszulage. Wie wir es damals für solche Fälle besprochen haben.” ”…” ”Wenn ihr eine Rückladung habt, wäre das gut. Wenn nicht, dann ist das aber auch nicht schlimm, da finden wir über unser Netzwerk schon was Passendes. Schicken Sie mir bitte noch kurz eine Mail mit dem Auftrag.“
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Der Auftrag ist im System eingegeben und ich habe die Touren für kommende Woche, die Sandra sonst regelmäßig fährt, auf Kirstin, Meja und Mats verteilt. Mein Magen meldet sich als ich gerade zu meinem Schatz rüber ins Büro gehe. Sie blickt vom Schreibtisch auf. ”Na du. Jag är hungrig.” ”Ich auch. Machen wir Feierabend?” ”Klar. Ich fahre gerade den Computer runter. Ich hab eben gesehen, dass du meine Scania-Touren für nächste Woche in der Dispo verteilt hast…” Ich nicke. ”Fenja Larsson hat mich vorhin angerufen. Dienstag zum Nachmittag bekommen wir in Tunaberg drei Tonnen junge Setzlinge, Wein, die nach Le Mans runter müssen. Die sollen dann am Freitagmorgen spätestens da sein.” ”Dann muss ich mich morgen aber noch um Sondergenehmigung kümmern.” ”Wieso?” ”Die Feiertage am 31.10. und 01.11..” ”Ach ja, da war ja was… Den Mittwoch kannst du aber ignorieren, in Schleswig-Holstein und Hamburg gilt laut BAG-Website kein Fahrverbot.” ”Bleibt der Donnerstag wegen Nordrhein-Westfalen.” Sandra macht sich eine Notiz und legt sie sich auf den Schreibtisch. ”Hast du schon was an Rückladung?” Ich verziehe ein wenig das Gesicht. ”Wie soll ich das jetzt deuten?” ”Ich hab was. Tiefkühlfisch der nach Kassel soll.” Da ist es wieder. Das freche Grinsen, das ich an Sandra liebe. ”Du musst den Fisch ja nicht in die Pfanne hauen, älskling. Außerdem ist der Tiefgekühlt und verpackt.” ”Ich weiß. Deswegen habe ich das auch schon eingebucht. Wie es dann ab Kassel weiter geht weiß ich noch nicht; ich gucke morgen mal über das DieselPassion-Netzwerk.”
Wir wechseln in den Wohnbereich, wo ich uns fix Spaghetti aglio e olio zaubere…

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Freitag, 26.10.2018, Uppsala.
Den Mittwoch und den Donnerstag habe ich mit kleineren Aufträgen von Stückgutsammeln über Containerschubsen bis hin zu einem Baumaschinentransport mit unserem großen DOLL rumbekommen.
Ich stelle die Kaffeetasse an die Seite, weil mein Telefon klingelt. „hansekontor i Uppsala. Christian Dansör.“ „…“ „Das fällt Ihnen ja früh ein. Abgesprochen war, dass Sie den Abruf zwei Tage im Voraus avisieren.“ „…“ „Ist nicht mein Problem. Ohne Ziegel kein Dach, ohne Dämmmaterial keine Isolierung. Ohne Avisierung kein…“ „..“ „Natürlich. Nageln Sie mich aber nicht auf eine fixe Uhrzeit fest. Ich muss das Material noch im Lager kommissionieren und verladen. Und es sind knapp achtzig Kilometer zu fahren.“ „…“ Mein Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung legt auf. Ich wähle die Rufnummer vom großen Lager. „….“ „Hej Pat. Christian här. Ruf dir mal bitte die 2018-VEI-UPS-000054 auf.“ Ein Moment Stille und nur das Klappern einer Tastatur zu hören. „…“ „Gut. Hol das bitte zusammen und stell mir das auf den weißen Krone-Double.“ „…“ „Danke.“ Während ich telefoniert hatte war Sandra zur Tür hereingekommen. „Är allt okej älskling ?“ „Bei mir schon. In Västerås vermutlich nicht. Die Dachziegel und das Dämmmaterial was auf Abruf im Lager steht sollte wohl heute Vormittag schon da sein und uns hat keiner Bescheid gesagt.“ „Heißt, dass du jetzt gleich noch los fährst?“ „Ja. Guckst du mal bitte ob ich kurzfristig noch was als Rücktour bekomme?“ „Klar. In die Rechnung schreib ich denen dann trotzdem Leerkilometer mit rein.“ Ich stelle meinen Computer auf Energiesparmodus und gehe dann um den Schreibtisch. Ich umarme Sandra. „Ich bin dann mal los. Ich liebe dich.“ „Fram till ikväll. Kör försiktigt.” ”Wie immer. Bis heute Abend.” Sie bekommt einen Kuss. ”En mer, tack.”
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Ich hole mir die Papiere im Lagerbüro und werde von Pat mit den Worten ‚Ich hab da mal was vorbereitet.‘ begrüßt. Die Abfahrtskontrolle ergibt, dass beide Trailer einwandfrei sind. Auf vernünftige Ladungssicherung kann ich mich bei meinen Lageristen sowieso verlassen. Den rovfågel hatte ich ja schon zuvor in der Halle überprüft, auch da ist alles in Ordnung.

Die Fahrt über die Route 55 und E18 verläuft reibungslos, jedoch komme ich in Västerås in den beginnenden Feierabendverkehr.

Mein Telefon klingelt, im Display Sandras Rufnummer. ”Här på jobbet.” ”Ich hab noch mehr Arbeit für dich. Wenn du an der Baustelle fertig bist fährst du zum ICA in die Hästhovsgatan und nimmst ein paar leere Paletten und Stapelboxen mit.” ”Zu uns ins Lager?” ”Nej. Zu Bauer
Larsson in Tunaberg.” ”Passt. Liegt ja fast auf dem Weg.”
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Ich erreiche die Baustelle und stelle den rovfågel an die Seite um mich beim Bauleiter anzumelden. ”Hejda. Ich hab Dachziegel und Dämmmaterial für Sie auf dem Wagen.” Ohne mich zu begrüßen poltert dieser direkt ohne Punkt und Komma los. ”Es ist Freitagnachmittag Junge hast du mal auf die Uhr geguckt der Kram sollte heute Vormittag hier sein meine Jungs wollen ins Wochenende…” ”Holen Sie mal Luft. Punkt eins: ich bin kein kleiner Junge. Punkt zwei: klären Sie dass mit Ihrem Zuständigen; die haben das verbockt und nicht wie vereinbart zwei Tage im Voraus den Abruf avisiert. Von Anruf bis hier sein sind jetzt gerade drei Stunden vergangen. Schneller geht nur beamen.” ”Ja, hm was weiß ich…” ”…heisst ich werde jetzt abgeladen!” ”Was passiert wenn nicht?” ”Dann fahre ich wieder nach Hause und lagere das Ganze bis auf Abruf ein. Dazu schreibe ich dann die entsprechende Rechnung. Und da mir dann auch eine Anschlussfahrt flöten geht würde die auch noch mit abgerechnet.” Kleinlaut murmelt der Bauleiter: ”Das wird mir zu teuer.” Er rennt aus dem Bürocontainer und ruft ”Piotr, Marek, Tomasz… Dachziegel und Dämmmaterial sind da. Abladen. Ale szybko.” Er kommt wieder rein. ”Haben Sie mal eben die Papiere zum abzeichnen?”



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Wir sitzen im Wohnzimmer auf der Ledercouch und genießen einen kalifornischen Rotwein und das beginnende Wochenende. „Ich hab heute im Radio gehört, dass Rammstein nächstes Jahr auf Stadiontour durch Europa gehen. Was meinst du, soll ich mal gucken ob ich da Karten für bekomme?“ „Oh ja, auf jeden Fall. Unser letztes Konzert ist ja doch schon ziemlich lange her.“ „Zu lange.“ „Hast du dir sonst schon Gedanken gemacht wo wir nächstes Jahr im Urlaub hin wollen?“ „Für dich steht ja eine Woche Spanien zur European Clubcrew Championship Drachenboot Ende Juli im Plan. Und für uns beide zusammen würde ich USA und Kanada in die engere Wahl nehmen. Wieder mit einem Wohnmobil. Für vier Wochen im August oder so.“ „Das klingt nach einem Plan.“ Sandra kuschelt sich an mich. „Ich bin Montagmorgen sowieso in Stockholm, dann gucke ich dort mal bei Mamas Angestellten im Reisebüro rein.“ Ich kann ein Gähnen nicht unterdrücken und ernte von Sandra ein freches Grinsen. „Ich glaube wir sollten jetzt ins Schlafzimmer reinschauen.“ „Nej, reinschauen alleine hilft nicht…“
