34. Neuerungen, weitere Aussichten und ein Wochenende außerhalb?

Freitag, den 27. November 2020, 3:30 am, PST, Sacramento, CA:

Auch heute klingelte mein Wecker zu Hause wieder um halb Vier. Ich machte ihn schnell aus, damit Pam weiterschlafen konnte. Bevor ich aufstand warf ich noch einen Blick auf meine Frau, die friedlich schlief. Ich liebte diese Frau über alles und ich würde nichts tun, was die Beziehung zu ihr gefährden würde. Pam war bildschön, intelligenter, als es viele von ihr dachten und das Wichtigste war, dass sie mich ebenfalls liebte und die Mutter meines Sohnes war. Auch wenn nicht immer alles perfekt lief, war ich mit meiner kleinen Familie überglücklich.
Ich stand auf und ging leise ins Bad. Morgentoilette, Zahnpflege, Dusche und Rasur. Anschließend zog ich mich im Schlafzimmer leise an. Zum Abschied hauchte ich Pam noch einen Kuss auf die Wange, dann nahm ich meine Tasche und ging in die Küche. Hier setzte ich den Kaffee auf und Packte die Vorräte ein, die hier noch zum Mitnehmen auf mich warteten. Viel war es nicht, da Pam am Mittwoch nur mit einer Zweitagetour bis zum Samstag gerechnet hatte. Den Rest musste ich dann unterwegs besorgen. Ich fuhr für einen Lebensmittelhändler. Wäre doch gelacht, wenn ich unterwegs nicht an was zu Essen käme. Ich füllte den Kaffee in die Thermoskanne und trank noch schnell den Rest, der noch in der Kanne der Kaffeemaschine übrig war. Danach machte ich mich auf den Weg zur Arbeit.

Ich nahm wieder den alten Focus für die kurze Strecke zum Zentrallager. Am Truck angekommen, räumte ich schnell die Sachen aus meiner Tasche in die Schränke und Fächer im Sleeper. Pünktlich um Fünf begann ich anschließend mit der PTI. Nachdem alles kontrolliert und in Ordnung war, sah ich mir im ORBCOMM an, was mir Charlie für eine Tour gegeben hatte:

PICKUP: EST-CASAC
GATE: 04
TRAILER: DV85886 / DV81136
FREIGHT: CLOTHES
WEIGHT: 30,465 LB
DROP: AZSOW
MARKET: SUC1230
GATE: 99
PRIORITY: IMPORTANT
REMARKS: STAA-DOUBLE / DV85886 > SUC1230 ; DV81136 > SUC4355, TAYLOR, AZ (WAT-AZ)

WAT-CASAC-CSA

Kaum disponierte Mal jemand anderes, waren ein paar merkwürdige Sachen in der Anweisung. Gut. Das erste lag nicht am Dispatcher. AZSOW kannte ich nicht. Die Auflösung, Show Low, Arizona, sagte mir ebenfalls nichts. Zum Glück hatte ich immer noch eine Straßenkarte der USA im Truck, um mich nicht nur auf das Navi zu verlassen. Laut der Karte lag Show Low südlich von Holbrook an der US-Route 60. Das war also schonmal geklärt. Bei den Angaben in der Bemerkungszeile fragte ich mich, ob die Infos für mich waren, oder eher für die Kollegen aus Arizona. Mein Team gab mir bei einem Double nie die Angabe, was auf welchem Trailer war. Charlie machte das offensichtlich wieder anders. Nun wusste ich, dass ein Trailer für Show Low und der andere für Taylor war, wo ich laut der Straßenkarte sogar direkt vorbeifuhr. Ich sollte Charlie gleich besser mal anrufen. Zuerst machte ich mich aber auf den Weg zum Außenlager.

Über die 47th Avenue fuhr ich zum Golden State Highway, auf den ich in Richtung Norden oder auch Downtown Sacramento auffuhr. Dabei rief ich Charlies Nummer an. „Guten Morgen, Steve. Bist du der Nächste, der meine Anweisungen ungewohnt findet?“, wurde ich begrüßt. „Guten Morgen, Charlie. Wie kommst du darauf?“ „Weil du jetzt der dritte Fahrer bist, der ein Double bekommt und bei mir nachfragt.“ „Okay. Du hast recht.“ „Da ich deine Frage jetzt schon kenne, sag ich dir gleich die Antwort. Du sollst das Double lediglich nach Show Low bringen und dort abstellen. Ein City Trucker aus Flagstaff trennt das Double und bringt einen Trailer nach Taylor und setzt den anderen in Show Low ans Dock. Es sei denn, du hättest eine Kupplung an deiner Maschine, um den Dolly sicher unter dem Trailer wegzuziehen.“ „Nein, habe ich nach wie vor nicht.“ „Offensichtlich schreiben die Kollegen das nicht in die Bemerkungen.“ „Tun sie nicht. Wir brauchen die Informationen ja auch nicht. Die braucht ja nur der City Trucker, der das Double trennt.“ „Eigentlich hast du da recht.“, sagte Charlie nachdenklich. „Ich möchte dich sicher nicht bevormunden, da du sowohl älter, als auch von der Position höher bist, aber ich glaube, die Anderen machen das richtig.“ „Hast du einen plausiblen Grund?“ „Ja. Es ist zu viel des Guten.“ „Wie meinst du das?“ „Du meinst es sicher gut. Im Sinne der Transparenz erklärst du, warum wir ein Double haben. Bei den Marines hatten wir aber eine Regel für kommandierende Unteroffiziere. Verwirre deine Männer nicht durch unnötige Angaben. Sag ihnen was sie wann zu tun haben und Schluss. Wenn es wirklich jemand hinterfragt, kannst du immer noch entscheiden, ob du es ihm erklärst, falls es Zeit und Situation zulassen.“ „Gut. Ich respektiere deine Meinung, als ehemaliger Ausbilder und denke darüber nach. Der Unterschied zwischen uns und dem Militär ist aber der, dass wir eben nicht stur den Befehlen folgen sollen, sondern eben doch hinterfragen und gegebenenfalls Abläufe verbessern können.“ „Zwischen dir und deinen Dispatchern ist das sinnvoll. Aber nicht unbedingt zu den ausführenden Leuten. Das Ergebnis siehst du ja.“ „Danke, für deine Meinung, Steve. Das wird sicher bei der nächsten Besprechung in unserer Abteilung ein Thema werden.“ Wir legten auf.

Während dem Telefonat war ich über CA-99 N, US-50 W, I-5 N und I-80 E zum Außenlager gefahren. Nun fuhr ich von der Interstate ab und erreichte kurz darauf das Außenlager. Hier sattelte ich das Double auf und kontrollierte den Zug. Anschließend machte ich mich auf den Weg. Nun ging es wieder den gleichen Weg wieder zurück. In Lemon Hills fuhr ich aber nicht vom Highway ab, sondern folgte der CA-99 weiter in Richtung Süden. Nachdem ich jetzt zweimal Sacramento durchquert hatte, konnte ich mit Sicherheit sagen, dass es heute sehr ruhig auf dem Highway war. Bei den meisten Verwaltungsangestellten hatte sich inzwischen sowieso Home-Office etabliert. Heute kam noch dazu, dass wohl viele am Black Friday frei hatten und sich ein langes Wochenende gönnten. Ich kam jedenfalls gut voran.

So blieb es auch in den nächsten Stunden. Ich rollte mit Tempomat 56 dahin und hatte einen ereignislosen Morgen und Vormittag. Es war schon nach Elf, als ich an der Ausfahrt 24 auf die CA-58 E in Richtung Mojave wechselte. Bevor ich aber in die Wüste fuhr, machte ich am 24 Seven Travel Plaza, Bakersfield meine Mittagspause. In dieser lief ich erst eine kleinere Runde, ging dann duschen und aß abschließend im Indian Oven zu Mittag.

Gegen halb Eins setzte ich meine Fahrt schließlich fort. Nun ging es über die CA-58 E nach Barstow. Die Fahrt am Mittag durch die Wüste war auch ein entspanntes Dahinrollen. Die Sonne schien zunächst auch noch von einem blauen Himmel. Wobei sich die Temperaturen aber in Grenzen hielten. Immerhin hatten wir Ende November. Im Sommer ging die Skala hier weit über die 100° Fahrenheit. Momentan erreichten wir kaum 80°.

Bei Barstow folgte erst der Wechsel auf die I-15 N in Richtung Las Vegas. Knapp fünf Meilen später tauschte ich diese aber gegen die I-40 E in Richtung Needles. Nun hieß es nur noch die Fahrzeit vollmachen. Arizona würde ich in dieser Schicht sowieso nicht mehr erreichen. Da es aber heute super gelaufen war, was an der Kombination von relativ leichter Ladung und freien Highways lag, fehlte am Ende auch nicht mehr viel bis zur Staatengrenze. An der Essex Rest Area machte ich zwischen Fünf und halb Sechs Feierabend. Dort telefonierte ich zuerst mit Pam. Auch ihr musste ich erklären, wo dieses Städtchen namens Show Low überhaupt lag, zu dem meine Ladung ging. Wir telefonierten eine ganze Weile. Auch Tim kam an den Hörer und konnte mit mir sprechen. Anschließend machte ich mir ein paar Sandwiches als Abendessen und schaute am Abend noch etwas Fern.

Samstag, den 28. November 2020, 4:00 am, PST, Essex Rest Area (Essex), CA:

Mein Wecker klingelte wieder um vier Uhr. Ich blieb aber noch eine Viertelstunde liegen. Am liebsten hätte ich noch etwas weitergeschlafen. Aber der Dienst ging vor. Ich stand auf und ging zu dem kleinen Sanitärgebäude. Dieses war für amerikanische Rest Areas wirklich klein. Es gab nur die Blechtoiletten und eine Handvoll Schaukästen. Der Sitzbereich wirkte auch eher wie ein Carport. Auch die Warnschilder vor Klapperschlangen trugen nicht gerade zum Wohlbefinden der Besucher bei. Kaffee- oder Snackautomaten fehlten ganz. Zum Glück hatte ich ja alles an Bord. Ich erledigte die Morgentoilette, ohne Klapperschlangen zu begegnen und ging zurück zum Truck, wo ich die weitere Morgenroutine mit Wasser aus dem Kanister fortsetzte. Anschließend setzte ich den Kaffee auf und schlüpfte in die Fahreruniform. Um fünf Uhr begann ich mit der PTI und setzte meine Reise im Anschluss fort. Dazu fuhr ich zurück auf die I-40 E in Richtung Needles. An dem Städtchen vorbei ging es auf den Colorado River und somit auf die Grenze nach Arizona zu. „Crossing border – entering Arizona – changing timezone.“, bestätigte mir das mein Navi.
Auf einen Zwischenstopp in Kingman verzichtete ich. Die Tanks waren noch voll genug. Warum also unnötig Zeit verlieren. Mein Weg führte mich weiter über die I-40 E durch Arizona, bis ich die Ausfahrt 285 erreichte. Die Beschilderung nannte den Petrified Forest National Park und Show Low als Ziele. Da ich zu letzterem hinwollte, machte es Sinn. Auch, wenn ich damit rechnete, eine Ausfahrt später abfahren zu müssen. Über die US-180 E ging es nun durch Holbrook, bis ich die Kreuzung mit der AZ-77 erreichte. Hier ging es nun in Richtung Süden weiter. Bei der Durchfahrt durch Taylor kam ich nun direkt an dem Supercenter vorbei, für welches einer meiner Trailer geladen war. Meine Anweisung sagte aber, dass ich beide in Show Low abstellen sollte. Normal hätte ich ja auch gar nichts davon gewusst, dass einer hierhin kam. Wie ich ja zu Charlie sagte, war das jetzt nur unnötiges Wissen, was einen mehr verwirrte, denn nützte.

In Show Low angekommen, bog ich an der ersten großen Kreuzung rechts auf die US-60 W mit dem Straßennamen E Deuce of Clubs. Nach einer halben Meile ging es dann links auf die AZ-260 E. Die White Mountain Road war meine Zielstraße. Dennoch dauerte es noch weitere 4 Meilen, bis ich schließlich das Supercenter erreichte, was schon sehr weit außerhalb des Ortes lag. Ich musste auf die Show Low Lake Road fahren, von der aus ging es auf das Gelände des Supercenters. Das Double sattelte ich an der Seite ab, dann schaute ich, wie es anschließend weiter gehen sollte:

PICKUP: AZSOW
MARKET: SUC1230
GATE: 04
TRAILER: DV85721
FREIGHT: USED PACKAGING
WEIGHT: 33,233 LB
DROP: EST-WAEAT
PRIORITY: STANDARD

WAT-CASAC-JMU

Der Auftrag verhagelte mir spontan meine gute Laune. WA im Zielcode deutete schonmal auf Washington hin. Ich sollte also mit Altverpackungen von Arizona bis nach Washington fahren? Hatte Jessy jetzt endgültig den Verstand verloren? Ich tippte die Zeile an. Dabei stellte sich dann heraus, dass die Ladung zum Außenlager in Wenatchee, Washington sollte. Für den Code hatte wohl wieder ein schwer nachzuvollziehender IATA Code gestanden. Dass der Auftrag Schwachsinn war, stand für mich aber fest. Egal wohin in Washington State die Ladung gehen sollte. Ich nahm mein Handy und rief bei Jessy an. „Hallo Steve. Was gibt’s?“, fragte Jessy zur Begrüßung. „Hallo Schwesterchen. Hast du nun endgültig den Verstand verloren?“, fuhr ich sie an. „Alle Welt meint, dass ich mich im Ton vergreife und dann das. Was ist das denn für eine Begrüßung, Steve?“ „Da fragst du noch? Schau einfach nach, was du mir für einen Schwachsinn verordnet hast.“ „Meinst du ich weiß nicht mehr, was ich dir gegeben habe?“ „Das kann doch nicht euer Ernst sein. Ich denke, es ist so viel zu tun. Da soll ich dann mit Altverpackungen von Show Low nach Wenatchee?“ „Ich habe von dort nichts anderes in unser Gebiet.“ „Was heißt unser Gebiet?“ „Na Kalifornien, Oregon, Washington. Das läuft ja bei Long Haul Touren dann bevorzugt.“ „Da wäre ja Nevada besser.“ „Nevada ist aber nicht unser Gebiet. Das ist Nevada, Utah.“ „Und das bekommst du nicht?“ „Nur bei höherer Priorität. Sonst hat unser Gebiet Vorrang.“ „Das bedeutet also, dass ich jetzt für eine Ladung Müll außerhalb resetten muss?“ „Laut System kommst du locker nach Wenatchee.“ „Aber dann auch noch nach Hause?“ „Ja… ähm… nein… das habe ich nicht im System stehen.“ „Siehst du? Das meinte ich.“ „Holy shit. Da habe ich nicht dran gedacht.“ „Und jetzt?“ „Kann ich gleich zurückrufen? Dad ist zu Hause. Ich frage ihn, was ich jetzt machen soll.“ „Tu das.“ Wir legten auf. Ich stellte die Zugmaschine an die Seite und die Systeme anschließend auf Pause.

Zehn Minuten später klingelte mein Handy. Die Festnetznummer meiner Eltern stand im Display. „Ja bitte?“ „Hallo Steve. Ich bin‘s.“, meldete sich Dad. „Hallo Dad. Eigentlich wollte ich nicht meckern. Ich finde es nur schwachsinnig, Müll von Arizona nach Washington zu fahren.“ „Prinzipiell hast du recht.“, stimmte Dad mir zu. „Leider ist das aber so. Diese Verpackungen müssen zum Lieferanten zurück und der sitzt in der Tat in der Nähe von Wenatchee.“ „Also muss ich da hin.“ „Ja.“, sagte Dad. „Wir haben uns, als Handelskonzern selbst dafür stark gemacht, dass dieses Gesetz seinerzeit verabschiedet wurde. So kümmern wir uns zwar um die Rückführung der Verpackungen, sparen aber im Umkehrschluss die Entsorgungskosten. Da ging es Walmart seinerzeit drum. Das Gesetz sollte zwar eigentlich Müll vermeiden, das ist aber nun mal Sache des Herstellers. Wir bestellen aber natürlich eine Transportsichere Verpackung. Außerdem minimieren wir so die Leermeilen. Früher wurde vor Ort entsorgt, die Trucks mussten aber trotzdem zu den Lägern zurück.“ „Okay. Das Prinzip ist mir auch bekannt und klar. Aber gerade in der Vorweihnachtszeit gibt es sicher wichtigere Transporte. Außerdem stehe ich deswegen vermutlich beim Reset draußen.“ „Im Gegensatz zu anderen Firmen bekommst du aber bei uns 42 Bucks pro Tag, wo du nicht zu Hause bist. Auch beim Reset.“ „Es geht mir doch nicht ums Geld. Ich möchte aber auch bei Pam und Tim sein.“ „Da musst du in diesem Fall leider mit leben.“ „Okay Dad. Dann ist das so.“ Ich wollte gerade auflegen, als Dad rief: „Warte, Steve. Ich hab da noch was.“ „Ja?“ „Am Montagabend um Sechs haben wir eine Betriebsversammlung als Videokonferenz.“ „Ja, okay.“ „Ich möchte dich vorab schonmal informieren, worum es dabei geht. Damit du mich hinterher nicht fragst, warum ich dir vorher nichts gesagt habe.“Betreffen mich die Änderungen denn? Wenn es denn welche sind.“ „Sonst würde ich dich sicher nicht damit belästigen. Ich habe dir vorgestern noch nichts gesagt, weil das alles noch nicht spruchreif war.“ „Und jetzt ist es das?“ „Seit gestern.“ „Dann schieß los.“ „Wir hatten gestern den Vorstand aus Bentonville hier in Sacramento. Bei dem Termin waren wir bei einer Auktion. Auf dieser hat die Geschäftsleitung einen Büro- und Lagerkomplex ersteigert, der unser neues Zentrallager wird.“ „Aha. Warum brauchen wir ein neues Zentrallager?“ „Das Zentrallager in Sacramento war ja das erste Walmart Lager, was in Kalifornien eröffnet wurde. Der Komplex ist inzwischen über 50 Jahre alt. Das Lager wurde zwar immer wieder mal renoviert, weswegen man ihm das Alter auch nicht unbedingt ansieht. Aber auch hinter der modernen Fassade sind wir nicht mehr up to date. Das Lager, was wir ersteigert haben, ist insgesamt gerade mal zehn Jahre alt und mit modernster Lagertechnik ausgerüstet. So bekommen wir bei einer ähnlichen Grundfläche die doppelte Kapazität gelagert.“ Wie kommt man an so ein modernes Lager?“ „Das Unternehmen, welches vor zehn Jahren das Lager neu gebaut hat, gehört du den Unternehmen, die den Corona Lockdown leider nicht überlebt haben. Aufgrund des Konkurses wurde der Komplex gestern zwangsversteigert. Dabei hat Walmart den Zuschlag bekommen.“ „Verstehe.“ „Das neue Lager ist aber eben nicht am Southgate Park, wie das alte Lager.“ „Sondern wo?“ „Am Auburn Boulevard. Der geht parallel zum Capital City Freeway, südlich vom McCellan Airport.“ „Super. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, den Focus wieder zu verkaufen und wieder zu Fuß zur Arbeit zu laufen. Das Thema hat sich jetzt erledigt.“ „Das ist der Hauptgrund für die Versammlung. Der Betriebsrat hat darauf bestanden.“ „Das sind dann mal eben 10 Meilen mehr für den Weg zur Arbeit.“ „Um den Betriebsrat ruhig zu halten, wird für das Büro- und Lagerpersonal ein Busshuttle vom alten Standort zum neuen Lager eingerichtet. Der fährt natürlich nur zu den Schichtwechseln von Büro und Lager. Das betrifft natürlich nicht euch Fahrer.“ „Schon klar. Wenigstens ist man dann schneller vom Zentrallager am Außenlager und umgekehrt.“ „Das war ein wichtiges Argument für dieses Objekt. Außerdem die Nähe zu einem der wichtigsten Fernstraßenkreuze Kaliforniens. Dem, zwischen den Interstates 5 und 80.“ „Können die Trucks denn weiterhin am alten Lager abgestellt werden?“ „Nein. Das Lager wird entweder verkauft oder vermietet. Für einen Teil der Trucks haben wir aber noch eine Alternative, die für dich interessant sein könnte.“ „Die da wäre?“ „Auf dem alten Gelände war ja auch unsere Werkstatt, die sich um die Reparaturen von Trucks und Trailern gekümmert hat.“ „Ja und?“ „Die wird es auf dem neuen Gelände nicht mehr geben. Da ist kein ausreichender Platz für. Die Geschäftsleitung sieht aufgrund von Wartungsverträgen für die Zugmaschinen auch keinen Bedarf mehr für eine eigene Werkstatt.“ „Und die Trailer? Wo werden die gewartet“ „Da komme ich jetzt zu. Wir haben gestern auch ein langes Gespräch mit dem Leiter unserer Werkstatt geführt. Letztlich kam es dazu, dass Walmart ihm eine Starthilfe in die Selbstständigkeit gibt, wenn er im Umkehrschluss das Personal mitnimmt. Wir haben auch eine Halle gefunden, die wir übernehmen und dem Meister dann vermieten. Auf dem Platz wird auch die Tankanlage stehen. Außerdem ist dort Platz für eine kleine Anzahl von Zugmaschinen.“ „Wo wäre das?“ „Am Freeport Boulevard. Im Bereich zwischen dem Zoo und dem alten Executive Airport.“ „Also nördlich der Fruitridge Road?“ „Genau.“ „Fußläufig auch zu weit, aber wesentlich näher, als der Auburn Boulevard.“ „Also würdest du deine Maschine lieber dort abstellen.“ „Auf jeden Fall.“ „Okay. Dann kommt deine Maschine schonmal dorthin.“ „War es das oder kommt noch mehr?“ „Eine Sache kommt noch. Durch die ganzen Investitionen und das schlechte Jahr mit Corona und den Bränden im Spätsommer müssen wir kräftig auf die Kostenbremse treten. Dazu kommt, dass sich einige Kunden von Sam’s Club beschwert haben, dass unsere Trailer zu lange bei denen auf dem Platz stehen. Das kam vor allem von Wettbewerbern, wie 7Eleven, Safeway, Best Buy und Costco. Außerdem werden unsere zum Teil schon recht betagten neutralen Trailer nicht ersetzt, wodurch sich die Lieferungen in Trailern mit unserer Werbung häufen.“ „Das heißt, wir verärgern die Kunden noch mehr.“ „Einerseits schon, andererseits wird der Aufenthalt der Trailer beim Kunden drastisch verkürzt, indem wir die Trailer nicht mehr abstellen, sondern direkt entladen. Dadurch brauchen wir insgesamt weniger Trailer, weil eben weniger bei externen Kunden stehen.“ „Und bei unseren eigenen Märkten?“ „Da kommt es auf zwei Sachen an.“ „Auf welche?“ „Einerseits, ob wir einen Trailer für die Rückladung brauchen und andererseits in welchem Gebiet wir sind. Wir sollen nämlich möglichst die Trailer in den Gebieten halten.“ „Also stehen wir demnächst häufiger rum und warten, dass wir entladen werden.“ „Das ganze immer im Dialog mit der Dispatch. Wenn ihr drei Stunden auf ein Dock warten müsst, bleibt der Trailer stehen.“ „Okay. Wann geht das alles los?“ „Das neue Lager wird am 1. Januar 2021 in Betrieb genommen. Vorher muss noch ein wenig für uns umgebaut werden. Übergangsweise kann es auch sein, dass bis zum 1. Februar noch am alten Lager geladen wird. Bis alles da raus ist. Die Trucks sollen aber auch ab 1. Januar an den neuen Standorten stehen. Mit dem Entladen kann es quasi ab dem 1. Dezember losgehen.“ „Wie wird das mit dem Entladen eigentlich für uns Fahrer vergütet?“ „Nicht anders, als jetzt. Momentan bekommt ihr ja zusätzlich zu den bezahlten Meilen einen Betrag für den Trailer Tausch. Den bekommt ihr auch für das Entladen. Ihr seid zwar länger beim Kunden, habt aber auch nicht mehr Aufwand. Ihr müsst ja schließlich nicht selbst laden oder entladen.“ „Ist ja doch eine ganze Menge neu.“ „Du weißt dann schonmal, was am Montag gesagt wird.“ „Mich ärgert das zwar mit dem Außenreset, lässt sich aber nicht ändern.“ „Dein wievielter Außenreset ist das nun dieses Jahr?“ „Der dritte.“ „Geht ja noch.“ „So. Ich mache jetzt erstmal Pause.“ „Mach das, Steve.“ „Grüße Mom von mir.“ „Okay. Bis demnächst.“ Wir legten auf.

Nachdem wir nun eine ganze Weile telefoniert haben, konnte ich mir meine Laufrunde heute knicken. Ich ging dann wenigstens noch in das Supercenter und kaufte ein. Mein Mittagessen holte ich mir anschließend im Walmart Deli und nahm es mit zum Truck. Dort aß ich es noch in Ruhe, bevor ich meine Arbeit fortsetzte.

Es war dann viertel vor Zwei, Mountain Time, als ich den Trailer für Wenatchee aufnahm und die PTI des Trailers machte. Anschließend machte ich mich auf den Weg, der mich leider nicht nach Hause führte. Ich fuhr zurück zur S White Mountain Road oder AZ-260 W, je nachdem was einem lieber war. Über die ging es erstmal wieder nach Show Low hinein. Dort angekommen bog ich rechts in die E Deuce of Clubs oder US-60 E. An der nächsten Ampel ging es in die N Penrod Road oder AZ-77 N.

Die nächste dreiviertel Stunde blieb ich nun auf diesem State Highway, dann hatte ich Holbrook erreicht. Auf der Strecke kam mir auch der Kollege entgegen, der mein Double zerlegen wollte. In Holbrook angekommen, machte ich einen Zwischenstopp an der örtlichen Chevron Tankstelle am Navajo Boulevard. Hier konnte ich auf Techron Karte meine Tanks wieder füllen. Es gab Diesel für den Kenworth und Kaffee für mich. Nachdem der Durst von Truck und mir gestillt war, ging es weiter. Zu meiner Überraschung sollte ich nun in Richtung Osten auf die Interstate 40. Ich hatte eher damit gerechnet, in Richtung Flagstaff fahren zu müssen und dann in Richtung Page weiter. Der Technische Navigator kannte sich in Arizona aber sicher besser aus als ich. So folgte ich der Anweisung und fuhr in Richtung Albuquerque weiter. Für knapp 46 Meilen blieb ich auf der Interstate, dann hatte ich die Ausfahrt mit der Nummer 333 erreicht. An der Triple Three Tauschte ich die Interstate gegen die US-Route 191 in Richtung Norden oder Ganado. Die Landschaft war karg und eintönig, genau wie die Fahrt über den Highway. Der einzige Unterschied zur Interstate vorher war die Anzahl der Spuren nun hatte ich einen Single Lane Highway. Nach 38 Meilen hatte ich Ganado erreicht. Damit mal was passierte, durfte ich links abbiegen. Die US-191 teilte sich den Track nun mit der AZ-264. Sechs Meilen später trennten sich die Tracks an einem Kreisverkehr wieder. Ich folgte weiter der US-191 in Richtung Norden. Auch die nächste Stunde ging es durch karge, hügelige Landschaft. In der Siedlung namens Round Rock, die aus einer Handvoll verstreuter Häuser bestand, bog ich mal wieder links ab um dem Highway 191 weiter zu folgen. Eine halbe Stunde später, es dämmerte inzwischen, traf die US-191 auf die US-160. Hier ging es rechts ab. Nach zweieinhalb Meilen trennten sich auch diese Highways wieder voneinander. Ich bog links ab und folgte dann wieder der US-191 N. Kurz darauf verkündete mein Navi: „Crossing border – entering Utah – changing Timezone“, wobei letztere Äußerung nur im Sommer galt. Aktuell blieb die Zeit bei Mountain Standard Time.
Langsam musste ich mir auch Gedanken machen, wo ich für den heutigen Tag Feierabend machen wollte. Ich hatte während der letzten Stunden bereits gemerkt, dass sich keine Truckstops an diesem Highway befanden. Also sollte es am besten sein, in einer der wenigen Siedlungen stehen zu bleiben, wenn ich nicht alleine in der Wüste stehen wollte. Nach einer knappen halben Stunde überquerte ich den San Juan River und kam dann an die Kreuzung mit der US-163. Ich folgte weiter der US-191 N und kam kurz darauf nach Bluff, UT.

Soweit ich das dann im Dunkeln sehen konnte, gab es neben der örtlichen Tankstelle und einem schäbigen Motel einen Schotterplatz, der groß genug war, um eine Handvoll Trucks unterzubringen. Ich stellte den Truck dort ab und ging in den Shop der Tankstelle. „N’Abend.“, grüßte ich den Typen an der Kasse. „Kann ich da vorne mit meinem Truck über Nacht stehen bleiben? Ist auch kein Reefer.“ Der Typ, der vielleicht gerade mal 18 war, musterte mich von oben bis unten. „Du bist einer der wenigen, der überhaupt fragt.“, sagte er, wobei er kaum die Zähne auseinanderbekam. „Da stehen eigentlich jede Nacht ein, zwei Trucks. Toilette und Waschraum kannst du hier auch benutzen.“ „Danke. Dann gib mir gleich mal den Toilettenschlüssel.“ Er holte einen Schlüssel hervor, der zum „Diebstahlschutz“ an einer alten Radkappe eines Chevy hing. „Einmal hintenrum.“, murmelte er. Nach Benutzung der Toilette und einer kurzen Wäsche an dem Waschbecken brachte ich die Radkappe samt Anhang zurück und ging wieder in den Truck, wo ich mir den Inhalt einer Dosensuppe in der Mikrowelle aufwärmte. Anschließend folgte ein langes Telefonat mit Pam, wo ich hauptsächlich von meinem Gespräch mit Dad berichtete. Im Anschluss wollte ich eigentlich etwas YouTube schauen, was ich aber aufgrund der schlechten Internetverbindung aufgab. Stattdessen legte ich mich dann zeitig ins Bett.

Sonntag, den 29. November 2020, 5:00 am, MST, Bluff, UT:

Normal war es am Sonntagmorgen immer Tim, der mich unsanft aus dem Schlaf holte. Um diese Zeit dürfte aber selbst mein früh aufstehender Sohn noch in seinem Bettchen liegen und schlafen. Ein paar Minuten blieb ich aber auch noch liegen, dann begann mein Wecker von Neuem damit, mir mitzuteilen, dass ich aufstehen sollte. Diesmal drückte ich auch nicht die Snooze Taste, sondern schaltete ihn aus und stand auf. Ich ging jede Wette darauf ein, dass es nicht viele Leute gab, die an diesem Morgen in Bluff bereits wach waren. Als ich zur Tankstelle rüber sah, stellte ich fest, dass auch diese jetzt noch geschlossen war. Außer der Werbung für den Mineralölkonzern war sonst noch alles dunkel. Soviel zum Thema Toilette der Tankstelle nutzen. Ich entleerte meine Blase in den Büschen am Rand des Platzes und wusch mich anschließend mit Wasser aus meinem Kanister. Anschließend setzte ich den Kaffee auf und zog die Fahreruniform an. Als ich um sechs Uhr mit der PTI begann, wurde es zu meiner Überraschung auch an der Tankstelle heller. War wohl doch noch wer wach. Dass die Tankstelle am Sonntagmorgen auch um sechs Uhr öffnete hätte ich hier, in einem Kaff mit knapp 300 Einwohnern nicht vermutet. Inzwischen hatte ich aber alles was ich brauchte, also fuhr ich nach der PTI auch los.
Es ging weiter auf der US-191 in Richtung Norden auf Moab zu. Die nächste etwas größere Siedlung war Blanding, wo immerhin schonmal die zehnfache Menge an Einwohnern lebte, wenn ich es mit meinem Übernachtungsplatz verglich. In der Morgendämmerung passierte ich Monticello und Moab. Auf einen Zwischenstopp an Papa Joe’s überteuerter Tankstelle verzichtete ich dieses Mal. Ich fuhr direkt auf die Interstate 70 in Richtung Westen. Diese verließ ich nach 23 Meilen wieder und folgte nun der US-6 W in Richtung Price / Salt Lake. Inzwischen war es auch hell und ich konnte wenigstens was von der beeindruckenden Landschaft sehen. So zogen der Morgen und der Vormittag dahin.

Meine Mittagspause begann ich schließlich um viertel nach Zwölf. Ich stand auf dem Parkplatz einer Chevron Tankstelle in Spanish Fork, wo es auch ein kleines Restaurant gab. Als erstes schlüpfte ich aber in meine Sportsachen. Ich lief dann die Powerhouse Road hinauf, am Golfplatz vorbei und anschließend in den Canyon View Park. Hier konnte ich mich nun in einer wirklich schönen Landschaft auspowern. Der einzige Haken an der Sache war die fehlende Duschmöglichkeit im Anschluss. Heute Abend sollte ich mal nach einem Truckstop für den Feierabend suchen, wenn nicht, könnte ich mich vermutlich bald selbst riechen.
Nach der Laufrunde musste so erstmal eine Wäsche mit Wasser aus dem Kanister herhalten. Diesen füllte ich anschließend an der Tankstelle wieder auf. Danach ging ich zum Little Acorn, dem Restaurant hier und holte mir dort mein Mittagessen. Im Lokal sah es nicht allzu einladend aus. Die Rezessionen waren geteilt, also machte ich mir selbst ein Bild. Ich holte mir ein Veggie Sandwich und einen Chicken Salad. Im Truck aß ich das Sandwich und den halben Salat. Damit war ich gut gesättigt und es hatte mir geschmeckt. Den restlichen Salat stellte ich mir für später in den Kühlschrank. Es war dann zwei Uhr, als ich mich wieder auf den Weg machte. Dazu fuhr ich wieder auf die US-6 W, die ich vier Meilen später gegen die I-15 N in Richtung Salt Lake tauschte.
Die Hauptstadt Utahs passierte ich am Sonntagnachmittag ohne Probleme. So konnte es gerne weitergehen. Mein Vortrieb wurde dann auch erst am Perry Port of Entry eingebremst. Einmal wiegen bitte. 67,061 lb, vielen Dank und gute Weiterfahrt.
Bei Tremonton nahm ich die I-84 W, auf der ich ja seit Ogden zusätzlich zur I-15 war. Eine halbe Stunde später meldete mein Navi: „Crossing border – entering Idaho.“

Die Declo Weigh Station gab mir bei untergehender Sonne einen Bypass. Also schaute ich nur den Kollegen zu, die über die Waage mussten, während ich auf der Interstate vorbeifuhr. Nach knapp acht Meilen später traf die I-84 auf die I-86. In Richtung Westen ging es aber als I-84 weiter.
Nun wurde es langsam Zeit sich einen Platz für die Pause zu suchen. Vorzugsweise mit einem Truckstop. Diesen fand ich an der Ausfahrt 173, wo ich dann zum Flying J Travel Center, Jerome, ID fuhr. Es waren noch mehrere Plätze von den 100 Parkplätzen frei. Den Truckstop suchte ich am Abend aber nur zum Besuch der Toiletten auf. Die Dusche sparte ich mir für den Morgen auf. Als Abendessen wollte ich den Rest des Chicken Salad vom Mittag nehmen. Nach dem allabendlichen Telefonat mit Pam schaute ich nun heute YouTube, bevor ich mich zum Schlafen hinlegte.

Montag, den 30. November 2020, 5:00 am, MST, Jerome, Idaho:

Auch heute hieß es wieder um fünf Uhr aufstehen. Andere Leute hatten ein langes Wochenende hinter sich, ich war schon seit Freitag wieder zugange. Ich quälte mich aus dem Bett und setzte die Kaffeemaschine in Gang. Anschließend nahm ich meine Tasche, die ich am gestrigen Abend vorbereitet hatte und ging mit dieser in den Truckstop zum Duschen.
Pünktlich um sechs Uhr war ich frisch geduscht und mit dem ersten Kaffee des Tages bewaffnet wieder im Truck. Den Kaffee aus meiner Kaffeemaschine füllte ich in die Thermoskanne für den Rest des Tages. Den frischen, aus dem Truckstop trank ich sofort. Nun begann ich mit der PTI, in deren Anschluss ich meine Fahrt nach Wenatchee fortsetzte.

Ich fuhr zurück auf die I-84 W in Richtung Boise. Die Hauptstadt Idahos passierte ich eine ganze Zeit später immer noch im Dunkeln. Wir hatten Ende November. Da begann man im Dunkeln und hörte auch im Dunkeln wieder auf zu fahren. Als ich den Snake River und damit die Grenze zu Oregon passierte, schien die Dunkelheit einem trüben und nebligen Herbstmorgen Platz zu machen. Das war aber erstmal nur im Tal des Snake River so. Als die Sonne langsam über die Hügel kam, war ich auch schon hoch genug, um über der Nebelgrenze zu sein.

Kurz darauf hatte mich auch die Pacific Time Zone wieder und meine Uhr zeigte das gleiche an, wie zu Hause. Hinter Baker City tauschte ich die kargen Hügel am Straßenrand gegen Felder. Hinter La Grande gegen Wälder für die dieser Staat bekannt war. So zog der Morgen vorbei.
Am späten Vormittag wurde mein Vortrieb an der ODOT Truck Scale MP 227, wie die Waage vor Pendleton genannt wurde, gestoppt. 66,511 lb stand auf der Skala und die Ampel wechselte auf grün. Viel Platz war hier nicht, also verschob ich meine Pause nochmal.

Ein paar Minuten später kam ich aus dem Wald hinaus und konnte nun einen schönen Blick auf das Tal des Columbia River werfen, in welches nun mein Abstieg in einigen Kurven vor mir lag.

 Danach hatte ich Pendleton erreicht. Eine gute halbe Stunde später wechselte ich zuerst die Interstate und folgte nun der I-82 W weiter in Richtung Kennewick. Der nächste Wechsel war sowohl der des Flussufers vom Columbia River und damit auch der, des Staates. Washington State war erreicht. Der Staat begrüßte mich auch sehr freundlich in Form eines Bypasses am Port of Entry, Plymouth, WA.
Meine Mittagspause zögerte ich heute ziemlich hinaus. Da ich am Port of Entry ja nicht rausmusste, folgte ich erstmal für weitere 90 Meilen der I-82. Dann entschieden sowohl mein E-Log, als auch meine Blase, dass es wirklich Zeit wurde. Ich nahm die Ausfahrt 38, Union Gap und fuhr in die Nachbarstadt von Yakima, welches im Tal des gleichnamigen Flusses lag. Ich folgte der Main Street bis zum Einkaufszentrum am E Valley Mall Boulevard, in welchem sich auch ein Walmart Supercenter befand. Ich bog rechts ab und fuhr an der Shopping Mall vorbei. Auf der Rückseite des Einkaufszentrums befand sich das Gear Jammer Truck Plaza, ein Truckstop mit Waschanlage, LKW-Werkstatt und Chevron Tankstelle. Hier hielt ich nun für meine Mittagspause.

Nachdem ich den Truck geparkt hatte, suchte ich als erstes die inzwischen dringend benötigte Toilette auf. Es war inzwischen ein Uhr. Somit war ich tatsächlich fast acht Stunden durchgefahren. Da musste der Kaffee wirklich langsam raus.
Nachdem ich erleichtert war, gönnte ich mir einen Crispy Chicken Salad aus dem Restaurant. Danach ging ich wieder zum Truck. Irgendwann am Vormittag hatte mein Telefon mir angezeigt, dass ich eine Mail von Marc bekommen hatte. Die wollte ich mir nun anschauen. Ich fuhr meinen Laptop hoch und rief die Mail aus dem Posteingang ab:

„Hallo großer Bruder. Liebe Grüße von Keela und mir aus dem zum Glück noch recht milden Minnesota. Eigentlich hatte ich bereits mit Schnee gerechnet. Der blieb mir aber erspart. Ich habe die Möglichkeit genutzt und bin seit Freitag im Regionalverkehr mit einem der neuen Western Star unterwegs. Der Truck hat mich regelrecht begeistert. Das mir, als eingefleischtem Kenworth Fan. 😊
Natürlich ist es ungewohnt, mit einem DayCab unterwegs zu sein, das ist aber das Einzige, was mich etwas stört. Die Kombi von Cummins X15 mit 450 PS und 13 Gang Fuller reicht völlig aus. Da der 49x mit den gleichen Sleepern, wie der Cascadia lieferbar ist, werden wir für Minnesota Maschinen mit mittellangem Radstand und kleinem Sleeper ordern. Die funktionieren sowohl im Baustellenverkehr, als auch im Walmart Regionalverkehr. Ich habe noch ein paar Bilder von meinen Touren zwischen Fargo, Grand Forks, Sioux Falls, Des Moines, Milwaukee und Duluth beigefügt.

Kurze Mittagspause mit einem Trailer von General Mills
Sieht doch irgendwie merkwürdig aus, wenn da ein Box Van dranhängt.
Für Walmart ein paar Stapler zur Werkstatt gebracht. Hab dafür einen eigenen Trailer genommen.
Zwischenstopp am IOWA 80.
Der Milchtank passt da besser hinter, als die Koffer.

Keela hat momentan viel in ihrer Funktion im Aufsichtsrat von Ryan Construction und der Ryan Foundation zu tun. Am Freitag hatte sie eine wichtige Sitzung, in der die Positionen bei Ryan Construction neuformiert wurden. Angus bleibt natürlich CEO. Eireen ist CFO, also Finanzvorstand der Constructions, als auch CEO der Foundation. Keelas Bruder Liam ist zum COO ernannt worden. Nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, war das der erwartete nächste Schritt. Ihr Bruder Patrick ist jetzt offiziell CTO, also Technologie Chef. Als technischer Leiter kümmert er sich, neben seiner Funktion als Bauleiter auch um den Maschinen- und Gerätepark der Constructions. Kenneth und Keela haben zwar keine offiziellen Titel, sind aber sowohl im Aufsichtsrat der Constructions, als auch im Stiftungsrat der Foundation. Liams Freundin Alice arbeitet inzwischen in der Personalabteilung der Constructions und wird wohl nach der Hochzeit mit Liam die nächste Personalchefin. Vor lauter Titeln hat mir der Kopf geraucht, als Keela mir das berichtet hatte. Am Samstag war dann die Feier zur Ernennung von Liam und Pat in ihre neuen Positionen.

Weißt du eigentlich, was in der Betriebsversammlung, heute Abend besprochen wird? Keela soll teilnehmen, hat aber auch keine Ahnung, worum es dabei geht.

Bis demnächst

Marc“

Ich schrieb Marc eine Antwort, in der ich eine kurze Zusammenfassung gab, dass es um das neue Zentrallager gehen würde. Die weiteren Punkte mit der Werkstatt und den Trailern ließ ich aber erstmal weg, da ich nicht wusste, was Marc davon betreffen würde. Vielleicht brauchte er über kurz oder lang eigene Trailer für die Walmart Trucks. Das wusste ich aber eben nicht so genau. Das müssten schon Charlie oder Dad mit Marc besprechen. Um zwei Uhr machte ich mich dann auf den restlichen Weg nach Wenatchee.

Dazu fuhr ich wieder an der Mall vorbei und bog dann rechts auf die Main Street. Mein Navi wollte, dass ich einmal quer durch Yakima fuhr. Also machte ich das. Dabei sah ich noch ein wenig von der Stadt.

Kurz vor dem Fluss erreichte ich wieder die I-82 W, die einen Bogen um die Stadt gemacht hatte. Für mich ging es in Richtung Ellensburg weiter. Ich hatte gerade den Fluss überquert, als ein kräftiger Herbstschauer herunterkam. Nicht umsonst hatte Washington den Beinamen „Evergreen State“. Es regnete hier einfach viel, weswegen es eben viel Grün gab. Das sah man auch immer wieder in Filmen, die in Washington spielten.
Nach 30 Meilen, die ich nun durch das nasse Wetter gefahren war, hatte ich die Interstate 90 erreicht. Ich folgte der westlichen Fahrbahn in Richtung Seattle. Nach weiteren fünf Meilen verließ ich die Interstate aber dann an der Ausfahrt 106. Über die US-97 N sollte es nun via Ellensburg nach Wenatchee gehen. Die Stadt tangierte ich aber nur am Rande. Bei immer noch strömendem Regen kam ich an den Truckstops von Pilot und Love’s vorbei. Außerdem durch ein kleines Gewerbegebiet.

Anschließend hatte ich Ellensburg hinter mir. Die nächste Stunde fuhr ich im strömenden Regen über eine hügelige, kurvenreiche Strecke. Die Kombination aus Regen und Wald hatte die Straße auch sehr rutschig gemacht. So musste ich an diesem Nachmittag noch aufpassen, dass ich den Truck auf der Straße hielt.
Als ich zwischen Peshastin und Dryden die US-2 erreichte, ließ dann auch endlich der Regen wieder nach. Laut Navi hatte ich jetzt nur noch 15 Meilen bis zum Ziel, die ich nun über die US-2 E fuhr. Bevor ich Wenatchee wirklich erreichte, sollte ich aber weiter der US-2 in Richtung Spokane folgen. An der nächsten Ampel ging es dann rechts in die Easy Road. Hier hatte ich ein Gewerbegebiet, in dem sich offensichtlich auch unser Außenlager befand. Ich sah es kurz darauf auch linkerhand liegen.
ORBCOMM hatte mir mal wieder die hintere Ecke angegeben, in der der Trailer abgestellt werden soll. Nachdem ich abgesattelt hatte, wunderte ich mich über den nächsten Auftrag:

PICKUP: EST-WAEAT
GATE: 99
TRAILER: DV163990
FREIGHT: COMPUTER COMPONENTS
WEIGHT: 22,271 LB
DROP: CAMYV
MARKET: SUC1903
PRIORITY: IMPORTANT

WAT-CASAC-CSA

Konnte das sein? Das Kürzel und die Marktnummer kannte ich. Es war das Supercenter in Yuba City, keine zwei Stunden von zu Hause entfernt. Reichte dafür überhaupt meine Fahrzeit? Ich nahm mein Telefon und rief Charlie an. „Hallo Steve. Ist was nicht in Ordnung?“, fragte Charlie verwundert. „Hallo Charlie. Ich wundere mich nur über den Auftrag. Eine wichtige Ladung nach Yuba City. Schaffe ich das überhaupt noch?“ „Moment…“ Charlie tippte auf seinem Rechner. „Laut ORBCOMM hast du noch 24 Stunden Fahrzeit übrig.“ Ich schaute auf mein E-Log. „Stimmt.“ „Laut den Navigationsdaten in ORBCOMM brauchst du von Wenatchee nach Yuba City 16 Stunden reine Fahrzeit.“ „Ernsthaft?“ „So steht es hier. Damit hättest du acht Stunden für die Fahrt von Yuba City nach Sacramento und als Reserve für etwaige Probleme.“ „Sollte mehr als genug Zeit sein.“ „Das meine ich auch. Ich habe schon gehört, dass du dich aufgeregt hast, weil du meintest, nicht nach Hause zu kommen.“ „Tja… ähm…“ „Jessica hat es so schon schwer genug hier. Vielleicht solltest du über eine Entschuldigung nachdenken.“ „Zumal Dad das auch mitbekommen hat.“ „Das meine ich.“ „Okay. Die Entschuldigung ist fällig.“ „Gut. Gibt es sonst noch was?“ „Nee.“ „Gut. Dann nimm den Trailer auf und mach Feierabend. Um sechs Uhr ist ja noch die Videokonferenz.“ „Wobei mir Dad schon alles gesagt hat.“ „Nimm trotzdem teil. Damit du auch weißt, was andere, vor allem der Betriebsrat sagen.“ „Ab wann tritt das mit den Trailern denn in Kraft?“ „Ab morgen. Das wird aber gleich auch noch gesagt.“ „Okay.“ Wir verabschiedeten uns und ich legte auf.
Anschließend nahm ich den Trailer auf und erledigte die PTI. Nachdem das erledigt war, ging ich zum Kollegen, der im Bürocontainer Dienst hatte. „Hallo Herr Kollege.“ „Auch hallo. Was kann ich für dich tun?“ „Gibt es hier in der Nähe was, wo ich über Nacht stehen kann?“ „Das ist einfach. Etwa eineinhalb Meilen von hier ist ein Truckstop.“ „Wie komme ich dahin?“ „Ganz einfach. Du biegst hier links in die Penny Road.“ Er zeigte auf die Straße. „Die wird da hinten nach der Kurve zur Euclid Avenue.“ „Ja?“ „Dann immer geradeaus. Über den Kreisverkehr noch hinweg. Dann siehst du rechterhand eine Tankstelle. Auf dem Schild steht WVTS das steht für Wenatchee Valley Truck Stop.“ „Okay. Danke.“ „Erwarte aber nicht zu viel. Ist nur eine Tankstelle mit Shop.“ „Das reicht mir. Wie haben die denn geöffnet?“ „5am bis 9pm.“ „Mist dann muss ich morgen früh noch mal hier halten, um zur Toilette zu gehen.“ „Für die Nacht stehen da Dixi Klos.“
Ich bedankte und verabschiedete mich. Dann ging ich zum Truck zurück und fuhr zu dem Truckstop. Es war halb Sechs, als ich dort Feierabend machte. Eine halbe Stunde später sollte die Videokonferenz starten. Ich schrieb Pam also erstmal nur eine WhatsApp, dass ich mich später melden würde. Dann fuhr ich den Laptop hoch und hoffte, dass ich genug Bandbreite für eine Videokonferenz hatte.

Der ganze Spaß dauerte schließlich fast zwei Stunden. Das lag aber daran, dass sich Dad und seine Abteilungsleiter die Zeit nahmen, auf jede Frage einzugehen, die von den Kollegen und natürlich dem Betriebsrat kamen. Wirklich was Neues gab es für mich, nach dem Telefonat am Samstag nicht mehr. Am Ende zeigte sich, dass Dad und die Unternehmensführung aus Bentonville bereits alles genau durchdacht hatten. Für jedes Problem gab es eine Lösung. So gab es zum Beispiel direkt neben dem Lager einen Mobile Home Park, auf dem es zurzeit noch Plätze gab. Natürlich gab es auch mit dem neuen Lager Kompromisse, die hatten sich aber auch beim alten Lager gezeigt. Auch die Daten standen fest. Am 1. Dezember, also morgen begann sowohl die Änderung in Bezug auf Drop and Hook, als auch der notwendige Umbau einiger Sachen im Lager. Planmäßig sollte ab 14. Dezember begonnen werden, im neuen Lager den Betrieb aufzunehmen. Zunächst aber nur als Wareneingang von länger haltbaren Lebensmitteln und Umlagerung vom alten zum neuen Lager. Ab 1. Januar 2021 würde auch der Ausgang vom neuen Lager beginnen und spätestens am 31. Januar sollte am alten Lager alles leer sein. Durch den Betrieb im Home-Office war der Umzug der Büros kein Problem. Im Dezember wurden die neuen Büros eingerichtet und alles, was man im alten Gebäude nicht mehr brauchte rüber geräumt. Die Büros, die man noch brauchte, wie den Warenein- und Ausgang, richtete man im neuen Lager mit neuem Equipment ein, so dass ein nahtloser Übergang kein Problem war. Schließlich war alles geklärt und die meisten Kollegen waren mit der Lösung zufrieden. Ein paar Leute gab es, wie überall, die natürlich an allem was auszusetzen hatten.

Anschließend telefonierte ich noch eine ganze Weile mit Pam. Nachdem auch das erledigt war, war ich so müde, dass ich mich fast sofort hinlegte.

Dienstag, den 1. Dezember 2020, 4:00 am, PST, Wenatchee, WA:

Wie gewohnt, klingelte mein Wecker um vier Uhr und holte mich aus meinem Schlaf. Mehr oder weniger ausgeschlafen schaltete ich ihn aus und stand auf. Meine erste Amtshandlung war nun die, eine Toilette für mich zu finden. Laut der Beschilderung am Truckstop öffnete dieser erst um fünf Uhr. Auch die umliegenden Firmen und Geschäfte waren noch alle geschlossen. Um meine Blase zu entleeren ging ich über den unbefestigten Platz bis zum Columbia River, der nur wenige Fuß vom Parkplatz entfernt floss und erleichterte mich dort. Die weitere morgendliche Körperpflege erledigte ich mit Wasser aus meinem Kanister. Anschließend zog ich die Fahreruniform an und setzte den Kaffee auf. Mit der PTI begann ich heute bereits um kurz vor Fünf, stellte aber die Systeme noch nicht um. Das tat ich erst um fünf Uhr. Dann ging ich zum nun geöffneten Truckstop und erledigte die Morgentoilette. Anschließend war ja beides erledigt und ich konnte losfahren.

Durch das Gewerbegebiet fuhr ich nun zurück zur US-2 / US-97. Nun ging es erst einmal in Richtung Westen. Als ich bei Dryden auf die US-97 S in Richtung Ellensburg wechseln wollte, ging das nicht. Die Abfahrt war von den Behörden gesperrt.

Mir blieb also nichts anderes übrig, als weiter der US-2 W in Richtung Seattle zu folgen. Im Spiegel sah ich aber, dass ich in der Gegenrichtung abbiegen konnte. Nun musste ich erstmal einen Platz finden, an dem ich einen Truck mit 53 Fuß Trailer wenden konnte. Als nächstes kam der Ort Peshastin. Hier sah aber alles so eng aus, dass ich lieber auf der Route 2 blieb. Ich wollte nicht wirklich in die Lokalpresse kommen, weil ich mich in einer Ortschaft festgefahren hatte. Das wäre sowohl für mich als auch für meinen Arbeitgeber peinlich. Ein Stück weiter kam das Happy Wave. Hier wurden im Sommer Floßfahrten und Rafting Touren auf dem Wenatchee River angeboten. Man hatte zu diesem Zweck eine Parkmöglichkeit für Wohnmobile am Highway, die jetzt, im Spätherbst leer war. Hier konnte ich aber wenden. Anschließend ging es über die US-2 E wieder bis zu dem Abzweig zurück. Nun konnte ich auch sehen, warum hier gesperrt war. Unter der Brücke hatte sich ein Unfall ereignet.

Dieser hatte mich nun Zeit gekostet. Es hätte aber schlimmer sein können. Wenn die Komplette Route 97 nach Ellenburg gesperrt gewesen wäre. So ging es aber noch einigermaßen. Mit dem zwar vollen, aber trotzdem leichten Trailer ging es nun wieder durch Wald und Serpentinen. So hatte ich an diesem Morgen viel zu tun, um den langen Zug durch die zahlreichen Kurven zu zirkeln. Ich konnte erst aufatmen, als ich 50 Meilen später Ellensburg erreicht hatte. Den Love’s Travel Stop ließ ich links liegen und fuhr stattdessen rechts auf die Interstate 90.

Hier hielt ich mich östlich in Richtung Spokane. Nach viereinhalb Meilen tauschte ich die Interstate gegen die I-82 E und fuhr in Richtung Yakima weiter. Nach 37 Meilen nahm ich auch die Abfahrt mit der Nummer 37. Nun folgte ich wieder der US-97 S weiter, über die mein Weg nun via Oregon nach Kalifornien führen würde. Es ging nun über 75 Meilen weiter durch eine hügelige Landschaft auf Oregon zu. Das Berichtenswerteste dabei war ein Zwischenstopp auf der Waage vor Goldendale, welche ich nach einer Stunde erreichte. Mit leichten 56,123 lb, die ich auch aufgrund der ziemlich leeren Tanks nur hatte, ließ man mich aber sofort weiterfahren. Schließlich erreichte ich wieder mal den Columbia River. Beim Überqueren des Flusses verließ ich Washington und erreichte Oregon.

Da der Kenworth Durst und ich Hunger hatten, entschloss ich mich meine Mittagspause auf das Pilot Travel Center in Wasco zu legen, was nun direkt vor mir lag. Als erstes tankte ich hier voll, anschließend parkte ich den Truck. Für einen Truckstop der Kette war er recht klein, jetzt, um viertel vor Zwölf am Mittag war er aber so leer, dass ich problemlos einen der 37 Parkplätze bekam. Ich schnappte mir meine Tasche und reservierte mir eine Dusche. Anschließend aß ich noch in Ruhe zu Mittag, wofür ich hier leider auf McDonald’s zurückgreifen musste. Um ein Uhr machte ich mich schließlich auf den weiteren Weg.

Dazu fuhr ich zurück zur US-97 S, auf der es nun in Richtung Bend weiterging. Nun kam wieder das übliche am Nachmittag. So weit fahren, wie es die Fahrzeit noch zulassen würde. Ich hatte es einmal geschafft, von Sacramento bis hier nach Biggs Junction zu kommen. Das wurde aber seinerzeit eine enge Geschichte, zumal ich auf den letzten Meilen einen Traktor vor mir hatte. Morgen konnte ich aber nicht den direkten Weg fahren, da ich ja noch zum Supercenter in Yuba City musste. Die viereinhalb Stunden, die ich heute aber noch fahren konnte, sollten mir genügend Luft verschaffen. Die Fahrt an diesem Nachmittag lief dann bei schönem Herbstwetter auch ohne große Probleme. Einziges Nennenswerte Ereignis war eine Tagesbaustelle mit Ampelregelung in der Nähe von Madras.

Meine Fahrzeit reichte schließlich noch bis zur Beaver Marsh Rest Area. Dort hatte ich ja vergangene Woche erst gestanden und war danach bequem vor Thanksgiving zu Hause gewesen. Das betrachtete ich heute mal als gutes Omen. Das Abendessen bereitete ich mir aus meinen Vorräten. Nach dem üblichen Telefonat mit Pam ließ ich den Feierabend im Sleeper vor dem Fernseher ausklingen.

Mittwoch, den 2. Dezember 2020, 4:00 am, PST, Chemult, OR (Beaver Marsh Rest Area):

Auch heute klingelte mein Wecker um vier Uhr. Ich stand auf und verließ den Truck, um die Toilette im Servicegebäude zu nutzen. Nach der Morgentoilette erfolgte die Körper- und Zahnpflege wieder mal mit Wasser aus meinem Kanister. Anschließend setzte ich den Kaffee auf und zog die Fahreruniform an. Um fünf Uhr begann ich mit der PTI und im Anschluss daran fuhr ich los.
Die nächste Stunde fuhr ich nun über die US-97 S auf Klamath Falls zu. Dort angekommen, bekam ich erstmal einen Bypass an der Waage. An der Chevron, eine Meile später, hielt ich trotzdem an. Viel Diesel würde ich nicht in die Tanks bekommen. Der Stopp war heute eher Gewohnheit, denn wirklich notwendig. 40 Gallonen bekam ich so noch in die Tanks. Im Anschluss setzte ich meine Fahrt nach Kalifornien fort.
Eine halbe Stunde später hatte ich an der CDFA Kontrollstelle, Dorris den nächsten Zwischenstopp. Dem Kontrollbeamten reichte aber der Blick auf meine kalifornischen Kennzeichen und die Frachtpapiere, die nachwiesen, dass ich Non Food Waren geladen hatte. Vermutlich hatte er keine Lust, im Stockdunkeln den Lastzug zu kontrollieren. Auch, wenn unsere Box Vans und Reefer über Laderaumbeleuchtung verfügten. Mir sollte es recht sein. Um so schneller konnte ich meinen Heimweg fortsetzen. Dieser führte mich zunächst weiter über die US-97 S.

Weed passierte ich eine Stunde später in der Morgendämmerung. Langsam erwachte der Tag und somit natürlich auch der Verkehr. Durch den Ort war ich aber schnell durch und konnte dann auf die I-5 S in Richtung Redding fahren.
Die nächsten 127 Meilen folgte ich nun der Interstate gen Süden. Trotz des Berufsverkehrs lief es aber flüssig durch, so dass ich die meiste Zeit mit Tempomat 56 dahinrollen konnte. An der Ausfahrt 619 tauschte ich dann die Interstate gegen den State Highway 32, über den es in östlicher Richtung nach Chico gehen sollte. Zuerst durchquerte ich Orland, anschließend ging es für knapp 20 Meilen über Land. Danach war Chico erreicht, wo ich von der CA-32 E auf die CA-99 S wechselte, die mich unmittelbar nach Yuba City bringen sollte. Das Zielkürzel deutete zwar auf Marysville hin, das Supercenter lag aber in Yuba City, welches im ORBCOMM zusammengelegt war. Zum Glück stand ja immer noch die Nummer des Marktes bei den Anweisungen.

In Yuba City angekommen, musste ich kurz auf den State Highway 20 wechseln. Neben diesem lag das Supercenter. Die Adresse am Harter Parkway war zwar eigentlich eine Seitenstraße vom Highway 20, die Kundeneinfahrt und die Parkplätze waren aber vom Highway aus zu erreichen. Ich fuhr zur Rückseite des Marktes, wo die Rampen des Wareneingangs waren und setzte den Trailer an Tor 2 an. So stand es im ORBCOMM.
Was mich wunderte, war das Ausbleiben eines neuen Auftrags. In der Regel kam dieser unmittelbar vor der Ankunft. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Um halb Zwölf war ich hier angekommen. Jetzt, nach dem Absatteln, war es zwanzig vor Zwölf. Also auch kein Schichtwechsel. Ich beschloss Danny anzurufen. „Hallo Steve.“, begrüßte er mich auch sofort. „Ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll.“, erklärte er das Ausbleiben des Auftrags. „Warum?“, fragte ich zurück. „Weil deine Zeit zu knapp ist.“, sagte Danny. „Der Trailer an Tor 4 hat Altverpackungen für Fresno drauf. Da kämest du zwar so eben hin, aber dann nicht mehr nach Hause.“ „Das ziehst du doch wohl nicht in Erwägung.“ „Eigentlich nicht. Normal würde ich jetzt eben mit Charlie sprechen. Der ist aber nicht zu erreichen. Kein Wunder. Vermutlich steht er gerade unter der Dusche, damit er um viertel vor Zwei hier ist.“ „Was ist denn die Alternative?“ „Bobtail nach Sacramento kommen.“ „Dann mache ich das.“ Danny druckste etwas rum. „Hast du schon Pause gemacht?“ „Nein.“ „Gut. Dann bleib noch eine halbe Stunde in Yuba City stehen. Wenn ich mich nicht mehr melde und ORBCOMM nichts anzeigt, kommst du Bobtail rüber.“ „Alles andere macht doch keinen Sinn.“ „Vielleicht meint Charlie ja, dass wir den Trailer für Fresno mit zum Zentrallager nehmen und den von hier aus ein anderer wegbringst.“ „Warum einfach machen, wenn es auch kompliziert geht.“ „Wir haben hier heute etwas Chaos.“, gab Danny zu. „Seit gestern läuft ja nicht mehr ausschließlich Drop and Hook, sondern auch die sofortige Be- und Entladung. Das muss sich noch einspielen.“ „Warum beginnt ihr damit auch mitten im Weihnachtsgeschäft.“ „Frag mich was leichteres.“ „Ich freue mich jetzt schon auf das Chaos, was Jessy damit anrichtet.“, sagte ich leicht genervt. „Die Nachtschicht ist ja das Problem.“, sagte Danny lachend. „Nicht ausschließlich Jessy, sondern die ganze Schicht. Die machen ja die Planungen für den Regionalverkehr fertig, können diese aber in der Nacht nicht mit den Marktleitern abstimmen, die nun mal am Tage in den Filialen sind. Irgendwann spielt sich das ein. Aber eben nicht in der ersten Woche. So haben wir an manchen Filialen zu viele und an anderen zu wenig Trailer.“ „Bringt jetzt sowieso nichts, wenn du mir das am Telefon erklärst. Ich bleibe noch eine halbe Stunde hier. Wenn ich bis dahin keine Order habe, fahre ich Bobtail nach Hause und mache meinen Reset.“ „Genauso.“, bestätigte Danny. „Okay.“
Wir beendeten das Telefonat und ich rief bei Pam an. „Hallo Darling.“, begrüßte sie mich. „Hallo Sweetheart. Ich muss jetzt noch eine halbe Stunde in Yuba City warten. In der Zeit könnte ich hier auch gleich einkaufen.“ „Gerne. Dann müssen wir damit nicht deinen Reset verschwenden.“ „Was brauchen wir denn?“ „Am besten schicke ich dir schnell eine WhatsApp.“ „Mach das.“ „Kommst du danach nach Hause?“ „Ich gehe mal davon aus.“ „Super. Dann schreibe ich dir sofort, was wir noch brauchen.“ „Okay. Bis gleich.“ Wir legten auf und ich machte mich auf den Weg ins Supercenter. Kurz darauf kam der Einkaufszettel per WhatsApp.

Als ich eine halbe Stunde später wieder zurück war, hatte Danny nichts geschickt. Also konnte ich Bobtail zurückkommen.
Über die CA-20 fuhr ich zurück auf die CA-99 S in Richtung Sacramento. Eine gute halbe Stunde später kam ich in der Nähe des Flughafens wieder auf die I-5. Von hier folgte der übliche Weg über die US-50 und CA-99 nach Lemon Hills.
Um zwei Uhr war ich dann am Zentrallager und stellte den Truck auf den Parkplatz. Nachdem die Systeme auf Reset standen, packte ich noch schnell meine Schmutzwäsche zusammen. Danach nahm ich meine Tasche und die Einkäufe und sah zu, dass ich nach Hause kam.

Dort wurde ich als erstes, wie immer, stürmisch von Tim begrüßt. „Mami, Daddy ist zu Hause.“, rief er dann in Richtung Wohnzimmer. Pam kam auch in den Flur und begrüßte mich mit einem Kuss. „Hallo Darling. Gib mir am besten schonmal die Einkäufe. Ich räume sie schnell ein.“, sagte sie im Anschluss. „Willst du noch was essen? Es ist noch was vom Mittagessen übrig.“ „Sehr gerne. Ich kann das Fast Food von den Truckstops diese Woche nicht mehr sehen.“

Ich ging schnell ins Bad und ins Schlafzimmer, wusch mich und zog mich um. Danach ging ich in die Küche zum verspäteten Mittagessen. Während ich aß, plapperte Tim wie ein Wasserfall und erzählte mir dabei, was er die ganze Woche zu Hause erlebt hatte. Ich brauchte nicht viel zu erzählen. Das tat ich ja bei den abendlichen Telefonaten mit Pam schon.

Am Nachmittag kümmerte sich Pam um Haushalt und Wäsche. Ich spielte in der Zeit mit Tim. Dabei verging die Zeit wie im Flug und ich wunderte mich, als uns Pam zum Abendessen rief.
Nach dem Abendessen spielte ich noch ein Stündchen mit Tim. Danach machte ich den kleinen Bettfertig und las ihm seine Geschichte vor.
Nachdem er eingeschlafen war, ging ich zu Pam ins Wohnzimmer. Sie lag auf der Couch und hatte die Beine hochgelegt. „Komm zu mir Darling.“, lud sie mich ein. „Für dich ist hier noch genug Platz.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich legte mich zu ihr und sie kuschelte sich in meinen Arm. „Das fehlt mir in der Woche am meisten.“, sagte sie. „Mir auch.“ „Wenn du dieses Wochenende draußen gestanden hättest, wäre ich verrückt geworden. Ich habe mich ja daran gewöhnt, dass wir in der Woche nur telefonieren können. Ich brauche dich aber spätestens nach sechs Tagen wieder bei mir.“ „Eigentlich ist ja gar kein Wochenende.“, sagte ich. „Was interessiert mich der Kalender. Wenn du bei mir bist, ist Wochenende.“ Ich grinste. „Auch eine Ansicht.“ Sie drehte sich zu mir und gab mir einen langen Kuss. Anschließend fragte sie mich: „Willst du noch fernsehen, oder sollen wir ins Bett gehen?“ „Wer braucht schon einen Fernseher.“, erwiderte ich. Dann zog ich Pam wieder zu mir und sie bekam noch einen Kuss.

Donnerstag, den 3. Dezember 2020, 9:00 am, PST, Sacramento, CA:

Als ich die Augen öffnete, wunderte ich mich. Wieso hatte mein Wecker nicht geklingelt? Ich sah mich um und stellte fest, dass ich zu Hause war. Das Bett neben mir war leer, also war Pam schon auf. Dass mich kein Wecker geweckt hatte, wurde mir klar. Ich hatte ja Reset. Aber wo war Tim?
Ich stand auf und ging zuerst ins Bad. Nachdem ich die Morgentoilette erledigt hatte, suchte ich nach Frau und Kind. Ich fand die beiden im Wohnzimmer, wo Pam mit Tim ein Brettspiel machte. Als Tim mich sah, war das Spiel egal. Er sprang auf und lief auf mich zu. „Daddy ist wach.“, rief er. Dann umklammerte er meine Beine. „Guten Morgen, mein Großer. Du wirfst mich ja um.“ Ich nahm Tim auf den Arm und ging zu Pam. „Guten Morgen, Sweetheart.“, sie bekam einen Kuss. „Hallo Darling. Ich dachte, du müsstest mal ausschlafen.“ „Offensichtlich. Sonst wäre ich früher wach geworden.“ Pam wandte sich nun an Tim: „Spielen wir weiter?“, fragte sie ihn. „Nur, wenn Daddy mitspielt.“ „Mittendrin? Das geht nicht. In der nächsten Runde kann Daddy mitspielen.“ Tim überlegte kurz. „Na gut.“ „Kaffee ist in der Thermoskanne.“, sagte Pam dann zu mir. „Das ist gut.“ Ich holte mir eine Tasse Kaffee und setzte mich zu den beiden. In der nächsten Runde spielte ich mit.

Den weiteren Tag verbrachte ich auch ruhig im Familienkreis. Nur kurz davon unterbrochen, dass ich ein Stündchen laufen ging. Ansonsten spielte ich viel mit Tim. Leider verging der Tag dann wieder viel zu schnell. Das wurde mir bewusst, als es Zeit wurde, Tim wieder ins Bett zu bringen.
Anschließend kam ich zu Pam ins Wohnzimmer. „Du guckst etwas traurig.“, stellte sie fest. „Irgendwie gehen die Wochenenden immer zu schnell vorbei.“, sagte ich. „Klar. Sind ja meist nur eineinhalb Tage.“, antwortete Pam trocken. „Ich glaube, ich bin urlaubsreif.“ „Auch das ist klar. Du hast im Februar bei Walmart angefangen und noch keinen Urlaub genommen.“ „Ist ja zum Glück nicht mehr lange bis zum Urlaub.“ „Genau. Das schaffst du auch noch.“ „Zum Glück werde ich mit den Umzügen selbst nichts zu schaffen haben.“ „Wie meinst du das?“ „Dass ich weder was organisieren muss, noch mit anpacken. Nach unserem Urlaub steht der Truck woanders und damit hat es sich.“ „Ach so. Ja, stimmt. Wenn du da mehr mit zu tun hättest, wäre das stressiger.“ „Genau. Lass uns ins Bett gehen. Ich muss früh wieder raus.“ „Okay, Darling.“

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