[KW45/2018 – KW51/2018] Rammstein. Action in Berlin. Schlitterpartie.

Von Kassel aus sind wir letzens mit der Martini-Ladung wieder in Richtung Heimat hochgefahren. Regionale Touren und der ein oder andere andere Tag in Büro und Lager haben die Zeit so langsam aber sicher in Richtung Jahresende rennen lassen.


Am 08.11. hatten wir dann hoffnungsvoll auf die Kartenverkäufe für die Rammstein-Konzerte in 2019 geschaut und wurden dabei ziemlich von der Realität überrumpelt. Weder für Stockholm noch für Kopenhagen oder Rostock hatten wir den Hauch einer Chance Tickets zu ergattern. Einzig für Chorzow in Polen oder für Moskau hätten wir Karten bekommen können – aber da passten die Termine nicht in unsere Planungen.

Besser in unsere Planung hingegen passte dann die Tour der vergangenen Tage. Im Auftrag von Lufthansa Cargo ging es von Arlanda einmal bis runter nach Gibraltar. Über dreitausendachthundert Kilometer. Meistens machen Sandra und ich solche Touren ja gemeinsam mit dem Hauber. Wie gesagt… meistens. Diese Tour hingegen ging es für mich alleine raus. Für die Fahrt an sich war das schon ganz okay. Musik an und laufen lassen. Das funktioniert.
Auch die vorgeschriebene Wochenruhezeit war ziemlich erträglich. Aber das Warten auf die Rückfracht… Naja, was soll’s.



Montag, 19.11.2018, Gibraltar.
Es ist 11:10 Uhr. Ich erhalte im Cargocenter meine Papiere. Ein kurzer Blick; alle Unterschriften sind da. „Buen viaje.“ Da ich kein spanisch spreche vermute ich einfach mal, dass mir eine gute Fahrt gewünscht wurde und bedanke mich mit „Gracias. Ha en trevlig vecka.”. Mein Gegenüber spricht natürlich kein schwedisch – aber Lächeln und Winken… Mit Händen und Füßen kommt man immer weiter.






Kilometerfressen. Das war die Tagesaufgabe.

Es ist 20:00 Uhr und ich habe die Tagesfahrzeit nicht voll ausgenutzt. Ich bin trotzdem zufrieden und stelle den Zug auf dem Parkplatz ab. Der V8 stellt das Brabbeln ein. Mein Magen nicht. Der erzählt mir was von ‚Hunger‚. Trotzdem greife ich erst einmal zum Telefon um mit Sandra zu telefonieren.







Samstag, 24.11.2018, Bad Schandau-Schmilka.

Ich schließe die Türen vom Auflieger nachdem ich diesen abgefegt habe. Dann greife ich zum Telefon. „Sandra Dansör.“ „Hej älskling. Mein rovfågel ist leer, meine Fahrzeit voll.“ „Alles klar. Ich hab dir im Forsthaus ein Zimmer gebucht. Schade, dass ich nicht bei dir sein kann.“ „Forsthaus klingt gut. Dann werde ich mich dort mal melden. Wie sieht der Plan für Montag aus?“ „Du fährst leer hoch nach Berlin. Da bekommst du Dienstagnachmittag was für Slite auf Gotland.“ „Hmpf, fast dreihundert Leerkilometer.“ „Nicht meckern, Schatz. Wenn du was in der Frachtbörse findest, dann nimm das mit. Bis gestern Abend war jedenfalls nix da. Aber Montagfrüh kann das schon wieder anders aussehen.“ „Hast ja Recht. Ich guck Montag mal rein. Vor 10:00 Uhr darf ich ja eh nicht los. Was machst du heute noch schönes?“ „Ich gehe gleich mit Tania zum Sport und in die Sauna.“ „Auf den Part mit der Sauna bin ich jetzt neidisch.“


Montag, 26.11.2018, Berlin.
Es ist 16:20 Uhr. Am Morgen hatte ich tatsächlich über die Frachtenbörse noch einen Auftrag von Dresden nach Berlin gefunden – Gerüstbaumaterial. Dieses habe ich vorhin im Berliner Süden beim Empfänger abgeladen und mich dann durch den einsetzenden Feierabendverkehr zu meiner Niederlassung durchgekämpft.

Ich stelle den rovfågel an die Seite und schließe ab. Auf dem Parkplatz stehen noch zwei PKW – Monas schwarzer Kleinwagen und ein mir unbekannter weißer Audi A8 mit Kennzeichen aus dem Berliner Umland. Als ich die Tür öffne höre ich laute Stimmen. Klingt nicht nach einem Kundengespräch. „Lass mich los und verpiss dich endlich aus meinem Leben. Ick hab dir nichts mehr zu geben.“ Ich bleibe abrupt auf der Treppe stehen. Dann höre ich ein reißendes Geräusch. „Spinnst du?“ „Neeee. Wie kommste da druff?“ „Lass mich los!“ Ich weiß nicht was da gerade los ist, aber das was ich da gerade höre reicht mir. Ich sprinte die Treppe hoch und biege direkt in Richtung Monas Büro. Meine Niederlassungsleiterin steht dort mit zerissener Bluse und versucht sich aus dem Griff eines langhaarigen Goldkettchenträgers zu befreien. Mir weht eine Alkoholfahne entgegen. „Wer sind Sie?“ Der Goldkettchenträger lässt Mona los und dreht sich zu mir um. Ich wiederhole meine Frage: „Wer sind Sie? Und was machen Sie hier?“ „Was willste? Und was ick hier mache geht dich nen Scheiß an.“ Mit zur Faust geballter Hand kommt er auf mich zu. Ich mache einen Satz nach links und er strauchelt an mir vorbei. Mit einer schnellen Bewegung ziehe ich ihm die Beine weg, sodass er sich lang hinlegt. Er versucht aufzustehen, ist aber nicht schnell genug. Ich drücke ihm mein Knie in den Rücken und finde seinen Ischiasnerv auf den ich den Druck erhöhe. Der Goldkettchenträger schreit vor Schmerz auf. Aus den Augenwinkeln sehe ich wie Mona telefoniert und dann auflegt. „Geh in mein Büro und hol mir einen von den Spanngurten die dort im Schrank liegen.“







Es ist kurz nach 17:00 Uhr. Die Polizei hat vor einer Minute den Goldkettchenträger abgeführt. Ich schließe die Tür und gehe die Treppe wieder hoch. Mona hockt mit der zerissenen Bluse in ihrem Büro auf dem Boden – wäre die Situation eine andere würde ich das wohl sexy finden. Aber jetzt fließen Tränen über ihr Gesicht und sie zittert am ganzen Körper. Ich setze mich neben sie auf den Boden. „Wer war das?“ „Andrè.“ „DER André?“ „Ja.“ „War der immer so? Ich meine von der Art und Weise und …“ „Nein. Aber zum Ende hin. Deswegen, und wegen der anderen Sache habe ich ihn damals…“ „Verstehe.“ Langsam beruhigt sich Mona und wir sitzen einige Minuten schweigend zusammen.
„Du musst mir eines versprechen…“ „ Und das wäre?“ „Tue sowas nie nie nie Sandra oder einer anderen Frau an.“ Sie reicht mir ihre Hand und ich lege meine hinein. „Versprochen, Schnucki.. Hoch und heilig.“ „Danke.“ Ihr huscht ein kurzes Lächeln übers Gesicht.





Mona legt das Telefon zur Seite. Wir hatten kurz gemeinsam mit Sandra telefoniert und ihr über den Vorfall berichtet. „Und was machen wir jetzt mit dem angefangenen Abend?“ „Ich hab Hunger. Was hältst du von Pizza?“ „Sehr viel. Aber nicht bestellt. Machen wir nen Spaziergang um die Ecke?“



Dienstag, 27.11.2018, Berlin.
Knapp vierundzwanzig Stunden ist der Übergriff durch Monas Ex jetzt her. Mein Trailer für meine Tour in Richtung Heimat ist beladen. „Hej Schnucki.“ Mona schaut vom PC auf. „Ich mach mich vom Acker. Mal schauen was mir A24 und A19 als Abendprogramm so liefern.“ „Na ick hoff doch mal ne Fähre gen Trelleborg.“ Ich muss lachen. Meine Niederlassungsleiterin ist um ihren Schreibtisch herumgekommen und umarmt mich. „Danke noch mal für gestern. Du warst genau im richtigen Moment da. Ich hab keine Ahnung wie weit er gegangen wäre…“ „Da denken wir auch lieber nicht drüber nach. Übrigens… der weiße Audi A8 war seiner?“ „Ja.“ „Wo ist der jetzt?“ „Keine Ahnung. Hab ich abschleppen lassen – der Parkplatz ist für Kunden und Mitarbeiter.“ Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.






22:10 Uhr. Ich erreiche den Rostocker Hafen. Fünfundvierzig Minuten bis die Fähre gen Trelleborg auslaufen soll. Geplant hatte ich das alles eigentlich ein wenig entspannter – aber ich habe schon über zwei Stunden gebraucht um überhaupt aus Berlin heraus zu kommen und kurz vor Rostock gab es dann wegen einem Unfall noch einen weiteren zeitraubenden Stau.

Zum Glück muss ich hier in der Niederlassung nichts beiladen, sodass ich direkt zur Fähre durchfahre und den Abstecher zur Niederlassung einspare.


Donnerstag, 29.11.2018, Uppsala.
Ich sattele meinen Trailer am großen Lager am Tor ab und lege die Papiere im Lagerbüro ins Fach. Die vierundzwanzig Paletten Mineralwasser, die ich in Slite geladen hatte, ziehe ich dann noch fix vom Trailer runter. Um das Einlagern bzw. die Kommissionierung kümmern sich dann morgen früh die Lageristen.

An der Betriebstankstelle gibt es für den rovfågel noch einen Schluck Diesel bevor ich ihn rückwärts in die Halle fahre. Der V8 verstummt und ich öffne die Fahrertür. Ich hatte im Rückspiegel natürlich gesehen, dass Sandra inzwischen in die Halle runter gekommen ist. Sie umarmt mich und ich gebe ihr einen langen Kuss. „Du är tillbaka min älskling.” Sie lächelt zufrieden. „Ich bin für heute auch fertig mit der Arbeit.” ”Na dann ab auf die Couch.”








Mittwoch, 05.12.2018, Uppsala.
Den Vormittag hatte ich damit verbracht einige Kommissionen im Lager zusammenzustellen, sodass Ludvig, Kirstin und Meja morgen früh nur noch fix zusammen mit meinen Lageristen ihre Touren auf den Wagen schieben müssen. Anschließend habe ich mir noch den kleinen DOLL-Tieflader geschnappt und meine eigene Tour für heute aufgeladen – ein Baucontainer soll nach Mörbylånga.
Ich gehe in Sandras Büro. ”Hej min älskling.” ”Na du. Willst du losdüsen?” ”Ja. Lieber stehe ich heute Abend schon auf der Baustelle, als dass ich morgen dann unter Zeitdruck die letzten Kilometer abreiße. Das Wetter soll auch nicht gerade so freundlich werden…” ”Wundert mich nicht. Schließlich haben wir Winter. Vänligen kör försiktigt.” ”Som alltid. Jag ringer dig ikväll när jag är i Mörbylånga.” Mein Schatz kommt um den Schreibtisch herum und umarmt mich. Wie immer bekommt sie einen langen Abschiedskuss. Und trotzdem lässt das übliche ”En mer, tack.” nicht auf sich warten. Ich grinse in mich hinein – dieser Forderung komme ich doch immer wieder gerne nach.

Es ist 13:45 Uhr. Vom Hof unseres großen Lagerhauses geht es in Richtung E4. Ich habe nicht mitgezählt wie oft ich meine Rennstrecke gen Südwest dieses Jahr gefahren bin, aber es war oft. Inzwischen fahre ich bereits seit etwas über einem Jahr mit dem rovfågel und war damit in etlichen Ländern: Norwegen. Schweden ja sowieso. Dänemark, Russland, Türkei, Italien, Spanien, Frankreich, Deutschland und und und… Nur britischen Boden hat er noch nicht gesehen. Meine Gedanken schweifen ab und ich grübele was aus meiner Londoner Niederlassung wohl wird, sollten die Briten tatsächlich bis März keine Regelung für ihren Brexit auf die Füße gestellt haben. Zum einen ist da ja der große Kunde der mit Flurförderfahrzeugen handelt, zum anderen aber auch der gelbe Riese, der mir ja vom Prinzip her überall in Europa Ladungen bringt…

Es ist kurz vor 15:00 Uhr und ich bin gerade auf Höhe Stockholm-Västberga. Die Bremslichter meines Vordermannes reißen mich aus meinen Gedanken. Sch***. Ich bin zwar durch die Kurve nicht sonderlich schnell aber das ABS arbeitet heftig, während ich munter in Richtung des blauen Saab rutsche. Irgendwie schaffe ich es aber nach rechts an diesem vorbei und komme zum stehen. Ein Blick in den Rückspiegel… der Renault hinter mir hat es geschafft nach links an mir vorbei zu rutschen.






Ich verlasse die E22 am Trafikplats Ölandsleden und wechsele auf die Route 137. Es geht durch Kalmar zur Ölandsbron. Ich fahre über eben diese und erreiche den Trafikplats Fårjestaden. Es fängt an zu schneien. Zum Glück ist es nicht mehr weit bis zum Ziel. Ich denke kurz an den Schreckmoment vorhin in Stockholm zurück. Das hätte auch schief gehen können…



Donnerstag, 20.12.2018, Uppsala.
In den vergangenen drei Wochen kamen im regionalen Verkehr einige Touren zusammen. Sowohl im Einzelhandel als auch beim gelben Riesen war deutlich zu merken, dass es mit großen Schritten in Richtung Weihnachten geht.

Jetzt sitze ich mit Sandra in meinem Büro und fahre den Rechner herunter. ”Feierabend.” ”Und Zeit für den Weihnachtsurlaub. Ein paar Tage Auszeit bevor uns der Jahresabschluss dann wieder etliche Stunden im Büro verschafft.” ”Genau.” ”Ich hab für unsere Fahrt zu deinen Eltern schon die Taschen gepackt. Müssen wir morgen früh nur noch ins Auto schaffen.” ”Hej prima. Und was machen wir jetzt mit dem Rest des Tages?” Sandra schaut mich mit strahlenden Augen und ihrem frechen Grinsen an. ”Kom igen, vi spenderar kvällen i bastun.” ”Sauna ist eine gute Idee…”



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