Schließlich warfen wir einen Blick in die Frachtbörsen. Marlon und Julian wollten zu ihrer Tante, also schlug ich vor: „Nitrozellulose von Essen nach Montpellier?“ „Nein. Unsere Gefahrstoffausrüstung ist abgebrannt und in dem Renault habe ich keine gesehen.“ „Hättet ihr was gesagt, dann hätte Mahad noch eine Rundumleuchte fest draufmontieren können wie bei mir. Lasst Euch dann vielleicht eine bei Renault in Frankreich nachrüsten und kauft doch bei Vinni und Mahad noch schnell die andere Ausrüstung.“ „Wie sieht es generell aus? Dürfen wir auch nach Afrika?“ „Ja. Zumindest die Nordküstenstaaten sind von Marokko bis Ägypten alle versichert.“ „Dann müssten wir Rammschutz und so nachrüsten. Da braucht man, wenn man so oft da ist wie wir normalerweise, so was vielleicht doch mal, und wenn es nur für entlaufenes Nutzvieh ist. Geht das?“ „An den originalen Aufnahmepunkten am Rahmen ja. Die Karosserie anbohren dürft ihr dafür aber nicht.“
Schließlich fanden sich unsere Frachten und so machten die zwei sich am Donnerstagmorgen auf den Weg. Ich holte erst einmal meinen Truck bei Mahad und Vinni ab. Irgendwie sah es doch ein Bisschen blöd aus mit 4 Lampen. Da würde ich zwei nachkaufen oder sie wenigstens noch mal mittig nach innen versetzen müssen.

Meine erste Ladestelle für 2014 war bei Eni in Essen. 9 Tonnen Stickstoff, keine nennenswerte Herausforderung. Auf der A3 war, wie auf den meisten Straßen heute, wenig los. Die meisten Leute fingen wohl erst am Montag wieder an zu arbeiten und waren noch im Urlaub.
Die Mittagspause legte ich mal wieder auf der Rastanlage Gräfenhausen hinter Frankfurt ein.
Der Tag endete an der Deutsch-Schweizer Grenze, wo ich noch einen Stellplatz neben zwei anderen Trucks ergattern konnte. Zwar störte ich jetzt das Markenbild, aber einer fiel ja immer aus dem Rahmen.

Am nächsten Morgen ging es im Regen los. Daran änderte sich auch den ganzen Vormittag nichts. Ereignislos und bei Regen und Nebel fuhr ich über Zürich zum Gotthard. Meine Hoffnung, auf der anderen Seite könnte das Wetter besser sein erfüllte sich nicht.
Zur Mittagspause fuhr ich an der Grenze nach Italien raus. Während ich mit einem Kollegen, der mit einem Autotransporter unterwegs war, was essen war, horchte ich ihn ein Bisschen zum neuen Stralis Hi-Way aus. Er war zufrieden mit dem Truck, es wäre der beste, den Iveco je gebaut hätte. Und er hatte im Gegensatz zu mir schon mit der Serie T angefangen und auch den EuroStar gefahren.
In der Zeit hörte wenigstens der Regen auf. Als wir zu unseren Trucks zurückkamen, hatte jemand das Markenbild gestört und Rache für meine letzte Rast genommen – aber einer fiel ja immer aus dem Rahmen.

Mit einer strammen Nonstop-Fahrt schaffte ich es noch zu Strabag nach Florenz, wo ich dann auch übernachtete.
Am nächsten Morgen holte ich wieder bei Strabag vier Gabelstapler für Bosch in Tripoli ab. Also auf nach Griechenland. Bei strahlend blauem Himmel und frühlingshaften Temperaturen fuhr ich die bolzengerade Autobahn von Bologna nach Ancona. Es war eben Samstag und auch hier, wo der Montag noch mal Feiertag war, war nichts los.
Ich kam am Hafen an und hatte noch 45 Minuten bis der Check-in endete. Auf der Fahrt verbrachte ich die meiste Zeit in der Kabine. Die Fähre war eine der mäßig ausgestatteten und ich war noch recht erholt.
In Patras war das Wetter gut, als ich aus dem Hafen über die Bremsschwellen holperte. Danach kam ein lang gezogener Berg, den mein Truck schon ganz brauchbar hochfuhr. Ich hatte keine Ahnung, dass das nur die Generalprobe war.
Erst einmal ärgerte ich mich mehr mit dem dichten Verkehr herum. Patras bestand gefühlt nur aus Ampeln und auf der Hauptstraße mündeten die Straßen von beiden Seiten auch noch versetzt ein, so dass der Abstand zwischen zwei Ampeln manchmal nur eine LKW-Länge war. Ich machte mir eine Notiz, die Innenstadt hier in Zukunft möglichst zu umfahren.
Nach der Stadt und auf der Autobahn baute sich dann das Arkadiengebirge vor mir auf.

Es dauerte nicht lange und ich fand mich auf einer steilen Bergstraße wieder. Kurz vor der Passhöhe war meine Tachonadel bei 14 angekommen. Was hätte wohl mein erster Truck mit 120 PS weniger hier rauf gemacht?
Um die Mittagszeit erreichte ich Bosch. Bosch? Da war doch was? Ach ja – mit einem Tieflader machte diese Einfahrt besonderen Spaß. Noch spaßiger war, dass ich mir mit den Gabelstaplern gleich meinen Trailer mit den beiden Druckbehältern Anschlussfracht für Rom zustellte. Ich machte Mittagspause in der Bosch-Kantine und fuhr anschließend wieder zurück nach Patras zur Fähre. Gerade die Passabfahrt war nun bei Nebel und Regen auf der schmierigen Schotterstraße kein Spaß. Außerdem war ich in dieser Richtung in den engen Kurven innen und musste aufpassen, dass ich nicht hinten mit der Fracht an der Mauer ankratzte oder vorne den Gegenverkehr rammte.
Das Schiff war gerade weg, also buchte ich wieder einen Fahrer der Fährgesellschaft auf das Schiff und in Italien runter. Wenn ich dann nach der Ankunft noch 3 Stunden im Hafen blieb, hatte ich eine Wochenruhe absolviert und konnte dann zumindest bis zum Sonntagsfahrverbot durchfahren. Je nach Land auch noch länger, spätestens Montag Nachmittag waren die 6 Tage rum und ich musste Pause machen.
Weil ich die „schlechte“ Fähre, die ich auf dem Hinweg hatte, gestern Abend verpasst hatte, bekam ich nun wenigstens die gute. Der Fahrer der Fährgesellschaft holte sich den Schlüssel von meinem Truck und ich machte mich auf den Fußweg zum Terminal.
Ich war einer der ersten auf dem Schiff und so nutzte ich den Pool und die Sauna, bevor dort die Massen rein stürmten. Als ich wieder auf meine Kabine ging, hatte das Schiff abgelegt.
Ich ließ mir Zeit beim Abendessen und ging dann ins italienische Kino, es lief „Hunger Games: La ragazza di fuoco“, in Bochum hätte es „Die Tribute von Panem – Catching Fire“ geheißen. Gut, dass ich wenigstens eine der Bordsprachen wenigstens ganz gut verstehen konnte. Das Sprechen wurde mit dem Selbstlern-Kurs auch wieder besser.
Am nächsten Tag blieb mir noch der ganze Vormittag, für den ich erst einmal in den Kraftraum ging. Sitzen konnte ich in den nächsten Tagen noch genug. Nach dem Mittagessen legte die Fähre in Ancona an und ich ging von Bord. Im Terminal kam schließlich der Fahrer und gab mir meinen Schlüssel zurück und die Bescheinigung, dass er das Fahrzeug bewegt hatte. Ich ging bei schönem Wetter zu meinem Truck und setzte mich noch mit dem Tablet auf den Klappstuhl in die Sonne, um in die Frachtbörsen zu schauen.
Die Fahrt begann um 15:30 Uhr gleich mit einem Highlight. Richtung Rom sollte ich nach links aus dem Hafengelände, was bei der engen Ausfahrt mit Betonsperren zwischen den Fahrspuren und dem Winkel nach rechts schon nicht ohne war. Aber wer die Ladung bei Bosch abgeholt hatte, kam auch da raus. An der Adria entlang fuhr ich bei schönem Wetter in Richtung Rom.

Vor dem mautfreien Autobahnring GRA befand sich natürlich eine Mautstelle und hinter der war der Fahrer eines Renault Master Kastenwagens der Meinung, alle möglichen Leute vorzulassen. Irgendwann wurde es mir zu bunt und ich hupte ihn kurzerhand mal an. Endlich ließ er die Kupplung kommen und machte sich auf den Weg in Richtung Stadt.
Ich lieferte im Gewerbepark am Flughafen Fiumicino bei Fercam meine Ladung ab und ging dann schnell einen Teller Pasta essen, während meine 45 Minuten Pause runter tickten. Danach fuhr ich in die Stadt zu einem Chemiestandort von Eni, wo mich eine Ladung mit 22 Tonnen Magnesium für Flensburg erwartete. Es war eine knappe Geschichte, mal wieder würde ich die Fahrzeitregelung bis an die Grenze ausnutzen müssen.
Ich dachte an die Fahrt mit Julian zurück, so wäre es viel entspannter gewesen und problemlos machbar. So ein Bruder in der gleichen Branche hatte auf jeden Fall seine Vorteile. Marlon und Julian waren natürlich bis zu doppelt so lange in Bewegung als ich alleine.
Direkt am Hoftor von Eni setzte auch noch Regen ein. In dem miesen Wetter fuhr ich bis zur Rastanlage Fabro kurz vor der toskanischen Grenze. Auch am nächsten Morgen war das Wetter nicht besser, es regnete aus Eimern.

Also quälte ich mich weiter durch das miese Wetter bis zu meiner Mittagspause bei Mantova. Besserung war keine in Sicht und das Wetter bremste mich zusätzlich ein. Zu Regen kam noch Nebel und das obligatorische Überholverbot für LKW auf der Brenner-Südrampe. Ich saß auf glühenden Kohlen hinter einem Tieflader, der langsam von den erlaubten 60 auf 40 zurückfiel.

Als das Überholverbot endete, fand sich die Lösung mit der Bezeichnung MAN TGX 18.400. Bestimmt gab es bessere Ausrüstung, um schweres Baugerät den Brenner rauf zu zerren.
Als ich dann vorm Brenner die Mautstation erreichte, sah ich auf dem Ticket, dass es letzte Nacht bei Rom ausgestellt war. Ich schob es in den Schlitz und im Display leuchtete 102,00 € auf. Mit einem Schulterzucken schob ich die Kreditkarte hinterher, machen konnte man sowieso nichts daran. Wenigstens hatte der Regen kurz vorm Brenner aufgehört.
In Österreich musste ich noch einmal eine Pause machen, also wählte ich dafür die Rastanlage Weer. Es war gegen halb acht, als ich von der Tankstelle zum Parkplatz vorzog. Die Preise in Österreich sollte man auch mitnehmen. Während ich meine Pause absaß, ging die Sonne endgültig unter.

Ich schaffte es noch aus Österreich und eine halbe Stunde nach Deutschland rein, bevor ich für heute unweigerlich den Motor ausmachen musste.
Und am nächsten Morgen ging es bei schönster Sonne weiter in Richtung München, vorbei an einem Radioteleskop oder so was in der Art, jedenfalls dekorierte vor München eine riesengroße Salatschüssel die Landschaft.
Mit der geplanten Übernachtung in der Nähe von Hamburg und einem Frühstart vor allem Berufsverkehr durch den Elbtunnel kam ich dann auf der Baustelle von Bayer in Kiel an.
Die letzte Fracht waren Getränke nach Recklinghausen, also machte ich mich erst einmal Solo auf den Weg durch halb Kiel zum Laden. Im strahlenden Sonnenschein ging es dann nach 11 Uhr los Richtung Heimat.
Allerdings nicht weit, denn mir war logischerweise nur noch Lenkzeit bis zum Nachmittag geblieben. Ich beschloss also, mal wieder auf der Raststätte Grundbergsee stehen zu bleiben. Immerhin gab der Parkplatz mit den Trucks der Kollegen noch mal ein interessantes Fotomotiv her.

Um 20 vor 1 nachts durfte ich weiter fahren. Mein Ziel war ein Aldi-Markt im Norden von Recklinghausen und nun durfte ich dort den Trailer ohne einen Einweiser in eine enge Parkbucht zwängen. Der stellvertretende Marktleiter, der die Ware annehmen sollte, hatte keine Ahnung von LKW und so ließ ich ihn lieber was anderes anwinken als mich.
Im dritten Anlauf schaffte ich es dennoch, in dem Schummerlicht die Rampe zu treffen. Es standen immerhin keine Autos im Weg, so dass ich über die Parkplätze ausholen konnte. Anschließend ging es durch Gelsenkirchen nach Hause. Am frühen Morgen kam ich zu Hause an und um kurz nach 5 stand mein Truck in der Halle.
