Freitag, 04.10.2019, A22 – Trens Ost.
Die Überfahrt von Izmir nach Ancona war ereignislos. Und da ein Frachtschiff kein Kreuzfahrtdampfer ist war die Zeit der Überfahrt auch für kaum mehr als Schlafen und irgendwie die Zeit totschlagen zu gebrauchen. Irgendwann im Laufe des Dienstags war ich dann mit einem der Schiffsmechaniker ins Gespräch gekommen und da er gerade Freizeit hatte meinte er ich solle doch einfach mit in den Kraftraum kommen.
Gestern bin ich dann von Ancona nach Pesaro gefahren um einen Teil der Ware aus der Türkei abzuladen. Kurzfristig ging es dann von dort noch nach Roveri bei Ravenna – wie sollte es anders sein… Maier-Flink hatte mal wieder kurzfristig und so weiter…
Nach dem Laden war ich dann an Verona, Trient und Bozen vorbei weiter gen Norden. Mit etwas über fünf Stunden Fahrzeit am Stück war um 16:15 Uhr Feierabend. Vierunddreißig Minuten überzogen. Aber es ging halt mangels Stellplatzangebot nicht früher. Und da ich in letzter Zeit keine Kontrollen hatte hoffe ich einfach mal das die nächste noch eine Weile auf sich warten lässt.
03:15 Uhr. Mein Wecker lässt die Hells Bells erklingen. Als ich den Wecker abstelle sehe ich, dass mir Sandra schon eine WhatsApp mit einem Kuss-Smilie zum Start in den Tag geschickt hat. Ich wundere mich ein wenig, da sie ja seit Mittwoch in München ist. Ich schreibe ihr kurz zurück und frage nach was sie schon so früh auf den Beinen macht. Kurze Antwort: Urlaubsvertretung für Anna, die sich den Brückentag frei genommen hat. Da hätte ich ja auch selbst drauf kommen können.
Ich schmeiße die Kaffeemaschine an und tappse dann erst einmal in Richtung Keramik für die Morgentoilette.
Nach einem kleinen Frühstück und der Abfahrtskontrolle stelle ich meinen digitalen Wächter auf Fahrzeit und rolle auf die A22.
Über den Brenner, vorbei an Innsbruck. Kurz nach der Abfahrt Kufstein-Nord fahre ich über den Inn und habe deutschen Boden unter den Rädern. Mich begrüßt direkt eine Autobahnbaustelle auf der A93.


Am Dreieck Inntal wechsele ich dann auf die A8 gen Westen.
Mich erwartet der Irschenberg mit seinen bis zu sieben Prozent Steigung. Während der ein oder andere Kollege dort zu kämpfen hat freue ich mich über die Kraftreserven des rovfågel. Auf der mittleren Spur ziehe ich zügig an den Kollegen vorbei. Mir kommt dabei zu Gute das ich für Maier-Flink in München nur noch zehn Paletten je fünfhundert Kilo aus Pesaro, sowie vier je dreihundert Kilo aus der Türkei auf der Ladefläche habe. Der Rest aus der Türkei ist ja bereits in Roveri von Bord gegangen.
…

08:25 Uhr. Ich hab mich im Wareneingang bei Maier-Flink angemeldet und stelle den rovfågel an die Rampe. Um die Entladung kümmern sich die Lageristen. Plötzlich kommt Hubert Maier-Flink um die Ecke. „Oh, Herr Dansör. Schee Sie zua seng. Hod bei da Tour noch Zypern ois geklappt?“ „Moin. Jo.“ „Narrisch schee. Mid Neapl gäd aa ois sein Gang. Hod mi letztens mid Fräulein Mülla dazua unterhoidn. I mua scho song… a bärige Frau hom sie do in ihrem Team… Wenn i ned vaheiratet waarad…“ „… wäre Frau Müller trotzdem nix für Sie. Da hätte Tom von Haimhausen was gegen einzuwenden.“ „Wa?“ „Tom. Mein Fahrer der den Petersburg-Rundlauf fährt.“ „Ach da Tom. A prima Jung. Nix fia unguad… meine Frau würde ma eh mid am Wuigla… Gäds bei Ihna ‚etz wieda noch Schwedn houch?“ „Jo.“ „Dann guade Fahrt und bis zum naxtn Moi.“
…
Es ist 16:00 Uhr. Ich sitze mit Annyka, Vivien, Conny und Florian im Dispobüro zusammen. Auch unsere Auszubildende Franziska ist mit dabei. Wir besprechen gerade ein paar Projekte der Münchener Niederlassung, sowie ein paar Sachen Neapel betreffend als Sandra herein kommt. Sie gibt mir kurz einen Kuss und plumpst dann auf einen freien Bürostuhl. „Alles in Ordnung, älskling?“ „Na klar. Nur den Münchner Feierabendverkehr brauch ich nicht jeden Tag.“
