[KW 42/2019 Dienstag bis KW 43/2019 Mittwoch] Trailertrucking. Montag – geht ja gut los. Ich kenn dich nich, ich wasch dich trotzdem.

Dienstag, 15.10.2019, Malmö.
Von München aus waren Sandra und ich letztens gemeinsam wieder gen Heimat hochgefahren und hatten aus dem Netzwerk des gelben Riesen Expressgut für Malmö und Stockholm geladen. Danach folgten wieder ein paar Tage mit Büroarbeit und regionalen Kurztouren für mich, sowie die Touren für Scania die sich Sandra mit Tania teilt. Gestern ging es für mich dann wieder über meine Rennstrecke, die E4, zur Malmöer Niederlassung wo ich mir jetzt gerade einen Kaffee eingieße. Dazu schaue ich mir noch einmal die Unterlagen für den Spezialtransport in der kommenden Nacht an. Linn und Carl haben schon am Morgen einen Tieflader in den Trelleborger Hafen verbracht. Auf dem wird der Windradflügel für meine Tour nach Esbjerg verladen.






Ich bin die gut dreißig Kilometer von Malmö nach Trelleborg solo gefahren. Wie im Vorfeld geplant und abgesprochen ist der Tieflader mit dem Windradflügel beladen und ich bekomme die Papiere im Büro der Hafengesellschaft. Nach dem Ankoppeln mache ich routinemäßig meine Abfahrtskontrolle. Sonderlich schwer ist die Ladung nicht. Dafür aber übermaßen lang.
Mein Telefon klingelt. „Hej min älskling.“ „Hej. Bist du schon unterwegs?“ „Mehr oder weniger. Habe gerade die Papiere eingesackt und die Abfahrtskontrolle fertig.“ „Ok. Du warst heute früh sicher noch im Büro in Malmö, oder?“ „Ja. In die Dispo habe ich aber nicht reingeschaut, weil ich von Esbjerg aus den Tieflader ja eh wieder zurück nach Malmö bringen muss. Oder hast du von Esbjerg aus was damit?“ „Negativ. Ich bin vorhin mal dabei gewesen dir deinen Tourenplan zu schreiben. Wie der Teufel es will bekomme ich dich aber bis zur Drachenboot-Langstreckenregatta in Hamburg nicht mehr nach Hause.“ „Echt jetzt?“ „Mhm.“ „Verdammt. Wann sehe ich dich dann wieder? Vermutlich erst in Hamburg?“ „Ich fahr sowieso schon diesen Freitag mit dem Alfa nach Hamburg weil Josy nächste Woche Urlaub hat. Deine Sportklamotten und dein Paddel nehme ich dann mit.“ „Du bist traumhaft.“ „Jag vet det. Du också.” ”Aaaalso… Trelleborg – Esbjerg – Malmö… Wie geht’s dann weiter?” ”Trailertrucking. Du pflückst dir Donnerstagabend in Trelleborg einen Auflieger der dann hoch nach Molde geht. Trailernummer und so weiter bekomme ich erst noch. Dort oben hast du dann Wochenende. Am 21.10. steht dann ab Molde ein Spezialtransport für einen niederländischen Kunden nach Oslo – zu Danny aufn Hof. Trailer stellt der Kunde. Also im Endeffekt auch nur Trailertrucking.” ”Jo. Nur ne andere Preisklasse.” ”Det är det.” Ich werfe einen Blick auf die Uhr. ”Schatz, es wird Zeit das ich mich vom Acker mache. Auf der Öresundsbron hab ich ein Zeitfenster in dem ich da mit dem langen Geschoss durch sein muss. Ha en god natt. Dröm vad vackert.” ”Tack. Kör försiktigt.”

Ich setze den Blinker links und fahre auf die Travemündeallén, die E6, in Richtung Malmö. Am Trafikplats Petersborg wechsele ich auf den Yttre Ringvägen und bin damit auf der E20 die mich über die Öresundsbron nach Kopenhagen bringt.


Bei Køge bleibe ich auf der E20 und folge dem Vestmotorvejen eben gen West.
Ich fahre über die Storebæltsbroen und passiere schließlich Kolding. Es geht weiterhin gen Westen.

Ich erreiche Esbjerg und werde von drei Kreisverkehren begrüßt. Durch die Länge des Zuges ist die Durchfahrt etwas knifflig, aber noch hält sich der morgendliche Berufsverkehr in Grenzen, sodass ich in Ruhe durch die Engstellen zirkeln kann.

Auch den Richtungswechsel nach links auf den Østre Havnevej erledige ich routiniert.
Noch einen Kreisverkehr und zweimal links abbiegen, dann ist die Tour geschafft. Die Uhr zeigt den 16.10.2019; 06:15 Uhr. Für dreihundertsechzig Kilometer habe ich knapp sieben Stunden gebraucht.

Ein Team vom Kunden kümmert sich um die Entladung des Windradflügels und ich muss nur noch mein Ladungssicherungsmaterial verstauen.







Nach meiner Ruhezeit schiebe ich den leeren Tieflader zusammen und mache mich wieder auf den Weg nach Malmö.




Montag, 21.10.2019, Molde.
Ende vergangener Woche hatte ich im Hafen von Trelleborg einen Trailer von der Fähre abgeholt und diesen etwas über eintausend Kilometer zum Empfänger in Molde gebracht. Danach war dann die Fahrzeit für die Woche auch ausgeschöpft und ich habe meine Wochenruhezeit genommen. Da es nicht das erste Mal für mich in dieser Stadt war wusste ich, dass ich mir die Zeit ganz gut mit Schiffe gucken (Molde ist seit über einhundert Jahren Anlegestelle der Hurtigruten-Schiffe) vertreiben konnte. Übernachtet habe ich in einer kleinen Pension, die wir für mich und unsere Fahrer immer wieder gerne buchen wenn hier das Wochenende ansteht.

Es ist 06:10 Uhr. Ich bin mittlerweile zweieinhalb Stunden auf den Beinen. Nach dem Duschen und einem guten Frühstück habe ich kurz die Abfahrtkontrolle am rovfågel gemacht und bin dann in die Verftsgata gefahren wo ein DOLL mit niederländischer Zulassung und einem Volvo-Muldenkipper steht. Sandra hatte mir am Wochenende am Telefon gesagt, dass ich ich bei der Ankunft dort einen Anruf tätigen muss um die Papiere zu bekommen. Ich wähle die benannte Mobilfunknummer und erreiche außer einer Quasselbox niemanden. Geht ja für einen Montag schon mal gut los… Ich wähle noch einmal; das Ergebnis ist wieder das selbe. Ich fluche leise; beschließe schon einmal aufzusatteln und mir dann einen Kaffee zu kochen.

06:35 Uhr. Ein weißer Audi mit niederländischem Kennzeichen hält neben mir. „Guten Morgen. Sind Sie Herr Dansör?“ „Ja.“ „Ecki Bergsson. Sie haben bestimmt schon versucht mich anzurufen…“ „Ja. Ist nur die Mailbox rangegangen.“ „Tut mir leid. Aber mein Mobiltelefon spinnt manchmal.“ Er reicht mir Papiere rüber. „Sie kennen Danny Uleman von NoRos in Oslo? „Ja. Danny ist einer unserer Geschäftspartner.“ „Okay. Mein Chef hat mit Herrn Uleman abgesprochen, dass der DOLL und der Volvo bei ihm zwischengelagert werden bis…“ Ich unterbreche Ecki Bergsson. „Wie, wo, was ist für Herrn Uleman wichtig. Diese Details brauche ich nicht wirklich.“ „Ähm, ja… dann kommen Sie gut durch. „

Mein Kaffee ist inzwischen fertig. Ich fülle ihn in meinen Thermobecher, löse die Feststellbremse und fahre auf die E39 in Richtung Flughafen. Ich wähle Dannys Rufnummer. „NoRos Logistics. God dag. De snakker med Danny.“ „Hej. Du pratar med Christian.” antworte ich auf schwedisch. ”Hej. Was kann ich für dich tun?” ”Setz schon mal Kaffee auf. Ich hab hier nen niederländischen Tieflader den ich dir auf’n Hof zaubern soll.” ”Ah, du hast das Vergnügen mit der Laberbacke Ecki gehabt…” ”Du drückst dich ja mal wieder freundlich aus.” ”Immer doch. Wie fährst du?” ”Die etwas längere Strecke. Jordalsgrenda, Gjora, Hjerkinn, Dombås, dann die E6 runter bis Biri und dort über die Route 4.” ”Alles klar. Da bist du heute mit nem Zehner dabei. Sehe zu, dass du bisschen Gas gibst, sonst hängst du bei Dombås und hast keine Chance auf stehenbleiben um ne Pause zu machen.” ”Mhm. Die Ecke kenn ich. Wenn nicht anders muss ich halt überziehen. Mal schauen.” ”Ok. Bis heute Abend dann.”





Ich erreiche Dombås. Mein Tachograph hat mittlerweile einen mittleren Herzkasper, denn wie von Danny prophezeit blieb mir nur meine Fahrzeit um fünfundzwanzig Minuten zu überziehen. Ich bin ja bei Leibe kein Raser, aber manche Zeitgenossen auf der Straße stellen sich an wie die ersten Menschen… Ich hätte somit für fünfundvierzig Minuten die Straße dicht machen müssen um meine Pause fristgerecht durchzuziehen, weil es nirgends Platz zum Halten gab. Was soll’s. An der ersten Möglichkeit ziehe ich den rovfågel an die Seite und ignoriere leicht genervt das digitale Gemecker.
Ich greife zum Telefon und wähle Sandras Bürorufnummer. „hansekontor i Uppsala. Tania Skeppare.“ „Hej Tania. Christian här.“ „Hej.“ „Sandra gar nicht da?“ „Die geistert irgendwo im Lager herum. Kann ich dir weiter helfen?“ „Bestimmt. Ich bin jetzt in Dombås. Heute Abend dann in Oslo bei NoRos. Ich brauch nen Fahrplan für morgen.“ „Mhm. Warte mal kurz…“ Ich höre wie sie mit Airin spricht. „Christian?“ „Her er en.“ „Morgen machst du dich von Oslo wieder runter nach Malmö. Gibt nen gelben Auflieger. Abholstandort und Zielort schick ich dir nachher per Mail.“ „Gut. Und Mittwoch?“ „Kira hat heute nen B-Double mit Speiseeis im Schlepp. Den stellt sie dir in Malmö auf den Hof und du fährst damit nach Rostock. Fähre Gedser. Wie genau es von Rostock aus weiter geht ist noch offen. Mona arbeitet dran. Sandra sagte mir nur, dass du am Freitag auf jeden Fall in Hamburg sein musst.“











Dienstag, 22.10.2019, Malmö.
Den Trailer aus Oslo habe ich beim DHL-Terminal im Flansbjersvägen abgestellt und bin dann solo zu meiner Niederlassung. Als letzte Arbeit für heute sattele ich jetzt noch den B-Double für Rostock auf. In den Büros und im Lager ist alles ruhig. Nur mein Magen meldet lauthals Hunger. Kein Wunder… seit dem Frühstück bei Danny hat er heute nur Kaffee bekommen.



Mittwoch, 23.10.2019, Malmö.
Punkt 05:30 Uhr melden sich die Hells Bells… Was? Wie? Warum? Ich bin doch gerade erst ins Bett… naja, was soll’s. Wenn ich mich jetzt noch mal umdrehe verschlafe ich unter Garantie.
Ich tappse ins Bad. Im Spiegel schaut mich ein Gesicht an zu dem mir im Moment nur einfällt ‚ich kenn dich nich… ich wasch dich trotzdem…‘
Zwanzig Minuten später bin ich dank Dusche und frisch gestutztem Bart wieder einigermaßen vorzeigetauglich. Ich gucke von der Küche aus auf den Hof und sehe noch wie der Zug von Kian und Hanna samt leerem Trailerchassis abfährt. Ich lächele zufrieden und mache mir mein Frühstück fertig…







Ich schnappe mir in Tjelvars noch unbesetzten Büro die Papiere für meinen B-Double und beginne dann mit der Abfahrtskontrolle.

07:18 Uhr. Der V8 brabbelt gemächlich vor sich hin. Ich gieße mir noch einen Kaffee in den Thermobecher. Auf geht’s…


Ich habe den Hof noch nicht verlassen, da klingelt schon mein Telefon…

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