Mittwoch, 23.10.2019, Malmö.
Mein Telefon zeigt eine mir unbekannte niederländische Rufnummer an. Da ich noch auf dem Firmenhof bin bleibe ich stehen und nehme dann den Anruf via Freisprecheinrichtung entgegen. „hansekontor, Christian Dansör.“ „Uiara Dagobeert. Goedemorgen.” “Godmorgon. Was kann ich für Sie tun?” “Ich habe Ihre Rufnummer von Tarja und Rasmus Dansör bekommen und würde Sie gerne persönlich kennen lernen.” “Wenn’s geschäftlich ist gerne; im privaten bin ich da nicht verfügbar.” Ich höre ein Lachen durch die Leitung. “Entschuldigen Sie. Das Sie privat vergeben sind weiß ich ich – Tarja ist die Mutter ihrer Frau. Um es knapp zu halten: ich arbeite für Dagobeert Coach Rental. Das Unternehmen meiner Eltern ist ein weltweit agierendes Familienunternehmen im Bereich Busvermietung und -handel. Hauptsitz unseres Unternehmens ist in Amsterdam. Tarja Dansör Bussresor ist einer unserer Kunden. Mit Ihnen würde ich mich gerne treffen wenn es für Sie interessant wäre auch mit uns zusammen zu arbeiten.” “Da spricht grundsätzlich nichts gegen. Ich bin aktuell auf dem Weg nach Hamburg. Dort können Sie gerne vorbei kommen.” “Hamburg klingt gut. Wann? Morgen?” “Diese Woche nicht mehr. Kommen Sie Montag, den 28.10. in meine Hamburger Niederlassung. Sie finden uns in der Obenhauptstraße in der Nähe des Hamburger Flughafens.” “Ist notiert.”
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The Sweet rocken mit Fox on the run die Musikanlage im rovfågel als ich den Fährhafen in Gedser erreiche. Es ist 10:00 Uhr.
Etwas über drei Stunden später geht es für mich dann wieder weiter. Auf zum Kunden im Rostocker Süden. Mir kommt ein Scania R500 Highline in meiner Firmenfarbe entgegen und nur Sekunden später meldet sich das Funkgerät: „Ohauerha… Chef gesichtet.“ „Hej Yvonne. Na klaro. Ich muss doch gucken ob ihr die Container schubst.“ „Tun wir. Donald wirst du dabei aber nicht sehen. Er ist vorhin los Richtung Berlin.“ „Immer unterwegs. Das ist gut. Wie schauts bei dir, Yvonne?“ „Ich stell meine Büchse jetzt gleich in den Hafen. Direkt wieder eine drauf. Die muss aber nur bis nach Bentwisch. Danach bin ich durch für heute. Bei dir so?“ „Ich hab Speiseeis drauf. Das geht noch in Rostock von Bord.“ „Einmal Amarenakirsch, bitte…“ „Is klar…. Kannste dir in Hamburch abholen.“ „Da geht’s mit dem nächsten Krempel hin?“ „Keine Ahnung. Das sagt mir Mona nachher noch. Auf jeden Fall muss ich bis Freitagnachmittag in Hamburg sein, da ich Samstag dort ne Regatta paddel.“ „Nunja, wird schon. Viel Spaß und Erfolg. Ich nehme mal an dass du Langstrecke paddelst?!“ „So isses.“
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„hansekontor in Berlin. Hier ist Mona van Oost.“ „Hej Mona. Christian hier. Ich bin leer.“ „Prima. Icke hab da was fischiges für dich. Einmal vom Schenker Rostock nach Dachser Hamburg.“ „Puh baaaa bääää. Na egal… ist ja verpackte Kühlware und ich muss dat nich in die Pfanne hauen.“ „Ick wees das du die Schwimmer nich so magst… Geht nich anders.“ „Schon gut; ich werd’s überleben.“
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Es ist 16:15 Uhr als ich mit fünfzehn Tonnen Fisch im Sattelauflieger wieder starte. Musik an und los. Der angehängte Tandem der B-Double-Kombination ist leer und fährt als Deko mit nach Hamburg. Da sich der Tankinhalt vom rovfågel dem Ende zuneigt fahre ich schon fünfundvierzig Minuten später am Fuchsberg wieder von der A20 ab.

Die Fütterung von fünfhundertsechsundzwanzig Litern Diesel und einem Becher Kaffee bedürfen dann etwas über einer halben Stunde bevor ich mich wieder auf den Weg mache.


Ich passiere Wismar. Bei Grevesmühlen habe ich dann plötzlich Kaffeeduft in der Nase, was dem Werk der Strauss Norddeutsche Kaffeewerke in Upahl geschuldet ist. Weiter geht es… Schönberg, Lübeck, Wechsel auf die A1, Reinfeld, Ahrensburg…

An der Abfahrt Moorfleet geht es dann ab und ein paar Minuten später erreiche ich meine Ladestelle. Es ist 20:03 Uhr und da ich meine Ankunft im Vorfeld telefonisch avisiert habe kann ich direkt zur Entladerampe durchziehen. Dort angekommen melde ich mich kurz im Büro. Der Dachserist schaut auf seinen Bildschirm und sieht meinen Zug im Kamerabild. „Und den willste an die Rampe zirkeln?“ „Klar. Der Tandem ist leer, den stell ich an die Seite und dann geit dat los.“ „Achsoooo.“ „Ich würde aber auch die gesambte Combi ranbekommen. Dauert dann nur etwas länger.“ „Sieh zu dass du an Land kommst. Spielen kannst du zu Hause.“ „Ganz meine Meinung.“ Mein Gegenüber lacht und ich verschwinde nach draußen um den Tandem abzuhängen und dann den verbliebenen Standardzug an die Rampe zu fahren.
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Es ist kurz vor 22:00 Uhr und ich stelle meinen Zug auf mein Werkstattgelände. Den B-Double sattele ich ab, stelle den rovfågel daneben und platziere noch fix ein paar Lübecker Hütchen.

Im Bürogebäude ist alles dunkel. Ich gehe leise hinein, stelle meine Tasche erstmal in mein Büro und verschwinde dann im Bad. Frisch geduscht klettere ich ein paar Minuten später ins Bett wo Sandra bereits im Land der Träume weilt. Ich kuschele mich an sie und gebe ihr einen Kuss.
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Samstag, 26.11.2019, Hamburg.
Den Donnerstag und den Freitag haben Sandra und ich im Büro, in der Werkstatt und auch kurzfristig mit einem Abstecher zu Martin und Simone für eine Besprechung verbracht.
Sandra und ich sitzen am Frühstückstisch und genießen den Kaffee. „Komm, lass uns los düsen. Ich freue mich drauf die ganzen Verrückten heute wieder in einem Boot sitzen zu haben.“
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Die Regatta ist vorbei und wir sind wieder in der Niederlassung angekommen. Um den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen lesen wir in der Gruppe der Renngemeinschaft den Text von Teamcaptain Jörg:
Aua – war das ein hartes Rennen beim diesjährigen 12km-Longdistance Race auf der Dove-Elbe bei den Aquaglidern.
14 Teams reihten sich an der Startlinie auf und wir mit der Nr. 8 mittendrin. Der Start kurz nach 13 Uhr gegen den starken Wind mit WS 4-5 aus Südwest und entsprechender Welle war fulminant, wir waren gut dabei.
Nach ca. 600m setzten sich dann 6 auch so eingeschätzte leistungsstarke Teams etwas ab, wir kamen dahinter mit mehreren Booten in 2. Reihe zur ersten 70 Grad-Linkswende…. Ja was nun…
links Boote, rechts Boote, was machen . . . . Unser Steuermann Michael entschied sich: Druck raus!! und wir ließen uns zurückfallen – um dann links innen wieder anzugreifen und heranzufahren, um an der nächsten ca. 400m entfernten 110 Grad-Linkswende die Innenposition zu haben.
Genau das gelang und so fuhren wir mit 5 oder 6 ? Booten gemeinsam zur und um diese Wendemarke.
Nach der Wende war wieder alles offen, den Hamburg Allstars und Hai Voltage vermochten wir nach der Wende dann leider nicht zu folgen, es fehlte die Kraft oder Technik oder beides. Aber egal, immerhin fuhren wir auf das Proteam Hameln auf, das am Start etwas enteilt war. Wir setzten uns rechts neben sie, kamen aber nicht wie die anderen beiden Boote vorbei. So lagen wir gemeinsam auf Position 8 und fuhren mit Rückenwind 4 km der 2. Wende entgegen. Lange blieb trotz verschiedener Ausreißversuche alles unverändert, der Zweikampf mit den Hamelnern kostete aber viel Kraft und wohl auch Geschwindigkeit, jedenfalls waren auf einmal wieder 2 weitere Boote, die Jacob Full Pipe Dragons und die Sea Warriors Wilhelmshaven links neben uns und wir fanden uns auf der rechten Außenposition wieder, als es um die 180 Grad-Linkswende ging, verdammte Kiste. . .
Und wieder gelang es Michael die Boote innen durchfahren zu lassen und sich dahinter zu setzen um dann eine enge Wende zu fahren und auf Innenposition wieder auf die anderen 3 Boote aufzuschließen…
Großartig
Weiter ging es zäh und verbissen, keiner wollte zurückfallen, bei den Jacob Full Pipe Dragons sah es zwischenzeitlich 2, 3mal so aus als ob sie sich rechts außen absetzen konnten, aber wir hielten links außen dagegen und so fuhr die Viererkette ca. 3km lang gemeinsam Richtung 3. Wende, dieses Mal waren das eine 70 Grad Rechtswende und dann eine 110 Grad-Rechtswende – und wir lagen links außen . . .
So konnte das nicht bleiben wenn wir den 8. Platz erreichen wollten. Wir waren mittlerweile an der Grenze des Leistbaren angelangt, aber Angie an der Tromnmel und Michael von hinten
kitzelten alles aus uns raus was noch ging und so konnten wir uns zusammen mit den Hamelnern vor die anderen beiden Boote setzen und so gemeinsam die Rechtswende ansteuern. Die Hamelner innen konnten uns nicht abschütteln und wir setzten nach der Wende auf der Zielgeraden nun alles daran, immer die Nase vorn zu haben, was tatsächlich auch
gelang. Dann kamen auf einmal wieder von links Geräusche . . da arbeiteten sich doch tatsächlich die Fullpipes wieder heran, von wegen auf dem letzten Loch pfeifen, die machten richtig Dampf. Also noch mal eine Kelle drauf legen , aber. . uns fehlte eine.. Einer unserer Paddler mußte schon nach den 30 Startschlägen das Paddeln einstellen wegen Zerrung, starkem Schmerz, da ging nichts mehr. Das war hart, vor allem für diesen Sportsmann selbst. Also für ihn mitkämpfen ….
und tatsächlich, wir konnten uns aller Angriffe erwehren und 1 Sekunde vor den Hamelnern die Ziellinie als 8. Team überqueren, ein irrsinniges Rennen. Aber auch wieder irrsinnig schön
Klasse Rennen in einer Zeit von 1:03:41, damit über eine Minute schneller als vor 2 Jahren (letztes Jahr fuhren wir ja U-Boot ohne Wertung)
Vielen Dank an die Aquaglider und ihre Helfer wie z.B. die DLRG für das wieder tolle Event, Danke an alle teilnehmenden Teams für den harten aber stets fairen Fight (Paddelgeklapper bei Bord an Bordkämpfen bleibt bei solchen Rennen nie aus).
Und herzlichen Glückwunsch an die Erstplazierten Leipziger und Wakenitz Drachen, aber auch an alle Teams, die dieses Rennen gemeistert haben.
Und Ihr: Der wahre NORDEN, ihr habt einen tollen Job gemacht, nie zusammen trainiert, noch nie so zusammen gefahren, und dann so eine gemeinsame Leistung herausgehauen. Respekt und vielen Dank für Eure Anreise und Euren Einsatz, und Boris: Es kommen wieder andere Tage,
ärgere Dich nicht, wir haben für Dich mitgekämpft :-),
denn wir sind -ein- Team.

Vor zwei Jahren hatte ich auf dieser Regatta das Boot gesteuert; dieses Mal als Paddler wieder einen guten Ausgleich zum Alltag gefunden. Sandra schaut mich an … „Jag älskar denna sport. Och du.”
