[KW 48/2019] Wo ist der rovfågel? Stressfrei Frühstücken. Eigentlich…


Montag, 25.11.2019, St. Petersburg.

Es ist 15:00 Uhr Ortszeit. Der Airbus A320 von Scandinavian Airlines ist soeben aufgesetzt und rollt jetzt in Richtung Terminal. Ich sitze ziemlich weit hinten und höre von vorne ein Baby schreien. Ich klappe meine Zeitschrift zu und verstaue sie in meiner Tasche. Der Flieger kommt zum Stehen und das allgemeine Gewusel und der Kampf ums Aussteigen beginnt. Ich bleibe erstmal sitzen und lasse mich nicht stressen. Heute steht außer einem Abendessen mit Yanaa und Alexej sowieso nichts auf dem Plan. Und auch morgen werde ich noch nicht aus St. Petersburg weg kommen.
Mit norddeutscher Gelassenheit verlasse ich als letzter Passagier den Airbus. Zur Gepäckausgabe muss ich nicht – ich habe nur eine Tasche und einen kleinen Koffer als Handgepäck dabei. Wie erwartet ist es an den Schaltern der Einreisekontrolle voll.
Eine dreiviertel Stunde später bin ich durch und nehme mir ein Taxi.






Ich stehe mit Yanaa auf dem Hof neben einem Gabelstapler. Alex ist noch unterwegs. Ein Volvo mit giftgelb-orangenem Auflieger fährt auf den Hof und mein Fahrer der Linie München-St. Petersburg klettert aus dem Fahrerhaus. ”Moin Tom. Schön zu sehen, dass du auf Arbeitssicherheit Wert legst.” Verdutzt dreht er sich um. ”Christian. Du hier? Wo ist der rovfågel? Und ääähmja… Vivi will mich heile wieder zu Hause haben.“ „Joa ich hier, Der rovfågel steht zu Hause in Uppsala. Ich bin vorhin mitm Flieger hergekommen. Für mich geht es am Mittwoch mit nem Bus nach Marseille.“ „Merkwürdige Reiseroute.“ Ich muss lachen. „Ich bin der Krawattentrucker.“ „Bist du da im Auftrag deiner Schwiegereltern unterwegs dann?“ „Nein. Ich fahre ohne Lebendfracht. Fahrzeugüberführung für einen neuen niederländischen Kunden. Wann startest du nach München?“ „Achso. Yanaa hat hier noch drei Paletten für Berlin. Wenn die drauf sind muss ich nur noch kurz in die Keramikabteilung und dann bin ich weg.“




Donnerstag, 28.11.2019, kurz vor Riga.
Den Dienstag hatte ich bei Baltic Trans, der Spedition meiner Freunde Yanaa und Alexej verbracht. Dort wurde auch der Mercedes Travego von Dagobeert Coach Rental für die Überführung nach Marseille am Dienstagabend absprachegemäß abgegeben. Gestern bin ich dann am Morgen gestartet – über die E95 vorbei an Pskow und über die E77 bis kurz vor Riga. Der Grenzübertritt nach Estland hatte etwas länger gedauert war aber insgesamt unkompliziert. Der kurz darauf folgende Grenzübertritt nach Lettland erledigte sich im Vorbeifahren.


Jetzt ist es 07:30 Uhr und ich steuere den Bus auf die E67 gen Süden.
Ramygala. Kaunas. Byalistok.


Nach neun Stunden und einundzwanzig Minuten reine Fahrzeit verstummt der Sechszylinder um 18:30 Uhr auf dem Parkplatz eines Hotels in Warschau. Nach über siebenhundert Kilometer Fahrt freue ich mich auf eine Dusche und ein kühles Bier (oder wie der Pole sagt: Piwo).


Freitag, 29.11.2019, Warschau.
Kurz nach 04:30 Uhr schmeißt mich mein Wecker aus der Koje. Knapp zwei Stunden Zeit bis zur Abfahrt; aber ich habe keine Lust mich zu stressen und genieße lieber in Ruhe mein Frühstück. Das Hotel hat sich auf beruflich Reisende und Monteure ausgerichtet sodass es nichts ungewöhnliches ist das jemand vor 06:00 Uhr im Frühstücksraum nach einer Kaffeekanne angelt. Alleine bin ich auch nicht, habe aber einen Tisch für mich.


Kurz vor 06:00 Uhr starte ich den Travego und mache meine Abfahrtskontrolle. Alles in Ordnung, also ab auf die Bahn.


Heute stehen gut achthundert Kilometer im Plan. Ich will bis Pilsen kommen. Ich muss dabei heute jedoch auch unter neun Stunden Fahrtzeit bleiben denn meine beiden Zehner für die Woche sind schon weg. Mal schauen ob es was wird. Der Regen und der Wind sind dabei jedenfalls alles andere als hilfreich.

Lodz, Wroclaw. Das Wetter wird besser.

Ich entscheide mich auf der A4 bis kurz vor Görlitz zu bleiben und erst dann südlich Richtung Prag zu fahren. Die Strecke ist zwar etwa fünfzig Kilometer länger als wenn ich über Hradec Králové fahren würde aber laut Tom besser ausgebaut, sodass ich zügiger vorankommen sollte.


Samstag, 30.11.2019, Pilsen.
Wer am Vortag früh gestartet, der heute noch früher los muss… Nach diesem Motto krabbele ich aus der Ruhenische die es für die Fahrer im Travego gibt.
Ein Brötchen und einen Kaffee später erledige ich die Abfahrtskontrolle und mache mich dann um 03:30 Uhr wieder auf die Strecke.

Bei Waidhaus passiere ich die Grenze und befinde mich somit jetzt auf der A6. Am Autobahnkreuz Oberpfälzer Wald wechsele ich auf die A93.

Ping…. Die Warnleuchte der Tankanzeige meldet sich auf Höhe Nabburg. Eigentlich hatte ich gehofft mit der Tankfüllung bis nach München zu kommen, aber was soll’s. An der Abfahrt Schwandorf-Mitte fahre ich ab und suche die OMV auf. Einhundertzwanzig Liter Diesel für den Bus und einen großen Kaffee für mich.






10:32 Uhr. Ich setze den Blinker und fahre auf meinen Münchener Betriebshof. Ich tanke den Travego an der Betriebstankstelle noch voll und stelle ihn an die Seite.

Ein kurzer Blick in den Bürotrakt – aber wie erwartet ist hier am Samstag kein Betrieb. Auf rumsitzen habe ich keine Lust, also schnappe ich mir mein Fahrrad welches hier sonst meist unbeachtet in der Ecke herumsteht und fahre die gut vierzehn Kilometer bis in die Münchner City. Vielleicht finde ich dort schon einen Stand mit leckerem Met…

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