Dank zahlreicher Sehenswürdigkeiten war das Wochenende in Linz recht kurzweilig gewesen und so waren wir am Montag wieder bei schönstem Sonnenschein unterwegs. Am Haken hatten wir dabei 19 Tonnen Aluminiumalkyl, ein Teufelszeug, das auf keinen Fall nass werden durfte.
Entsprechend vorsichtig fuhren wir quer durch Süddeutschland nach Straßburg. Oft war unser Problem, dass wir die Vorsicht der anderen Verkehrsteilnehmer mit aufbringen mussten. Das war bei 40 Tonnen Gewicht immer so, aber mit einem Kühler oder Curtainsider machte man „nur“ den anderen platt. Bei uns war dann der ganze Umkreis auch platt oder anderweitig unbewohnbar.
Ab Straßburg waren es 21 Tonnen Flüssiggas mit Ziel Firma Bosch in Liverpool. Mal sehen, ob sie dort einen ihre berühmten Altbau-Innenhöfe hatten oder eine Monster-Halle.
Erst einmal kamen wir aber nicht bei ENI vom Hof, da sich eine Blechlawine durch die Stadt wälzte. Endlich, nach langer Wartezeit tat sich eine Lücke auf und ich zog auf die komplett dichte Straße. Eine Stunde war schließlich vergangen, bis wir endlich Autobahn unter die Räder nahmen.
Auf einer langen, flachen Steigung fiel mir dann mal wieder auf, dass unser Truck unmotiviert in den 11. Gang zurückschaltete. Ging das nur mir so? „Sag mal, findest Du nicht auch, dass er neuerdings so früh zurückschaltet?“ „Ja. Müssen wir damit mal in die Werkstatt?“ „Nein. Der hat nur ein halbelektronisches Getriebe. Einen Kickdown bekomme ich als gelernter Landmaschinenmechaniker auch noch selber justiert.“

Obwohl viel Verkehr war, der sich vor allem an den Mautstellen bemerkbar machte, kamen wir noch bis Belgien und erst kurz vor der Ost-West-Autobahn stellte ich den Truck auf einem Rastplatz ab, bevor wir uns noch was frittiertes besorgten. Lokale Spezialitäten hatten oft den Haken, Kalorienbomben zu sein.
Die Wolken machten mir bei der aktuellen Unwetterneigung Sorgen, aber die Nacht blieb ruhig.

Am nächsten Morgen liefen wir vor dem Frühstück erst einmal ein paar Runden den Rastplatz rauf und runter. Danach ging es Richtung Calais. Bis auf die fatale, letzte Ampel ging es gut, also mal wieder Kontrolle.
Da ich sowieso auf der Beifahrerseite saß und der Schraubenschlüssel neben mir in der Ablage war, schnappte ich mir das Teil. Nun konnte man bei einem Tankauflieger nicht so toll auf den Rahmen schlagen, aber auch den Schraubenschlüssel über die Versteifungsrippen scheppern lassen, verfehlte im Zweifel seine einschüchternde Wirkung nicht. Wir waren aber mal wieder sauber.
Das Schiff ließ die Wahl zwischen französischer und englischer Küche. Wir entschieden uns beide für Steak. Während ich meins „medium rare“ bestellte, was bei einem britischen Koch dem Wunsch entsprach und bei einem französischen dann mit rare immer noch gut war, orderte Chris „well done“ in der Hoffnung Medium zu bekommen.
Das Ergebnis war dieses Mal leider wirklich „well done“, also Schuhsohle. Er wurde definitiv kein Freund mehr mit dieser Insel, da waren wir uns mal nicht einig. Dass die Garstufen zwischen Frankreich und Großbritannien verschieden ausgelegt wurden, machte es aber auch auf den Fähren nicht einfacher.
In Dover ging es wieder den Berg hoch und unser hochgezüchteter Truck nahm die Steigung mit 26 km/h, ein deutlicher Fortschritt zu dem 310er, der hier seinerzeit mit 17 verhungert war.
Bei Birmingham ließ ich Chris ans Steuer. Wir hatten in Liverpool ein Hotelzimmer, also sollten wir noch heute abliefern.
„Das ist jawohl ein Witz, oder?“ „Nein, das ist bei denen leider normal. Traditionsunternehmen haben Traditionsgebäude!“ Lachend streifte ich mir die hier beim Verlassen eines Nutzfahrzeugs vorgeschriebene, neongelbe Warnweste über und stieg aus, um Chris durch den engen Torbogen zu winken.

Für einen Bosch-Anfänger bekam er den Trailer auch schön gerade auf den Stellplatz.
Nach einer Nacht im Hotel anstatt wild im Industriegebiet und unserem Frühstück mit geteilter Meinung machten wir uns mit einer Lüftungsanlage für Linde in Bochum auf den Weg. Zum Trost für den Trip auf die Insel fuhr ich wenigstens den ganzen Rutsch durch bis Hull, wo wir noch einige Stunden auf die Fähre warten mussten.
Der Donnerstag brachte uns ohne Zwischenfälle von Rotterdam nach Bochum und schließlich nach Hause. Am frühen Nachmittag fuhr ich auf den Hof, wo ich noch in der warmen Sonne das Ventil nachstellen wollte.
Chris sprang aus der Kabine und küsste aus Jux den Boden: „Endlich wieder zu Hause.“ Judith musste das gesehen haben, denn als wir ins Büro kamen, frotzelte sie: „Fährst Du so schlecht, dass Dein Beifahrer danach den Boden küssen muss?“
Steilvorlagen waren dazu da, eingenetzt zu werden: „Nein, aber nach Deiner Dispo glaubt er vermutlich, wir hätten ein neues Land entdeckt.“ In der Tat waren wir nun 3 Wochen und 2 Tage unterwegs gewesen, ich hatte schon längere Touren hinter mir, aber für Chris war das neuer Rekord gewesen.
Ich zog mir noch den Blaumann über und machte mich am Automatikgetriebe zu schaffen. Nach ein paar Umdrehungen der Einstellschraube und einer Testfahrt ohne Last war ich zufrieden. Wenn es immer noch nicht passte, musste ich auf der nächsten Tour eben noch mal nachstellen, wenn wir mit Fracht fuhren.
Schließlich kamen auch Julian und Marlon an. Wir feierten in meinen Geburtstag rein.
Am Freitag dann machten wir uns mit den Motorrädern auf den Weg ins Sauerland. Chris hatte sich kürzlich eine noch recht junge, gebrauchte Suzuki V-Strom gegönnt.
Meine Großeltern konnten in ihrem Alter nicht mehr ins Ruhrgebiet reisen, also war es Tradition, dass ich zu meinem Geburtstag nicht die Familie einlud, sondern zu ihnen hin fuhr. Chris Sorgen unerwünscht zu sein konnte ich zerstreuen. Immerhin schlug ich nicht das erste Mal in männlicher Begleitung auf.
Zwar würden wir wohl mal wieder unvermeidlich zum Gerede Nummer 1 in der Kleinstadt werden, aber da hatten meine Eltern zum Glück ein dickes Fell und standen zu mir.
Die Heimfahrt aus dem Sauerland endete nass, als wir zwischen Hagen und Bochum in einem Platzregen den Pelz gewaschen bekamen. Anstatt uns bibbernd und halblegal unter eine Autobahnbrücke zu flüchten, entschieden wir uns, bibbernd nach Bochum durchzufahren und uns danach unter der heißen Dusche wieder auf Betriebstemperatur zu bringen.
Mal wieder sollte es am Montag nach Nordafrika gehen. 19 Tonnen Quecksilber wollten von der ENI-Niederlassung in Essen nach El Hamma. Die Strecke in Richtung Alpen war inzwischen natürlich Routine.
Die Übernachtung schafften wir schon auf der Südseite der Alpen im Tessin auf einem leider recht spartanisch ausgestatteten Rastplatz. Also mal wieder Orientdusche zwischen zwei Sattelaufliegern.

Am nächsten Morgen ging es nach Genua zum Hafen, wo heute mal nicht die Apfelsine in der Zollabfertigung arbeitete. Durch den großen Andrang an LKW zog sich die Abfertigung hin, bis wir endlich auf die Fähre fahren durften.
In Tunis verpulverte ich erst einmal meine Zeit dabei vom Schiff zu fahren und dann doch ewig stehen zu müssen. So schaffte ich es danach nur noch vom Zoll bis auf den Rasthof zwischen Tunis und den Bergen. Hier übernahm nun Chris und durfte nun den ziemlich heftigen Pass fahren. Sein Kommentar zu der Kulisse war ein schrecklicher Kalauer: „Das ist ja El Hamma!“
Der Empfänger war natürlich mal wieder unser Lieblingskunde Bosch, aber mit dem kurzen Containertrailer war das für Chris einfacher hinzubekommen als mit dem Tank in Liverpool. Generell war inzwischen Rangieren mit Trailer kein Thema mehr für unseren ehemals anhängerlosen Heizölkutscher.
Weil es in El Hamma kein Hotel gab, mussten wir an der Tankstelle unsere halbwilde Übernachtungspause einlegen. Immerhin eine Kundentoilette hatten wir da.
Am nächsten Morgen erwartete uns das nächste Schwanenhals-Containerchassis mit einem Tanktainer. Das geladene Benzin sollte nach Florenz. Hinter einigen Kollegen, die es sehr gemütlich angehen ließen, zockelte ich den Berg rauf.
Im Tal wurde es dank der tiefenentspannten Kollegen von vorhin höchste Eisenbahn, dass wir den Fahrertausch durchzogen. Ich machte die Tanks noch mal randvoll mit dem 62-Cent-Sprit, bevor wir wieder im teuren Europa ankamen.
Chris fuhr dann weiter in Richtung La Goulette, dem Außenhafen von Tunis. Wie immer ging das auch gut bis zur letzten Kreuzung, wo uns eine rote Ampel erwartete. Dank der Polizeipräsenz hier war es zwar unwahrscheinlich, dass wir einen blinden Passagier hatten, aber Vorsicht war die Mutter des Schraubenschlüssels. Am Hafen erwartete uns dann eine lange Reihe von Trucks und alle wollten auf die Fähre. Das würde ein Bisschen dauern, bis wir zum Zoll gerufen wurden.

Die Überfahrt war relativ ruhig und die Fähren nach Tunesien waren auch gut in Schuss und eher Kreuzfahrtschiffe mit Fahrzeugdeck. Ausgeruht kamen wir am Samstagvormittag in Genua an und bekamen dort dann doch Stress. Zwar war alles in Ordnung, aber am Nachmittag mussten wir in Florenz sein und es dauerte seine Zeit, bis wir unsere Stempel hatten.
Ich fuhr also mit italienischer Auslegung der Verkehrsregeln durch Genua und auf die Autobahn. Hier gefiel mir unser Truck plötzlich nicht mehr so recht: „Hat uns einer auf der Fähre 40 PS geklaut?“ „Wieso?“ „Weil er so schlecht zieht. Das kommt mir eher vor wie mein ERF ETC 18.440 damals in Wales.“ „Also mir ist auf dem Pass gestern nichts aufgefallen. Dir?“ „Ja, drei Schlaftabletten vor uns. Da wären wir mit meinem alten 310er nicht langsamer gewesen. Aber ich habe diesen Truck jetzt seit einem Dreivierteljahr und ein paar Kilometer mehr runter. Das sind nie im Leben noch die vollen 483 PS, die da unter uns werkeln.“
Trotz rätselhaftem Bevölkerungsrückgang im Pferdestall kamen wir aber noch rechtzeitig bei ADM in Florenz an. Nach dem Abstellen des Trailers programmierte ich für Chris den nächsten Iveco-Händler ins Navi ein und wir brachten den Truck mal lieber zum Pferdedoktor.
Mit dem unguten Gefühl, dass das dicke Ende dieser Episode noch kommen würde, konnte ich das Wochenende in der eigentlich tollen Stadt nicht so recht genießen.Als wir am Dienstagmorgen im strömenden Regen unseren Stralis wieder abholten, war laut Werkstatt „Niente!“ gewesen. Man hatte den Luftfilter getauscht, weil wegen unserer Nordafrika-Touren ein Bisschen Sand drin war. Der Fehlerspeicher war leer, also hatten sie nichts weiter unternommen.
Wenn die Probleme jetzt weg waren, war alles in Ordnung, sonst würde ich den Truck entweder in Recklinghausen in die Vertragswerkstatt bringen oder Mahad bitten, mal einen Blick darauf zu werden.
Nun wurde es aber erst einmal zerbrechlich. Mit einem Trailer voll Fensterglas sollten wir nach Banská Bystrica fahren. Auf der Tangenziale di Bologna hörte der Regen auf und bei Padova hatten wir dann eine gute Fernsicht auf die Alpen vor uns.

Als ich bei Venedig den Truck übernahm, hatte ich nicht wirklich das Gefühl, dass die Werkstatt unsere freilaufenden Pferde wieder eingefangen hatte. Im Gegenteil, mir kam es vor, als wären noch mal 10 oder 20 ausgebüxt. Also doch noch mal in eine Werkstatt bringen, der ich vertraute. Selber schauen wollte ich ohne Werkstatthandbuch und Diagnosesoftware dann doch nicht, zumal ich als Mechaniker wenig Chancen hatte, einen Grund zu finden, warum der Motor offensichtlich elektronisch immer weiter runter regelte, denn der Mechanik war bisher nichts anzumerken gewesen.
Als Chris zwischen Graz und Wien wieder das Steuer übernommen hatte, konnte er auch um die Erkenntnis nicht mehr herum: „Meine Güte, der zieht ja echt nicht mehr die Wurst vom Teller!“ So schlimm war es zwar nicht, aber irgendwas stimmte trotzdem nicht. Inzwischen sperrte ich schon nervös die Ohren auf, aber ich hörte aus der Mechanik immer noch nichts verdächtiges.
Aus Mangel an vernünftigen Parkmöglichkeiten stellten wir unseren Truck für die Nacht auf einen stillgelegten und verwahrlosten Busbahnhof in Bratislava. Um zu verhindern, dass während unserer Abwesenheit die Stadtjugend mit unserer Ladung einen Polterabend veranstaltete, hieß das also mal wieder einen Abend in der Kabine zu verbringen anstatt irgendwo essen zu gehen.
Am nächsten Morgen früh um 6 warf ich den Truck an und fuhr los. Es war nicht mehr weit ans Ziel und von da führte uns die nächste Fracht bis fast nach Hause. Auf der flachen Autobahn hielt unser Truck mit Schwächeanfall wenigstens die 80.
Hinter einer scharfen Kurve wollte ich wieder beschleunigen und dann ging alles blitzschnell. Der Motor heulte auf und zog für einen Moment voll an. Aber noch während meiner Reaktionszeit ging unser Motor mit einem Knall ins Jenseits. Die ganze Zugmaschine machte einen Sprung nach schräg oben, Kleinteile prasselten unter den Kabinenboden. Das Lenkrad blieb auf geradeaus blockiert, keine Chance auf die Standspur zu wechseln. Ich stieg voll in die Bremse, die aber kaum Wirkung zeigte und drückte den Warnblinkschalter, auch wenn in der dichten Rauchwolke hinter uns das keiner sehen würde.
Endlich blieb die Fuhre stehen, ich drückte den Knopf mit dem Schraubenschlüssel, der automatisch den Fehlerspeicher übers Handynetz an Iveco sendete und dadurch einen Servicewagen oder Abschleppdienst anforderte. Wenigstens hatte ich den Mobilitätsservice damals dazu gebucht.
Wir stiegen durch die Beifahrertür aus und streiften uns die Warnwesten über. Immer noch plätscherte ein Schmieröl-Kühlwasser-Gemisch auf den Asphalt, auch wenn der Rauch sich verzogen hatte und kein neuer mehr entstand. Mit dem Zeug mussten wir auch die letzten Meter Autobahn eingeseift haben.
Chris schnappte sich Warndreieck und Stroboskopleuchte, um das Pannenfahrzeug abzusichern. Ich kletterte hinter die Kabine und holte mir den Feuerlöscher, durch die Ritzen konnte ich aber kein Feuer erkennen. Das Öl-Wasser-Gemisch machte zwar am Anfang einen furchtbaren Nebel, aber entweder war es durch den Wasseranteil nicht mehr brennbar oder nicht auf so heiße Teile gelangt, dass es zündete.

Während ich noch prüfte, dass wirklich nichts brannte erstarb das nächste Motorgeräusch, es gehörte zu einem Motorrad. Als ich mich umdrehte, blieb mein Herz stehen. Während der Motorradfahrer über den Seitenstreifen rutschte, riss seine Maschine Chris von den Beinen.
Er flog im hohen Bogen über das Brückengeländer und landete ein Stück tiefer auf der Böschung. Dass er überlebt hatte, war nicht zu überhören. Schmerzenschreie hallten durch das Flusstal. Ich legte den Feuerlöscher auf den Seitenstreifen und rannte los.
Direkt neben der Stelle, wo es passiert war, stand ein Mercedes Actros, dessen Fahrer auch ausstieg und mit Handy am Ohr über die Leitplanke zu Chris kletterte. Um den Motorradfahrer kümmerte sich der Fahrer eines Autotransporters, aber der schien ohnehin dank hochwertiger Schutzkleidung nicht viel abbekommen zu haben und rappelte sich schon wieder auf.
Endlich kam ich bei Chris an. Sein Hosenbein war durchgeblutet. Der Actros-Fahrer, ein junger Bursche, der noch nicht lange den Lappen haben konnte, klappte seinen Erste-Hilfe-Kasten auf und begann mit einer Schere vorsichtig, das Hosenbein der Länge nach aufzuschneiden.
Ich wollte Chris in den Arm nehmen, aber wurde von dem Ersthelfer in breitestem Österreichisch gebremst: „Naa. Bewegst an besser erst wenn I waas, dass ihm das Gnack noch ganz is. I bin übrigens da Felix.“ „Ricky. Und er ist Chris.“ Es stellte sich heraus, dass Felix erst kürzlich seinen Zivildienst als Rettungssanitäter beendet hatte und somit bestens ausgebildet war.
Ich beschränkte mich also darauf, Chris die Hand zu halten und ihm gut zuzureden, während Felix einen offenen Schienbeinbruch aus dem Lehrbuch freilegte. Dann forderte er Chris auf, mit Ausnahme des gebrochenen Beins diverse Gliedmaßen zu bewegen und piekte ihn mit der abgerundeten Verbandschere an verschiedenen Stellen, um zu prüfen, ob er das spürte.
Das war zwar, wie Felix sagte, keine Garantie, dass Chris nicht an der Wirbelsäule verletzt war, aber zumindest eine kleine Entwarnung. Er sollte den Kopf am Boden liegen lassen, aber durfte ihn ein Bisschen zu mir rüber drehen, während Felix sich wieder dem Bruch widmete.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kam der von Felix verständigte Rettungswagen und Chris wurde auf einer Vakuumtrage abtransportiert. Als der Abschleppdienst kurz danach kam, funktionierte ich irgendwie. Die Zugmaschine sollte zurück nach Bratislava gebracht werden und über Nacht mit einer Unfallzugmaschine zusammen per Tieflader in Richtung Deutschland gehen. Morgen Nachmittag würde sie bei Mario auf dem Hof stehen.
Kurz danach kam eine Iveco Hi-Road Zugmaschine vom Mobilitätsservice und der Fahrer kümmerte sich um den Abtransport unseres Trailers. Ich bekam noch eine Gutscheinkarte für eine Autovermietung, um mir eine Ersatzzugmaschine mieten zu können. Die Polizei nahm Aussagen von mir, den Zeugen und dem Motorradfahrer auf.
Felix hatte mich mit in die Stadt genommen und am Krankenhaus abgesetzt. Während ich auf Nachrichten wartete, rief ich Judith an. Sie war natürlich geschockt und wollte versuchen, die Anschlussfracht zurückzugeben.
Kurz danach rief sie aber wieder an: „Es geht nicht. Du musst nach Kassel fahren. Sonst müssen wir die Konventionalstrafe bezahlen.“ „Das ist mir in dem Fall auch egal. Chris liegt im Krankenhaus und ich weiß nicht, was mit ihm ist. Ich bleibe hier.“ „Dann warte doch erst mal ab, was ist, bevor Du entscheidest.“ „Nein!“ „Ich habe bis 15 Uhr Zeit, die Fracht abzumelden. Ob ich es jetzt mache oder dann ist egal. Bitte sprich erst mal mit Chris und melde Dich noch mal. Ich bleibe hier im Büro, bis Du Dich meldest. Und wenn ich dafür auf dem Teppich im Besprechungsraum schlafen muss.“
Wenn Sie trotz meiner Situation so wütend mit mir sprach, sollte ich vielleicht wirklich mal abkühlen und lieber warten, was mit Chris war, bevor ich selbst laut und kategorisch etwas ablehnte.
Endlich durfte ich zu Chris, der sich gerade noch auf Polnisch von dem Arzt verabschiedete, der das entweder auch konnte oder es wie mit Deutsch und Niederländisch war, dass man sich irgendwie halbwegs in den beiden ähnlichen Sprachen verständigen konnte.
„Ricky, ich habe da verdammt viel Glück gehabt.“ „Was ist Dir passiert?“ Ich setzte mich neben das Bett und hielt die Hand, die Chris mir hinhielt. „Nichts am Rücken, das ist wohl das wichtigste. Ein paar Prellungen und halt der Beinbruch. Viel Zeit haben wir aber nicht, hat der Arzt gesagt. Die Schmerzmittel werden mich irgendwann so benebeln, dass ich nicht mehr klar denken kann und wohl auch einschlafe.“ „Dann brauche ich ja nicht zu fragen, ob Du Schmerzen hast.“ „Noch spüre ich sie.“
„Wie geht es mit Dir weiter?“ „Ich werde heute am späten Abend operiert. Dann bleibe ich bis morgen Mittag hier im Krannenhaus und soll dann nach Dormund gefloon und für ein oder schwei Tage in Bochum im Krannhaus bleiben. Dadurch, weil der Bruch mit einem Nagel fish.. fixiert werden muss, kannschschnell nach Hause kommen.“
Seine verdrehte Grammatik und undeutliche Aussprache zeigte mir, dass wohl die Schmerzmittel anfingen, zu wirken. Er merkte es auch: „Ich glauwe, Du gehstetzt. Ich kann nich mehr dengen.“ „Ich nehme mir ein Hotel und komme morgen wieder.“ „Und die Abeit?“ „Verfällt.“ „Nein, fahr. Du kannst hier mir nich helfen.“ „Ich will bei Dir sein.“ „Wennu gar nich daafs? Bitte, geh jess und fahr Auftrag. Wir sehen uns in Bochum. Isch liwwe Di.“
Er fing immer mehr an zu nuscheln. Das schien wirklich keinen Sinn zu haben. „Ich liebe Dich auch.“ Dem Ausdruck seiner Augen nach schien Chris langsam irgendwo in den Morphium-Rausch zu entschweben. Ich strich ihm noch einmal liebevoll mit den Fingern über die Stirn. Immerhin lächelte er noch mal kurz. Das gab mir die Kraft, jetzt doch durchzustarten.
Verstört verließ ich das Krankenhaus. Wenn ich nicht bei Chris bleiben konnte, dann sollte ich, schon um auf andere Gedanken zu kommen, vielleicht wirklich den Auftrag fahren. Ich setzte mich in ein Taxi, sagte dem Fahrer, dass er zur nächsten Europcar-Niederlassung mit Trucks fahren sollte und rief Judith an, dass ich den Auftrag annehmen wollte und sie somit pünktlich Feierabend machen konnte und nicht auf dem Teppich schlafen musste.
„Einen Iveco habe ich leider nicht da. Mercedes oder Scania?“ Mein Bedarf an Iveco war sowieso gerade gedeckt. Was ich stattdessen bekam, war mir an sich egal, aber wenn ich schon wählen durfte, konnte ich ja meine Markensammlung erweitern: „Scania bitte.“
Kurz danach hatte ich Schlüssel und Papiere in der Hand und ging über den Hof zu dem mietwagenweißen R440 Streamline mit kleiner Hütte und großem Fahrwerk. Dem stolzen Kilometerstand von 95000 nach musste es einer der ersten Streamline sein.
Bald darauf hatte ich bei Dachser den Trailer mit Tafelgeschirr am Haken und war auf dem Weg aus der Stadt. Ich war nicht bei der Sache, wurde aber schnell in die Gegenwart geholt, als nur der starke Retarder, der sich zum Glück automatisch zuschaltete, an der zweiten Ampel verhinderte, dass ich aus dem Seat Toledo vor mir einen Leon machte.
Danach fuhr ich für den Rest des Tages irgendwie zwar mit voller Aufmerksamkeit auf der Straße, aber ansonsten im Autopiloten-Modus, bis ich meine Nachtruhe hinter einer Mautstation bei Katowice einlegte.
Ich wollte so schnell wie möglich nach Hause, also machte ich mich nach der Mindestruhezeit wieder auf den Weg, während die aufgehende Sonne langsam den Rückspiegel in ein brennendes Orange tauchte. Nach der erlaubten Lenkzeit war es Zeit für ein vernünftiges Frühstück, nachdem ich mir vor der Abfahrt nur einen Schokoriegel einverleibt hatte.

Um die Mittagszeit stellte ich die Ladung in Kassel ab, prügelte die Zugmaschine Solo ins Ruhrgebiet, gab sie bei der Autovermietung ab und fuhr mit der Straßenbahn nach Hause. Julian und Marlon hatten schon angerufen und sich erkundigt. Chris hatte sich vor seinem Abflug gemeldet, er würde erst gegen 18 Uhr im Krankenhaus ankommen und heute keinen Besuch mehr empfangen können.
Also machte ich mich auf den Weg nach Recklinghausen. Vielleicht hatte das Werkstattteam schon was herausgefunden. „Hallo Ricky.“ „Hallo Mario.“ „Das nenne ich saubere Arbeit, so einen gespaltenen Motorblock habe ich noch nie gesehen.“ „Gespalten?“ „Ja, der zweite Zylinder ist quasi explodiert. Der ganze Block besteht aus zwei Teilen. Zylinder 1 mit ein Stück vom zweiten und Zylinder 3 bis 6 mit dem Rest vom zweiten.“
„Wie kann das denn passieren?“ „Wir haben einen Kolbenring in Bröseln im Ölfilter und am Magneten gefunden…“ „Das gibt’s doch nicht. Ich hatte ihn in Florenz bei Iveco und die haben nur ein Bisschen Sand im Luftfilter gefunden.“
„Sand?“ Mario wurde hellhörig. „Wüstensand.“ „Warst Du in Afrika?“ „Ja, regelmäßig. Wieso?“ „Hast Du da getankt?“ „Ja…“ „Ach du liebe Zeit. In den Begleitpapieren zum Tuningpaket stand doch drin, dass Du das nicht darfst. Die High Performance dürfen nur B7-Diesel nach EN 590 tanken. Und das bekommst Du in Nordafrika so gut wie gar nicht. Meistens ist die Brühe mit viel zu viel Kerosinanteil. Das wäscht die Lager und Zylinderwände ab und dann reicht bei der Leistungsdichte die Schmierung nicht mehr. Der hatte ja 15% Mehrleistung gegen Serie und räuberte schon im Leistungsfenster vom Cursor 13.“ Wer Handbücher liest, hat mehr vom Leben. Vielleicht sollte ich mal langsam damit anfangen.
„Wenn Du aus der EU raus willst, dann darfst Du kein High Performance Tuning nehmen, von Special Performance und dem 400 PS Cursor 9 Serienmotor raten wir ab. Bei schlechtem Sprit nur Serienmotoren mit entsprechend kleinerer Leistungsdichte.“ „Und jetzt?“
„Nach dem Schadbild und Deinen Angaben ist die Ursache gefunden und ein Verschulden von Iveco ausgeschlossen. Damit geht es ab jetzt leider mal zumindest auf Deine Rechnung. Ich kann Dir ausrechnen, was ein Austauschmotor und die Instandsetzung kosten, wenn ich die Aufstellung vom Werkstattmeister bekomme. Herumfliegende Teile und die ausgeschlagene Kurbelwelle haben mindestens das Getriebe, die Lenkung, den Kühler und den Druckluftkompressor mit abgeräumt.“ „Mach das in Ruhe fertig, ich komme die nächsten Tage wieder vorbei. Und rechne mal bitte aus, was er so noch wert ist. Das muss sich erst mal setzen.“ „Habe ich nachher alles fertig, ich lege es Dir aufs Fax. Ciao.“ „Mach’s gut.“
Wieder zu Hause rangierten Marlon und Julian gerade den Renault in die Garage. Warum waren die denn schon da? Julian drehte sich zu mir um und lief auf mich zu: „Hallo Ricky, wie geht es Chris?“ „Ich weiß nicht. Er ist wahrscheinlich gerade auf dem Weg vom Dortmunder Flughafen zum Krankenhaus. Vor dem Flug haben wir kurz gesprochen, aber da stand er mal wieder unter Schmerzmitteln und war nicht ganz in dieser Welt. Sie haben das gebrochene Bein gestern Abend in einer Operation genagelt.“
Wir gingen nach oben, wo ich Marlon und Julian erzählte, wie genau der Unfall passiert war und wir davor liegen geblieben waren. Dabei steigerte ich mich immer mehr in Schuldgefühle: „Und das alles nur, weil ich nicht nachgelesen habe, was wir tanken dürfen.“ Das Blöde an Schuldgefühlen war natürlich, dass sie immer hinterher kamen. Ich wusste auch, dass ich es nun nicht mehr ändern konnte. Aber das hieß noch lange nicht, dass ich es einsehen wollte, egal wie lange Julian und Marlon mir gut zuredeten.
Irgendwann rief das Krankenhaus an. Chris war angekommen, aber schlief. Es ginge ihm „den Umständen entsprechend gut.“ Vielen Dank für diese hilfreiche Auskunft…
Ich erfuhr dann noch, dass Marlon und Julian so früh da waren und auch erst am Dienstag aufbrechen wollten, weil sie nun eine lange Tour erwartete. Sie wollten noch einmal einen richtigen Nordafrika-Trip machen, um die Kasse zu füllen für ihren neuen Truck.
Nun hatten wir ein neues Thema, nämlich ob man wirklich in dieser Zeit für ein paar tausend Euro durch Algerien oder sogar Libyen fahren musste. Tunesien war grenzwertig, aber laut auswärtigem Amt mit ein paar Vorsichtsregeln noch machbar.
Am nächsten Morgen, nach einer unruhigen und schlaflosen Nacht holte ich mir erst einmal das Fax von Mario als Frühstückslektüre. Die Reparatur war das zu teuer, was der Verkauf mit Schäden zu wenig einbrachte. Also hatten wir die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Als es endlich 9 Uhr war, fuhren wir ins Krankenhaus und besuchten Chris. Er war schon wieder ganz gut zurecht, die jetzigen Schmerzmittel waren auch nicht mehr auf Morphiumbasis und deshalb war er jetzt auch erstmals seit wir uns nach dem Unfall sahen, wieder klar im Kopf.
Er wollte wissen, was mit unserem Truck war. Also gab ich ihm eine Zusammenfassung des Schadens und wie wir ihn hinbekommen hatten. Bevor ich wieder mit meinen Schuldgefühlen anfing, fiel Marlon mir ins Wort: „Und jetzt fahren wir mal zur Bank und sehen, wie wir Euch einen neuen fahrbaren Untersatz besorgen können.“
Dort erwartete uns eine Überraschung, denn Dennis meinte, er hätte sich schon gewundert, dass wir nicht mal früher vorbeigekommen wären. Er konnte uns, weil wir als gemeinsame Kapitalgesellschaft als leistungsfähiger und zuverlässiger eingestuft wurden als ein Einzelunternehmen und eine Personengesellschaft, eine Finanzierung von zwei Trucks anbieten zu Konditionen, von denen wir nicht zu träumen gewagt hätten. Wir konnten also den Premium behalten und mit einem neuen Fahrer besetzen, den Stralis auch behalten und auf einen Aufkäufer warten, der uns einen vernünftigen Preis machte oder ihn doch reparieren lassen und auch wieder auf die Straße schicken und uns selbst jeweils neue Trucks kaufen.
Mit diesen Erkenntnissen setzten wir uns bei über 30 Grad auf unsere Motorräder und schwärmten in allen Himmelsrichtungen aus. Ich fuhr natürlich zu Mario nach Recklinghausen und vorher bei MAN vorbei. Julian fuhr zu Renault und Mercedes. Marlon hatte nur einen Händler auf der Liste, aber dafür den weitesten Weg zu Volvo.
MAN wurden die Euro-6 Trucks aus der Hand gerissen. Wir könnten aber die Euro 5-Modelle günstig bekommen – zumindest hielt der Verkäufer seine Preise dafür. Optisch war das kein echter Unterschied, aber Dennis hatte uns gesagt, was man an Fördergeldern für Euro 6 einstreichen konnte und die Steuern waren auch günstiger.
Zwar war E6 seit Januar verbindlich und die Förderung damit eigentlich ausgelaufen, aber für Kleinunternehmen gab es sie weiter. Nur die großen Speditionen guckten nun in die Röhre mit Listenpreisen. Wobei die meistens ihr „Fördergeld“ in Form von Traumrabatten direkt vom Händler bekamen, während es für unsereinen da wirklich „Listenpreis“ hieß. So richtig lohnte sich das hier deshalb jedenfalls nicht.
Mario klagte mir auch erst einmal das Lied vom armen Vertragshändler, wobei ich dank der Pressemeldungen geneigt war, ihm zu glauben: „Wir sind die Milchkuh des Konzerns und die darf keine Milch verschenken. Amerikanische Autos gehen schlecht. Italienische Autos gehen nur gut, wenn eine 500 drauf steht, aber mit Kleinstwagen kann man kein Geld verdienen. Supersportwagen fressen das Geld, das sie einspielen in der Formel 1 gleich wieder auf. Und damit bleibt mal wieder nur Iveco, um die Kasse klingeln zu lassen. Wenn man bedenkt, dass wir vor 40 Jahren aus fünf schon angezählten Marken hervorgegangen sind und vor der Gründung zur Totgeburt erklärt worden sind, eigentlich etwas, auf das man stolz sein könnte, wenn es uns das Leben nicht so schwer machen würde.“
Ich sah mich dabei gelangweilt in dem Showroom um und gab mir alle Mühe, mir diese Langeweile auch anmerken zu lassen. Die Reihen an Stralis Active hatten sich gelichtet, Hi-Road, Hi-Street und Hi-Way hatten bei den schweren längst die Vorherrschaft übernommen. „Ich würde Dir gerne helfen, aber nennenswerte Rabatte darf ich erst bei Rahmenverträgen ab 5 Neufahrzeugen geben.“
„Weißt Du, Mario. Ich komme gerade von MAN in Dortmund. Die haben Sommerschlussverkauf bei den Euro 5 TGX. Einer meiner Geschäftspartner ist gerade bei Mercedes und Renault. Und der hat sowieso rautenförmige Pupillen. Ich kann mir schon denken, was der will, wenn er wieder nach Hause kommt. Der dritte im Bunde ist bei Volvo. Und bei Scania und DAF waren wir noch gar nicht.“ „Ein Bisschen geht ja. Lass uns doch mal durchrechnen.“
Er kalkulierte mir einen Stralis Hi-Way in typischer Auslegung mit der 460er Maschine und 4×2 Fahrwerk. Ich hatte schon bessere Rabatte gesehen, aber das war eine Diskussionsgrundlage. Trotzdem reichte mir das nicht. Ich beschloss mal rund zu telefonieren und ließ Mario in der Zeit einen Inspektionstermin für einen Eurocargo mit einem anderen Kunden vereinbaren.
Julian ging nicht ran, aber mit Marlon konnte ich sprechen, er war gerade bei Volvo fertig geworden. Ich bemühte mich, Mario die Worte „FH13“, „aktuelles Modell“, „500 PS“ und einen Preis hören zu lassen, bevor ich wieder auflegte.
„Okay, mein letztes Wort. Der Preis wie eben, aber Cursor 13 mit 500 PS.“ „Wieviel mehr willst Du für einen 6×2/4?“ Diese Achsfolge hatte ich wegen des stabilen Fahrverhaltens und der Handlichkeit trotz etwas längerem Rahmen in Wales lieben gelernt, auf der Insel war sie wegen der Steuerformeln für einheimische Unternehmen Standard. Der Preis war mir leider etwas hoch. „Schade, 3000 weniger und ich hätte es genommen.“ „Willst Du unbedingt drei Achsen?“ „Eigentlich schon.“
Er dachte kurz nach: „Dann speck doch wo anders ab. Schaltgetriebe statt Automatik wenn Dich das nicht stört.“ Ich hätte damit kein Problem und fand das fast schon ein Bisschen witzig, Chris hatte auch schon Handschalter im elterlichen Betrieb gefahren.
Wieder zu Hause trugen wir unser Fazit zusammen. Julian fing an: „Also was ich bei Renault gesehen habe…“ „Ich ahne schrecklich modern gestyltes.“ „Nein, schrecklich modern gestyltes wird bevorzugt nach Frankreich und auf die iberische Halbinsel ausgeliefert. In Deutschland nur Flottenkunden oder mit 14 bis 16 Wochen Wartezeit. Aber dafür hauen sie die Magnum zu Sonderpreisen raus. Alte Trucks gehen nur mit Rabatt und wenn sie keine neuen haben, können sie nur unter Wert verkaufen oder gar nichts verkaufen.“ „Und Mercedes?“ „Mercedes-Preise… Was gibt es bei Volvo?“
„Neuer FH13 mit 500 PS, aber halt nur Euro 5. Euro 6 mit 460 PS wäre als einziger verfügbar. Die alten FH stehen auch noch reichlich rum, aber die Hütte kneift bei zwei Mann ein Bisschen oben rum. Und die anderen beiden?“
„MAN auch nur Euro 5 und das noch nicht einmal zu so guten Preisen wie bei Volvo. Iveco Stralis Hi-Way 500 zum Freundschaftspreis. Stralis Active sind inzwischen so gut wie abverkauft.“
„Schade dass wir keine Beziehungen zu Scania und DAF hier haben.“ Mein kleiner Flirt mit dem schwedischen Mietwagen hatte seine Spuren hinterlassen. Julian griff zum Telefon. „Ich rufe mal Vinni an, die Lahrmanns vermitteln doch auch Neufahrzeuge.“ Und nach einem kurzen Telefonat hatte unsere Auswahl eine neue Komponente bekommen, und das sowohl mit Scania als auch mit DAF auf dem Kühler. Nur bei den deutschen konnte auch Vinni nichts für uns machen, die bekamen sie selbst nicht wirklich zu fairen Preisen. Und auch an Renault T kam er zu Julians Bedauern nicht schneller ran.
Wir diskutierten noch ein Bisschen über die Angebote. Alle fünf hatten ihre Vorteile. Der Magnum war wohl mit seiner entkoppelten Kabine ohne Zweifel der bequemste. Der Stralis Hi-Way brachte beim gleichen Preis wie der Rest quasi die Fünf-Sterne-Ausstattung mit. Der Scania bot einen soliden Antriebsstrang wie wir es von Iveco schon kannten – vogelwilde Tuningorgien mal außen vor gelassen. Der DAF punktete vor allem mit Platz. Der Volvo war die modernste Konstruktion, als einziger Kandidat im Rennen mit einer Kabine, die in ihren Grundfesten nicht um 1990 entstanden war. Wer die Wahl hat, hat die Qual.
Am Samstag besuchten wir wieder Chris im Krankenhaus. Am Mittwoch sollte er nach Hause kommen, auch wenn er davon nicht viel haben würde, da er sich nicht dauernd mit Krücken aus dem zweiten Obergeschoss die Treppe runter schleppen konnte.
Er ließ sich dafür ganz genau den unverhofften Kreditrahmen und unsere Ergebnisse der Trucksuche erzählen. Wie wir hatte er aber auch nicht den ultimativen Kandidaten und ließ uns freie Hand bei der Entscheidung. Wir wollten am Montag kaufen, bevor Marlon und Julian aufbrachen. Schon alleine weil immer mindestens zwei von uns unterschreiben mussten, damit ich nicht alle Verträge zu Chris ins Krankenhaus schleppen musste.
Der Sonntag allerdings endete mit einer weiteren, unangenehmen Überraschung gesundheitlicher Art. Damit hatten wir nun ein echtes Problem am Hals.
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Der Iveco mit dem 483-PS-Motor entstammte seinerzeit dem Just Play Mod von TSM, der jedoch immer länger brauchte, bis er nach einem SCS-Patch wieder bereitgestellt wurde. Also hatte ich bereits eingeplant, zumindest diesen Motor ins Jenseits zu befördern. Außerdem war die sich nun anschließende Tour fest eingeplant und dazu mussten Chris und noch ein Fahrer aus dem zweiten Gespann schachmatt sein.
