Mittwoch, 04.12.2019, Uppsala.
Ich bin wieder zu Hause. Außer dem Flug von Marseille heimwärts ist bei mir heute auch nichts passiert. Eigentlich.
An sich hatte Sandra mich in Arlanda vom Flughafen abholen wollen. Stattdessen war Kjell mit dem Alfa da, denn Sandra war vor lauter Arbeit nicht aus dem Büro herausgekommen.
Ich lenke den Alfa auf den Hof. Kurz darauf verstummt der Motor. Kjell verabschiedet sich in den Feierabend. Beim Betreten des Bürotraktes schallt mir in voller Lautstärke “Nothing else matters” von Metallica entgegen. “Saaaandra!” Keine Reaktion. Ich gehe also weiter in Richtung Bürotrakt. Ich rufe wieder ihren Namen. Keine Reaktion. Je dichter ich an Sandras Büro komme umso lauter wird die Musik. Dort angekommen schalte ich erst einmal das Radio ab. Nicht dass ich Metallica nicht mag… aber es war einfach zu laut. Ich blicke zum Schreibtisch und sehe nur die Lehne zu mir gedreht. Und höre meine Frau weinen. “Honung är allt ok?” Erst kommt keine Antwort. Nach einem Niesen dann: ”Nichts ist ok. Ich wollte dich vom Flughafen abholen. Und ich hab es zeitlich nicht geschafft. Ich weiß nicht…. du denkst bestimmt ich will von alledem nix mehr wissen…” Ich gehe zu ihr und nehme Sandra in den Arm und gebe ihr einen Kuss. Ich merke wie sie zusammenzuckt, sich dann aber entspannt. ”Was meinst du?” ”Åh … ingenting.” ”Hör auf damit. Glaubst du ich merke nicht, dass die Arbeit dich aktuell gefühlt auffrisst? Glaubst du, dass ich dich deswegen weniger liebe?” ”Ja, manchmal. Aber es liegt nicht an dir. Ich weiß genau, dass du alles für mich tun würdest. Und ich schaffe es nicht einmal dich vom Flughafen abzuholen.” Mein Schatz holt tief Luft; nur um sich direkt danach weinend in meine Arme zu kuscheln.
…
Wir liegen im Bett und Sandras Gesicht hat inzwischen wieder ein bisschen Farbe. Und ein Lächeln. Wir waren vorhin erst einmal ein wenig am Fyrisån spazieren. Die frische Luft tat gut. ”Älskling? Danke, dass du immer zu mir stehst.” ”När som helst. Annars skulle något gå fel här.” Wir haben vorhin beim Spaziergang über meine Zusammenfassung der Personalstärke und Firmengröße vom Sonntag geredet. Und na klar ist es schon eine riesige Verantwortung die da auf uns liegt. Nichtsdestotrotz müssen wir auch zusehen, dass wir dabei nicht untergehen. ”Und du meinst das wir mal eben fünf oder sechs Wochen nach Amerika können?” ”Ganz sicher.” Ich gebe Sandra einen Kuss. ”En mer, tack.” Ein weiters Lächeln huscht über ihr Gesicht. ”Ich möchte es so; auch um hinterher wieder für alle da zu sein. In den fünf oder sechs Wochen aber nur für uns beide. Ein paar Bedingungen…” ”Was für welche?” ”Du telefonierst mit Keela. Bei ihr und Marc in Sacramento müssen wir unbedingt vorbeischauen. Ansonsten möchte ich, dass wir uns einfach treiben lassen. Und als Wohnmobil möchte ich dieses mal etwas haben was ursprünglicher ist als das Wohnzimmer letztes Jahr.” ”Ein Hippiebus…?” ”…würde voll ausreichen.” ”Die Idee gefällt mir. Kannst du dich an das Buch ‚Drive Your Adventure‘ von Elsa
Frindik und Bertrand Lanneau erinnern?” ”Oh ja… der Wälzer schlechthin. Dick wie der Neckermann-Katalog, aber mit besserem Inhalt. So ungefähr darf es in unserem Urlaub auch werden. Nur haben wir statt sechs Monaten eben nur fünf oder sechs Wochen. Aber ich glaube…” Den Satz bekomme ich schon nicht mehr ausgesprochen. Ich merke noch wie Sandra mir einen Kuss auf die Stirn gibt. Dann bin ich eingeschlafen.
…
…
Montag, 16.12.2019, San Francisco.
Das Taxi hält vor dem Hotel Grand Lion. Sandra, Tarja, Rasmus und ich steigen aus und nehmen unsere Koffer entgegen.
An der Rezeption begrüßt uns die Chefin persönlich freundlich: ”Welcome to the Grand Lion…”
