14. Nachtschichten, Feuerwerk und doppelte Welpen

Samstag, den 16. September 2017, abends:

Interessanterweise war es jetzt die zweite Nacht in Folge gewesen, die ich im heimischen Bett verbracht habe. Leider wurde ich dann heute nicht von Keela geweckt. Sie befand sich ja nicht in Sacramento, sondern in Pacifica. Also musste das Wecken wieder der Wecker übernehmen. Ich machte mich in Ruhe fertig und ging anschließend erstmal runter. Mom und Dad aßen gerade zu Abend. Für mich war es eher das Frühstück. Nach dem Essen ging ich wieder hoch und packte mir wieder ein paar Sachen zum Mitnehmen zusammen. Wer weiß, wann ich das nächste Mal wieder zu Hause war. Anschließend telefonierte ich mit Keela, die sich inzwischen für den Abend mit ihren Surffreunden fertigmachte. Gegen kurz vor Zehn machte ich mich auf den Weg zur Halle, wo mein Truck stand.

Dort angekommen, meldete ich mich im ORBCOMM an. Um viertel nach Zehn gab ich dann sowohl im Logbuch, als auch im ORBCOMM an, dass ich jetzt mit der PTI begann. Als ich die Kontrollen bei ausgeschaltetem Motor beendet hatte, kam ich in den Truck zurück, um die Maschine zu starten. Dabei sah ich meine merkwürdige Anweisung der Dispatch auf dem Tablet:

PICKUP: CW-CASA
TRAILER: RE28999, RE28575
FREIGHT: FROZEN GOODS
WEIGHT: 39,500 LB
TO: FED-CAOX
GATE: 08
REMARKS: STAA-DOUBLE, DOLLY: 3UR3859(CA)

CASA-CSA

Wenn ich die Anweisung auf dem Tablet richtig verstand, hatte ich nun die erste Fahrt mit einem STAA Double vor der Nase. Offensichtlich hatten die Dollys, die wir dafür hatten, keine interne Nummer. Sonst wäre das Kennzeichen wohl nicht angegeben. Vom Gewicht her, sollte ich wohl trotz der zwei Trailer mit 80.000 Pfund hinkommen. Trotzdem war ich mal gespannt, wie ich denn damit klarkommen würde. Gefahren hatte ich sowas noch nie, für das Endorsement brauchte ich ja auch nur einen zusätzlichen Fragebogen richtig beantworten. Auch die Fahrt über den Tejon Pass nach Oxnard dürfte mit Sicherheit interessant werden.
Zuerst machte ich aber meine PTI fertig.

Anschließend fuhr ich zum Zentrallager rüber, wo ich laut ORBCOMM mein Gespann am Tor 8 vorfinden sollte. Es war dann auch vom Shunter, dem Hof Fahrer bereits zusammengestellt worden. Das war ja eine Aufgabe die ein Shunter hatte, außer leere Trailer zur Beladung an die Rampen zu stellen, oder welche nach der Entladung von der Rampe abzuziehen und zu parken. Ich meldete mich beim Lagermeister, der meine Papiere für mich hatte. Die Ladungen waren wohl für zwei Märkte im Raum Oxnard gedacht, die aber von FedEx Fahrern zu den Läden gebracht werden sollten. Damit nicht mehr umgeladen werden brauchte und somit die Kühlkette ein weiteres Mal für das Umladen kurz unterbrochen würde, hatte man eben pro Markt direkt einen 28 Fuß Trailer, auch Pup, also Welpe genannt, fertiggemacht. Ich unterschrieb die Papiere und ging wieder zurück zu meinem Truck.
Nun fuhr ich zu Tor 8 und übernahm mein Welpen-Gespann. Ich zog das ganze Gespann von der Rampe und stellte mich auf die Seite. Dann schloss ich die Türen des hinteren Trailers. Nun begann meine PTI. Dieses Mal brauchte ich dann wirklich eine ganze Viertelstunde für die PTI und die anschließenden Eingaben ins Logbuch. Schließlich musste ich ja viel mehr kontrollieren, als nur bei einem Trailer. Es war viertel vor Elf, als ich dann mit meinem Rudel Welpen vom Hof fuhr.

Bei der Fahrt merkte ich, dass ich etwas länger war, als in der sonst längsten Kombination mit 53 Fuß Trailer. Trotzdem kam ich besser um die Kurven, da ich eben noch Gelenke in der Mitte hatte. Schließlich hatte ich die Interstate 5 erreicht, auf die ich in südlicher Richtung auffuhr. Nun beschleunigte ich auf 55 Meilen und schaltete dann den Tempomat ein. Dann rollte ich ruhig und entspannt meinem Ziel entgegen.

Die Fahrt verlief auch erstmal ohne Zwischenfälle. Selbst die Waage bei Bakersfield hatte am sehr frühen Sonntagmorgen noch geschlossen. Schließlich erreichte ich den Tejon Pass. Nun war ich gespannt, ob ich irgendwelche Probleme bekam. Dem war dann aber nicht so. Ich konnte ganz entspannt über den Pass fahren und hatte nicht mehr Schaltarbeit, als sonst. Nach dem Pass kam ich an die Ausfahrt zur CA-126. Das war die Ausfahrt, wo ich eigentlich immer mit Rückstau rechnen musste. Selbst heute Früh gegen halb Sechs stauten sich hier schon die Autos etwas. Hier merkte ich dann einen kleinen Unterschied. Ich fuhr hier in der Regel mit gezogener Feststellbremse an. Dabei hatte ich aber jetzt eine doch feststellbare Verzögerung, bis sich der Zug in Bewegung setzte. Wenn ich mir aber vorstellte, was ich jetzt alles zusätzlich an Ventilen im Bremssystem hatte, brauchte ich mich ja auch nicht wundern. Sonst ging es nur von der Zugmaschine zum Trailer. Nun hatte ich noch einen Dolly und einen zweiten Trailer mit im System. Beim Triple wären das dann noch mal zwei Satz Ventile mehr. Das würde mir aber zumindest in Kalifornien erspart bleiben.

Auf der CA-126 lief es aber wieder, wie gewohnt. So kam ich gegen viertel nach Sechs beim FedEx an. Ich meldete mich an und bekam die erhoffte Anweisung: „Stell deine Trailer da rechts an die Seite. Unser Shunter Fahrer nimmt das dann auseinander.“ Ich bekam meine Quittungen und fuhr im Anschluss mal wieder auf den Platz vor dem FedEx Gelände. Ich musste nämlich noch meine kurze Pause machen.

Während der Pause Frühstückte ich gemütlich. Dabei wartete ich schon auf meinen nächsten Einsatzbefehl auf dem ORBCOMM System. Stattdessen klingelte kurz vor Ende der Pause mein Handy und Charlie rief mich an. „Einen schönen guten Morgen, Charlie.“ „Offensichtlich freut sich, außer meiner kleinen Tochter noch jemand, dass ich am Sonntag um Sieben schon wach bin.“ „Na wenn du dich schon extra meldest, anstatt mir einfach eine Anweisung zu schicken.“ „Ich wollte mal eben was mit dir abgleichen. Was sagt denn dein elektronisches Logbuch zu deinen Wochenstunden?“ „66 ½ Stunden voll.“, sagte ich. „Dann stimmen die Systeme immerhin überein. Aber mit dreieinhalb Fahrstunden kann ich dich ja noch nicht mal nach Fresno schicken. Danny würde das vielleicht versuchen. Ich aber nicht.“ „Was heißt das für mich?“ „Fahr nach Oxnard und such dir da ein lauschiges Plätzchen für deinen Reset. Sonst können wir ja nichts mehr machen. Vor Montagabend kann ich dich nicht mehr einsetzen und dann hast du auch deine 34 Stunden Ruhezeit drin.“ „Ist ja super. Dann stehe ich jetzt doof in Oxnard rum.“ „War vielleicht ein Fehler. Wir hätten dich gestern Abend nur noch nach Fresno oder so schicken sollen. Dann wärst du noch nach Hause gekommen.“ „Da kann man nichts machen.“ „Ich wünsche dir einen schönen Sonntag. Melde dich gleich nur im ORBCOMM ab, wenn du deinen Platz gefunden hast. Dann wissen wir automatisch, wann wir dich wieder einplanen können.“ „Okay.“ Wir legten auf und ich machte mich auf den Weg nach Oxnard. Ich hatte schon eine Idee, wo ich mit dem Truck parken konnte. Zumindest als Bobtail war das da kein Problem. Um etwas Geld zu sparen, wollte ich die Zeit bis morgen Abend auch im Truck verbringen und nicht in einem Motel. Ich startete den Motor und machte mich auf den Weg.
Für einen Sonntagmorgen war hier aber schon viel Verkehr. Oxnard lag aber auch direkt an der Küste. Das erklärte, warum schon so viele Leute unterwegs waren. Ich brauchte auch eine gute Stunde bis ich den Platz erreicht hatte.
Dort parkte ich den Truck und telefonierte anschließend mit Keela, die auch schon am Frühstücken war. Danach wollte sie wieder ein paar Wellen bezwingen. Nach dem Telefonat legte ich mich erstmal schlafen.

Als ich am Nachmittag wieder wach war, machte ich mich fertig und erkundete ein wenig die Stadt. Im Endeffekt zog es mich aber, wie die meisten Besucher wieder an die Küste des Pazifiks. Dann bummelte ich noch etwas durch die Stadt und schaute mich etwas um. Außerdem besorgte ich noch ein Geburtstagsgeschenk für Keela.
Am Abend machte ich es mir im Truck gemütlich. Ich hatte ja endlich einen vernünftigen Sleeper. Da ich ja auch einen vernünftigen Fernseher im Truck hatte, genoss ich dann mal wieder einen Abend vor der Glotze.


Montag, den 18. September 2017:

Den Montag begann ich erstmal mit Ausschlafen. Anschließend nutzte ich die Duschmöglichkeiten, die ich an diesem Parkplatz hatte. Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, beschloss ich fremdzugehen.
Natürlich wollte ich nicht meiner Keela fremdgehen, sondern nur Walmart. Das lag aber in erster Linie daran, dass ich als Subunternehmer keine Rabattkarte hatte, die mich noch was einsparen ließ. Außerdem waren Elektronikartikel bei Best Buy eben noch günstiger. Selbst Walmart arbeitete ja in diesem Segment mit dem Elektronikdiscounter zusammen. Ich wollte mir noch den kompakten Drucker besorgen, den ich für den Truck gebrauchen konnte. Außerdem wollte noch etwas stöbern, was ich denn noch so finden konnte. Schließlich kaufte ich mir dann auch noch eine Dashcam.
Auf dem Weg zurück zum Truck kam ich dann auch noch an einem Großhandel für Fahrzeugteile und Zubehör vorbei, der auch eine Abteilung für Trucks hatte. Ich konnte mich dann nicht zurückhalten und kaufte dann auch dort noch ein paar Kleinigkeiten, die ich mir noch leisten konnte.
Zurück am Truck begann ich sofort, meine Neuerwerbungen an- und einzubauen. So ging der Tag aber gut rum.
Am Nachmittag legte ich mich aber noch etwas aufs Ohr um zu relaxen. Am Abend um Sieben konnte ich wieder mit meiner neuen Woche beginnen.

Ich erledigte meine PTI, bei der ich ja jetzt nur die Zugmaschine überprüfen musste. Dabei war soweit alles in Ordnung. Die Zugmaschine war ja auch gerade erst eine Woche im Einsatz. Inzwischen hatte ich aber auch meine nächste Aufgabe erhalten:

PICKUP: SC-CAVE
TRAILER: CT53874
FREIGHT: EMPTY PALLETS
WEIGHT: 43,500 LB
TO: ES-CASA
GATE: 04
REMARKS: —–

CASA-KRY

Keela hatte mir also die Anweisung gegeben, am Supercenter in Ventura einen 53 Fuß Trailer mit Leerpaletten zu übernehmen und ihn zum Außenlager, Sacramento zu bringen. Mit einer Fahrt nach Hause war ich natürlich einverstanden. Um viertel nach Sieben machte ich mich auf den Weg zum Supercenter. Auf dem Weg musste ich mal wieder den Bahnübergang in Oxnard überqueren. Der hatte mich ja seinerzeit schon mal geärgert. Auch heute Abend hatte sich die Union Pacific wohl wieder vorgenommen, den Straßenverkehr in Oxnard zum Erliegen zu bringen. Die Signalleuchten blieben wieder mal eine knappe halbe Stunde in Betrieb. Auch wenn die Schranken dabei immer wieder auf und zu gingen. Auch an dem heutigen Abend mussten wieder erst vier Güterzüge den Bahnübergang passieren, bis man wieder fahren durfte.

Anschließend konnte ich endlich meine Fahrt zum Supercenter in Ventura fortsetzen. Es dauerte bis halb Neun, bis ich endlich am Supercenter ankam. Heute dürfte auch keiner was dagegen haben, dass ich hier ankam. Es kam ja oft genug vor, dass man das Leergut mal stehen ließ. Umso seltener war es, dass man nur zum Abholen des Leerguts vorbeikam. Ich bekam meine Papiere und konnte den Trailer an Tor vier aufnehmen. Die entsprechende PTI hatte ich um viertel vor Neun erledigt. Nun konnte ich endlich in Richtung Heimat fahren.

Ich war aber wieder mal über die Routeneinteilung des Navis überrascht. Ich sollte nämlich über die Route 101 in Richtung Santa Barbara fahren und dann weiter bis Gilroy. Von dort über die CA-152 zur I-5. Wahrscheinlich waren auf der CA-126 oder der I-5, wie ich sie sonst fuhr, irgendwelche Behinderungen. Ich fuhr also auf die Route 101 in Richtung Norden und somit in Richtung San Francisco. Ich fand das gar nicht so schlecht. Ich war nämlich nicht unbedingt der Typ, der immer die gleiche Strecke fahren wollte. Ich passierte Santa Maria und San Luis Obispo. Ich war dann schon kurz vor San Lucas, als meine Tankleuchte anging. Da ich es nicht unbedingt riskieren wollte, den Tank zu weit leer zu fahren, entschloss ich mich, die Route zu ändern und auf die CA-198 in Richtung Coalinga zu fahren. Dann hielt ich mich in Richtung Interstate 5 und kam dann an das Jayne Travel Center, welches direkt an der Interstate lag. Dort hielt ich dann an, um meine Tanks wieder zu füllen.

Nachdem der Truck wieder genug Kraftstoff hatte, entschloss ich mich, da ich gerade hier war, auch gleich meine Pause zu machen. Ich fuhr den Lastzug auf den Parkplatz und stellte ihn ab. Dann gab ich im Tablet ein, dass ich meine Pause machte. Anschließend ging ich in den Truckstop zum Essen. Dabei kam ich noch mit einigen Kollegen ins Gespräch, weshalb ich die Pause mal wieder etwas ausdehnte.

Um vier Uhr machte ich mich aber wieder auf den Weg nach Sacramento. Jetzt konnte ich direkt auf die I-5 fahren. Dann hieß es wieder Tempomat 55 und gemütlich gen Heimat rollen. So fuhr ich gemütlich in den anbrechenden Morgen hinein. Die Fahrt lief ohne Probleme und so kam ich nach Sieben irgendwann in den Raum Sacramento.
Ich verließ die Interstate und machte mich auf den Weg zum Außenlager. Gegen halb Acht hatte ich es erreicht.
Ich gab die Info in das Tablet ein und meldete mich dann am Bürocontainer an. Man hatte mal wieder die hinterste Ecke für mich vorgesehen. Gut. Dann konnte ich wenigstens probieren, wie es sich dabei mit dem langen Lastzug rangieren ließ. Erstaunlicherweise lief das besser, als erwartet. So hatte ich den Trailer dann zehn Minuten später hinten in der Ecke gerade vor dem Tor stehen. Ich sattelte ab und schaute auf das Tablet, was mein Freund Danny denn noch mit mir vorhatte. Zu meiner Überraschung stand folgendes im Display:

10 H BREAK

CASA-DSN

Dass mich Danny jetzt in die Pause schickte, wo ich doch gerade auch noch zu Hause war, hatte ich irgendwie nicht erwartet. Andererseits hatte ich auch schon 10 Fahrstunden voll. Gut gelaunt startete ich den Kenworth und fuhr zu meiner Halle. Dort angekommen, stellte ich die Systeme auf Pause.
Dann schrieb ich Keela auf WhatsApp an: „Hallo Süße, bist du schon wach?“ Kurz darauf kam die Antwort: „Na klar. Oder meinst du ich will den ganzen Tag verschlafen?“ Ich musste kurz grinsen. Dann schrieb ich ihr: „Sehr gut. Ich bin nämlich am Platz und darf hier meine 10 Stunden Pause machen.“ Kurz darauf klingelte das Telefon. „Hallo Süße.“, begrüßte ich Keela. „Das geht doch einfacher, wenn wir miteinander reden.“, sagte sie lachend. „Da haste Recht.“ „Wann wolltest du dich denn hinlegen?“ „Keine Ahnung. Vielleicht heute Mittag.“ „Und was machen wir bis dahin?“ „Ich weiß nicht. Ich hatte überhaupt nicht erwartet, dass ich hier meine Pause machen kann.“ „Dann komm ich mit der Harley und wir fahren noch eine kleine Runde.“ „Klingt nach ‘nem Plan.“
Nachdem wir aufgelegt hatten, machte ich dann schon mal alles zu und dann wartete ich auf Keela. Ein paar Minuten später kam sie an und wir machten uns auf den Weg.

Da wir wieder nicht allzu viel Zeit hatten entschlossen wir uns zu einer kurzen Tour an den Folson Lake. Dort war ich auch schon etwas länger nicht mehr gewesen, zumal er in den letzten Jahren, während der großen Dürre kaum Wasser hatte. Inzwischen war es aber wieder ganz schön dort. Gegen Mittag waren wir dann auch wieder zurück, da Keela gleich arbeiten musste und ich noch ein paar Stündchen schlafen wollte.
Ich fuhr nach Hause. Dort sprach ich aber nur kurz mit Mom. Dann ging ich in mein Zimmer und legte mich recht schnell ins Bett.

Dienstag, den 19. September 2017, 5:00 p.m. Pacific Daylight Time:

Es war zwar etwas wenig Schlaf gewesen, den ich jetzt bekommen hatte, das konnte ich aber nachholen, wenn ich irgendwo auswärts stand. Ich stand langsam auf und schlich ins Bad. Nach der Zahnpflege ging ich unter die Dusche. Die letzte Minute stellte ich das Wasser auf kalt, danach war ich garantiert wach. Dann zog ich mich an und packte ein paar Sachen zusammen. Anschließend machte ich mich dann auf den Weg zur Halle.

Auf meinem Handy entdeckte ich noch eine Nachricht von Keela. „Komm mal eben hier Vorbei zum Papiere abholen. Deine Ladung bekommst du dann am Außenlager.“ Ich parkte den Ford aber schon mal auf meinem Platz und packte auch schnell meine Sachen in den Kenworth. Dann ging ich eben zu Fuß zum Zentrallager rüber. Allerdings steckte ich mir auch vorher noch was in meine Jackentasche.

In der Dispatch angekommen, begrüßte ich Keela, wie üblich mit einem Kuss. Das war inzwischen auch kein Aufreger mehr. Dann reichte sie mir meine Papiere. Ich warf einen Blick drauf und sagte zu ihr: „Tja. Selbst schuld.“ „Woran bin ich selbst schuld?“, fragte Keela. „Dass du deinen Geburtstag alleine verbringen musst. Einmal Fresno und zurück und ich wäre bei dir gewesen.“ „Leider habe ich keinen anderen Gefahrgutfahrer mehr hier gehabt.“, sagte Keela. „Dann musst du damit leben.“ „Leider. Ich hätte dich auch gerne morgen hier gehabt.“ „Zumal ich noch nicht einmal in einer Schicht am Ziel ankomme.“ „Ich weiß. Aber die Ladung muss nun mal raus.“ „Ich habe ja trotzdem ein Geburtstagsgeschenk für dich.“ Ich holte ein kleines Päckchen aus meiner Jackentasche, was schön in Geschenkpapier eingepackt war. „Aber erst morgen auspacken.“, sagte ich noch. „Ich soll jetzt noch bis morgen warten?“, fragte Keela und sah mich mit großen Augen an. „Du brauchst gar nicht so zu gucken. Du hast erst morgen Geburtstag.“ „Das ist ja gemein. Außerdem siehst du ja gar nicht, wie ich das auspacke.“ „Dann müssen wir morgen Früh skypen.“ „Stimmt. Das geht auch.“ Wir verabschiedeten uns mit einem langen Kuss, danach musste ich wieder rüber.
Meine PTI musste ich etwas abkürzen, damit ich wieder in meinen Zeitplan kam. Wobei es bei dieser Tour nun wirklich nicht auf ein paar Minuten ankam. Ich meldete alles am Tablet an und bekam mal wieder trotzdem die Anweisung für die Fahrt, die ich ja schon wusste:

PICKUP: ES-CASA
TRAILER: CT53974
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 13,500 LB
TO: SC-AZKI
GATE: 04
REMARKS: ADR 1.4

CASA-KRY

Jetzt hatte ich es also noch mal amtlich, dass ich mit Feuerwerk nach Arizona fahren sollte. Genauer gesagt nach Kingman. Um viertel nach Sechs machte ich mich auf den Weg zum Außenlager. Dort brauchte ich mich nur kurz im Bürocontainer melden. Als mich der Kollege sah, sagte er direkt: „Murdock, geh aufsatteln, ich weiß Bescheid.“ Ich tat dann was mir gesagt wurde und nahm den Trailer auf. Dann folgte, wie immer die PTI. Anschließend ging es wieder los.

Ich fuhr durch Sacramento zur Interstate 5 und fuhr dort mal wieder in südlicher Richtung auf. Die Strecke begann halt auch, wie die meisten anderen Touren. Es ging anschließend auch fast, wie üblich weiter. In Stockton musste ich mal wieder auf die CA-4, um auf die CA-99 zu gelangen.

Dann ging es mal wieder mit Tempo 55 in Richtung Bakersfield. So weit fuhr ich aber erst mal noch gar nicht. Gegen halb Elf kam ich dann nämlich an meinem Lieblings Truckstop, den Fifth Wheel Truckstop, nahe der CA-99 bei Fresno an. Das war schon mal eine gute Uhrzeit, um noch mit Keela zu telefonieren.

Das machte ich zuerst. Natürlich versuchte mich Keela noch zu überreden, ihr Geschenk jetzt schon zu öffnen. Das konnte ich, mit all meiner Überzeugungskraft aber doch noch verhindern. Dafür würden wir uns morgen Früh per Skype in Verbindung setzen. Wir telefonierten insgesamt eine gute Stunde, dann wollte sich Keela hinlegen. Da mir das noch nicht vergönnt war, ging ich in den Truckstop und genoss dort was zu Essen und den einen oder anderen Kaffee. So dauerte es bis Mitternacht, bis ich mich wieder auf den Weg machte.

Es ging zurück auf die CA-99. Bei Bakersfield fuhr ich mal wieder auf die CA-58 in Richtung Barstow. Die zahlreichen Ampeln hielten einen dann wieder auf. So lief ich auf einen Kollegen auf, der mit einem auf Kraftstoff sparen getrimmten T680 für die Konkurrenz fuhr.

Während der Fahrt durch Bakersfield bleib ich hinter der Konkurrenz. Danach konnte ich das aber nicht länger verantworten und überholte die Konkurrenz.
Nun konnte ich durch die nächtliche Mojave Wüste fahren. Schließlich erreichte ich Barstow.
Dort ging es dann zuerst auf die I-15 in Richtung Norden. Hinter Barstow wechselte ich dann aber auf die berühmte I-40 in Richtung Osten. Langsam musste ich jetzt aber Gedanken drüber machen, wo ich denn meine große Pause machen könnte. Während ich da aber noch drüber nachdachte, meldete sich erstmal mein Transponder. Die DoT wollte mal wieder mein Gewicht wissen. Bei einem Gesamtgewicht von 49.080 lb war es aber noch nicht mal ein Problem, dass ich die Trailer Achsen ganz vorne stehen hatte.

Es ging anschließend nochmal weiter. Auf dem Parkplatz einer Wiegestation wollte ich, an diesem frühen Morgen nicht wirklich stehen bleiben. Am Tage war mir das zu laut, wenn ständig irgendwelche Lastzüge nach dem Wiegen neben mir wieder beschleunigten.

Um viertel vor Sieben, eine Viertelstunde bevor ich meine elf Stunden Fahrzeit voll hatte, kam ich schließlich an der Essex Rest Area mitten in der Wüste an. Dort blieb ich für meine große Pause stehen. Da ich es noch ein wenig zu früh fand, um Keela anzurufen, schaute ich mich erstmal auf der Rest Area um.
Sie war, wie die meisten in den USA relativ gepflegt, aber sonst nichts Besonderes.
Gegen Acht versuchte ich dann Keela zu erreichen. „Ich habe schon gedacht, du meldest dich gar nicht mehr.“, wurde ich gleich von ihr begrüßt. „Ich habe nicht gedacht, dass du schon auf bist.“ „Klar. Ich will gleich noch ein wenig Motorradfahren.“ Wir beschlossen dann, die Handys wegzulegen und uns, via Laptop, auf Skype zu verbinden. Schließlich wollte ich schon sehen, wie sie ihr Geschenk auspackte.
Nachdem die Verbindung stand, durfte Keela dann auch endlich ihr Geschenk auspacken. Natürlich war das jetzt nichts Besonderes. Dafür fehlte mir im Moment einfach das Geld. Über die Kette mit den passenden Ohrsteckern freute sie sich trotzdem riesig.
Wir unterhielten und noch eine ganze Weile. Dann wollte Keela aber los und ich war inzwischen auch todmüde. Schließlich hatte ich gestern ja nicht viel Schlaf bekommen. Nachdem ich dann den Laptop heruntergefahren hatte, verschwand ich dann auch schnell in der Koje.

Mittwoch, den 20. September 2017, 7:00 p.m. Pacific Daylight Time:

Dank der Standklimaanlage in dem Kenworth hatte ich mal wieder sehr gut geschlafen. Als ich von selbst wieder wach wurde, War sogar der Spätnachmittag schon fast vorbei. Ich stand langsam auf und zog mich an. Anschließend ging ich in den Sanitärbereich der Rest Area. Dort nutzte ich die Toilette und wusch mich hinterher noch. Zurück im Truck machte ich mir eine Kanne Kaffee fertig und bereitete mich langsam auf die Abfahrt vor. Abends um Sieben begann ich mit meiner PTI. Eine Viertelstunde später konnte ich wieder losfahren.

Weit hatte ich es bis zu meinem Ziel jetzt nicht mehr. Eine Stunde nach der Abfahrt überquerte ich den Colorado River und kam damit nach Arizona. Da Kingman nicht weit von der Grenze entfernt war, hatte ich die Stadt auch bald erreicht. Gegen halb Neun erreichte ich das Supercenter in Kingman. Ich ging ins Büro des Centermanagements und meldete mich an. Dort wurde mir gesagt, dass ich an Tor 2 ansetzen sollte. Von irgendwelchen Altverpackungen sprach keiner.
Als ich auf den Hof kam, war mich auch klar, warum. Tor 4 war nämlich leer. Es gab also gar keine Ladung zum Mitnehmen. Nachdem ich den Trailer am Dock stehen hatte und er abgesattelt war, hatte ich auch meinen Anschluss im Display stehen:

PICKUP: FED-AZKI
TRAILER: ???
FREIGHT: FIREWORKS
WEIGHT: 10,000 LB
TO: ES-AZTU
GATE: —–
REMARKS: ADR 1.4

CASA-KRY

Laut der Info von Keela lernte ich also heute zwei neue Ladestellen kennen. Zuerst sollte ich zum FedEx Lager in Kingman fahren. Dort sollte ich ebenfalls wieder Feuerwerkskörper bekommen. War ich eigentlich der einzige Fahrer, der Gefahrgut fahren durfte?
Diese Ladung sollte zum Außenlager in Tucson, Arizona. Da war ich bisher auch noch gar nicht gewesen. Ich übernahm mal wieder die Adresse vom FedEx Lager direkt in die Navigation und fuhr zu diesem Lager. Erstaunlicherweise brauchte ich fast eine halbe Stunde, bis ich die FedEx Niederlassung am anderen Ende von Kingman erreicht hatte.
Dort wusste man dann aber Bescheid. Ich bekam einen FedEx Trailer mit der entsprechenden Ladung. Für die 10.000 Pfund hatte hier auch ein 48 Fuß Trailer gereicht. Ich nahm den Trailer auf und machte die PTI. Anschließend konnte ich weiter nach Arizona hineinfahren.
Zuerst ging es aber wieder zurück zur I-40. Dazu musste ich nochmal quer durch Kingman fahren.

Dabei stellte ich fest, dass sie Stadt erst durch die Historische Route 66 zu dem geworden war, was sie heute war. Dadurch war Kingman schon zu einem wichtigen Durchgangsort und Knotenpunkt geworden, bevor man an die I-40 überhaupt gedacht hatte. Nun gab es sie aber und daher konnte ich sie auch benutzen.

Ich fuhr wieder in östlicher Richtung auf die Interstate und beschleunigte wieder. Dabei wollte ich dann nochmal austesten, welches Tempo denn für den Kenworth am geeignetsten war. Ich beschleunigte bis auf 75 Meilen hoch, dann brach ich ab. 75 war eine Geschwindigkeit, die man zwar noch über einen längeren Zeitraum fahren konnte, der Verbrauch würde in diesem Fall aber unverhältnismäßig in die Höhe gehen. Bei Tempo 70 hatte ich noch etwa 1500 Umdrehungen pro Minute. Das konnte man auch dauerhaft fahren. Das war meiner Meinung nach aber auch das Höchste der Gefühle. Schneller als 75 würde für mich maximal in einem Gefälle gehen, wenn man auf die Jake Brake verzichten wollte. Langsam verstand ich, warum viele Firmen die Zugmaschinen bei 66 Meilen abregelten, auch wenn man nicht nach Kanada wollte. Dort war es in manchen Provinzen Vorschrift. Vielleicht sollte ich, wenn ich noch eine weitere Zugmaschine kaufte, wieder auf die 18 Gang Übersetzung gehen. Die war halt noch etwas besser. Der Mack hatte zumindest bei 70 eine geringere Drehzahl gehabt.

Wie beim letzten Mal, wo ich in Arizona war, fuhr ich in Ash Fork von der I-40 ab und nahm dann die AZ-89 in südlicher Richtung. Seinerzeit war ich auf dem Weg nach Phoenix. Da würde ich heute dann nur durchfahren. Der nächste Unterschied war, dass ich beim letzten Mal am Tage unterwegs war. Nun ging es durch die Nacht.
Auf der Strecke konnte ich viel mit Fernlicht fahren. Die Serienbeleuchtung des W900 war dabei ganz in Ordnung, überragend war sie aber auch nicht. Das war der Haken beim W900. Im Gegensatz zum Konzernbruder, dem Peterbilt 389, hatte man auf eine modernere Scheinwerfereinheit verzichtet und verbaute immer noch die eckigen Doppelscheinwerfer, die schon mindestens seit 30 Jahren standard waren. Trotzdem gefiel mir persönlich der Kenworth besser, als der Peterbilt.

Die Strecke zog sich durch die Wüste dahin. Auch am Tage war sie nicht wirklich spannender, als jetzt in der Nacht. Das hatte ich ja beim letzten Mal bemerkt. Allerdings wollte ich die Strecke letztlich doch etwas anders fahren, da ich beim letzten Mal einen kleinen Umweg einlegen musste. Daher fuhr ich ab Prescott nicht, wie beim letzten Mal in Richtung Camp Verde weiter, sondern hielt mich auf die AZ-69 in Richtung Süden. So kam ich zwar auch an die Interstate 17, allerdings ein ganzes Stück weiter im Süden.

In einem Ort mit dem lustigen Namen Mayer kam ich direkt an einem großen Harley-Davidson Händler vorbei. Da hatte ich aber mitten in der Nacht auch nichts von. Am Tage hätte ich da ja mal nach Preisen schauen können. Vielleicht hätte ich auch den einen oder anderen Katalog mitbekommen. So ging das dann leider nicht.
Bei Cordes Lakes kam ich schließlich an die I-17. Bevor ich da aber auf die Interstate fuhr, machte ich erstmal Pause. Ich konnte was zu Essen und zu trinken vertragen.
Zuerst suchte ich mir eine freie Parklücke und ging anschließend in aller Ruhe in den Truckstop.
Bei der Pause kam ich auch wieder mit einigen Kollegen ins Gespräch. Daher ließ ich meine Pause auch wieder etwas länger ausfallen. Ich hatte aber gemerkt, dass es bei Walmart keinen störte, wenn ich meine Termine trotzdem einhielt. Außerdem hatte ich so auch keine Probleme mit dem Logbuch, wenn ich, wie im Moment, meine Schicht über zwei Kalendertage hatte. Gegen halb Drei machte ich mich aber wieder auf den Weg.

Nun ging es auf die I-17. Dort stellte ich den Tempomat dann auch wieder auf 70. So erreichte ich am sehr frühen Morgen Phoenix. Dort hatte ich ja beim letzten Mal schon das seltsame Autobahnkreuz der Interstate 10 und Interstate 17 mit seinen zahlreichen Brücken uns Spuren bewundert. Dieses Mal wurde es mir aber zum Verhängnis. In dem Gewusel der zahlreichen Spuren verloren sowohl ich, als auch mein Navi kurzzeitig den Überblick. Dabei passierte es, dass ich dann nicht auf die I-10 wechselte, sondern auf der I-17 blieb.
Nach dem Kreuz hatte sich mein Navi dann aber wieder eingekriegt und ich wurde von der Interstate abgeleitet. Nun sollte ich wieder in Richtung Flughafen fahren, wo ich beim letzten Mal schon war. Dabei merkte ich, dass mir für solche Sachen einfach noch die Erfahrung und die Ruhe fehlte, die man erst nach jahrelanger Routine bekam. Ich hingegen, wurde jetzt nervös und kribbelig. Dazu kam dann noch, dass ich wieder auf der Straße war, wo ich beim letzten Mal schon bemerkt hatte, dass dort ständig die Tempolimits wechselten.
Es passierte dann das, was passieren musste. Es blitzte kurz auf und ich war einige Dollar ärmer. Zumindest dann, wenn ich die Post bekam und die Knolle bezahlen durfte. Damit war mein Profit des heutigen Tages schon mal wieder weg. Ich wurde erst langsam wieder ruhiger, als ich schließlich über die I-10 den Raum Phoenix wieder verließ und in Richtung Tucson unterwegs war.
Nun lief es auch wieder ganz gut. Schließlich erreichte ich Tucson. Dort kam ich aber genau zum Berufsverkehr an. Das kam davon, wenn man so lange Pause machte.
An einer Kreuzung hatte ich das Problem, dass ich mich zwar auf einer Vorfahrtsstraße befand, aber links abbiegen musste. Ampeln gab es an dieser Kreuzung leider nicht, dafür aber reichlich Gegenverkehr. Mein Vordermann, der einen giftgrünen nagelneuen PKW fuhr, hatte aber offensichtlich auch den Führerschein noch nicht länger, als seinen neuen PKW. Auf jeden Fall traute er sich nicht links abzubiegen. Selbst wenn der Gegenverkehr mal anhielt, um ihn durchzulassen, traute er sich nicht zu fahren. Noch nicht einmal ein kräftiger Zug am Luft Horn meinerseits konnte ihn dazu bewegen loszufahren. Es dauerte tatsächlich eine gute halbe Stunde, bis er sich mal zum Fahren bewegen konnte.

So war es bereits viertel nach Sieben, als ich auf den Hof des Außenlagers fuhr. Dort bekam ich aber, wie zur Entschädigung für die Widrigkeiten der Tour ein sehr einfach zu erreichendes Dock. Dann folgte mal wieder der Blick auf das Display des Tablets:

PICKUP: ES-AZTU
TRAILER: DV28275, DV28608
FREIGHT: TOYS
WEIGHT: 32,000 LB
TO: 711-CASD
GATE: 05
REMARKS: DOLLY W80335(AZ)

CASA-DSN

Danny hatte mir also ein Double besorgt, das zum 7Eleven nach San Diego sollte. Was auch immer die mit zwei Pup’s sollten. Vielleicht konnte mir das ja noch jemand erklären. Ich meldete mich also wieder im Bürocontainer. Dort wurde mir die Antwort auf meine Frage schon beantwortet. Normal sollten zwei Märkte beliefert werden. Die Anlieferung des zweiten Markts wurde aber wohl von einem Fahrer von 7Eleven vorgenommen. Wir sollten nur das ganze Gespann zu dem mir schon bekannten Markt bringen. Ich sattelte auf und machte die PTI, die wieder etwas länger dauerte. Schließlich hatte ich wieder mehr zu überprüfen. Um viertel vor Acht konnte ich aber losfahren. Viel Zeit hatte ich jetzt nicht mehr über. Ich wollte aber wenigstens noch aus Tucson raus.

Ich fuhr wieder zurück auf die I-10. In diese Richtung ging das auch besser. An der Kreuzung, wo ich eben so lange gestanden hatte, brauchte ich ja jetzt nur rechts abbiegen. Auf die I-10 fuhr ich dann wieder in Richtung Westen auf. An der Ausfahrt 200 bei Eloy fuhr ich dann von der Interstate. Hier, direkt vor dem Abzweig zur I-8 lag dann noch ein Truckstop, auf dem ich meine große Pause machen wollte. Der Kenny hatte Durst und ich war inzwischen ziemlich geschafft.

Zuerst fuhr ich aber an die Tanksäule und gab dem Kenny Diesel und DEF zu trinken. Anschließend suchte ich mir einen Parkplatz für mich und mein Welpen Rudel. Dann telefonierte ich noch mit Keela. Heute allerdings nur eine knappe halbe Stunde. Ich war ziemlich kaputt und wollte schlafen. Die Nachtschicht war lang und anstrengend gewesen.

Donnerstag, den 21. September 2017, abends:

Nach einer erholsamen Ruhepause stand ich auf und reservierte mir eine Dusche. Dann ging ich in den Truckstop und duschte und rasierte mich. Anschließend trank ich noch in Ruhe einen Kaffee, bevor ich dann wieder zum Truck zurückkehrte. Bevor ich um viertel vor Acht mit meiner PTI begann, telefonierte ich noch kurz mit Mom und berichtete ihr von meiner bisherigen Woche. Um acht Uhr machte ich mich auf den Weg.

Als ich dann auf die I-8 fahren wollte, hatte ich das Problem, dass ich von hier aus nicht auffahren konnte, da die Zufahrt aufgrund eines Unfalls gesperrt war. Ich konnte nur auf die I-10 in Richtung Tucson oder Phoenix auffahren. Ich entschied mich dafür, in Richtung Phoenix zu fahren. Es ging also auf die I-10 zurück, auf der ich dann bis Phoenix blieb. Anschließend fuhr ich dann über die I-17 und AR-85 wieder zur I-8 zurück. Der Umweg kostete mich zwar einige Zeit, ich hatte aber keinen Termindruck. Ob ich nun um drei Uhr, oder um fünf Uhr bei 7Eleven ankam, war letztlich egal. In der Nacht war da sowieso keiner, der die Ware entladen würde. Da wäre dann nur der Security Mann, der mir dann die Papiere quittierte. Ich hatte also genug Zeit für meine Tour.
Die nächtliche Fahrt verlief auch entsprechend ruhig. So erreichte ich ohne Probleme Yuma und dahinter die Grenze nach Kalifornien. Langsam bekam ich nun auch Hunger. Also überlegte ich, wo ich denn meine Pause machen konnte. Ich hielt also langsam Ausschau nach einem Truckstop.
Während der Fahrt fiel mir auf, das auf dem CB-Funk inzwischen verstärkt spanisch gesprochen wurde. Ich war ja inzwischen nur einen Steinwurf von der Mexikanischen Grenze entfernt.
Nun näherte ich mich langsam El Centro, was ja nicht, wie der Name vorlog in der Mitte lag, sondern nur ein paar Meilen von der Grenze entfernt. Also eher am Rand der Vereinigten Staaten. Dort gab es auch einen Truckstop direkt an der I-8. Ich verließ also die Interstate und fuhr auf den Truckstop.
Zum Glück fand ich mitten in der Nacht einen Parkplatz, wo ich vorne rein und hinten rausfahren konnte. Ich hatte keine Lust, mich mitten in der Nacht mit meinem Double festzufahren.
Inzwischen war das für mich normal geworden, dass ich mich auch mitten in der Nacht mit den Kollegen, die ebenfalls um die Uhrzeit im Truckstop waren, zusammensetzte. Der Erfahrungsaustausch war eigentlich immer eine gute Sache. Auch wenn da immer wieder Kollegen bei waren, die regelrechte Maulhelden waren und nur übertriebene Geschichten und dummes Zeug redeten. Aber die gab es immer und überall. Die meisten Kollegen waren in Ordnung und man konnte in meinem jungen Alter noch viel Nützliches von den Kollegen lernen. So war es schließlich auch schon wieder drei Uhr, bis ich mich wieder auf den Weg nach San Diego machte.

Nun ging es noch mal ganz schön durch die Berge. Zum Glück war ich gar nicht mal so schwer, obwohl ich mit einem Double unterwegs war. So kam ich dabei sogar einigermaßen durch die Berge. Ein Teilstück war aber auch auf 35 Meilen begrenzt. Da hätten mir auch mehr als 600 PS nichts gebracht. Ich hätte da trotzdem langsam fahren müssen.
Dass ich wirklich nicht allzu schwer war, zeigte mir auch die Waage, auf die ich mit einem Double selbstverständlich musste. Ich hatte aber mit dem kompletten Zug gerade mal knapp 71.000 Pfund. Also war ich weit vom erlaubten entfernt.
Nach der Waage hatte ich es nicht mehr weit. Eine Viertelstunde später konnte ich in San Diego von der Interstate fahren. Da ich dieses Mal von der richtigen Seite kam, war ich dann auch recht zügig beim 7Eleven.
Da ich nicht mit dem halben Zug auf der Straße stehenbleiben wollte, fuhr ich dann direkt in Richtung Wareneingang. Dort stellte ich den Zug parallel zur Straße ab. Das wäre für jeden Marketingmanager der Super Gau. Gleich zwei Trailer mit großer Walmart Werbung direkt an der Straße beim 7Eleven geparkt. Das war aber nicht mein Problem. Dann mussten sie halt zusehen, dass der City Trucker schnell da war und die Trailer wieder versteckte.
Ich gab meine Ankunft ins System ein und begann schon den vorderen Trailer abzusatteln. Auch der Security Mann sagte da nichts gegen, sondern unterschrieb mir meine Papiere. Zurück im Truck hatte mir Charlie meine nächste Anweisung gegeben:

PICKUP: UPS-CASD
TRAILER: ???
FREIGHT: FROZEN GOODS
WEIGHT: 34,000 LB
TO: CS-AZYU
GATE: —–
REMARKS: LOADING – DELIVERY

CASA-CSA

Ich sollte also zu UPS. Als ich die Adresse ins Navi übernehmen ließ, stellte ich fest, dass das Lager in unmittelbarer Nähe sein musste. Ich brauchte angeblich gerade mal fünf Minuten bis dahin. Mit der Ladung Tiefkühlwaren sollte ich noch nach Yuma fahren und da heute Vormittag noch anliefern. Charlie brachte ich dabei so viel Vertrauen entgegen, dass es wohl kein Problem sein würde, in der Schicht nach Yuma zu kommen.
Ich fuhr also los und kam wirklich ein paar Minuten später beim UPS Lager an. Dort war ich natürlich angemeldet und mein Trailer war bereits fertig beladen. Nachdem ich den Papierkrieg beendet hatte, konnte ich dann den 48 Fuß Reefer aufnehmen und meine PTI erledigen. Um viertel vor Sechs konnte ich wieder losfahren.

Dabei merkte ich, dass es wohl viele Unternehmen in San Diego geben musste, die bereits um sechs Uhr zu arbeiten begannen. Auf jeden Fall war schon so viel Verkehr auf der Straße, dass man auf diese Vermutung kommen musste. Ich ahnte auch nicht, dass mein großer Bruder nur wenige Meilen von mir entfernt ebenfalls bereits am Arbeiten war und eine Horde junger Rekruten zu Marines ausbildete.

Schließlich erreichte ich aber die I-8 und konnte jetzt wieder zurück in Richtung Osten fahren. Etwas später merkte ich dann, dass die Ordnungsbehörden in Südkalifornien wohl sehr an meinen Gewichten interessiert waren. Ich durfte nämlich schon wieder auf die Waage fahren. Jetzt war ich aber noch leichter, als auf dem Hinweg.
Nun ging es wieder durch die Berge. Auch auf dem Rückweg musste ich wieder ein Teilstück mit 35 Meilen daherschleichen. Anschließend ging es aber mit den gewohnten 55 Meilen in Richtung Arizona.
Gegen neun Uhr erreichte ich das Zentrallager in Yuma und lieferte dort die Ladung Tiefkühlprodukte ab. Anschließend hatte ich die erwartete Meldung von Danny im System, dass ich meine zehn Stunden Pause machen sollte. Da ich ja aus Versicherungstechnischen Gründen nicht auf dem Walmart Gelände stehen bleiben durfte, fuhr ich zum nahegelegenen Love’s Truckstop, wo ich mir eine Bobtail Parklücke sicherte.
Als nächstes rief ich dann bei Keela an. Sie begrüßte mich dann mit: „Ich dachte schon, du meldest dich gar nicht.“ „Warum das denn?“ „Hast du mal zur Uhr geschaut, wir haben schon halb Zehn.“ „Ich habe trotzdem gerade erst Feierabend gemacht. Charlie musste mich ja noch wieder zurück nach Yuma schicken. Da sollte ich dann auch heute Vormittag noch den Trailer abstellen.“ „Das klingt ja so, als ob du an diesem Wochenende wieder nicht bei mir bist.“ „Am Samstag bestimmt nicht. In einer Schicht komme ich nicht von Yuma nach Sacramento. Außerdem hast du das doch in der Hand. Du darfst mir ja nachher die Anschlussfracht zuteilen.“ „Was sagen denn deine Stunden?“ „Im Moment habe ich knappe 47 Stunden voll.“ „Das ist nicht gut. Dann hast du ja noch zwei komplette Tage zur Verfügung.“ „So ist es wohl.“ „Dann müssen wir mal sehen.“ Die weiteren Gesprächsthemen gingen dann mehr ins Private. Schließlich wollte Keela aber auflegen, weil sie noch für das Wochenende einkaufen wollte. Es war mal wieder Pacifica geplant, aber sie brauchte noch ein paar Lebensmittel zum Mitnehmen. Da ich inzwischen auch ziemlich müde war, ging ich sofort ins Bett und schlief schnell ein.

Freitag, den 22. September 2017, abends:

Auch heute hatte ich wieder sehr gut geschlafen. Langsam fühlte ich mich in dem Kenworth richtig zu Hause. Da ich wieder auf einem Truckstop stand, konnte ich meinen Arbeitstag wieder mit einer Dusche beginnen. Dann noch einen Kaffee im Truckstop. Anschließend ging ich wieder gemütlich zum Truck.
Um viertel vor Acht meldete ich über das Tablet wieder, dass ich mit meiner PTI begann. Die war dann schnell erledigt, da ich ja nur die Zugmaschine überprüfen musste. Zurück im Truck hatte ich die Nachricht von Keela auf dem Display.

PICKUP: CS-AZYU
TRAILER: UPS53875
FREIGHT: FROZEN GOODS
WEIGHT: 43,500 LB
TO: NM-AZCV
GATE: 08
REMARKS: URGENT DELIVERY

CASA-KRY

Nachdem ich die Nachricht gelesen hatte, schrieb ich Keela per WhatsApp: „Du möchtest ja anscheinend gar nicht, dass ich nach Hause komme.“ Mit der Ladestelle hatte ich ja gerechnet. Die Entladestelle war aber nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte. Nachdem ich mir erst nicht sicher war, probierte ich es aus und es ging tatsächlich nach Camp Verde. Dann hatte ich Keelas Antwort auf dem Handy. „Sorry, Schatz. Es ist eine dringende Lieferung. Die haben Vorrang, wenn es keinen Heimatschuss gibt.“ Um acht Uhr fuhr ich dann zum Zentrallager.
Dort wartete man tatsächlich schon auf mich. Dementsprechend war auch alles fertig und ich konnte nach der Unterschrift der Papiere auch sofort aufsatteln. Nach der PTI des UPS Trailers ging es um viertel nach Acht wieder auf Strecke.
Es ging zuerst wieder mit Tempo 25 aus Yuma hinaus. Dann kam ich auf die I-8 und konnte nun wieder auf 70 hoch beschleunigen. Dann legte ich den Tempomat ein und fuhr in den Abend.

Langsam wurde es dunkel und auch der Verkehr ließ immer mehr nach. So viele Autos fuhren nachts nicht in Arizona umher. So verlief die Fahrt mal wieder ruhig. An der Ausfahrt 115 verließ ich die I-8 und hielt mich der Beschilderung nach in Richtung Phoenix. Dann ging es wieder über die AZ-85, so wie ich gestern auch, dank der Sperrung der Auffahrt auf die I-8 gekommen war.
Über diese Straße kam ich dann im Raum Phoenix, wo die AZ-85 breiter wurde und schließlich zur Interstate 17 wurde. Hier hielt ich mich weiter in Richtung Norden. Nun war ich wieder auf einer bekannten Strecke. Dadurch fühlte ich mich gleich wohler.
Etwas schneller, als gedacht, erreichte ich den Neighborhood Market in Camp Verde. Es war gerade erst halb Zwei, als ich dort ankam. Da die Ladung aber auch als dringend bezeichnet wurde, verzichtete ich vorher darauf, meine Pause schon mal zu absolvieren. Nachdem ich abgesattelt hatte, bekam ich meine nächste Aufgabe von Charlie:

PICKUP: EJG-AZCV
TRAILER: 2X28‘ REEFER
FREIGHT: FRUITS
WEIGHT: 39,000 LB
TO: CS-CAFR
GATE: —–
REMARKS: STAA-DOUBLE

CASA-CSA

Ich durfte also mal wieder ein Double ziehen. Bei der Ladestelle wunderte ich mich erstmal. Mit dem Kürzel konnte ich erstmal gar nichts anfangen, da es schon ewig her war, dass ich bei dieser Firma geladen hatte. Da bekam ich meine Anweisungen noch per Telefon und Joe war noch dabei.
Es handelte sich um eine Niederlassung des Weinguts E. & J. Gallo. Wie auch immer die mitten in Arizona Wein anbauen konnten. Auf jeden Fall bekam ich dort zwei Kühler mit Früchten für das Zentrallager, Fresno. Ich übernahm die Adresse ins Navi und war mal gespannt, ob da um diese Uhrzeit überhaupt jemand arbeitete.
Das Weingut lag auch nicht weit außerhalb von Camp Verde. Dabei konnte ich in der nächtlichen Dunkelheit aber auch keine Weinstöcke entdecken. Vielleicht war das ja auch nur ein Auslieferungslager.
Zu meiner Überraschung fand ich dann tatsächlich Leute die jetzt arbeiteten. „Zur Zeit der Weinlese müssen wir immer rund um die Uhr arbeiten, weil dann viel los ist.“, erklärte mir der Mann im Versandbüro. „Wir versenden zwar das ganze Jahr über, dann aber hauptsächlich Flaschenweine. Die Früchte werden jetzt natürlich recht frisch in die Läden gebracht.“ Das erklärte natürlich so manches. Man hatte dann wohl zwei Trailer genommen, um die Ware sortenweise zu trennen. Das Gespann war auch schon soweit fertig und ich konnte sofort die Trailer aufnehmen. Ich erledigte also den Papierkram und sattelte anschließend auf. Nach der obligatorischen PTI machte ich mich wieder auf den Weg.

Weit fuhr ich aber nicht. An der I-17 befand sich dann noch ein kleiner Truckstop, auf dem ich dann meine Pause machte. Dort ging ich dann zuerst in Ruhe duschen und anschließend was essen. Um vier Uhr machte ich mich wieder auf den Weg.
Es ging über die AZ-169 nach Prescott und weiter über die AZ-89 in Richtung Norden nach Ash Fork, wo ich wieder auf die I-40 fahren konnte. Die Fahrt durch die Nacht lief ruhig und so konnte ich problemlos in den Morgen fahren.
Auf der I-40 ging es wieder in Richtung Westen. Mit Tempomat 70 rollte ich nun Kalifornien entgegen. Die aufgehende Sonne hatte ich dabei im Rücken. Es war schon halb Acht durch, als ich Kingman erreichte. Dort fuhr ich noch mal von der Interstate, um zu den örtlichen Preisen zu tanken. Das war immerhin günstiger, als zu Hause in Kalifornien.
Um viertel vor Acht erreichte ich die Tankstelle. Dort gab es nochmal Diesel und DEF für den Kenny und Kaffee für mich. Zum Glück war die Tankstelle nicht nur so eine kleine Dorftankstelle, sondern was Größeres. Sonst hätte ich mit den zwei Trailern wohl Platzprobleme gehabt. Um Acht machte ich mich wieder auf den Weg.

Nun kam der Endspurt der Schicht. Es ging wieder zurück auf die I-40. Dann erreichte ich kurz darauf wieder Kalifornien. Nun durfte ich nur noch mit 55 weiterfahren. Weit kam ich an diesem Morgen sowieso nicht mehr. Es wurde wieder, wie auf dem Hinweg die Rest Area Essex. Dort stand mein Feierabend an. Während ich es mir im Truck gemütlich machte, telefonierte ich noch kurz mit Keela. Allerdings wirklich nur kurz, da ich sie, wie in der vergangenen Woche auf der Fahrt nach Pacifica erwischte. Wir wollten am Abend, bevor ich wieder losmusste, etwas länger miteinander telefonieren. Dann meldete ich mich noch bei Mom und berichtete ihr von meinen neusten Erlebnissen. Anschließend ging es ins Bett. Ich war doch wieder recht müde. Die Nachtschichten waren immer noch nicht so ganz mein Ding.


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