Donnerstag, den 5. Oktober 2017, 3:00 am Pacific Daylight Time:
Es war gerade mal fünf Stunden her, dass ich mich hingelegt hatte, trotzdem war der Wecker unerbittlich und hörte nicht eher auf, Krach zu machen, bis ich im Halbschlaf die Snooze Taste erwischt hatte. Jetzt sollte ich noch mal ein paar Minuten Ruhe haben. Ich fiel noch mal in einen Halbschlaf, in dem die Bilder vom gestrigen Abend, wo ich Keela in der Dusche überraschte, noch mal durch meinen Kopf gingen. Entsprechend widerwillig reagierte ich zehn Minuten später, als mich der Wecker wieder aus meinen schönen Träumen riss. Es half nichts, ich musste wohl raus. Also raus aus dem Bett und ab ins Bad. Toilette, Zähne putzen, duschen, rasieren (ja, ich hatte inzwischen einen Rasierer, der ein paar Millimeter stehen ließ, um Keela meinen Dreitagebart zu gönnen) Dann noch ein wenig einduften, schließlich sah ich meinen Schatz gleich. Dann schnell anziehen und ab in die Küche und einen Kaffee fertigmachen. Klamotten hatte ich hoffentlich noch genug im Truck. Gegen vier Uhr verließ ich mein Elternhaus und fuhr mit dem Ford zu meiner Halle. Dort ging es, wie immer, mit der PTI los.
Eine Viertelstunde später fuhr ich zum Zentrallager. Egal, was das System jetzt sagen würde, ich wollte meinen Schatz sehen und mir bei ihr meine Papiere holen. Auch wenn sie mir eventuell was ab dem Außenlager gab. Kurz vor halb Fünf war ich am Zentrallager, wo ich zu Keela ins Büro ging. Heute waren keine anderen Fahrer da. Ich begrüßte Keela wieder mit einer Umarmung und einem Kuss. „Hallo, meine Süße. Was hast du denn für mich?“ „Mal was ganz Neues. Du bist bisher weder für die Abteilung, noch in diese Richtung gefahren.“ „Klingt ja spannend.“ „So spannend ist es auch wieder nicht. Du hast wahrscheinlich schon mal gehört, dass wir eine Schwesterfirma namens Sam’s Club haben. Die verkaufen an Wiederverkäufer oder wie im aktuellen Fall an Großverbraucher, wie Großküchen oder Kantinen. Unter dem Namen haben wir einerseits einige Cash and Carry Großmärkte, wo die Kunden abholen können. Wir liefern aber auch größere Aufträge direkt von unseren Lägern zu den Kunden.“ „Natürlich habe ich da schon von gehört.“ „In diesem Fall geht die Ladung nicht an eine Walmart Filiale oder einen anderen Wiederverkäufer, wie 7Eleven, sondern an die Kantine einer großen Druckerei in Seattle, Washington.“ „Ach so. Ich dachte Sam’s Club würde sich um solche Sachen wie die Transporte an 7Eleven oder Best Buy kümmern.“ „Natürlich auch das. Das sind aber, zumindest bei Abholungen auch Sachen die den normalen Einzelhandel betreffen. Wir arbeiten dabei Hand in Hand.“ „Im Prinzip ist es ja egal, ob ich an ein Supercenter, oder an einen Großkunden liefere. Das kommt für mich ja aufs Gleiche raus.“ „Okay. Aber Seattle ist schon was Anderes.“ „Das stimmt. Und genau deswegen muss ich dich jetzt auch sofort um einen Gefallen bitten.“ „Der da wäre?“ „Ich brauche eine Weight Distance Nummer für Oregon. Auf jeden Fall für die Hinfahrt, wahrscheinlich auch für die Rückfahrt.“ Keela tippte auf einem ihrer Rechner was ein. „Die kurzfristigen Genehmigungen sind für zehn Tage gültig. Da reicht dann eine.“ „Was brauchst du denn alles, um die zu beantragen?“ Keela zeigte mir eine Liste auf der Webseite des Verkehrsministeriums von Oregon, wo das aufgeführt war. „Zusätzlich natürlich eine Vollmacht. Ich bin ja gar nicht bei dir angestellt. Eigentlich darf ich das gar nicht beantragen.“ „Bin sofort wieder da.“ Keela machte in der Zeit meine Frachtpapiere fertig. Dann kam ich wieder ins Büro. Ich hatte meine Mappe mit den gesammelten Fahrzeugpapieren aus dem Truck geholt und zusätzlich noch einen Briefbogen mit dem Briefkopf meiner Firma, die ich mir für alle Fälle drucken lassen habe. Zusätzlich noch meinen Firmenstempel, den ich eh immer im Truck hatte. Während Keela eine Vollmacht aufsetzte, kopierte ich schon mal die Unterlagen, die sie brauchte. Wahrscheinlich würde das Ganze sowieso online oder per Fax laufen. Als wir alles soweit fertig hatten, fragte Keela: „Falls ich das von deinem Firmenrechner machen muss, wie komme ich denn daran?“ „Der Desktop PC steht bei mir zu Hause. Das ist schlecht. Aber ich habe meinen Laptop mit. Der ist ja auch auf die Firma registriert.“ „Dann werde ich den wohl mitnehmen müssen. Ich kann das ja schlecht hier aus dem Büro machen.“ „Hast du denn dein Auto hier?“ „Das nicht, aber ein Laptop passt auch in einen meiner Koffer von der Electra Glide.“ Wir gingen schnell zusammen raus und ich gab Keela den Laptop. Sie versprach mir, sich da sofort drum zu kümmern, sobald sie zu Hause war. „Wie kann ich dir die Sachen denn schicken, falls das per Mail geht? Ich habe ja jetzt deinen Laptop.“ „Schick mir das trotzdem per Mail. Ich habe ja das Mailprogramm und den Druckertreiber auf dem Tablet, falls ich mal Logbuchseiten ausdrucken muss. Den kompakten Drucker habe ich ja auch im Truck.“ „Gut. Falls das nur per Fax geht, schicke ich dir das an einen Truckstop. Du musst mir dann nur die Faxnummer besorgen.“ „Okay.“ Wir verabschiedeten uns noch mit Kuss und Umarmung, danach ging Keela schnell zu ihrem Motorrad und packte den Laptop in einen der Koffer. Ich fuhr zu Tor 1 und sattelte den Trailer auf. Nach einer schnellen PTI machte ich mich schließlich auf den Weg.

Es ging zwar zuerst, wie gewohnt zur I-5. Auf die fuhr ich aber schon in Richtung Norden auf. Das kam ja schon selten genug vor. Am Kreuz, wo die I-5 die I-80 kreuzte, hielt ich mich weiter auf die I-5 in Richtung Redding. Das war ja ein Bereich, den ich noch kannte. Gegen viertel vor Sechs erreichte ich die Colusa County Weigh Station, die auch schon geöffnet hatte. Natürlich musste ich auch mal wieder wiegen. Mit 71.346 lb war ich aber in einem dunkelgrünen Bereich. Bei gerade mal 33.566 lb Ladungsgewicht hatte ich aber auch nicht mit was anderem gerechnet. Ich konnte meine Fahrt also ungehindert fortsetzen.
Während im Osten über den Bergen der Sierra Nevada langsam die Sonne aufging, kam ich langsam in den Raum Redding. Nun begann für mich aber mit dem LKW Neuland. In Oregon war ich auch schon ewig nicht mehr gewesen. Zuletzt bei der unsäglichen Geschichte mit der UPS Kollegin aus Oregon, in deren Stimme ich mich verliebt hatte, die aber ansonsten gar nicht meinen Vorstellungen entsprach. Danach hatte ich gar keinen Bedarf mehr nach Oregon zu fahren. Der einzige Grund wäre mein Freund Tom Hardy, der hier mit drei Holztrucks unterwegs war. Tom hatte aber meist noch weniger Zeit als ich, daher haben wir uns auch schon ewig nicht mehr gesehen. Ab und zu chatteten oder skypten wir mal, das war es aber auch. Seitdem ich mit Keela zusammen war, hatte ich nach Feierabend aber auch eher das Gespräch mit Keela, als das mit Tom gesucht. Er wusste zwar, dass ich inzwischen selbstständig war, sein letzter Stand war aber noch der, dass ich mit einem alten Mack unterwegs war.
Nachdem ich die CA-299 gekreuzt hatte, ging es nun wirklich mit großen Schritten auf Oregon zu. Die Landschaft veränderte sich auch merklich. Das Streckenprofil wurde deutlich hügeliger und die Landschaft wurde immer mehr von Laub und Nadelwäldern geprägt. Da ich eine ganze Zeit später noch nichts von Keela gehört hatte, fuhr ich um zehn Uhr auf den Truckstop von Hornbrook. Viel mehr, als die kleine Chevron Station gab es hier auch nicht. Das kleine Dorf hatte ja wohl keine 300 Einwohner. Für meine Pause reichte mir das aber hier.
Nachdem ich geparkt hatte, telefonierte ich kurz mit Keela, die mir berichtete, dass das alles lief und sie voraussichtlich in ein, zwei Stunden die Genehmigung haben würde. Ob man diese besser faxen oder mailen sollte, würde sie sehen, wenn die Unterlagen kamen. Die Behörde hatte sowohl die Firmen Mailadresse, auf die Keela über den Laptop zugreifen konnte, als auch ihre private Nummer, so dass sie in der Lage war, zu Hause ein Fax zu bekommen. Da es sowieso noch dauern würde, ging ich erstmal in das Bistro der Chevron Station, wo ich was essen wollte. Außerdem kam ich noch mit den Kollegen ins Gespräch, die auch hier standen und warteten. Es war zwar nur eine Handvoll Kollegen, zwei Drittel davon warteten aber, wie ich auf die entsprechende Genehmigung, da sie eher selten nach Oregon kamen.
Es zog sich auch noch eine ganze Zeit lang hin. Ein Kollege wollte den anderen Fahrern wohl Angst machen, indem er Schauergeschichten erzählte, dass er hier mehrere Tage auf eine Genehmigung gewartet hätte. Das war aber Quatsch. Das wusste ich alleine schon daher, weil wir bei UPS auch schon mal das Problem hatten, wenn gerade kein Linienfahrer verfügbar war, der die Oregon Strecke häufiger fuhr. Denn nur die hatten eine dauerhafte Nummer bei uns gehabt.
Gegen viertel vor Zwölf am Mittag klingelte mein Telefon und Keela rief an. „Hallo mein Schatz.“, begrüßte ich sie. „Hallo mein Süßer. Ich habe jetzt alles hier, was wir brauchen. Die haben mir das gefaxt. Ich weiß jetzt nur nicht, wie gut die Kopie noch ist, wenn ich sie dir auch noch mal faxe. Zur Sicherheit maile ich dir das Schreiben noch mal.“ „Wie werden denn jetzt die Meilen nachgehalten, die wir in Oregon zurückgelegt haben?“ „Einmal zeichnet das die Logbuchsoftware, die du hast mit auf, weil die ja GPS gestützt läuft, andererseits läuft das noch irgendwie über die Steuerabrechnung der IFTA.“ „Heißt das, dass ich jetzt in Oregon tanken muss?“ „Da kann einen ja eigentlich keiner zu zwingen. Ich weiß aber sicher, dass der Diesel dort erheblich günstiger, als hier in Kalifornien ist.“ „Ich kann ja nachher oder morgen mal tanken. Muss ich mal sehen.“ „Okay. So, ich habe den Schrieb jetzt gefaxt und gemailt. Du kannst also wieder losfahren.“ „Danke, Schatz. Du hast was gut bei mir.“ „Das denke ich aber auch. Da kommst du mir auch nicht mit einem läppischen Blumenstrauß davon.“ „Ich lasse mir was Besonderes einfallen.“ „Okay. So, ich muss jetzt ins Bett. Schließlich habe ich Nachtschicht.“ „Dann schlaf schön und träum was Schönes.“ Wir legten auf und ich holte mein Fax beim Tankwart ab. Da das wirklich nur schlecht zu lesen war, druckte ich mir im Truck noch schnell den Anhang der Mail aus, die mir Keela geschickt hatte. So war es kurz nach Zwölf, als ich mich wieder auf den Weg machte.
Man merkte auch gleich, dass ich jetzt schon recht weit im Norden war. Hier war das Wetter schon richtig herbstlich. So richtig hell war es jetzt auch am Mittag nicht. Ich fuhr zurück zur I-5 und fuhr wieder in Richtung Norden auf. Es dauerte auch nicht mehr lange, bis ich die Grenze zu Oregon erreicht hatte.

Nun durfte ich wieder zehn Meilen pro Stunde schneller fahren. Das erforderte aber teilweise auch meine volle Aufmerksamkeit, da die Interstate sich hier wohl mit einer Achterbahn verglich. Es ging hoch und runter. Dabei gab es reichlich Kurven. Da die Fernstraßen in Nordamerika sonst meistens ewig geradeaus gingen, war das schon recht ungewohnt. Dabei noch das trübe Wetter, bei dem es teilweise auch noch zu regnen begann. Hier hatte der Herbst halt schon richtig Einzug gehalten.
Die Genehmigung, die Keela den ganzen Vormittag über besorgt hatte, wollte sich aber offensichtlich keiner anschauen. Allerdings wurde ich ein, zwei Mal von Polizeiwagen überholt, die auch nur wenig schneller fuhren, als ich. Der Beifahrer tippte auch was in ein Gerät. Vermutlich meine US DoT Nummer. Wahrscheinlich wurde so überprüft, ob ich eine Genehmigung hatte. Ich vermutete, dass man mich schon rausgezogen hätte, wenn bei mir nicht alles in Ordnung wäre.
Am Nachmittag passierte ich Eugene. Danach ging es wieder weiter durch Wälder und Berge. Später kam ich noch an Salem vorbei, was ja wohl die Hauptstadt des Staates Oregon war. Als mir meine Fahrzeit zu Ende ging, näherte ich mich Portland. Über meine Handy-App suchte ich einen Truckstop in der Nähe.

Dann wurde mir der Jubitz Truckstop in Portland angezeigt. Der war zwar nicht direkt an der I-5, aber auch nicht allzu weit von der Interstate entfernt, am N Vancouver Way. Dort fuhr ich hin und machte dort Feierabend. Wie sich herausstellte, keine Minute zu früh. Ich hatte nämlich ziemlich genau elf Fahrstunden voll, als ich endlich stand. Ich reservierte mir eine Dusche und ging im Anschluss noch was essen.
Gegen acht Uhr kam ich zurück zum Truck und rief Keela an, um meinen Schatz zu wecken. Dann telefonierten wir noch eine halbe Stunde. Schließlich musste sich Keela fertigmachen und ich legte mich langsam in mein Bett zum Schlafen.
Freitag, den 6. Oktober 2017, 3:00 am Pacific Daylight Time:
Es war gut, dass ich mich so zeitig ins Bett gelegt hatte, denn um drei Uhr klingelte mein Wecker schon wieder. Ich hatte zwar nicht so wirklich Lust, aufzustehen, andererseits war ich neugierig auf das, was heute kam. Bis hier nach Portland war ich ja seinerzeit zumindest mal wegen der UPS Kollegin gefahren, was ja nicht unbedingt gute Erinnerungen waren. Weiter im Norden war ich aber noch nicht gewesen. Ich befuhr also heute quasi Neuland.
Zuerst ging ich aber in den Truckstop, um die Keramikabteilung aufzusuchen. Danach gab es noch einen schnellen Kaffee und anschließend sollte es weitergehen. Um viertel vor Vier begann ich mit der PTI und eine Viertelstunde später ging es wieder weiter.
Zuerst musste ich dazu wieder zurück zur I-5, was ja auch noch ein kleines Stück war. Dann ging es wieder auf die I-5 in Richtung Norden und ich war kurz darauf am Columbia River. Nachdem ich den überquert hatte, befand ich mich in Vancouver. Bin ich jetzt schon zu weit gefahren???

Nein. Es handelte sich ja nicht um Vancouver in British Columbia, Kanada, sondern um Vancouver, Washington. Ich hatte lediglich die Staatsgrenze nach Washington passiert. Trotzdem konnte das schon verwirren. Das wäre natürlich auch sehr schnell gewesen. Von Portland, Oregon nach Vancouver, BC. in nicht mal einer Minute, das geht mit keinem Truck der Welt.
Ich befand mich jetzt also im Immergrünen Staat. Daher hatte ich nun das Reisetempo auf 60 Meilen pro Stunde eingestellt. Mit dem Tempo fuhr ich gemütlich Seattle und dem Freitagmorgen entgegen. Kurz darauf merkte ich, was ich in Oregon vergessen hatte. Ich hatte dort nicht getankt. Aber wie ja schon Keela gesagt hatte, kann uns ja keiner zwingen, in Oregon zu tanken. Auch wenn jetzt die Tankleuchte anging, hatte ich immer noch genug Diesel und DEF, um nach Seattle zu fahren und dort zu tanken. Also machte ich das auch so. Die Fahrt verlief weiter ruhig und ohne Probleme. Es war hier aber auch nicht mehr so bergig, wie in Oregon. Auch wenn es hier bestimmt ebenso viele Wälder gab.
Am sehr frühen Morgen passierte ich Olympia, was die Hauptstadt des Staates Washington war. Nun war es auch nicht mehr allzu weit nach Seattle. Ich brauchte ja einfach immer nur auf der Interstate 5 bleiben, so kam ich automatisch nach Seattle. Im Süden der Stadt, wo ich passenderweise zu Beginn des Berufsverkehrs ankam, wechselte ich dann auf die WA-99, die mich direkt in den Industrial District, unweit des Hafens von Seattle brachte.
Zuerst hielt ich aber an einer Tankstelle und füllte meine Tanks wieder auf. Der Dieselpreis war dann hier auch im Vergleich zu den meisten Staaten der USA immer noch sehr günstig. Das war gut, weil nach den Hurricanes im vergangenen Monat in der Karibik und im Süden der USA die Spritpreise regelrecht in die Höhe geschossen waren. Normal passte im Moment meine ganze Kalkulation nicht mehr, da mussten aber eben alle durch und nicht nur ich. Mit einem guten Blick auf die Space Needle fuhr ich nach dem Tanken meinem Ziel entgegen.

Eine Viertelstunde später erreichte ich die Druckerei, die zur Vistaprint Gruppe gehörte oder für sie arbeitete. Für die dortige Kantine war meine Ladung gedacht. Ich war aber wieder so schlau gewesen und hatte meine Ankunft schon an einer Ampel, bevor ich das Ziel erreichte im ORBCOMM abgesendet. Daher kam auch pünktlich bei meiner Ankunft die Nachricht, was ich denn im Anschluss bekommen sollte:
PICKUP: VP-WASE
TRAILER: ???
FREIGHT: PRINTING PRODUCTS
WEIGHT: 44,000 LB
TO: CW-CARE
GATE: —–
REMARKS: TRAILER IS PROVIDED BY VISTAPRINT
CASA-CSA
Ich bekam also direkt hier wieder einen Trailer mit einer Ladung Druckereierzeugnisse für das Zentrallager in Redding. Umso besser. Dann brauchte ich nicht lange suchen. Ich meldete mich beim Pförtner und der hatte alles für mich bereit. Hier sollte ich direkt meine Abliefernachweise bekommen und hier lagen auch direkt meine Papiere für die Rücktour.
Wir erledigten also sofort den Papierkram. Dann konnte ich auf den Hof fahren. Der Trailer kam auch nicht an eine der Rampen, sondern wurde im Bereich der Kantine von einem Gabelstapler entladen. Den Dry Van mit meiner Rückladung bekam ich aber an einer der Rampen. Nach dem Absatteln konnte ich den Trailer sofort aufnehmen und die PTI durchführen.

Um viertel nach Acht konnte ich mich wieder auf den Weg zurück in den Süden machen. Dazu musste ich zuerst wieder aus Seattle raus. Dann ging es über die Interstate 5 wieder zurück. Der Vorteil war, dass ich nun mehr von der Gegend sah, als auf dem Hinweg. Nicht nur, dass es jetzt heller war, auch der Frühnebel hatte sich inzwischen verzogen. Viel gab es aber eigentlich nicht zu sehen. Es ging wieder überwiegend durch Nadelwälder.
Die Fahrt lief aber gut und auch mit dem vollen Trailer kam ich gut voran. So kam ich am späten Vormittag wieder in Vancouver an und erreichte damit auch den Columbia River. Durch die Überquerung des Flusses kam ich wieder nach Portland.
Da ich jetzt hier schon wusste, wo ein guter Truckstop war, schließlich hatte ich dort ja die letzte Nacht gestanden, machte es Sinn, dort auch für meine kurze Pause wieder hinzufahren. Gesagt – getan. Ich fuhr wieder zum Truckstop und ging dort in Ruhe zum Mittagessen. Anschließend machte ich noch einen kurzen Verdauungsspaziergang.
Um ein Uhr am Mittag fuhr ich aber weiter. Es ging wieder zurück auf die I-5 und weiter in Richtung Süden. Nun bekam der Kenny wieder mehr Arbeit. Nicht nur, dass ich in Oregon wieder 65 mph fahren durfte, es wurde auch wieder hügeliger, oder besser gesagt bergiger. Die Berge hier hatten es nämlich teilweise ganz schön in sich. Dank guter Schaltarbeit konnte ich den Truck aber meistens noch auf einem guten Tempo halten. Ich hatte da doch meine Zweifel dran, dass das eine Automatik genauso gut konnte, wie ein Fahrer. Zumal das Getriebe ja keine Augen hatte und nicht sehen konnte, was vor einem lag. Die Wandler Automatik meines Ford verschaltete sich schon ab und zu. Gerade in den Bergen und die hatte nur vier Gänge und keine 13. Auch wenn immer mehr Fahrer auf die modernen Getriebe schworen, ich war froh, dass ich bei meinem Fuller Getriebe immer noch selbst bestimmte, in welchem Gang ich mich gerade aufhielt. Da bekam man aber auch mit, dass es woanders auch schon anders war. In Europa wurden inzwischen kaum noch Fernverkehrstrucks mit Schaltgetriebe verkauft. Viele Hersteller boten die auch gar nicht mehr an. In Nordamerika waren es inzwischen hauptsächlich Flottentrucks, die mit den automatisierten Getrieben verkauft wurden, da dann umfangreichere Garantien auf den Antriebsstrang gegeben wurden. Auch die neuen Cascadia, die inzwischen bei Walmart auf den Hof kamen, hatten teilweise diese Getriebe. Das war aber schon paradox. Während in Nordamerika bei den PKW kaum noch Fahrzeuge mit Schaltung verkauft wurden, war es bei den Trucks genau andersrum. In Europa war es insgesamt umgekehrt. Dort wurden immer noch vergleichsweise viele Schaltwagen als PKW verkauft, dafür gab es kaum noch Trucks mit Schaltung. Sehr merkwürdig.
Inzwischen hatte ich Eugene hinter mir gelassen und dabei eines festgestellt. Es gab hier, in Oregon, meiner Meinung nach, weniger Truckstops, als bei uns in Kalifornien. Vielleicht, weil wir auch eine höhere Einwohnerdichte hatten. Da ich von der Fahrt durch die Berge schon etwas müde war und meine Fahrzeit morgen problemlos bis nach Sacramento reichte, beschloss ich, am nächsten Truckstop Feierabend zu machen. Ich hatte auch heute keine große Lust mehr.
An der Ausfahrt 148, Rice Hill befand sich ein Pilot Travel Center, welches ich gegen viertel vor Vier erreichte. Es waren zwar heute gerade mal zwölf Stunden Schichtzeit und neuneinhalb Stunden Fahrzeit, aber als Long Haul Driver musste man auch sowas mal akzeptieren. Vor allem, wenn man irgendwann die ganze Woche durchziehen wollte. Das ging nämlich sonst gar nicht.
Ich suchte mir einen Parkplatz und machte Feierabend. Dann ging ich duschen und was essen. Da es jetzt noch zu früh war, um Keela zu wecken, ließ ich sie schlafen und schrieb ihr eine WhatsApp, dass ich bereits schlafen gegangen war. Dann legte ich mich in die Koje und schlief auch recht schnell ein.
Samstag, den 7. Oktober 2017, 1:00 am Pacific Daylight Time:
Der Nachteil meines vorgezogenen Feierabends war, dass ich auch wieder entsprechend früh losfahren musste. Mein Wecker klingelte um ein Uhr in der Nacht. Entsprechend widerwillig stand ich auf. Der größte Antrieb dabei war die Aussicht auf ein Wochenende mit meinem Schatz, vorausgesetzt Danny gab mir ab Redding eine Ladung nach Hause. Alles andere würde mich aber wundern, da ich sonst immer was aus Redding bekommen habe, was nach Hause ging. Außerdem hatte ich diese Woche schon wieder 58 Stunden voll. Wenn man noch die Fahrzeit nach Redding draufrechnete, kam ich eh nicht mehr viel weiter, als nach Hause. Außerdem hatte sich Danny in letzter Zeit gebessert. Man konnte wirklich sagen, dass er, seit ich über ORBCOMM mit ihm verbunden war, keine Fehler mehr in meiner Dispo gemacht hatte.
Ich stand auf und ging in den Truckstop zum Duschen. Dann gab es noch einen Kaffee. Um viertel vor Zwei begann ich mit der PTI und um Zwei machte ich mich wieder auf den Weg nach Hause.
Dabei stellte ich fest, dass es auch unter den Truckern Leute gab, die nicht wirklich nachdachten, was sie auf der Straße so taten. Ein „Kollege“, der ebenfalls einen Dry Van zog, fuhr direkt vor mir auf die I-5. Da ich schon auf 80.000 Pfund ausgeladen war und trotzdem schneller fahren könnte, konnte er entweder nicht vernünftig schalten, hatte Automatik, oder war untermotorisiert. Vielleicht auch alles zusammen. Auf jeden Fall kam er beim Beschleunigen schon nicht in die Gänge. Dabei fasste ich mich noch in Geduld, zumal erst noch ein paar Fahrzeuge von hinten kamen, die ich erst durchlassen wollte. Da ich aber merkte, dass ich immer wieder auf meinen Vordermann auflief, zog ich raus und setzte zum Überholen an. Als ich auf gleicher Höhe war, kamen wir über die Kuppe und im Gefälle war er etwas schneller, als ich. Ich hatte aber auch nicht vor, die 65 mph, die man hier fahren durfte zu überschreiten. Nach rechts kam ich aber auch nicht, da sich der nächste Kollege, der hinter mir gewesen war, inzwischen meinen alten Platz eingenommen hatte, um ebenfalls zu überholen. Nun kam der nächste Berg und der Truck, den ich eigentlich überholen wollte, wurde wieder langsamer. Da ich sowieso noch links war, gab ich Gas und versuchte abermals an dem Truck vorbeizukommen. Als ich dieses mal wieder auf gleicher Höhe war, konnte er auf einmal sogar in der Steigung Gas geben und das gleiche Tempo fahren, wie ich. Dann meldete sich der andere Kollege, der hinter uns war, über Funk: „Der Kollege da mit dem Vistaprint Trailer. Komm ich lass dich wieder rein. An dem Idioten kommst du eh nicht vorbei, ohne die Geschwindigkeit zu überschreiten. Es gibt nun mal solche Vollpfosten. Da machst du nichts.“ Ich ging also vom Gas und zog wieder rechts rüber. Komischerweise konnte der andere auf einmal wieder vernünftig fahren und ich lief nicht wieder auf ihn auf.
In der nächsten Zeit passierte nichts Nennenswertes mehr. Gegen viertel vor Fünf überquerten wir die Grenze nach Kalifornien und der Kollege, der hinter mir war, fuhr dann in Hornbrook von der Interstate ab. Ich hingegen hielt mich weiter in Richtung Redding.
Die Stadt erreichte ich gegen kurz nach Sieben. Ich fuhr von der Interstate und hielt mich in Richtung unseres Zentrallagers, wo ich gegen viertel nach Sieben ankam. Ich meldete mich an und konnte den Trailer mit meinen Druckerzeugnissen ans Dock setzen. Inzwischen hatte ich auch meine Antwort von Danny erhalten. Es gab wirklich den erhofften Heimatschuss:
PICKUP: FED-CARE
TRAILER: ???
FREIGHT: HOME TEXTILES
WEIGHT: 36,000 LB
TO: ES-CASA
GATE: —–
REMARKS: —–
CASA-DSN
Eine Ladung Heimtextilien wartete also beim FedEx auf mich. Da konnte ich doch gut mit leben. Um halb Acht verließ ich das Gelände des Zentrallagers und fuhr zur FedEx Niederlassung in Redding, die ich ja auch schon ein paar Mal besucht hatte. Eine Viertelstunde später kam ich dort an. Meine Ladung war auch schon abholbereit. Ein 53 Fuß Planen Trailer war für mich vorgeladen worden. Nach Papierkram, aufsatteln und PTI konnte ich um acht Uhr weiter nach Hause fahren.
Über die CA-273 fuhr ich aus Redding heraus. Bei Anderson hielt ich aber noch mal für meine Pause an. Dazu nahm ich den unbefestigten Platz, an dem ich schon mal für die kurze Pause gestanden habe.

Während der Pause schrieb ich noch über WhatsApp mit Keela. Ich hatte zwar nicht so ganz damit gerechnet, aber sie war tatsächlich gerade in Pacifica angekommen. Es waren ja am Tage immer noch über 20 Grad Celsius und das Wasser des Pazifiks war ja sowieso fast das ganze Jahr gleich kalt. Im Moment sogar noch etwas wärmer, als im Durchschnitt, da das Wasser noch die Wärme des Sommers gespeichert hatte. Nach dem Frühstück machte ich mich um neun Uhr schon wieder auf den Weg. Schließlich wollte ich ins Wochenende.
Es ging erst auf die CA-273 zurück, die ich bei Anderson wieder gegen die I-5 tauschte. Nun ging es mit großen Schritten in Richtung Heimat.
Während meiner Fahrt in Richtung Süden klingelte auf einmal mein Telefon. Ich hatte im ersten Moment gedacht, dass mich Keela anrufen würde, es war aber zu meiner Überraschung Rick. „Hallo Rick, was kann ich denn für dich tun?“ „Frag nicht, was du für mich tun kannst, frag lieber was ich für dich tun kann.“, kam er mit einem abgedroschenen Spruch um die Ecke. „Okay, Kumpel. Was kannst du denn schönes für mich tun?“ „Wir haben gerade einen alten W900 zum Ausschlachten reinbekommen. Da sind noch Teile dran, bei denen ich an dich denken musste.“ „Jetzt komm mir nicht damit, dass du mir alte Alufelgen verkaufen möchtest.“ „An die hatte ich jetzt noch nicht mal gedacht. Wieso, hast du keine?“ „Nee. Die waren mir zu teuer.“ „Die sparen aber Gewicht.“ „Ich weiß. Die kann ich mir ja immer noch irgendwann holen.“ „Das klingt nicht so, als ob du jetzt welche haben möchtest.“ „Möchte ich auch nicht.“ „Wegen der anderen Teile. Du kannst sie dir ja mal unverbindlich anschauen. Wann bist du das nächste Mal in Sacramento?“ „Heute Mittag.“ „Dann komm mal eben vorbei. Ich zeige dir die Teile und du entscheidest, ob du sie haben möchtest, oder nicht. Wenn nicht, biete ich die jemand anderem an. Dann sind die aber innerhalb von ein paar Stunden verkauft.“ „Okay, ich komme gleich vorbei.“ Wir legten auf und ich überlegte, was das wohl für Teile sein könnten, die er an einem alten W900 abbauen wollte und mir verkaufen könnte.
Um viertel nach Elf kam aber erstmal ein Besuch auf der Waage. Mit 71.388 Pfund hatte ich aber noch reichlich Luft nach oben. Heimtextilien waren halt nicht unbedingt Schwergut.
Eine Stunde später hatte ich mein Ziel, das Außerlager in Sacramento erreicht. Ich musste zwar noch den Trailer in die hintere Ecke stellen, das war aber inzwischen kein Problem mehr für mich. Die Meldung die ich danach von Danny im System hatte, war die, die ich erwartet hatte:
35H BREAK
CASA-DSN
Ich hatte also Wochenende. Dann hatte ich ja jetzt genug Zeit, mal eben zur Werkstatt zu Rick zu fahren. Gegen viertel vor Eins traf ich auch dort ein. Ich fand ihn bei dem alten W900, den sie ausschlachteten. Es war trotz des Alters, das die Maschine hatte, ein sehr gepflegtes Fahrzeug, was der Beschriftung nach ebenfalls einem Owner Operator gehört hatte. „Hallo Rick. Ist das die besagte Maschine?“ „Ja, ist sie. Der ist von Baujahr 2000 und musste jetzt in Ruhestand, weil die Komponenten dann doch langsam zu alt sind. Der Besitzer hat sich aber wieder einen neuen W900 gekauft.“ „Warum hat er den hier denn nicht in Zahlung gegeben?“ „Was sollten die denn mit einer Maschine, die fast zwei Millionen Meilen runtergerockt hat? Da können wir noch mehr mit anfangen, indem wir die guten Teile noch weiterverkaufen.“ „Okay. Was sind jetzt die Teile, bei denen du an mich gedacht hast?“ „Dazu muss ich deinen Kenworth erst mal sehen.“ „Steht vor der Tür.“ Wir gingen raus.

„Nettes Teil.“, meinte Rick. „Aber auch nichts Besonderes. Unter dem klassischen Blech wahrscheinlich 450 PS und 13 Gang Fuller.“ „Wie hast du das erraten?“ „Ich kenne dich. Du hast doch sicher vorher deinen Dad gefragt, was der für geeignet hält.“ „Reicht voll und ganz.“ „Ja, passt schon. Da ist aber noch etwas Luft zum Optimieren. Das Spoiler Paket hast du nicht genommen?“ „Meinst du das Ding, was da manche noch auf dem Sleeper haben?“ „Viel mehr Optimierungen haben die Klassiker ja sonst nicht.“ „Das war mir irgendwie auch zu teuer.“ „Da sieht man wieder, dass dir noch die Ahnung fehlt. Der Spoiler auf dem Dach spart ja Kraftstoff. Das hat ja nichts mit Optik zu tun, oder nur zweitrangig. Genau wie bei den Alufelgen, die du ja nicht willst. Das ist zuerst Gewichtsersparnis und dann erst Optik. Selbst Walmart hat welche auf ihren Flottentrucks.“ „Vielleicht bin ich da noch zu viel Kaufmann.“ „Gerade als Kaufmann solltest du aber die Vorteile von eingespartem Gewicht oder eingespartem Kraftstoff verstehen.“ „Das schon. Man muss aber erstmal mehr Geld ausgeben, um dann Geld zu sparen und das Geld habe ich nicht.“ „Verstehe.“ „Was waren das denn nun für Teile, die du mir andrehen willst?“ „Hey. Ich will dir nichts andrehen. Ich werde die Sachen woanders wahrscheinlich für mehr Geld los.“ „Ist ja schon gut.“ „Komm. Ich zeig dir die Teile.“ Wir gingen wieder in die Halle zum alten W900. „Da ich mir schon fast gedacht habe, dass dir das Aerodynamikpaket zu teuer war, habe ich zum Beispiel an den Dachspoiler gedacht, der hier noch drauf ist.“ „Der sieht zumindest schon mal gut aus. Bringt der auch was?“ „Nicht so viel, wie das Set ab Werk aber immerhin besser, als ohne das Ding.“ „Ist das Edelstahl?“ „Bist du verrückt? Das wäre ja viel zu teuer. Das ist poliertes Aluminium. Wir machen den nochmal richtig blank, dann sieht der aus, wie neu.“ „Was hast du noch, wenn ich auf die Felgen verzichte?“ „Hier vorne unter den Scheinwerfern der Steinschlagschutz. Das ist zwar hauptsächlich Optik, bringt aber auch ein bisschen was. Rosten tut die Haube aus Aluminium zwar sowieso nicht, aber die Steinschläge auf den Kotflügeln hast du ja sonst trotzdem.“ „Okay. Sonst noch was?“ „Was ist mit der Stoßstange?“ „Lass mal. Da behalte ich meine.“ „Von den Alufelgen kann ich dich wirklich nicht überzeugen?“ „Das ist mir im Moment zu teuer. Außerdem haben meine Reifen gerademal 11000 Meilen runter.“ „Die Reifen kann man ja umziehen.“ „Lass mal. Ich nehme den Spoiler und den Steinschlagschutz. Ihr poliert die aber wieder richtig auf.“ „Selbstredend.“ „Ach ja. Wenn ihr dann schon auf dem Sleeper rumturnt, könnt ihr da noch einen Satz Positionslampen anbringen.“ „Das ist wieder typisch Marc. Kein Geld für Alufelgen über, aber Lämpchen auf dem Dach. Die will er haben.“ „Macht ihr das?“ „Klar. Alles, was der Kunde will.“ „Soll ich den Truck gleich hierlassen?“ „Hast du Wochenende?“ „Genau.“ „Gut. Bis morgen Abend kriegen wir das hin. Dann bring ich dich mal eben zu deiner Bruchbude.“ Ich stellte den Kenworth auf einen Parkplatz und packte meine Sachen zusammen.
Dann brachte mich Rick mit seinem Dodge Ram zu meinem Platz. „Hast du eigentlich keine Angst, dass die Halle beim nächsten Erdbeben zusammenkracht?“, fragte er mich, als wir am Platz ankamen. „Ist doch alles versichert.“, sagte ich nur. „Hauptsache, dein W900 steht nicht gerade da drinnen.“ „Stimmt natürlich.“ „Wenn du doch mal Alufelgen haben willst, ich habe eigentlich immer gute, gebrauchte da. Inzwischen sind meine Leute auch super darin, Alu Teile wieder vernünftig aufzubereiten.“ „Okay. Wenn ich mal welche haben will, frage ich dich zuerst.“ „Dann mal schönes Wochenende.“ „Dir auch.“ „Dank dir haben wir ja jetzt wieder reichlich Arbeit.“, sagte Rick mit einem Grinsen. „Wie? Sonst nicht?“, sagte ich lachend. „Sonst hätten wir uns nur an den Füßen rumgespielt.“, sagte Rick und lachte ebenfalls. Dann fuhr er wieder zu seiner Werkstatt und ließ den V8 auf der Straße erstmal zu Gehör kommen.
Ich packte meine Sachen in den Ford und fuhr nach Hause. Dabei überlegte ich, wo ich das Wochenende lieber verbringen wollte. Zu Hause in Sacramento oder bei Keela in Pacifica. Zuerst fuhr ich auf jeden Fall nach Hause.
Dort traf ich auf meine Eltern, die zusammen im Wohnzimmer saßen. „Du hier und nicht bei deiner Freundin?“, fragte mich Dad überrascht. „Sie ist doch eh nicht zu Hause, sondern in Pacifica.“ „Und du musst heute Abend wieder raus?“ „Erst morgen Abend. Ich habe Wochenende.“ „Worauf wartest du dann noch? Pack dir ein paar Sachen und fahr nach Pacifica.“, sagte zu meiner Überraschung Mom zu mir. „Keela ist so ein nettes Mädchen, es wäre sehr schade, wenn das nicht halten würde, weil ihr euch zu selten seht.“ „Stimmt. Aber sonst beschwerst du dich doch immer, dass ich so selten hier bin.“ „Ich bin deine Mutter und werde auch immer deine Mutter bleiben. Keela ist deine Freundin. Sie bleibt das aber nur, wenn ihr zusammen glücklich seid. Also ist es wichtiger, zu ihr zu fahren.“ Vor Freude fiel ich meiner Mom um den Hals. „So habe ich zumindest kein schlechtes Gewissen mehr dir gegenüber.“ „Das brauchst du auch nicht.“, sagte Mom. „Sieh zu, dass du zu ihr kommst.“ Ich ging auf mein Zimmer und packte schnell ein paar Sachen zusammen, die ich für das Wochenende brauchte. Dann setzte ich mich in meinen Ford und machte mich auf den Weg zu Keela nach Pacifica.
Ich fuhr direkt nach Rockaway Beach, wo sie vermutlich surfen würde und fand dort auf jeden Fall schon mal ihren Savana. Dann ging ich zum Strand, wo ich etwas Pech hatte.
Ich traf nämlich zuerst auf Jeff. „Na, kleiner? Suchst du Keela?“ „Richtig.“ Jeff zeigte auf den Pazifik, wo meine Süße gerade perfekt eine Welle bezwang. „Du hast Glück, dass sie mit mir geredet hat. Sonst hätte nicht ich mit dir geredet, sondern meine Faust.“ Ich musste einmal kräftig schlucken. „Ich hätte dich aber auch nicht für einen Trucker gehalten, sondern eher für einen Buchhalter oder Beamten.“ „Danke für das Kompliment.“, sagte ich mit einem gezwungenen Lächeln. „Ich habe dir schon mal gesagt, mach die Kleine nicht unglücklich, sonst kann sie mir noch so viel erzählen, das ist mir dann egal.“ „Ich habe nicht vor, sie unglücklich zu machen.“ Inzwischen hatte Keela uns entdeckt und kam auf uns zu. „Hey Schatz. Was machst du denn hier?“, fragte sie überrascht. Dann gab sie mir einen salzigen Kuss. „Hallo meine Süße, auch wenn du heute eher salzig schmeckst. Ich unterhalte mich mit Jeff.“ „Das sehe ich.“ Keela wandte sich nun an Jeff: „ Jeff. Ich habe dir schon mal gesagt, dass du dich da raushalten sollst. Das ist mein Leben und mein Freund. Kümmere dich lieber um deine Beverly. Die flirtet nämlich da hinten mit Gordon.“ Das reichte, um Jeff loszuwerden. Hoffentlich würde der Typ namens Gordon das überleben.
Dann fiel mir Keela wieder um den Hals. „Das ist aber eine schöne Überraschung. Bist du mit dem Truck hier?“ „Nee. Nur mit der Spießerkarre. Ich habe Wochenende. Nach 68 Stunden hat mich Danny nach Hause geschickt.“ „Das ist nett von ihm. Wann musst du wieder los?“ Montag um Mitternacht kann ich wieder fahren. Das heißt um viertel vor ist PTI.“ „Schön. Dann kannst du ja bis morgen hierbleiben.“ „So ist das geplant.“ „Ein paar Wellen will ich aber noch nehmen.“ „Ich aber eher nicht.“ „Hier sowieso nicht. Nach einem Tag kannst du hier noch nicht surfen. Das ist zu gefährlich. Auch wenn du gut warst.“ „Dann schaue ich dir einfach dabei zu.“
Keela ging wieder zum Wasser und paddelte mit ihrem Board wieder raus. Ich machte es mir gemütlich und genoss die Strahlen der Oktobersonne, die schon nicht mehr so stark war, wie die Sonne vor ein paar Wochen, wo wir gemeinsam hier waren. Nun bewunderte ich Keela, wie sie die Wellen bezwang. Dabei machte sie eine wirklich gute Figur. Ich war richtig stolz darauf, sie meine Freundin nennen zu können.
Irgendwann machte sich dabei die Tatsache bemerkbar, dass ich bereits um ein Uhr in der Nacht aufgestanden war. Es war so schön gemütlich hier in der Sonne und mit der leichten Briese, die vom Pazifik her wehte. Einige Zeit später schlief ich dabei ein.
Plötzlich wurde ich wieder wach, weil ich einige kalte Wassertropfen abbekam. Keela stand über mir uns aus den nassen Locken tropfte das Wasser des Pazifiks auf mich. „Was wird das denn hier?“, fragte sie lachend. „Ich denke du schaust mir zu, dabei schläfst du hier. Ich glaub es ja nicht.“ „Sorry, Süße. Ich bin ja auch schon um ein Uhr in der Nacht aufgestanden.“ Hallo, ich hatte vielleicht auch Nachtschicht.“, beschwerte sich Keela. Du bist ja auch im Wasser. Das hält dich ja logischerweise wach.“, stellte ich fest. „Ich glaub ich schmeiß dich gleich ins Wasser.“, sagte sie mit einem frechen Grinsen. „Dann bist du auch wieder wach.“ „Kannst du mich nicht anders wachmachen?“, fragte ich sie mit einem flehenden Gesichtsausdruck. „Mal sehen.“, sagte sie und beugte sich über mich. Dann schüttelte sie ihren Kopf und ich bekam noch mehr Wasser ab. „Geht auch so.“, sagte sie lachend. Dann zog ich sie zu mir herunter und mir war egal, dass sie mich dabei nass machte. „Ich bin so froh, dass du da bist.“ „Ich bin immer am Wochenende hier. Ich muss wohl eher froh sein, dass du hier bist.“ „Auch gut. Ich liebe dich, mein Schatz.“ „Das sagst du so selten. Ich bin froh, das zu hören.“, sagte sie und küsste mich.
Eine ganze Zeit später ging sie noch mal ins Wasser und nahm noch ein paar Wellen. Anschließend machten wir uns fertig um zum Campingplatz zu fahren. Dort hatte Keela natürlich wieder reserviert.
Dort angekommen, machten wir es uns aber erstmal in ihrem Van gemütlich und nutzten die Zweisamkeit aus, die wir ja leider viel zu selten hatten. Schließlich gingen wir aber nach draußen und bewunderten den schönen Sonnenuntergang.
Am Abend gingen wir noch was essen. Anschließend verbrachten wir den restlichen Abend im Van. Bis wir aber einschliefen, dauerte es eine ganze Zeit.
Sonntag, den 8. Oktober 2017:
Wir standen am Sonntag aber trotzdem früh auf und frühstückten gemeinsam. Den Vormittag wollten wir auch noch zusammen verbringen. Am frühen Nachmittag hatte ich aber vor, nach Sacramento zu fahren, damit ich vor meiner Nachtschicht noch etwas schlafen konnte. Wir fuhren mit den Autos trotzdem zum Rockaway Beach, damit Keela einen vernünftigen Parkplatz mit ihrem Van bekam. Trotzdem wollte sie den Vormittag lieber mit mir verbringen, als mich nur in der Ferne als Zuschauer zu sehen. Surfen konnte sie noch, wenn ich wieder losmusste.
Wir entschlossen uns etwas zu wandern. Das Ziel, dass von hier aus am meisten Sinn machte, war der Mori Point, der von hier aus gut zu erreichen war. Mir tat das mit Sicherheit gut, da ich mich die ganze Woche über schon zu wenig bewegte. Außerdem war mir das egal. Ich hätte in meiner Freizeit wohl alles gemacht, nur um Keela an meiner Seite zu haben. Ich hatte für sie schon das Surfen angefangen und war mit ihr auf dem Motorrad unterwegs gewesen. Selbst, wenn sie einen Marathon hätte laufen wollen, hätte ich wohl versucht mitzumachen. Da war Wandern auf jeden Fall harmlos gegen. Der Weg zum Mori Point wurde uns auch mit phantastischen Ausblicken belohnt. Dabei genoss ich am meisten, dass Keela bei mir war.

Den Rückweg gingen wir wieder Hand in Hand. Dabei blieben wir immer wieder stehen, um uns zu küssen und zu umarmen. Wir waren halt immer noch frisch verliebt.
Zurück in Rockaway Beach gingen wir ins Nick’s zum Lunch. Das Lokal lag ja direkt am Strand und wenn Keela mal nicht selbst grillen wollte, war sie mit ihren Freunden auch schon mal dort gewesen. Dort aßen wir noch gemütlich. Anschließend wurde es für mich leider langsam Zeit, wieder nach Sacramento zu fahren, wenn ich noch etwas schlafen wollte. Keela wollte nun auch noch etwas surfen. Dazu war sie schließlich hier. Sie würde wohl erst am morgigen Montagvormittag zurück nach Sacramento fahren, wie sie es meist machte, wenn sie Spätschicht hatte.
Nach einer langen Verabschiedung, bei der wir uns kaum voneinander lösen konnten, setzte ich mich wieder in meinen Ford und machte mich auf den Weg nach Hause.
Dort angekommen setzte ich mich noch etwas mit meinen Eltern zusammen, bevor ich mich zurückzog. Bevor ich mich endgültig hinlegte, rief ich kurz bei Danny an. „Kannst du mir schon was für heute Abend sagen?“ „Noch nicht wirklich. Ich werde das aber so einstellen, dass die Ladung aufpoppt, sobald du die Meldung vom Ende deiner Pause eingibst. Falls du erst eine kurze Tour bekommst, was sein kann, kriegst du die nächste Ladung automatisch auf den Schirm, wenn du beim ersten Ziel ankommst.“ „Was heißt das, es kann sein, dass es eine kurze Tour gibt?“ „Wir haben hier eventuell Nonfood Artikel, die per Seetransport nach Hawaii sollen. Die werden dann ab Oakland verschifft. Das kann sein, dass du eine solche Ladung dort in den Hafen bringen musst.“ „Ach so. Verstehe.“ „Dann erstmal angenehme Nachtruhe.“ „Danke.“ Wir legten auf und ich legte mich ins Bett und schleif recht schnell ein.
