Sonntag, den 8. Oktober 2017, 10:30 pm Pacific Daylight Time:
Nach einer doch recht kurzen Nachtruhe klingelte mein Wecker schon wieder. Ich war ja selbst dran schuld. Ich hatte halt Prioritäten gesetzt und die war eben bei Zeit mit Keela gewesen, anstatt länger zu schlafen. Auch zu Hause konnte ich nicht sofort ins Bett. Erstens musste ich nach der Fahrt von Pacifica nach Sacramento ja erstmal runterkommen und zweitens wollten mich meine Eltern ja wenigstens ein paar Minuten sehen.
Nun musste ich eben wieder aufstehen und mich von der Dusche richtig wachmachen lassen. Die letzte Minute stellte ich das Wasser auf kalt, so kamen meine Lebensgeister recht schnell wieder zu mir zurück. Nachdem ich aus dem Bad kam, zog ich mich schnell an und packte noch ein paar Sachen für die neue Woche zusammen. Dann ging es noch schnell in die Küche, wo ich mir eine Kanne Kaffee fertigmachte.
Eine Stunde nach dem Klingeln des Weckers machte ich mich auf den Weg. In letzter Minute fiel mir wieder ein, dass mein Kenworth ja noch bei Ricks Werkstatt stand. Also zur Werkstatt und nicht zu meiner Halle. Dort angekommen, parkte ich den Ford zuerst neben meiner Zugmaschine und holte mir den LKW Schlüssel in der Werkstatt ab. Viel sah ich im Halbdunkel von meinen Neuerungen nicht, das musste ich mir später im Hellen ansehen. Ich räumte die Sachen in den Kenworth und parkte den Ford auf einem der PKW Parkplätze. Eine Viertelstunde vor Mitternacht begann ich mit meiner PTI.
Die war schnell geschehen. Dann musste ich schauen, was ich von Danny im ORBCOMM stehen hatte:
PICKUP: ES-CASA
TRAILER: DV28793, DV28778
FREIGHT: TABLEWARE
WEIGHT: 39,50
TO: CP-CAOL
GATE: 04
REMARKS: STAA DOUBLE, DOLLY 2MK7755 (CA)
CASA-DSN
Wenn ich das richtig interpretierte war es dabei geblieben, was Danny schon am Telefon angedeutet hatte. Es gab eine Ladung in den Containerhafen nach Oakland. Warum es ein Double war, war mir auch nicht klar. Vielleicht war das pro Pup die Ladung für eine 20 Fuß Dose. Oder es ging zu diversen Märkten. Das war aber im Prinzip auch egal. Um Mitternacht fuhr ich zum Außenlager, wo ich etwa zehn Minuten später ankam. Ich bekam im Bürocontainer meine Papiere und konnte an Tor 4 meine Trailer aufnehmen. Um halb Eins war ich mit meiner PTI durch und ich konnte mich auf den Weg nach Oakland machen.
Durch West Sacramento machte ich mich auf den Weg zur I-80, auf die ich in westlicher Richtung auffuhr. Dann konnte ich für die nächste Zeit erstmal gemütlich mit 55 mph dahinrollen. Gegen zwei Uhr ging es noch kurz auf die I-580, die ich aber kurz darauf verließ, um in den Hafen von Oakland zu fahren.

Nun ging es durch den nächtlichen Hafen, wo mehr los war, als ich um diese Zeit vermutet hätte. Ich gab wieder kurz vor meiner Ankunft ein, dass ich im Hafen angekommen war. Kurz darauf poppte automatisch die nächste Ladung für mich auf:
PICKUP: CP-CAOL
TRAILER: ???
FREIGHT: DRINKS
WEIGHT: 33,157 LB
TO: SC-NVRE
GATE: —–
REMARKS: —–
CASA-DSN
Ich bekam also sofort wieder einen Anschluss. Das war doch in Ordnung. Ich meldete mich bei der Pförtnerbude an der Einfahrt zum Containerhafen an und forderte auch direkt die Rückladung ab. Mein Double konnte ich einfach an die Seite stellen. Auch hier gab es Shunter Fahrer, die sich darum kümmern würden. Dann musste ich auf dem weitläufigen Hafengelände den Platz finden, auf dem mein Trailer stand. Man hatte mir zwar eine interne Stellplatznummer angegeben, da konnte ich, als Außenstehender aber wenig mit anfangen. Das einzige, was mir übrigblieb, war mich durchzufragen. Schließlich fand ich den Platz und den Trailer. Ich bekam einen neutralweißen Reefer, auf dem meine Getränke verladen waren. Das Kühlaggregat lief dabei natürlich nicht. Laut dem Kennzeichen war das aber der richtige Trailer und auch die Ladung sah richtig aus. Ich sattelte also auf und machte die PTI. Um viertel vor Drei konnte ich wieder losfahren.
Dazu musste ich erstmal aus dem Gelände des Containerhafens herauskommen. Nachdem ich das geschafft hatte, ging es durch das weitere Hafengelände zur Interstate 580 zurück. Auf der blieb ich aber nur kurz. Dann kam der automatische Wechsel auf die I-80 in Richtung Osten. Nun ging es quasi wieder nach Hause. Als ich aber wieder bei West Sacramento angekommen war, fuhr ich nicht wieder von der Interstate ab, sondern blieb gleich drauf. Ich musste ja mit meiner Ware nach Reno. Nun ging es in die Sierra Nevada. Dabei merkte ich, wieviel das ausmachte, wenn man hier schon mit 55 mph ankam und nicht erst beschleunigen musste. Ich kam den ersten Berg erheblich besser hoch, als sonst. Wobei ich das mit dem Kenworth sowieso noch nicht gemacht hatte. Die letzte Tour in diese Richtung war die Tour, wo ich mit dem Mack nach Elko gefahren bin, um diese Maschine abzuholen. Irgendwann war aber auch mein Schwung aufgebraucht und ich wurde langsamer.
Dabei hatte ich viel Schaltarbeit. Die Berge hier hatten es ja bekanntlich in sich. Als ich langsamer, als 40 Meilen wurde, machte ich zur Sicherheit den Warnblinker an, damit schnellere Kollegen auf mich aufmerksam wurden. Das war in Amerika eine gängige Praxis. Schließlich wurde ich aber wieder schneller und konnte den Warnblinker wieder abstellen.
Irgendwann meldete mir mein Navi: „Crossing border – entering Nevada.“ Das wäre mir sonst in der Dunkelheit wahrscheinlich entgangen. Ich stellte den Tempomat also auf 70 mph, was ich mir ja mal als Tempolimit für den Kenny festgelegt hatte. Da es auch langsam Zeit für eine Pause wurde, fuhr ich kurz vor Reno auf einen Truckstop und hielt dort an, um zu frühstücken. Da ich doch etwas müde war, legte ich mich hinterher noch ein Stündchen aufs Ohr. Keela wollte ich um die frühe Uhrzeit auch noch nicht wecken.
Es war schließlich halb Neun, als ich die letzte kurze Strecke nach Reno in Angriff nahm. Da ich bereits kurz vor der Stadt war, dauerte es auch nicht mehr allzu lange, bis ich von der Interstate runterfahren konnte. Dann ging es noch ein Stück durch die Stadt.

Etwa eine Stunde, nachdem ich wieder losgefahren war, erreichte ich das Supercenter in Reno. Wie gehabt hatte ich kurz vor meiner Ankunft im System gemeldet, dass ich in Reno war. Der Auftrag, den ich bekam, sollte mich aber erstmal zum Grübeln bringen:
PICKUP: SC-NVRE
TRAILER: CT48821
FREIGHT: USED PACKAGING
WEIGHT: 24,500 LB
TO: FED-AZKI
GATE: 04
REMARKS: —–
CASA-CSA
Konnte das denn sein? Und vor allem, konnte das wirklich Charlies Ernst sein? Altverpackungen von Reno bis nach Kingman? Einmal komplett quer durch Nevada? Das kam mir merkwürdig vor. Daher nahm ich mein Handy und rief bei Charlie an. „Hallo Marc. Ich habe schon damit gerechnet, dass du mich anrufen wirst.“ „Hallo Charlie. Das ist doch nicht euer Ernst, oder?“ „Leider doch. Du sollst tatsächlich mit Altverpackungen von Reno nach Kingman fahren. Da hat FedEx wieder einen Vertrag mit dem Lieferanten, der FedEx zur Entsorgung verpflichtet.“ „Warum fahren die ihren Krempel nicht selber?“ „Damit du eine Ladung hast. Wir haben nämlich nichts anderes in Reno. Du kannst natürlich auch leer nach Winnemucca fahren.“ „Das ist ja jetzt auch Quatsch.“ „Eben. In Truckee liegt auch nur Müll, da kannst du auch gleich den hier nehmen.“ „Na gut.“ „Dann fahr deine Zeit noch voll. Alles Weitere sehen wir morgen.“ „Okay.“ Wir legten auf und ich ging ins Büro des Center Managements, um mich anzumelden.
Nachdem ich den Papierkram dort erledigt hatte, konnte ich auf den Hof fahren und meinen Reefer an Tor 2 ansetzen. Danach konnte ich an Tor 4 den 48 Fuß Planen Trailer aufnehmen und meine PTI machen. Anschließend musste ich erstmal in die Karte schauen, wie ich denn am besten fahren sollte. Das Navi und ich waren aber der gleichen Meinung. Um zehn Uhr konnte ich wieder fahren.
Dann ging es zuerst ein ganzes Stück durch die größte Kleinstadt der Welt. Schließlich erreichte ich die I-580. Da stutzte ich heute das nächste Mal. Ich war doch heute früh schon auf der I-580 bei Oakland gewesen. Aber das hatte wohl alles seine Richtigkeit. Es gab tatsächlich zwei Interstates mit der gleichen Nummer. Eine in Kalifornien und eine hier in Nevada. Was auch immer das sollte.
Über die Interstate sollte es erstmal nach Carson City gehen. Nun konnte ich den Kenny wieder auf 70 mph beschleunigen. Das ging jetzt auch leichter, als am Morgen, wo ich den schwereren Reefer dran hatte. Außerdem ging es nun wieder richtig in die Wüste. Genauer gesagt ins große Becken. Entsprechend löste sich auch endlich das diesige Wetter auf und die Sonne kam zum Vorschein. So machte das Arbeiten wieder Spaß. Etwa nach eineinhalb Stunden erreichte ich Carson City und somit die Hauptstadt Nevadas. Dort folgte auch der Wechsel von der I-580 auf die Route 385. Über die ging es im Prinzip auch schon durch die Hauptstadt, die einen Interessanten Wechsel von den üblichen Holzhäusern zu einigen sehr wichtig aussehenden Gebäuden bot.

Trotzdem wirkte hier alles, im Gegensatz zu anderen Staatshauptstädten sehr provinziell und klein. Einen Stopp musste ich in Nevadas Hauptstadt aber trotzdem einlegen. Geraume Zeit leuchtete nämlich schon wieder meine Tankleuchte auf. Nun wurde es langsam Zeit, die Tanks wieder mit Diesel und DEF zu füllen. Eine Viertelstunde später ging es aber auch schon weiter.
Nachdem ich Carson City verlassen hatte, wurde die Route 385 zu einer zweispurigen Landstraße. Trotzdem konnte ich hier Gas geben, solange ich mich das bei der Strecke traute. Die Strecke war doch etwas kurviger, als die Autobahnen. Ich fuhr noch eine gute Stunde, bevor ich mich entschied, Feierabend zu machen. Ich war gerade an einem See vorbei. Dabei war ich mir jetzt aber nicht sicher, ob es sich jetzt um den Lake Topaz oder den Lake Walker handelte. Im Prinzip war das auch egal. Ich war auf auf dem richtigen Weg. Auf jeden Fall hatte ich dort eine Rest Area gefunden. An dieser machte ich Feierabend.

Da es über Tag recht warm hier in der Wüste war, schaltete ich die Standklimaanlage zu und verdunkelte die Kabine. Da ich wenig geschlafen hatte, war ich auch sehr müde und legte mich sehr schnell in die Koje.
Montag, den 9. Oktober 2017, 9:30 pm Pacific Daylight Time:
Meine Ruhepause war wirklich gut gewesen. Einerseits waren die Temperaturen im Oktober nicht mehr so hoch, wie im Sommer, andererseits erfüllte die Standklimaanlage ihren Dienst. Ich hatte jetzt gute acht Stunden geschlafen und war dementsprechend gut erholt. Nun ging ich zuerst in den Sanitärbereich der Rest Area. Der war hier zwar nicht so gut, wie an den Interstate-Routen, aber immer noch einigermaßen sauber. So ließ sich das noch halbwegs ertragen. Danach kochte ich mir schon mal einen Kaffee und machte es mir im Sleeper gemütlich. Vor elf Uhr konnte ich ja nicht mit der Arbeit beginnen.
Gegen halb Elf rief ich aber erstmal bei Keela an, die ja bis Zehn gearbeitet hatte, und jetzt wohl zu Hause war. „Hallo mein Schatz. Hast du gut geschlafen?“, war ihre erste Frage. „Super gut. Ich bin fit, wie ein Turnschuh.“ „Klingt gut. Ich habe schon gesehen, was Charlie mit dir gemacht hat. Die Tour ist ja wohl unmöglich.“ „Wenn man nichts anderes hat, muss man auch sowas fahren.“ „Kommst du denn heute noch nach Kingman?“ „Heute mit Sicherheit nicht mehr. Wir haben ja schon halb Elf am Abend durch. In dieser Schicht könnte es klappen. Dann bin ich aber auch mit der Zeit durch.“ „Ist ja super. Verdienen tust du dabei auch nichts.“ „In dieser Schicht bestimmt nicht. Da fahre ich wahrscheinlich nur für die Bank.“ „Ganz toll. Aber da musst du jetzt durch.“ „Wie war es denn bei dir heute?“ „Das Schlimmste war die Fahrt von Pacifica nach Sacramento mit einem dicken Stau in San Francisco. Bei der Arbeit ging es. Da hat zumindest alles geklappt. Wenn nichts schiefgeht, ist das ja schon die halbe Miete.“ „Vielleicht solltest du doch Sonntagabends schon zurückfahren.“ „Das mache ich ja immer in der anderen Woche, wo ich am Montag Frühdienst habe.“ „Bringt dir denn die zweite Nacht in Pacifica was?“ „Ich habe zumindest den ganzen Sonntag und brauche da abends nicht mehr fahren. Das ist mir lieber, als wenn ich am Abend noch fahren muss. Dann lieber Montagmorgen im Stau.“ „Das musst du ja selbst wissen.“ „Eben.“
Das weitere Gespräch ging immer mehr in die Richtung, dass wir uns gegenseitig sagten, wie sehr einem der andere fehlte und dass man sich schon auf die nächste Begegnung freute. Gegen elf Uhr legten wir auf, da ich jetzt wieder arbeiten konnte. Ich erledigte im Dunkeln eine schnelle PTI und machte mich um viertel nach Elf wieder auf den Weg.
Zuerst ging es über die Route 385 weiter in Richtung Süden. Es dauerte nicht mehr lange, bis ich wieder in Kalifornien war. Der einzige Unterschied war aber nur das reduzierte Tempolimit auf 55 mph. Nachdem ich den Mono Lake passiert hatte, wollte ich eigentlich auf die CA-120 in Richtung Benton fahren. Leider war die Strecke schon wieder geschlossen. Im Winterhalbjahr zwischen Oktober und Mai konnte man hier leider nicht herfahren. Für mich hieß das jetzt, dass ich weiter auf der Route 385 bis Bishop bleiben musste und danach über die Route 6 nach Benton fahren musste. Den Umweg musste ich nun mal in Kauf nehmen.
Hinter Benton kam ich wieder über die Grenze nach Nevada zurück. Nun ging es noch bis Coaldale, wo ich auf die Route 95 kam. Jetzt war ich auf jeden Fall auf der richtigen Route.
Während der meisten Zeit fuhr ich dabei mit Fernlicht, damit ich die Dunkelheit hier in der Wüste wenigstens etwas beseitigen konnte. Dafür hatte man aber hier einen absolut genialen Sternenhimmel. Leider hatte ich niemanden dabei, mit dem ich das romantische Erlebnis teilen konnte.
Es ging jetzt mit großen Schritten auf Tonopah zu. Schließlich erreichte ich die Stadt und die seit Coaldale gemeinsam verlaufenen Routen 6 und 95 trennten sich hier wieder. Ich blieb auf der Route 95, die irgendwann in Las Vegas ankommen sollte.

Es war mal ganz angenehm durch einen Ort mit beleuchteten Straßen zu fahren, als nur die ganze Zeit durch die dunkle Nacht. Allerdings hatte ich Tonopah auch schnell wieder verlassen.
Nun ging es wieder durch die nächtliche Wüste. Viel konnte ich nicht sehen. Am Tage wäre das aber auch nicht anders, Außer Wüste und Hügeln gab es hier auch nicht. Irgendwann passierte ich noch ein Dorf mit dem netten Namen Goldfield. Dass war aber auch wieder schnell verlassen.
Als ich an den Ort Beatty kam, entschied ich mich für meine kurze Pause. Auf einem kleinen Parkplatz neben der Hauptstraße, der um vier Uhr in der Frühe völlig verwaist war, konnte ich problemlos stehen bleiben. Ich machte mir aus meinen Vorräten was zu essen und legte mich anschließend noch mal ein Stündchen aufs Ohr. Gegen sechs Uhr am Morgen machte ich mich wieder auf den Weg.
Es ging weiter über die Route 95 in Richtung Las Vegas. Es ging noch durch einen Ort namens Indian Springs, wo auch eine große Air Base der US Air Force war. Dann dauerte es nicht mehr lange, bis ich Las Vegas erreicht hatte. Natürlich genau am Morgen zur Berufsverkehrszeit. Zu meiner Überraschung lief es hier aber erstaunlich gut. Vielleicht lag es daran, dass in Las Vegas die Hauptzeiten eher am Abend waren, als am Morgen. Auf jeden Fall kam ich sehr gut durch die Stadt und konnte dabei wieder ein wenig Sightseeing machen.

Zum Glück hatten sich in dieser Stadt die Ereignisse der vergangenen Woche wieder beruhigt und es gab keine Behinderungen mehr.
Nachdem ich die Stadt einmal komplett durchquert hatte, ging es auf der Route 93 weiter nach Süden. Es dauerte nicht mehr lange, bis ich mal wieder am Hoover Damm vorbeikam.
Nun hatte ich endlich Arizona erreicht. Da in beiden Staaten aber das Tempolimit über den von mir eingestellten 70 mph lag, hatte das für mich keine Auswirkungen. Da auch noch Sommerzeit war, hatte ich auch keinen Wechsel der Zeitzone, wie im Winter.
Nun ging es also mit Riesenschritten auf Kingman zu. Ich lag im Moment auch ganz gut in der Zeit. Gegen viertel nach Zehn musste ich kurz vor Kingman noch mal auf die Waage. Ich hatte aber gerade mal 57.958 lb. Also gar kein Problem mit den Gewichten.
Jetzt hatte ich es nicht mehr weit. Nun näherte ich mich Kingman. Dabei bekam ich das ab, was mir heute Morgen in Las Vegas erspart geblieben war. Noch bevor ich die Stadt richtig erreicht hatte, stand ich in einem kilometerlangen Stau. Außerdem gab es für Trucks auch keine Möglichkeit den Stau zu umfahren. Es blieb mir nichts anderes übrig, als im Stau stehen zu bleiben und immer nach und nach aufzurücken.

Auf dem CB-Funk wurde es dabei laut, da einige Kollegen ihren Frust rauslassen mussten. Ich hingegen blieb einfach ruhig. Ich gab nur den Stau ins ORBCOMM ein, so dass Danny Bescheid wusste. Dabei lief mir meine restliche Fahr- und Schichtzeit weg.
Schließlich hatte ich es geschafft. Um viertel nach Zwölf erreichte ich die FedEx Niederlassung. Ich wartete gar nicht erst ab, was mir Danny schickte und meldete mich an. Nachdem der Papierkrieg erledigt war, brauchte ich auch nur noch den Trailer an die Rampe setzen und absatteln. Die Anweisung von Danny war genau die, auf die ich gehofft hatte:
10H BREAK
CASA-DSN.
Ich machte mich also auf den Weg zum Flying J Truckstop, den es hier an der I-40 gab und machte dort Feierabend. Es war kurz nach halb Eins am Mittag. Da ich todmüde war, der Stau hatte mich ganz schön müde gemacht, hatte ich auch nicht mehr viel vor. Ich telefonierte noch mit Keela, bis sie sich fürs Büro fertigmachen musste. Dann legte ich mich in mein Bett und schlief schnell ein.
Dienstag, den 10. Oktober 2017, 9:15 pm Mountain Standard Time:
Ich hatte wieder gute acht Stunden Schlaf in meinem bequemen Bett in meinem schönen Sleeper hinter mir. Ich bin nur einmal zwischendurch wach geworden, um die Standklimaanlage auszuschalten. Die brauchte im Oktober nicht mehr den ganzen Tag laufen. Ich war also gut erholt und ging in Ruhe zum Truckstop, um zu duschen und einen Kaffee zu trinken. Anschließend ging ich gemütlich wieder zum Truck zurück. Dort schrieb ich Keela eine WhatsApp, dass sie mich gerne anrufen könne, wenn sie zu Hause ankam.
In der Zwischenzeit nutzte ich meinen Laptop, den ich ja seit dem Wochenende wiederhatte und schrieb schon mal ein paar Rechnungen. Außerdem warf ich noch einen Blick auf mein Geschäftskonto. Viel Geld war da nicht drauf, ich kam aber über die Runden. Schließlich klingelte mein Handy und Keela rief an.
Sie erzählte von ihrem Arbeitstag und berichtete schon mal, dass sie mir eine Ladung mit Altverpackungen von Kingman nach Sacramento blocken konnte. Leider nichts besonders Lukratives, aber es ging immerhin nach Hause. Da wir uns aber am Mittag schon unterhalten hatten, gab es außer den Neuigkeiten von ihrer Schicht aber auch nicht viel Neues für mich. Daher brauchte ich meine Pause auch nicht verlängern. Wir beendeten unser Telefonat so, dass ich gegen viertel vor Elf, nach Beendigung meiner Pause mit meiner PTI beginnen konnte.
Pünktlich um elf Uhr machte ich mich auf den Weg zum Supercenter. Das gestaltete sich aber schwieriger, als ich vorher vermutet hätte. Es herrschte nämlich für die späte Uhrzeit noch sehr viel Verkehr in Kingman. So kam ich erstmal gar nicht vom Gelände des Truckstops runter. Es ließ einem aber auch keiner den Platz um mal eben linksherum rauszufahren. Rechts, zur Interstate wäre kein Problem gewesen. Nachdem ich endlich rauskam, musste ich mich noch durch den dichten Verkehr zum Supercenter quälen. Warum um die späte Uhrzeit so viel los war, bekam ich aber nicht raus.
Durch die ganzen Behinderungen kam ich auch erst um halb Zwölf am Supercenter an. Ich meldete mich im Büro des Center Managements und forderte die Ladung, die mir Keela schon avisiert hatte und die ich auch übers ORBCOMM von Charlie bestätigt bekam, ab. Eine Ladung Altverpackungen nach Sacramento.
Nach dem Papierkrieg fuhr ich auf den Hof, sattelte auf und erledigte die PTI. Viertel vor Zwölf ging es endlich in Richtung Heimat.
Zuerst ging es dazu auf die I-40 in Richtung Westen, auf der ebenfalls noch reichlich Verkehr war. Trotzdem konnte ich erstmal auf 70 mph hochbeschleunigen. Als ich etwas später die Grenze nach Kalifornien überquerte, fiel mir auf, dass ich es wieder mal versäumt hatte, in Arizona noch zu tanken. Ich musste mich einfach mehr auf solche Sachen konzentrieren und darauf achten. Das machte schließlich auch schon ein paar Dollar aus.
Nun ging es mit Tempo 55 weiter durch die Nacht. Dabei verringerte sich langsam der Verkehr und nahm wieder normale Formen an. Nach dem turbulenten Anfang der Schicht schien es nun auf eine ruhige, normale Nachtschicht hinauszulaufen. So rollte ich gemütlich im Tempomat dahin, bis ich vom Piepen meines Transponders wieder hochgeschreckt wurde. Ich kam in den Bereich der Waage, die auch jetzt, mitten in der Nacht besetzt war.
Es war kurz vor halb Drei, als ich mit dem Lastzug über die Waage zog. Mit 71.443 Pfund war ich im dunkelgrünen Bereich. So konnte ich sofort weiterfahren.
Die restliche Strecke, die ich auf der I-40 zurücklegte war ohne besondere Vorkommnisse. Bei Barstow kam der Wechsel auf die I-15 in Richtung Süden. Da ich nun Hunger bekam, entschloss ich mich, nicht direkt auf die CA-58 zu wechseln, sondern den kleinen Umweg zum Truckstop, beim Outlet-Center von Barstow zu nehmen. Es war fünf Uhr, als ich dort ankam.

Um diese Zeit waren die ersten Kollegen, die dort übernachtet hatten, schon wieder on the Road, so dass ich problemlos einen Parkplatz für meinen Truck fand. Dann sah ich zu, dass ich meinen Hunger beseitigt bekam und ging in den Truckstop zum Essen. Als ich in den Truck zurückkam, merkte ich, dass ich immer noch ein leichtes Problem mit den Nachtschichten hatte. Ich war nämlich müde. Also legte ich mich erst noch ein Stündchen aufs Ohr, bevor ich mich wieder auf den Weg machte. Gegen sieben Uhr fuhr ich aber weiter.
Nun ging es wieder zurück, über die I-15 zur CA-58 in Richtung Bakersfield. Während es langsam hell wurde, ging es über die gewohnte Strecke durch die Mojave Wüste. Schließlich erreichte ich Bakersfield. Dort hatte der morgendliche Berufsverkehr aber schon wieder nachgelassen und es war nur noch der normale Verkehr vorhanden, der am Vormittag herrschte.
Über die CA-99 ging es in Richtung Norden weiter. Inzwischen hatte ich schon beschlossen, wie weit ich an diesem Mittwoch fahren wollte. Ich wollte noch bis zu meinem Stamm Truckstop in Fresno. Dort würde für diese Schicht Feierabend sein. Bis nach Sacramento würde ich in dieser Schicht sowieso nicht kommen. Ich fuhr also gemütlich durch den Vormittag und näherte mich meinem Tagesziel in Fresno. Dort kam ich gegen zwölf Uhr am Mittag an.
Nachdem ich den Lastzug geparkt hatte, telefonierte ich noch eine ganze Zeit mit Keela. Danach folgte noch ein kurzes Telefonat mit Mom. Anschließend ging es unter die Dusche und ins Restaurant, um noch eine Kleinigkeit zu essen. Gegen drei Uhr am Nachmittag legte ich mich langsam in die Koje.
Mittwoch, den 11. Oktober 2017, 9:00 pm Pacific Daylight Time:
Ich hatte meinen Wecker so früh gestellt, um noch mal mit meinem Schatz zu telefonieren, bevor ich hinterher weiter musste. So konnte ich wenigstens vorher in Ruhe duschen gehen und einen Kaffee im Truckstop trinken. Einmal ließ ich den Wecker nachwecken, dann stand ich auf und reservierte mir meine Dusche. Danach machte ich mich in Ruhe auf den Weg in den Truckstop. Nach der kompletten Körperpflege und einem gemütlichen Kaffee im Truckstop kam ich kurz nach Zehn wieder in den Truck. Dort setzte ich mir erstmal eine Maschine Kaffee auf. In der Nachtschicht brauchte ich irgendwie immer noch mehr von dem Lebenselixier. Da wir uns am Mittag bereits zum Telefonieren verabredet hatten, brauchte ich jetzt nur warten, bis Keela zu Hause war, dann würde sie sich sowieso bei mir melden. Es war etwa zwanzig nach Zehn, als das Handy klingelte und mein Schatz dran war.
Wir telefonierten gemütlich bis elf Uhr, danach begann ich mit meiner PTI. Eine Viertelstunde später machte ich mich auf den Weg nach Sacramento.
Nun kam wieder mal meine übliche Strecke über die CA-99 bis Stockton. Im Gegensatz zu dem gestrigen Abend in Kingman war heute kaum was los. So konnte ich ruhig und entspannt mit 55 mph durch die Nacht rollen. Kurz bevor ich Stockton erreichte, ging meine Tankleuchte an. Dabei festigte ich noch mal den Vorsatz, künftig mehr darauf zu achten, bevor ich nach Kalifornien zurückkam, die Tanks wieder zu füllen. In Stockton kam ich sowieso an einer Tankstelle vorbei, da konnte ich eben anhalten und die Tanks wieder füllen. Die Tankstelle erreichte ich gegen zwei Uhr. Eine weitere Viertelstunde später ging es weiter nach Hause.
Nun kam wieder für eine gute Stunde die Fahrt über die I-5, dann erreichte ich meine Heimatstadt. Gegen halb Vier kam ich am Zentrallager an, wo ich mich als Erstes bei Charlie im Büro meldete.

„Einen schönen guten Morgen Mr. Saunders.“, sagte ich beim Reinkommen. „Hallo Marc. Alles gut bei dir?“ „Läuft.“ „Das ist gut. Dann kann es dich ja auch nicht schocken, wenn du den Trailer an Tor 23 ansetzen musst.“ „War klar. Ihr macht doch alles, damit man seine gute Laune verliert.“ „Vielleicht kann ich sie dir ja mit der Anschlussfracht wieder verbessern. Eine Long Haul Tour.“ „Das klingt doch schon mal nicht schlecht.“ „Du bekommst eine Ladung Tiefkühlware nach Sierra Vista, Arizona.“ „Ist das nicht kurz vor Mexico?“ „Glaub schon. Aber das kennst du ja von San Diego oder Yuma.“ „Stimmt auch wieder.“ „Der Reefer steht an Tor 11.“ „Kann ich da noch stehen bleiben, um meine Pause zu machen?“ „Du solltest schon vom Dock sein, um die Türen zu schließen. Denk an die Kühlkette.“ „Stimmt.“ „So weit vorne ist aber nicht so gut. Fahr doch bei dir zum Platz.“ „Das ist mit einem 53er Trailer aber auch immer schweineeng.“ „Okay. Dann fahr hier vors Tor und mach da deine Pause. Hauptsache du stehst nicht im Rampenbereich.“ „Mach ich.“ Wir unterschrieben uns gegenseitig unsere Papiere und danach verabschiedete ich mich von Charlie. Draußen fuhr ich erst zum Tor 23. Zum Glück war der Hof gut ausgeleuchtet, sonst hätte ich garantiert irgendwo angeeckt. Anschließend nahm ich den Reefer an Tor 11 auf und machte die PTI. Um vier Uhr hatte ich alles erledigt. Ich fuhr vom Hof und stellte mich, wie besprochen an die Seite.
Dann machte ich mir aus meinen Vorräten was zu essen. Da ich müde war, legte ich mich in die Koje und schlief noch ein bisschen.
Wach wurde ich wieder vom Klopfen am Sleeper. Ich stand auf und stellte fest, dass Charlie draußen stand. „Was ist?“, fragte ich schläfrig. „Möchtest du nicht mal wieder etwas arbeiten?“, fragte mich Charlie ungehalten. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen. „Wie spät ist es denn?“ „Kurz nach Sechs. Ich wollte es ja erst nicht glauben, als mich Danny eben darauf ansprach, was dein Truck denn da herumstehen würde. Nach der Übergabe wollte ich gerade nach Hause fahren und habe festgestellt, dass Danny wohl recht hat. Ich dachte, du wärst schon mindestens in Stockton.“ „Ist ja gut. Ich fahr ja schon.“ „Hatte ich dir nicht gesagt, dass die Ware dringend ist?“ „Da hast du nichts von gesagt.“ „Steht aber auch auf den Papieren.“ „Ist ja gut. Bin ja schon weg.“ Charlie ging wieder zurück zu seinem Auto und ich setzte mich ans Steuer. Zuerst schüttete ich mir einen Kaffee ein. Danach startete ich den Motor und machte mich auf den Weg.
Ich fuhr durch Sacramento zur I-5. Dabei war ich leicht durcheinander. Da ich mich bisher an alle Anweisungen immer ohne Murren gehalten hatte, war mir ein so ungehaltener Charlie bisher nicht untergekommen. Andererseits fand ich es auch übertrieben, mich gleich anzupfeifen, wenn man mal verschlief. Vielleicht kam das aber auch nur so rüber, weil ich noch nicht richtig wach gewesen war. Normal war Charlie eigentlich immer fair und gut drauf.
Nachdem ich auf der I-5 war, warf ich noch mal einen Blick auf die Papiere wo wirklich was von dringender Ladung stand. Auf diese Vermerke achtete ich eigentlich so gut wie nie, da ich sowieso nicht absichtlich rumtrödelte. Für mich waren in der Regel Zielort, Gewicht und die Trailer Nummer wichtig. Am Fahrzeug noch die korrekte Einstellung der Achsen und bei einem Reefer die korrekte Einstellung des Kühlaggregats.
Ich fuhr nun über die I-5 in den anbrechenden Morgen. Dabei wurde es langsam hell. Außerdem nahm natürlich noch der Verkehr zu. Schließlich begann der Berufsverkehr. Als angenehme Abwechslung empfand ich die Tatsache, dass ich bei Stockton mal nicht auf die CA-99 brauchte, sondern auf der I-5 bleiben konnte. Das war in letzter Zeit eher selten der Fall gewesen.
Dort wo die I-580 in die I-5 mündete, wurde es noch mal eng. Es war halt Berufsverkehr. Außerdem hatte man immer wieder den Eindruck, dass so mancher Verkehrsteilnehmer mal das Thema Einfädeln bei Spurenden noch mal aufarbeiten müsste. Bei solchen Situationen kam es immer wieder zu Staus und auch vermehrt zu Unfällen.
Danach verlief der restliche Vormittag eigentlich sehr ruhig. Der Berufsverkehr nahm irgendwann wieder ab und die Fahrt wurde wesentlich entspannter. Selbst an der Waage zog man offensichtlich Tiefkühlpizza meinem Tiefkühlgemüse vor.

Ich musste im Gegensatz zu dem Kollegen auf jeden Fall nicht wiegen. Während der weiteren Fahrt stellte ich fest, dass ich, trotz des angenehmen Vormittags, seit dem unsanften Wecken am frühen Morgen irgendwie nicht mehr allzu gut drauf war. Aber wer hatte schon permanent gute Laune. Als ich so in mich hinein hörte, stellte ich fest, dass ich heute weder auf den Tejon Pass, noch auf den Großraum Los Angeles irgendwelche Lust verspürte. Daher entschloss ich mich dafür, in Buttonwillow Feierabend zu machen und die weitere Tour am Abend fortzusetzen. Ich wusste auch nicht, ob ich, bei vollständiger Ausnutzung der heutigen Fahrzeit, morgen noch in Sierra Vista ankommen würde. Ehrlich gesagt zweifelte ich daran, da es ja noch hinter Tucson lag. Daher war es auch egal. Der Großraum LA wäre in der Nacht auf jeden Fall besser zu befahren, als am Tage.
Ich fuhr von der Interstate und machte auf dem Truckstop der TA / Petro Gruppe Feierabend. Dort ging ich duschen und essen. Zurück im Truck telefonierte ich noch eine halbe Stunde mit Keela, danach legte ich mich in mein gemütliches Bett.
Donnerstag, den 12. Oktober 2017, 8:30 pm Pacific Daylight Time:
Dank meines frühen Feierabends konnte ich am Abend fast ausschlafen. Ich brauchte zumindest keine Zeit für ein Telefonat mit Keela reservieren. Wenn ich wieder anfing zu arbeiten, hatte sie noch keinen Feierabend. Daher hatte sie gar keine Zeit, mit mir zu telefonieren. Gegen halb Neun am Abend stand ich in aller Ruhe auf und ging, wie üblich noch duschen und Kaffeetrinken. Anschließend machte ich mir meine Kaffeeration für die Nachtschicht im Truck fertig und begann um halb Zehn mit meiner PTI. Nachdem alles kontrolliert war, nahm ich mein Handy und rief einer Eingebung folgend einfach mal in der Dispatch an. Da Keela nicht mit meinem Anruf rechnete und wohl auch gerade nicht auf das Display geschaut hatte meldete sie sich ganz offiziell: „Walmart Transportation, Niederlassung Sacramento, Keela Ryan am Apparat.“ „Guten Abend. LKW Nummer 3761 macht sich wieder auf den Weg nach Sierra Vista, Arizona. Pause ist beendet.“ „Hallo Schatz.“, sagte Keela total überrascht. „Wieso rufst du denn an?“ „Habe ich doch gerade gesagt.“, antwortete ich mit einem Grinsen, was sie natürlich nicht sehen konnte. „Ich mache mich wieder auf den Weg.“ „Okay, junger Mann. Ist angekommen.“ „Ich konnte einfach nicht losfahren, ohne dass wir, wie in den letzten Tagen telefoniert haben.“ „Das sehe ich ein.“ „Na siehst du. Ich musste wenigstens eben deine Stimme hören.“ „Na gut. Das gibt aber dann auch wieder früh Feierabend.“ „Da kannst du von ausgehen. Außerdem rechne ich langsam damit, dass ich am Wochenende nicht zu Hause bin.“ „Das vermute ich auch. Du hast laut meinem System nur noch etwa drei Tage zur Verfügung. Außerdem kommst du heute schon mal gar nicht da unten an.“ „Du willst doch sicher sowieso surfen.“ „Wenn das Wetter mitspielt schon. Bisher sieht es danach aus.“ „Falls es ein wenig regnet ist es doch egal. Nass bist du ja sowieso.“ Keela musste über meine Bemerkung herzlich lachen. „Wo du Recht hast, hast du Recht. So lange es noch um die 20 Grad Celsius sind geht das alles.“ „Ich melde mich morgen am späten Vormittag. Dann werde ich Feierabend haben.“ „Dann fahr vorsichtig.“ „Mach ich.“ Wir legten auf und ich startete den Kenny. Dann verließ ich den Truckstop und fuhr wieder auf die I-5 in Richtung Süden auf.
Nun dauerte es nicht mehr allzu lange, bis es den Tejon Pass hochging. Am Abend war aber nicht mehr so viel Verkehr, so dass ich dort keine Probleme hatte und nicht abbremsen musste. Nachdem ich den Pass gemeistert hatte und wieder im Tal war, kam ich in den Raum Greater Los Angeles. Um diese späte Zeit war das aber auch kein Problem. Ich konnte gut über die I-5 fahren, ohne dass irgendwelche Behinderungen kamen. Dann folgte der Wechsel auf die I-10 in Richtung Phoenix.

Nun ging es in östlicher Richtung wieder aus LA raus. Danach kam die lange und eintönige Fahrt durch die Wüste. Dabei war es egal, ob es Tag oder Nacht war. Hier war auch am Tage nicht wirklich viel zu sehen. Ich rollte hier gemütlich mit Tempomat 55 durch die Nacht. Dabei gab es auch nichts weiter zu berichten. Kaffee und etwas lauter gestellte Rockmusik hielt mich wach. Ich zog erstmal durch, bis ich gegen fünf Uhr am Morgen Ehrenberg, Arizona erreichte.
An der kleinen Stadt am Colorado River und somit an der Grenze zu Kalifornien war ein Truckstop, an welchem ich auch schon mal getankt hatte. Diesen Truckstop nutzte ich, um was zu essen. Danach legte ich mich noch etwas schlafen. Um sieben Uhr am Morgen fuhr ich weiter in Richtung Osten.
Die einzigen Sachen die sich nun änderten, war die Helligkeit, Es wurde ja schließlich Morgen und die Geschwindigkeit, die ich auf 70 mph einstellte. Ansonsten ging es auch hier weiter durch die Wüste. Daher war die Fahrt heute in erster Linie wegen ihrer Eintönigkeit anstrengend. Schließlich erreichte ich Phoenix.
Die Stadt gehörte nicht gerade zu meinen Lieblingsstädten. Einerseits hatte ich mich hier bisher nicht nur einmal verfahren, sondern bereits öfter. Andererseits hatte ich hier schon bezahlen dürfen, weil die Geschwindigkeitsbeschränkungen häufig wechselten. Und auch dieses Mal hatte ich wieder Probleme.
Aufgrund der unübersichtlichen Streckenführung und dem Problem, dass sich selbst mein Navi nicht ganz sicher war, wo ich hersollte, verfuhr ich mich wieder. Ein Wegweiser, auf dem Tucson stand, obwohl er gar nicht auf die I-10 zeigte, tat dann das Seine, um mich endgültig zu verwirren. Eigentlich hätte ich ja nur der I-10 weiter folgen müssen. So musste ich wieder vom Highway runter und ein Stück durch die Vororte von Phoenix fahren. Wenigstens blieb mir heute erspart, dass ich geblitzt wurde. Langsam entwickelte sich Phoenix für mich zu meiner unbeliebtesten Stadt, die ich bisher anfahren musste. Da fand ich selbst LA harmlos gegen.
Schließlich war ich aber wieder auf der I-10 in Richtung Tucson und hatte Phoenix hinter mir gelassen. Meine Fahrzeit neigte sich aber dem Ende zu. Da fiel mir der Truckstop in Eloy, am Dreieck von I-8 und I-10 ein. Mit dem Truckstop war ich seinerzeit sehr zufrieden gewesen. Ich beschloss dort Feierabend zu machen. Gegen halb Elf erreichte ich den Truckstop. Mit 13 Stunden Schichtzeit und fast elf Stunden Fahrzeit machte ich Feierabend. Das passte ja ganz gut.
Da ich bei dem Chaos in Phoenix etwas ins Schwitzen gekommen war, ging ich erstmal duschen. Danach war eine gute Zeit zum Mittagessen, oder Abendessen. Wie ich das nun bezeichnete, war letztlich egal. Passen würde beides. Anschließend telefonierte ich noch eine ganze Zeit mit Keela, bis sich meine Süße dann auf den Weg zur Arbeit machen musste. Nun legte ich mich in mein gemütliches Bett.
Freitag, den 13. Oktober 2017, 7:30 pm Mountain Standard Time:
Ich hatte wieder mal sehr gut geschlafen. Gegen halb Acht stand ich langsam auf und machte mich in aller Ruhe fertig. Ich ging zum Truckstop und nahm dort das Komplettprogramm. Toilette, Dusche, Zahnpflege, Rasur und anschließend den Kaffee. Den weiteren Kaffee für die Nacht machte ich anschließend wieder selbst mit meiner Kaffeemaschine. Auch heute wollte ich irgendwie nicht darauf verzichten, mit Keela zu sprechen, daher rief ich wieder im Büro an. Dieses Mal war sie aber darauf gefasst. „Hallo Fahrer 3761, möchtest du nur deine Liebesschwüre loswerden, oder gibt es sonst noch was für mich?“ „Hallo Frau Dispatch. Ich kann dir zusätzlich auch noch sagen, dass ich um halb Neun mit der PTI beginne und danach wieder losfahre. Wie schaut es denn in Sierra Vista aus?“ „Wahrscheinlich dunkel. Das leider auch nicht nur von der Helligkeit. Bisher steht nur eine Ladung Leerpaletten für das Zentrallager in Denver drin. Vielleicht hat Charlie ja noch eine Idee.“ „Gut. Ich weiß auch nicht, ob ich mit meiner Fahrzeit noch bis Denver komme.“ „Dann kläre das bitte gleich mit Charlie. Ich bin schon halb im Wochenende.“ „Wann fährst du nach Pacifica?“ „Morgen früh.“ „Okay. Dann wünsche ich dir schon mal ein wunderschönes Wochenende.“ „Danke, Schatz. Schreibe mir mal eine Nachricht, wie es bei dir weitergeht.“ „Mache ich.“ Wir legten auf und ich begann um halb Neun mit der PTI. Eine Viertelstunde später machte ich mich wieder auf den Weg.
Es ging auf die I-10 in Richtung Osten, auch wenn die Richtung hier mal wieder mehr südlich war. Ich beschleunigte auf 70 mph und fuhr entspannt durch den Abend. Es dauerte nicht lange, bis ich Tucson erreichte. Die Stadt passierte ich heute nur. Ich blieb einfach auf der I-10 und fuhr weiter in östlicher Richtung. Das hätte ich gestern in Phoenix auch mal besser gemacht.
Nachdem ich Tucson hinter mir gelassen hatte, klingelte das Telefon und die Dispatch wurde mir als Anrufer angezeigt. Da es inzwischen nach Zehn war, konnte es sich nur um Charlie handeln. „Hallo Charlie. Was gibt’s?“ „Ich wollte mich mal eben mit dir abstimmen. Keela hat mir berichtet, dass du schon kurz mit ihr über den Anschluss gesprochen hast.“ „So halbwegs. Sie hatte bisher nur eine Ladung leere Paletten nach Denver.“ „Das stimmt. Da wird sich auch nichts dran ändern. Als Alternative hätte ich nur noch Denver.“ „Willst du mich jetzt hochnehmen?“ „Nicht wirklich. Ich habe wirklich noch eine zweite Ladung nach Denver. Allerdings mit Getränken und daher besser bezahlt, als das Leergut.“ „Sonst hast du nichts?“ „Leider nicht. Wieviel Fahrzeit hast du denn diese Woche noch?“ „Wahrscheinlich nicht genug für eine Tour nach Denver.“ „Ich überlasse das jetzt dir. Ich kann dich in Sierra Vista aus der Dispo nehmen. Dann kannst du dir entweder selbst was suchen oder dort deinen Reset machen. Ich habe aber keine Garantie, dass die Ladungen danach besser werden.“ „Was ist die Alternative?“ „Wir lassen mal wieder fünfe gerade sein und du bekommst die Ladung Getränke nach Denver. Wenn du dort ankommst, resetten wir und du machst im Anschluss von Denver aus weiter. Das wäre mir persönlich lieber, weil Denver ein Standort wie Sacramento ist. Eben die Gebietszentrale von Colorado. Dort bekommen wir genug Auswahl.“ „Ehrlich gesagt habe ich auch keine Lust meinen Reset ausgerechnet in Sierra Vista zu verbringen.“ „Okay. Wie entscheidest du dich?“ „Gut. Ich nehme an.“ „Super. Dann bekommst du die Getränke. Die Spedition ist keiner von unseren üblichen Logistikpartnern. Daher hatte Keela da auch keinen Zugriff drauf. Normal sollte FedEx das für uns dort abholen. Die haben auch schon einen Trailer dort abgestellt, der von der Spedition beladen wurde. Die bekommen jetzt im Ausgleich die Leerpaletten nach Denver.“ Charlie lachte kurz auf. „Du hast gleich im System kein Kürzel für die Spedition. Da steht nur XX-AZSV, was für diverse Ladestellen steht. Die Abholadresse ist da trotzdem eingegeben. Du musst nur, wie gewohnt da draufklicken.“ „Okay.“ „Die Abholung in der Nacht ist da auch kein Problem. Die arbeiten rund um die Uhr. Da läuft wohl überwiegend Import aus Mexico.“ „Getränke aus Mexico? Klingt nach Corona, oder Tequila.“ „Könnte durchaus sein.“ „Okay.“ „Dann melde ich dich jetzt an. Fordere das bitte im Auftrag FedEx ab. Nicht für Walmart. Sonst kommen die da durcheinander.“ „Rechnung aber, wie gewohnt an euch?“ „Na klar.“ „Gut. Dann mach ich das so.“ „Dann viel Spaß in Colorado. Wochenenddienst hat Danny.“ „Ist mir klar. Der wird sich natürlich wundern, dass ich sowas mache.“ „Es ist ja ein Unterschied, ob man das einfach anweist, oder mit dem Unternehmer abspricht.“ „Stimmt.“ „Dann schönes Wochenende. Auch wenn du wohl arbeiten musst.“ „Gleichfalls. Wie weit ist deine Frau jetzt eigentlich?“ „Kann nicht mehr lange dauern. Das Kind wird wohl Waage oder Skorpion werden.“ „Dann bestell mal alles Gute.“ „Mach ich.“ Wir legten auf.
Inzwischen war ich an der Ausfahrt 302 angekommen, an der ich die Interstate verlassen musste. Hier gab es ein Love’s Travel Center. Das merkte ich mir schon mal für den Rückweg. Nun ging es noch etwas in die Berge. Ich sah zwar in der Dunkelheit nicht viel von der Landschaft, trotzdem merkte ich die Steigung natürlich während der Fahrt. Es ging jetzt über die AZ-90 nach Sierra Vista. Dahinter kam dann Mexico. Es war noch nicht einmal Mitternacht, als ich am Supercenter in Sierra Vista ankam. Dort meldete ich mich im Büro des Center Managements, dass auch an diesem Supercenter, wie das Center selbst 24 Stunden geöffnet hatte.
Ich bekam mein Dock zugewiesen und sagte den Mitarbeitern schon mal, dass die Leerpaletten von FedEx abgeholt werden. Danach fuhr ich auf den Hof und stellte den Trailer an die Rampe. Um Mitternacht machte ich mich auf den Weg zu der Spedition. Auf dem Weg dahin stellte ich fest, warum die Ladung nicht direkt bei FedEx stand. Das sogenannte FedEx Ship Center war wirklich nur für Paketdienstkunden geeignet. Mehr ging dort gar nicht.
Die Spedition war aber auch nicht weit davon entfernt. Ich meldete mich dort am Tor in einem Bürocontainer an und forderte die Ladung, wie mit Charlie besprochen im Auftrag von FedEx ab. Nach dem Papierkram konnte ich auf den Hof der Spedition fahren, wobei ich feststellte, dass es sich auch gar nicht um eine der üblichen Speditionen handelte. Es standen hier weitgehend nur Flat Beds und Tieflader auf dem Platz. Außerdem wartete ein Fahrer von UPS noch auf seine Abfertigung. Mein Trailer war aber bereits fertig geladen und ich konnte sofort aufsatteln.

Nach der PTI konnte ich mich nun auf den Weg nach Denver machen.
Zuerst ging es dazu wieder zurück auf die AZ-90. Über die fuhr ich wieder zur Interstate 10 zurück. An der Anschlussstelle in Benson fuhr ich auf das Love’s Travel Center.
Dort füllte ich zuerst die Tanks des Kenny wieder auf. Anschließend fuhr ich auf den Parkplatz auf der anderen Straßenseite rüber. Danach ging ich in den Truckstop zum Frühstücken.
Anschließend ging ich zurück zum Truck und versuchte ein Problem zu lösen. Da die Tour ja recht kurzfristig gekommen war, hatte ich keine Möglichkeit mehr, mich um eine Weight Distance Nummer für New Mexico zu kümmern. Ich hatte zwar die Möglichkeit, den Antrag online zu stellen, was ich auch machte, allerdings war es Samstag. Daher würde der Antrag nicht vor Montag bearbeitet werden. Da ich jetzt nicht wusste, was ich machen sollte, rief ich in der Dispatch bei Charlie an. „Hallo Marc, was gibt es denn noch?“, meldete er sich. „Hallo Charlie. Ich habe ein kleines Problem, was mir noch nicht bewusst war, als ich den Auftrag angenommen hatte. Zumindest hatte ich in dem Moment nicht daran gedacht.“ „Lass mich raten. Du hast keine WD Nummer für New Mexico.“ „Richtig.“ „Hast du denn schon einen Antrag gestellt?“ „Das habe ich eben online gemacht. Der wird aber erst nach dem Wochenende bearbeitet.“ „Das ist richtig. Da wir aber nicht so lange warten können, weil die Ware in Colorado benötigt wird, musst du da jetzt durch. Du hast auch keine Zeit New Mexico zu umfahren.“ „Das habe ich befürchtet.“ „Ich kann nur folgendes machen. Ich schicke dir eine Bescheinigung, dass du den Auftrag bekommen hast, weil ein Fahrzeug ausgefallen war und sonst kein Fahrzeug in der Ecke war. Den Antrag hast du ja jetzt gestellt. Ich werde die Ladung noch nachträglich als dringend klassifizieren. Ob dir das hilft weiß ich aber auch nicht.“ „Wir können es nur versuchen.“ „Du hast jetzt im Prinzip ein doppeltes Problem. Die Beamten der DOT können ja auch rechnen. Vielleicht merken die dabei auch noch, dass du mit deiner Wochenfahrzeit gar nicht mehr bis Denver kommen würdest.“ „Ich will es nicht hoffen.“ „Dann lass dich nicht erwischen. Sonst wäre es nämlich besser gewesen, in Sierra Vista stehen zu bleiben.“ „Ich versuche es.“ „Ich maile dir die Bescheinigung gleich rüber. Dann druck dir die aus und mach das gleiche mit deinem Antrag. Wenn du Glück hast, suchen sie vielleicht auch nicht mehr weiter, wenn sie einen Verstoß gefunden haben.“ „Mal sehen.“ Wir legten dann auf und ich wartete dann darauf, dass mir Charlie die Bescheinigung mailte. Anschließend druckte ich mit diese aus und machte das Gleiche mit dem Antrag auf die WD Nummer. Um drei Uhr machte ich mich wieder auf den Weg nach Colorado.
Nun ging es wieder ostwärts auf die I-10. Ich beschleunigte auf 70 mph und achtete darauf, dass ich an diesem Tag nichts mehr falsch machte, was die Behörden auf mich aufmerksam machen könnte. Nachdem ich San Simon passiert hatte, kam ich über die Grenze nach New Mexico. Dadurch, dass Arizona die Sommerzeit nicht mitmachte, hatte ich jetzt das erste Mal in meiner Karriere als Long Haul Driver einen Wechsel der Zeitzone mitgemacht. Meine Aufzeichnungen musste ich aber weiterhin in Pacific Time machen, da man dies immer in der Zeitzone beließ, in der man seinen Standort hatte. Ich stellte mir das entsprechend in meinem Bordcomputer ein. Der zeigte mir nun zwei Uhrzeiten. Die Ortszeit und die PDT, weil ich in dieser aufzeichnete. Da die Tempolimits gleich blieben, brauchte ich dabei wenigstens nichts ändern. Den Rest der Nacht blieb ich auf der I-10. Als ich bei Las Cruces auf die I-25 wechselte, war es schon der Samstagmorgen.
Bisher hatte man mich weder kontrolliert, noch so aus dem Verkehr herausgezogen. Ich hoffte, dass es so bleiben würde. Über die I-25 sollte es nun quasi direkt nach Denver gehen. Heute sollte ich aber garantiert nicht mehr aus New Mexico rauskommen. Ich kam mit meiner Fahrzeit noch bis in den Raum Albuquerque. Dort machte ich gegen viertel nach Zehn an einem Truckstop Feierabend.

Ich war jetzt ziemlich kaputt. Da Keela entweder noch auf dem Weg war, oder gerade dabei war, sich surffertig zu machen, verschob ich den Anruf auf den Abend.
Ich rief aber stattdessen bei meinen Eltern an. Bei Mom hauptsächlich, um ihr zu sagen, dass ich mein Wochenende außerhalb verbringen musste. Dann ließ ich mir aber noch Dad geben, dem ich das Desaster mit der Denver-Tour und vor allem der fehlenden WD Nummer berichtete. „Mach dir mal keine Sorgen.“, sagte er dazu. „Charlie hat alles richtig gemacht. Mehr konnte er jetzt nicht für dich tun. Du hättest aber besser auf die Tour verzichtet. Ich würde das aber an deiner Stelle als Anfängerfehler verbuchen. Vielleicht hast du Glück und es passiert dir nichts. Wenn doch, müssen wir mal schauen, ob ich dich dabei privat unterstütze. Vielleicht reichen denen aber die Bescheinigungen. Dafür hast du jetzt bis Jahresende Ruhe mit der Weight Distance Tax in New Mexico. Die Nummern gelten immer für ein Kalenderjahr.“ „Das war mit Sicherheit ein Anfängerfehler. Wer denkt schon an New Mexico, wenn er gerade eine Tour nach Colorado annimmt.“ „Wenn du von hier aus fährst, keiner. Wenn du aus Arizona kommst, musst du daran denken.“ „Jetzt weiß ich das auch.“ „Dann schlaf jetzt erstmal, damit du nachher wieder weiterfahren kannst. Wenn es Probleme geben sollte, kannst du auch direkt bei mir anrufen. Das ist wahrscheinlich besser, als wenn Danny das macht.“ „Okay, Dad.“ Wir beendeten das Telefonat und ich legte mich recht schnell hin.
Samstag, den 14. Oktober 2017, 8:00 pm Mountain Daylight Time:
Am Abend um acht Uhr Ortszeit stand ich wieder auf. Dann merkte ich, dass es laut meiner Zeit, nach der ich auch die Lenk- und Ruhezeiten berechnete erst Sieben war. Ich hatte also noch eine Stunde Zeit, bis ich mich fertigmachen musste. Also nahm ich mein Handy und versuchte Keela zu erreichen. Ich erwischte sie, als sie sich gerade fertigmachte, um mit ihren Freunden den Abend zu verbringen. Wir nahmen uns aber die Zeit, um eine ganze Weile miteinander zu telefonieren. Zuerst ließ ich Keela von ihrem Tag berichten. Sie hatte mal wieder einen schönen Tag in Pacifica gehabt, wobei sie die meiste Zeit auf dem Board verbracht hatte. Anschließend erzählte ich ihr von meiner vergangenen Schicht mit den Problemen mit der fehlenden WD Nummer und meinen Zeitproblemen. „Das ist natürlich blöd, wenn solche Touren in der Nacht oder am Wochenende kommen.“ „Wenn sie noch ein so enges Zeitfenster haben, ist das auch nicht besser.“ „Stimmt. Du hättest die Tour wirklich besser abgelehnt.“ „Ich habe da im ersten Moment gar nicht dran gedacht. Das fiel mir erst auf, als ich die Strecke geplant habe.“ „Das kann passieren. Machst du danach in Denver Wochenende?“ „Da komme ich gar nicht drumherum. Ich bin, wenn ich dort bin, ja schon über meine 70 Stunden.“ „Ist doch besser das Wochenende dort zu machen, wo was los ist, als wenn du das in der Wüste von Arizona gemacht hättest.“ „Das war ja auch mein Gedanke, als ich die Tour angenommen habe.“ „Wieviel Gewicht hast du jetzt geladen?“ „44.000 Pfund. Warum?“ „Dann viel Spaß heute Nacht. Das geht doch ganz schön in die Berge von Albuquerque nach Colorado.“ „Dabei schlafe ich wenigstens nicht ein.“ Irgendwann beendeten wir das Telefonat und ich ging in den Truckstop zum Duschen und Kaffeetrinken. Um zehn Uhr Ortszeit, also neun Uhr meiner Zeit, begann ich mit meiner PTI. Eine Viertelstunde später machte ich mich auf den Weg.
Ich fuhr auf die I-25 in Richtung Norden, die mich ja direkt nach Denver bringen würde. Kurz darauf kreuzte ich die I-40. Ich blieb aber wie gesagt auf der I-25. Dabei merkte ich, dass Keela mit ihrer Einschätzung Recht hatte. Es ging jetzt schon stetig bergauf. Mit dem vollen Lastzug kam ich kaum über 60 mph. An Tempo 70 war heute gar nicht zu denken. Die Steigungen waren eigentlich gar nicht so stark, dafür aber permanent. Ab und zu wurde es etwas steiler, dann wieder etwas flacher. Aber immer mit einer permanenten Steigung.
Ich war froh, dass ich ein normales Fuller Getriebe hatte und keine Automatik. Wenn ich da an meinen Ford dachte, wie unüberlegt der teilweise die Gänge wechselte, wenn es in die Berge ging, machte ich das doch lieber selbst. Auch wenn man die Steigungen im Dunkeln zum Teil schlecht einschätzen konnte. Ich hatte aber schließlich einen Tacho und einen Drehzahlmesser. Außerdem zwei gesunde Ohren.
Außerdem achtete ich auch immer auf die Temperaturanzeigen von Kühlwasser und Öl. Solange mir da nichts in den roten Bereich ging, war ich zufrieden.
Bis ich Santa Fe erreichte, waren die Steigungen noch relativ harmlos. Nun ging es aber ins Eingemachte, oder besser gesagt richtig in die Berge. Wenn man ständig hier in dem Bereich pendeln würde, brauchte man aber definitiv mehr PS, als ich sie hatte. Schließlich merkte ich wieder, dass es viele Orte in den Vereinigten Staaten mehrfach gab. Ich passierte nämlich Las Vegas, NM.
Es ging immer weiter in Richtung Colorado und der Kenny schlug sich ganz achtbar mit der vollen Ladung. Manchmal musste ich allerdings ganz schön kämpfen um stärkere Steigungen hochzukommen. Unter 40 mph machte ich zur Sicherheit auch den Warnblinker an, damit mich schnellere Kollegen auch rechtzeitig im Dunkeln erkannten. Es fuhren ja nicht alle hier auf 80.000 Pfund ausgeladen herum.

Schließlich passierte ich Raton und kurz darauf die Staatsgrenze zu Colorado. Ich atmete erstmal auf. Wegen der nur beantragten WD Nummer konnte ich jetzt erstmal nicht mehr belangt werden. Allenfalls für das Überschreiten der 70 Stunden innerhalb von sieben aufeinanderfolgenden Tagen. Die hatte ich nämlich inzwischen überschritten. Ob ich wegen der WD Nummer noch Post bekam, sollte sich zeigen. Angehalten hatte mich auf jeden Fall keiner. Vielleicht war es mein Vorteil, dass ich überwiegend in der Nacht unterwegs war.
Nun musste ich zusehen, dass ich nach Denver kam, um wirklich endlich Wochenende machen zu können. Kurz darauf kam ich an Trinidad vorbei, wo ich immer gedacht hatte, dass das in der Karibik wäre und nicht in den Bergen von Colorado.
Langsam wurde es Zeit für eine Pause. Ich suchte mir einen Platz, wo ich ein wenig essen konnte und mich nach der anstrengenden Schicht etwas ausruhen konnte. Fündig wurde ich bei Colorado City an der Ausfahrt 74. Dort befand sich an der Ausfahrt direkt die Rest Area Cuerno Verde. Inzwischen war es vier Uhr und ich hatte 75 Wochenstunden voll. Das war mir jetzt aber egal. Die Pausenstunden zählten eh nicht dazu.
Ich machte mir aus meinen Vorräten was zu essen und legte mich anschließend noch etwas in mein Bett. Ich war jetzt doch ziemlich kaputt. Um sechs Uhr machte ich mich aber trotzdem wieder auf den Weg.
Es waren jetzt noch 120 Meilen. Ich sollte also an diesem Morgen noch ankommen. Zurück auf der I-25, legte ich jetzt quasi meinen Endspurt ein. Es ging zuerst noch an einer Stadt namens Pueblo vorbei, was an sich schon paradox ist, da Pueblo ja spanisch für Dorf steht und nicht für Stadt. Später passierte ich noch Colorado Springs. Schließlich ging es mit großen Schritten auf Denver zu.
Leider ging inzwischen schon wieder die Tankleuchte an. Die Berge der Nacht hatten auch ihren Tribut an Diesel gefordert. Gegen halb Neun erreichte ich die ersten Vororte von Denver.

Eine Viertelstunde später kam ich an eine Tankstelle, wo ich meine Tanks noch wieder füllen konnte. Um Neun Uhr ging es weiter zum Zentrallager in Denver, was ich ein paar Minuten später auch erreichte. Dort konnte ich den Trailer ans Dock stellen und mir meine Papiere quittieren lassen.
Danach fuhr ich zu einem Motel, was ich gegenüber von dem Zentrallager entdeckt hatte. Dort konnte ich um halb zehn meinen Reset beginnen. Eigentlich war es ja halb Elf Ortszeit. Ich checkte ein und legte mich in meinem Motel Zimmer erstmal ins Bett. Diese Schicht war echt anstrengend gewesen.
Nachdem ich ausgeschlafen hatte, erkundete ich erstmal etwas Denver. Allerdings hatte die große Stadt erheblich mehr zu bieten, als ich in meinem kurzen Wochenende entdecken konnte. Schließlich hatte ich nur bis Montagabend Zeit, dann sollte es schon wieder weitergehen.
