Dienstag, 02.06.2020. Ventspils.
Die Übergabe der Fracht an Vlad hatte Problemlos funktioniert – wir haben einfach die Trailer aneinander gestellt und mittels Vlad’s Hubwagen die Paletten
verschoben. Nebenbei haben wir uns noch je einen Becher vom Grundnahrungsmittel Kaffee gegönnt.
Direkt im Anschluss gab es dann für mich ein paar Meter weiter die Ladung für LaRochelle.
Wie eigentlich überall derzeit war man auch hier darauf bedacht möglichst viel Abstand zu halten und so durfte ich nicht viel mehr tun als die Türen vom Trailer zu öffnen und anschließend wieder zu schließen. Der Lagerarbeiter vom Hafen macht mir gerade noch eine Plombe dran. „What about freight papers?” “Inside…” Er zeigt auf den Trailer. ”… and by mail.” In dem Moment meldet mein Mobiltelefon den Eingang einer neuen eMail. “OK.” Ich nicke ihm zu und klettere in den rovfågel. Mal schauen ob die Grenzbeamten das akzeptieren.
07:30 Uhr. Ich stelle den digitalen Wächter von Arbeitszeit auf Fahrzeit und mache mich auf den Weg. Vorbei am Flughafen von Ventspils und diversen kleineren Ortschaften geht es über die P111 nach Liepāja.

Bunte Kühe. Zebra-Ampeln…


A11. Grenze zu Litauen. A13. Zwischendrin fünfundvierzig Minuten Pause.

Vorbei an Klaipeda.

Weiter über die Route 141. Die Straßen sind ziemlich leer und ich lasse den Zug zumeist mit 90 km/h rollen. Bei Būbliškė biege ich nach rechts auf die E77 ab. Ich fahre über die Memel-Brücke und stehe um 13:06 Uhr am Grenzkontrollpunkt Tilsit um in die russische Provinz Kaliningrad einzufahren.

Damit wechsele ich auch die Zeitzone. Die digitalen Frachtpapiere werden akzeptiert, da mein Trailer verplombt ist. Trotzdem braucht es gute vierzig Minuten bis ich wieder weiter darf.
Allzu weit komme ich jedoch nicht; ich trete voll auf die Bremse da mir ein schwarzer Audi die Vorfahrt nimmt.

Es ist 16:00 Uhr und es regnet aus Kübeln. Ich setze den Blinker rechts und fahre an den Straßenrand. Etwas über zehn Arbeitsstunden, davon knapp acht Fahrstunden, reichen mir für heute. Die letzte Etappe habe ich mangels eines geeigneten Stellplatzes zudem ein wenig überzogen. Ich ziehe mir einen Ausdruck aus dem Kontrollgerät und mache eine entsprechende Notiz.
Außerdem habe ich Hunger.
Bevor ich mich um mein leibliches Wohl kümmere greife ich jedoch erst einmal zum Telefon und wähle Sandras Rufnummer.
Mittwoch, 03.06.2020. Mautstation Poznan.
Der Tag war ziemlich ereignislos. Bei der Ausreise aus der Provinz Kaliningrad wurden trotz der frühen Stunde wieder die digitalen Frachtpapiere geprüft und dank Plombe als ausreichend eingestuft. Knapp vierzig Minuten stand ich trotzdem herum.

E28. Danzig. E75. E261. Bydgoszcz. Gnesen und eben jetzt die Mautstation bei Poznan… Der V8 verstummt. Die Uhr zeigt 13:45… Wer früh anfängt, hat früh Feierabend. Wobei Feierabend heute nicht der richtige Ausdruck ist; denn es wartet einiges an Bürokram und Telefonate was ich noch abzuarbeiten habe. Ich mache mir einen Kaffee und fahre meinen Laptop hoch (andere machen Homeoffice und ich sitz vorm Bett rum…)
…
Kurz vor Mitternacht schmeißt mich mein Wecker aus dem Bett. Bei einer Tasse Kaffee beobachte ich den Schichtwechsel an der Mautstation und es kommt mir irgendwie unwirklich vor – die einen verlassen die Station und erst Minuten später wird sie wieder besetzt. Also auch hier das Prozedere von ‚kein Kontakt‚ um den Laden am Laufen zu halten. Unwillkürlich muss ich daran denken das wir eigentlich Ende des Monats zum Rockharz-Festival wollten und dieses wegen diesem Sch***-Virus abgesagt ist. Klar; die Gesundheit aller ist durch nichts zu ersetzen – trotzdem ist es zum kotzen. Ich gucke in meine Tasse. Leer. Das geht ja gar nicht… Aber so ist’s. Ich starte den rovfågel und beginne mit meiner Abfahrtkontrolle.
Inzwischen ist es Donnerstag, 04.06.2020.
Punkt 01:00 Uhr stelle ich das Kontrollgerät auf Fahrzeit und rolle auf die A2 gen Westen.
…
Ich fahre über die Oder und erreiche damit Deutschland. Ich regele den Tempomaten etwas runter um mit 83km/h weiter zu rollen. Auf den Schildern steht jetzt ‚A12‘. Berlin, ich kann dich schon riechen.
Dreieck Spreeau – A10. Es geht vorbei an Briesen und Königs Wusterhausen. Am Kreuz Schönefeld wechsele ich auf die A113 in Richtung Berlin-Zentrum. Rechts der IKEA Waltersdorf. Links die ewige Baustelle die in einhundert Jahren vielleicht mal Flughafen ist…
In Neukölln wird aus der A113 die A100. Ich fahre über die Rudolf-Wissell-Brücke. Unter mir fließt die Spree. Einen Augenblick später wechsele ich am Dreieck Charlottenburg auf die A111. Abfahrt 10. Ich setze den Blinker.
Ein paar Minuten später verstummt der V8 auf meinem Berliner Betriebshof.


Das Thema mit dem Transit durch Russland, wo man eigentlich besser drumherum fährt, hatten wir ja, meine ich, seinerzeit schon im TSM Forum.
Ich freue mich jetzt auf neue Kapitel von dir.
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