Diese Woche…
…wendet Chris auf einer Kreuzung…
… vor dem Hotel steht ein Schiff…
…und ein Navigationsgerät spricht eine Stadt falsch aus!
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Es ging wegen der späten Ankunft am Samstagmorgen für die meisten von uns erst später los. Marlon war schon alleine nach Carlisle verschwunden und Timo auf dem Weg nach Latina bei Rom.
Als Chris und ich den Stralis Hi-Way bereit machten und Julian sich schon mal im alten Stralis einrichtete, kam auch Ilarion von der S-Bahn rauf gelaufen. Während wir gegen halb sechs vom Hof rollten, arrangierten sich die beiden im Fahrerhaus, das ja, wie ich letzte Woche wieder gemerkt hatte, noch kleinere Staufächer hatte als unseres.
Chris fuhr uns zu Bayer Leverkusen und mit Bleisulfatlösung waren wir schon bald auf dem Weg nach Süden. Unterwegs hatten wir eine Zeit lang Funkkontakt zu Julian und Ilarion, die auf dem Weg von Dortmund zur Fähre nach Nizza waren, um nach Algier überzusetzen. Sie waren aber ein Stück vor uns und manchmal wurde die Verbindung schon schlechter. Schließlich bogen sie ab in Richtung Dijon und wir fuhren weiter auf die Schweiz zu.
Bei Bellinzona im Tessin machten wir Pause bei leichtem Regen.
Das Wetter hinderte Chris nicht daran, sich die anderen Trucks näher anzuschauen. Neben uns stand ein für Autotransporte doch sehr ordentlich motorisierter Actros 1851, daneben krönte ein Volvo New FH 700 den Parkplatz. Schon fast verschämt im Abseits stand ein blitzneuer Scania 490 mit Topline-Kabine.

„Was machen wir nur falsch?“ Chris Frage wurde erst einmal nur vom Blubbern meines Wasserkochers beantwortet. „Warum?“ „Schau Dich mal um. Mercedes V8 mit Autos, Volvo 700 mit einfachem Koffer, werkneuer Scania mit dem edelsten aller Fahrerhäuser, die man ohne Tuner bekommt und einfachem Planentrailer.
Sogar Patrick brummt mit einem Monster-Scania und einem DAF rum, dessen Anbauteile fast so viel kosten wie die von allen vier unserer Trucks zusammen, obwohl er nur Lebensmittel und einfaches Sperrgut fährt. Und wir mit dem angeblich so toll bezahlten Gefahrgut fahren Ivecos und Renaults.“ „Was weiß denn ich, wo die alle ihr Geld her haben. Vielleicht hat Patrick ja zwei Millionen im Lotto gewonnen und fährt nur noch, damit ihm nicht langweilig wird. Und nicht auf jedem Truck um uns rum steht unbedingt drauf, was drin ist. Ich bin auch mal als Aushilfe laut Türplakette einen Mercedes Actros 1857 V8 mit jeder Menge Chrom durch die Rübenernte gefahren. In Wahrheit werkelte ein 1835 V6 drin und die Chrombügel waren Baumarktware. Aber Du weißt doch besser als ich, was wir verdienen.“
„Ich würde aber auch gerne so einen tollen Truck fahren.“ „Jetzt geht es nun einmal nicht. Später.“ „Wann ist das?“ Ich hatte keine Ahnung, ob Chris Eltern auch Radiosender gehört hatten, auf denen der alte Schlager von Monica Morell lief, aber wenn ja, dann war das kein gutes Omen für mich. War ihre große Liebe in dem Lied doch gestorben, bevor er das Leben genießen konnte.
Aus Mangel an Alternativen fuhren ich mit unserem Iveco weiter zum Hafen in Genua, während Chris ein Bisschen schmollte und dabei auf seinem Handy herum tippte.
Wir durften die Nacht im Zollhafen zwischen unzähligen LKW mit Verbrauchtwagen für ihr fünftes Leben in Afrika verbringen und wurden früh am nächsten Morgen auf die Fähre eingecheckt.

Mittwoch rollten wir dann am sehr, sehr frühen Vormittag – also in der Morgendämmerung – auf afrikanischen Boden. Chris wollte lieber durch Tunis fahren und mir den Pass überlassen, auch wenn ihm das nichts nützen würde, weil er dann zurück fahren musste. Es ging mal wieder nach El Hamma.
Wir tauschten dort unsere Tanktainer gegen getrocknete Feigen ein und waren wieder auf dem Weg zurück. Für 41 Cent je Liter liefen noch die Tanks voll und dann bekamen wir es hin, ohne weiteren Halt bis in den Hafen La Goulette zu kommen.
Chris blieb auf der Kabine, weil er keinen Hunger hatte. Ich war ein Bisschen besorgt, aber er schaffte es schließlich, mich zu überzeugen, dass es ihm gut genug ginge, dass ich doch ins Restaurant gehen konnte.
Donnerstag um 17 Uhr hatte Europa uns wieder. Und die Straßen in Genua waren ziemlich verstopft. Irgendwo hatten es wohl ein paar Intelligenzbestien geschafft, die Kreuzung zuzufahren. Daraufhin hatten die Leute vor uns auch noch diese blockiert und nun hatte der Berufsverkehr von Genua einen Deadlock. Chris drehte daraufhin wild am Lenkrad und kam gerade so rum auf die Spur der Gegenrichtung und wir suchten uns einen anderen Weg aus der Stadt.

Danach hatte keiner mehr so richtig Lust weiter zu fahren und das Ziel erreichten wir auch morgen noch locker. Also hielten wir schon recht bald für die Nacht.
Ich machte mich um halb vier auf den Weg, Chris ließ ich oben auf seiner Liege weiter schlafen bis zur Ablösung, vor der wir vernünftig frühstückten.
An Neapel und dem immer noch rauchenden Vesuv vorbei fuhren wir bis Bari, wo wir bei Dachser ablieferten. Dann ging es zum Hotel, wo wir aus dem Fenster Ausblick auf ein Museumsschiff hatten, das man aus dem Hafenbecken auf einen Sockel gehoben hatte.

Während ich noch am Freitag Nachmittag die Initiative ergriff, die sehenswerten Kirchen von Bari erkunden zu wollen, maulte Chris immer noch herum: „Wenn wir schon keine vernünftigen Trucks haben, könnten wir ja wenigstens kürzere Strecken fahren und öfter am Wochenende zu Hause sein. So oft wie wir zwei ist keiner die Wochenenden draußen.“
Leicht genervt lenkte ich ein und schrieb Judith eine Mail, dass sie uns für die kommende Woche wieder nach Hause holen sollte.
Was war nur mit Chris los? Einerseits war er unzufrieden mit allem, was ich so nicht von ihm kannte. Meinen Versuch, in einem Straßencafe seine Gemütslage zu hinterfragen blockte er aber ab. Das drohte ein unspaßiges Wochenende zu werden.Dank Hotel und Frühstückszeiten fuhren wir erst gegen 7 Uhr los und machten uns auf den Weg, einen Trailer Diesel abzuholen. Dicker Verkehr in Bari hielt uns auf.
Vorbei an Neapel erreichten wir aber Pozzuoli gegen 11 Uhr. Da ich wieder sprachlichen Vorteil hatte, durfte Chris einparken, während ich ins Büro ging.
Weiter ging es mit Acetylen in Gasflaschen Richtung Frankreich. Überraschend gut kamen wir über die Landstraße und durch die Dauerbaustelle, weiter um Rom und auf die Autobahn nach Norden. Dort setzte Regen ein, der auch erst am frühen Abend wieder aufhörte.
Vor Genua steuerten wir einen Rastplatz an für die Nachtruhe. Die verchromten Schriftzüge, Lampenbügel und Anbauscheinwerfer, die gebürstete Edelstahlstoßstange, die Alufelgen auf der Zugmaschine und die glanzweiß lackierten Felgen des Trailers leuchteten im schummrigen Dämmerlicht um die Wette, während der Rest matt und dunkel war.

Am Dienstag fuhr ich als erstes. Kurz nach dem Start leuchteten die Spiegel im Morgenrot, als wir bei Genua von der Autobahn abfuhren, hatte es seine volle Pracht erreicht.

Weiter ging es in Richtung Frankreich. Chris durfte am Ziel auf den berühmten, engen Hof bei Bosch fahren. Später waren wir mit einer Ladung Natronlauge auf dem Weg nach Osten. Bei Verona endete auch dieser Tag. Das sorgte dafür, dass uns am nächsten Morgen der Berufsverkehr von Padova erwartete.
Chris musste sich mit dem zugestellten Hof bei der Logistikfirma herumärgern, bevor wir mit einem identischen Trailer und Schädlingsbekämpfungsmitteln auf dem Weg nach Dubrovnik waren.
Nicht ganz unberechtigt meckerte Chris schließlich „Willkommen im Programm von Rote Welle Zadar!“ In der Tat waren in dieser Stadt ausnahmslos alle Ampeln rot, an die wir kamen.
Bei mäßigen Wetter fuhren wir noch bis zum Rastplatz kurz vor unserem Ziel Dubrovnik. ADM war schon nicht mehr besetzt und öffnete erst am Morgen wieder, also mussten wir erst einmal übernachten.
Am nächsten Morgen kaufte ich, während Chris noch unter der Dusche war, eine Mini-Bisquitrolle und eine Kerze. Die kitschige Werbung war schon reichlich alt und mit ein Bisschen Glück merkte Chris nicht mal, dass alles nur geklaut war.
Nachdem ich den Zwergenkuchen aus der Folie befreit und auf einen Teller gelegt hatte, steckte ich die Kerze oben drauf und zündete sie an. Als Chris aus der Dusche zum Frühstück kam, begrüßte ich ihn mit Geburtstagstorte und Happy Birthday singend. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, war aber doch irgendwie gequält.
Er war schon gestern nicht glücklich gewesen, dass er seinen Geburtstag in Kroatien feiern durfte. „Wünsch Dir was!“ „Morgen zu Hause!“ Er blies die Kerze aus und das war leider kein erfüllbarer Wunsch, weil Judith nichts besseres von hier gefunden hatte als Groningen. Diese Woche endete erst Samstag.
Dubrovnik schenkte ihm erst einmal dichten Verkehr. Bei ADM nahmen wir dann den dritten Trailer dieser Bauart für diese Woche mit, auf der Pritsche mit Bigpacks voll Saatgut.
Wir fraßen den Tag über Kilometer, begleitet von Chris ewiger Nörgelei, dass er ja eigentlich schon morgen zu Hause sein wollte. Ich musste mich zunehmend beherrschen, ihm nicht an seinem Ehrentag eine Szene zu machen.
Es ging noch durch ganz Österreich und erst bei Ingolstadt machten wir die Nachtruhe.

Am Freitag ließ ich dann Chris erst mal ans Steuer und hörte mir weiter sein Genörgel an. Nun hatte ich die Nase echt voll, aber streiten wollte ich mich auch nicht. Wir machten bei Frankfurt volle 45 Minuten Pause und Chris fuhr weiter. Er schaute etwas merkwürdig wegen dieser Abweichung von unserer Abwechsel-Taktik.
In den Randgebieten des Ruhrgebiets drückte ich das Navi weg und schickte ihn per Anweisungen vor eine S-Bahn-Station.
„Und jetzt?“ „Du wolltest doch unbedingt heute zu Hause sein. Dich trennt nur eine S-Bahn-Fahrkarte davon.“ „Und Du?“ „Na einer muss ja nach Groningen und zurück.“ Meine Stimme war doch ein Bisschen gereizt. „Bist Du sehr sauer deshalb?“ „Nicht mehr als über Dein ewiges Herumgenörgel.“ „Na danke!“ Er schnappte sich seine Tasche, stopfte ein paar Sachen rein, stieg die Stufen runter und knallte die Fahrertür zu.“
Ich sah ihm hinterher, wie er durch den Betontunnel zum Bahnsteig marschierte. Es war ein merkwürdiges, unangenehmes Gefühl, aber doch irgendwie befreiend nach den Spannungen der letzten Tage, die sich schleichend immer mehr verschärft hatten.
Ich feuerte den Cursor 13 an, fuhr weiter und rief zwischendurch mal zu Hause an. „Hallo Ricky, Julian hier. Was ist denn bei Euch los?“ „Kleiner Krach, wird sich schon wieder legen.“ „Hm, Chris war aber merkwürdig drauf. Er ist weggefahren.“ „Wie, weggefahren.“ „Hat seine Tasche ausgepackt und neu gepackt, hat sich Deinen Citroen genommen und ist vom Hof.“
Nun war ich überrascht. Die Autos waren sowieso Allgemeinbesitz der WG, also weniger darüber, dass er damit weg fuhr. Aber durchaus weil er es mit Gepäck tat.
„Hat er gesagt, wo er hin will und wann er wieder kommt?“ „Nein. Ich hüte nur Haus und Hof, aber mir sagt ja keiner was.“ „Ist Timo auf Außenübernachtung?“ „Nein, der ist vorhin auf die Walz. Mal gespannt, wann und in welchen Zustand der wieder kommt, aber der ist irgendwo im Ruhrgebiet unterwegs und vernichtet Alkohol.“ „Na ja. Vielen Dank für das Update, auch wenn mir der Inhalt nicht so ganz passt. Dann weiß ich ja schon mal wen ich als nächstes anrufe.“
Bevor es dazu kam, klingelte allerdings mein Handy. Leider hatte ich einen Totalverlust beim Versuch erlitten, meine Kontaktdaten von Blackberry auf Android zu übertragen, aber ich rechnete im Prinzip nur mit einem Anrufer, der die Landesvorwahl +44 haben konnte und lag richtig.
„KFL Intertrans, Ricky Kaiser.“ „Hi Ricky, hier ist Keith.“ „Hi Keith. Schön mal von Dir zu hören.“ „Ich hoffe das sagst Du gleich immer noch.“ „Welche Katastrophenmeldung hast Du für mich?“ Mein Puls ging gleich mal wieder 30 Schläge nach oben.
„Keine, aber ich will Dich um einen Gefallen bitten. Ein Fahrer von mir hat sich den Fuß gebrochen und sitzt fest. Weil ich niemanden frei habe, der mir da helfen kann, dachte ich spontan an Dich. Du kannst ja Rechtslenker fahren. Würdest Du den Truck mitsamt Unglücksraben zu mir nach Sheffield überführen?“
„Wenn der Unglücksrabe Luke heißt, vergiss es.“ „Nein, er heißt Thomas und wird von allen kurz Tom genannt. So verwegen, Dich mit Luke in ein Führerhaus sperren zu wollen, bin ich dann doch nicht. Am Ende habe ich dann den Ärger mit der Leiche. Inzwischen habe ich drei Trucks.“ In einem Comic würde nun ein Teufelchen über mir schweben: „Okay, ich mache es.“ „Vielen Dank. Wir sehen uns dann in knapp einer Woche. Ich bin dann auch wieder zurück.“
Nun holte ich den Anruf nach, den ich eben tätigen wollte. „Ricky?“ „Ja, genau der. Wo treibst Du Dich denn rum, Chris?“ Die Antwort übernahm indirekt das Saugnapf-Navi, das mal wieder dezent in der Betonung daneben lag, als es versuchte, einen Stadtnamen vorzulesen: „In einem Kilometer… links fahren und der… A45… weiter folgen in Richtung… Asch-Affen-Burg!“ Das schränkte es auf die Autobahnkreuze bei Gießen oder Hanau ein.
„Vielen Dank Frau Garmin… Was machst Du denn da?“ „Wir sehen so oft interessante Städte, aber fahren nur durch. Ich will mal mehr Zeit dafür haben und ich denke, wir zwei brauchen sowieso mal ein paar Tage Abstand. Es ist auf Dauer wohl nichts, dauernd in einem Fahrerhaus und am Wochenende auch noch beieinander zu hocken. Am Montagabend bin ich dann wieder da.“
Na die letzten Wochen hatten wir nun nicht gerade in einem Fahrerhaus gehockt, bedingt durch unsere ständigen Teamwechsel rund um Ausbau der Halle und Einarbeitung für Ilarion. „Den Abstand kannst Du ein paar Tage länger haben. Keith hat mich gebeten, einen seiner Trucks nach England zurück zu überführen, weil sich der Fahrer verletzt hat. Du fährst nächste Woche alleine.“
„Das entscheidest Du einfach so alleine?“ „Ja. So wie Du einfach so alleine entschieden hast, übers Wochenende weg zu fahren.“ „Wie soll ich das dann schaffen?“ „Meines Wissens steht die Fracht schon Montag um 10 Uhr bereit. Du wirst wohl früher zurückkommen müssen, dann schaffst Du das ohne Probleme bis Mittwochmittag nach Valladolid und Julian sucht Dir morgen eine Anschlussfracht. Dann bist Du Freitag wieder zurück. Du hast ja keine Lenkzeit am Samstag auf der Karte.“
„Das ist nicht Dein Ernst, oder? Ich hatte mit Abfahrt am Dienstag geplant.“ „Doch!“ Die Verbindung riss ab. Das hatte unseren schwelenden Konflikt sicherlich noch mehr angeheizt, aber trotzdem schlich sich eine gewisse Selbstzufriedenheit bei mir ein, auch wenn mich das Gespräch natürlich nicht unbedingt fröhlicher gemacht hatte.
Ich erreichte Groningen um 22 Uhr, wo ich noch meine Ladung loswurde. Dann fuhr ich noch zu meiner Ladestelle und parkte für die Nacht vorm Tor. Da ich erst um viertel nach sieben wieder fahren durfte, erledigte ich nach dem Aufstehen schon mal die Bürokratie.

Nun warteten noch etwas über 5 Stunden auf mich, bevor ich endlich zu Hause war.
Damals gab es von TSM ein Grafikpaket, das auch die Innenräume der Trucks tiefgreifend änderte und mit hochwertigeren Materialien aufwertete. Daher sahen die bereits mit SCS-Standardinnenraum gekauften vorher auf Innenfotos anders aus und hinterher, als der Mod nicht mehr gepflegt wurde, auch wieder.
Heute würde ich die entsprechenden Ordner einfach aus dem Mod raus löschen, damals wusste ich nicht, dass man das einfach machen kann, ohne dass was passiert und dann wieder die normalen Texturen verwendet werden.
Außerdem gab es einen Wettbewerb für Ladebildschirme. Die in den letzten Kapiteln schon manchmal eingebundenen, besonders flachen und breiten Bilder wurden dafür erstellt und haben das von SCS für Ladebildschirme festgelegte Format.
