Kapitel 38 – Doch mit Beifahrer

Diese Woche…
…verprügelt Julian Ricky mit einem Nummernschild…
…Timo und Ricky sitzen nebeneinander auf einem Sofa…
…und Julian fährt gegen die Tankanzeige!

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Ich starrte noch Löcher in die Tapete, als Timo rein kam und sich neben mir auf das Sofa setzte: „Mein Gott, ist das ein komisches Gefühl, diese Frage seinem Chef zu stellen. Aber kann ich Dir irgendwie helfen?“ „Ich bin im Büro, in der Halle oder im Fahrerhaus Dein Chef, aber nicht hier. Hier sind wir alle nur Freunde und Mitbewohner. Wäre das anders, hättest Du Dir letztes Wochenende was von Deinem Chef zu Deinem Alkoholpegel anhören können. Aber Deine Chefs – und davon hast Du vier – interessiert in Deiner Freizeit nur, dass Du zur nächsten Abfahrt arbeiten kannst.“ Es fiel mir schon etwas schwer, von vier zu sprechen in der aktuellen Lage.
„Okay, aber das beantwortet meine Frage nicht.“
„Was willst Du denn für mich tun? Chris und Sonnenschein herbei hexen?“ „Nein, aber Dich nicht alleine lassen.“ „Was hast Du denn vor?“ „Ich habe eine Ferienwohnung in der Eifel gemietet und wollte mit einem Kumpel mal anderthalb Tage wandern. Es soll ja kalt, aber trocken werden. In letzter Zeit komme ich zu wenig dazu mich zu bewegen.“

So viel Fürsorge hatte ich von Timo an sich nicht erwartet, der war eher rheinische Frohnatur kombiniert mit lateinamerikanischer Sorglosigkeit und hatte bisher weniger mit Einfühlungsvermögen geglänzt.
Die Fröhlichkeit wirkte manchmal aufgesetzt, das hing aber sicherlich auch damit zusammen, dass seine selbst gewählte Landung, gestartet in der Beletage des väterlichen Staatsdienstes und seiner Bankausbildung, zwischen den Truckern doch härter und holpriger gewesen war, als er erwartet hatte und zugeben wollte. Die meisten selbsternannten „echten“ Fahrer – ein solches Prachtexemplar hieß ja Patrick Schütz – dürften ihn mit Mindestalter für einen Ungelernten und dem Renault Premium im Fernverkehr eh nicht für voll nehmen.
Und dabei hatte er bei uns noch nicht mal erlebt, wie es „normal“ in dem Job zuging, wenn man seine Pause auf der Laderampe verbrachte und Lenkzeiten oder Tempolimits von der Dispo eher als unverbindliche Richtwerte angesehen wurden. Auch ich hatte dieses „Vergnügen“ nach Mahler nur noch sporadisch erlebt, aber da vor der Pleite umso stärker.

„Was ist denn nun mit Chris und Dir?“ Ich wollte gerade Luft holen, um ihm zu sagen, wie wenig ihn das anging, als er mit einem entwaffnenden Lächeln nachschob: „Ich frage das als Freund.“ Ich konnte diesem Jungen einfach nichts übel nehmen, sah man von einer Fanfare nachts um 4 ab.
„Wenn ich das wüsste, dann würde ich es abstellen. Aber weil die Gründe von der beruflichen Seite kommen, nimm es mir nicht übel, wenn ich das erst mal mit Julian und Marlon besprechen werde, bevor ihr zwei angestellten Fahrer an der Reihe seid.“ „Okay, ich mache mir aber, wenn ich mal an mich selbst denken darf, Sorgen. Mein Leben steht und fällt leider auch mit Euch vier.“ „Keine Angst, das darf für Euch keine Auswirkungen haben.“

Das war eine kleine Lüge, denn wenn es am Ende dazu kommen sollte, dass einer das Unternehmen verlassen musste und das auch noch mir zufallen würde, dann gingen hier ziemlich sicher die Lichter aus. Ich hielt an dem Laden, dank des komplett auf dem Mist der Kaiser Transportgesellschaft gewachsenen Grundstücks mit altem Gebäude, trotz gemeinsam vorgenommener Gebäudeerweiterung und neuer Trucks, immer noch die Mehrheit des Kapitals.

„Aber was meinte Chris denn in der Halle mit dem Alleinherrscher?“ „Okay, Du Freund.“ Trotz der Gesamtsituation musste ich kurz grinsen. „Nachdem Du eh schon mehr als genug mitbekommen hast, kann ich Dir wohl doch ein paar Sachen erzählen.
Chris meckert einerseits an unserem Markenmix im Fuhrpark rum und andererseits behauptet er, wie Du ja in der Halle festgestellt hast, dass ich hier alles bestimmen würde. Sag mir doch mal, wie Du das von „unten“ so empfindest.“

Timo sah mich ungläubig an: „Das ist nicht sein Ernst? Ich bin ja nun bestimmt kein Experte, aber wenn ich mir den einen oder anderen Schrotthaufen anschaue, der mit deutschen Kennzeichen auf den Rastplätzen rum steht, wird mir anders. Ich habe jedenfalls lieber einen kleinen Renault, wo ich mich die Alpen rauf auf den Motor und runter auf die Bremsen verlassen kann, als so einen haarscharf geTÜVten Scania oder Mercedes V8, den sich der Besitzer eigentlich gar nicht leisten könnte.“ „Ja, Du…“
„Wie Ihr die Sachen intern entscheidet, weiß ich natürlich nicht. Aber Ihr seid vier Geschäftsführer. Wenn da einer alleine sagen wollte, wo es lang geht, dann würden den doch sicherlich die drei Mitgesellschafter gemeinsam in die Wüste schicken, oder?“
Er wusste ja nicht, wie uns die Firma gehörte und ob wir gleichberechtigt oder anteilsweise stimmberechtigt waren. Sie gehörte über die Hälfte mir und zu sagen hatte ich nur ein Viertel. „Zumindest würden die drei Mal was dazu sagen, ja. Man muss ja nicht gleich die Wüste nehmen. Das wäre jedenfalls meine Idee, wenn mir das so vorkommen würde.“
„Und was das Personalwesen angeht, habe ich immer mit Julian und Dir gemeinsam zu tun gehabt. Keiner von Euch beiden macht Alleingänge. Marlon und Chris bekommen halt nur die Spesenabrechnungen von mir zur Unterschrift. Ist was unklar, fragt mal der eine und mal der andere nach. Klar nehme ich Julian und Dich mehr als Chef wahr, als die anderen zwei. Weil Ihr es seid, die mit mir reden, wenn es ernst wird. Aber das ist wohl mehr eine Sache der Aufgabeneinteilung unter Euch.“


Aber gut. Wenn ich Dir irgendwie helfen kann, dann sag bescheid.“ „Nein, fahr Du mal ruhig in die Eifel. Und nicht wieder besaufen.“ „Nein, wir müssen ja beide am Montag wieder f… früh an die Arbeit. Und ich am Sonntag Nachmittag das Auto zurück fahren.“

Timo packte seine Sachen für den Wochenendurlaub und rief vom Flur rüber: „Ich nehme den Citroen, weil der vorne steht. Okay?“ „Ja. Gute Fahrt und viel Spaß!“ „Danke. Ciao!“

Kurz drauf hatte ich selbst schnell über meine Handy-App einen Mini-Ferienbungalow gebucht, wo man gerade bestimmt nicht Urlaub machen wollte. Aber mir war nach ein Bisschen rauer Umgebung. Auch ich packte meine Sachen, stieg in den Opel und fuhr los. Unterwegs kaufte ich noch schnell ein paar Sachen in einem dieser Läden für Tabletop-Strategiespiele. Auch wenn ich damit nix am Hut hatte, waren sie in manchen Bereichen einfach die besten am Markt.

Außerdem machte ich bei Volvo Trucks halt und ließ mir ein Angebot mit dem sprichwörtlichen Schleifchen drum erstellen. Zumindest war es in einem ordentlichen, offiziellen Volvo-Hefter.

Irgendwo auf der Autobahn klingelte mein Handy, es war Marlon. Nach der Begrüßung kam er gleich zur Sache: „Judith hat mir gesagt, Du hattest Riesenkrach mit Chris?“ „Ja.“ „Und wo seid Ihr gerade?“ „Chris musst Du selber fragen, ich bin auf dem Weg nach Zandvoort.“
„Der geht ja nicht ans Telefon. Dachte er hätte gesagt, wo er hin will.“
„Nein, hat mich mit einer Tour sitzen lassen, die alleine nicht zu schaffen ist und will eine Woche Auszeit.“ „Ich weiß. Judith ist auf dem Weg zurück ins Büro, um das irgendwie hinzukriegen. Und dann sollten wir uns am nächsten Wochenende mal alle an einen Tisch setzen.“
„Wenn Chris denn rechtzeitig zu Tisch kommt. Letztes mal ist er auch erst am sehr späten Sonntagabend aufgeschlagen.“ „Da hat Julian mir von erzählt. Dachte aber, das war ein einmaliger Knatsch.“ „Nein, leider nicht.“ „Fahr Du erst mal in Ruhe, kannst Dich ja später noch mal melden, wenn Du in Deiner Unterkunft bist.“

Das nächste, was sich meldete, war aber mein Tablet mit einer Mitteilung aus unserer Dispo-Software. Offensichtlich hatte Judith eine Lösung gefunden. Noch bevor ich auf einen Rastplatz fahren und die Dispo anschauen konnte, klingelte mein Telefon noch mal, es war wieder Marlon.
„Einer von uns beiden kommt Dienstagmorgen von Casablanca nach Edinburgh geflogen. Dann geht Eure Tour auf. Unsere alte Tour durch Algerien und Tunesien konnte Judith zurückgeben, die neue fährt einer alleine direkt über Spanien. Wer soll zu Dir kommen?“ „Die Frage ist unfair. Macht das unter Euch aus.“ „Wir nehmen es Dir nicht übel, wenn Du in Deiner Lage einen bevorzugst. Sonst kommt Julian.“ „Okay.“

Ich fuhr am Wochenende mental runter, ließ mir den schneidend kalten Wind am menschenleeren Strand um die Nase wehen. Außerdem nahm ich mir abends das Volvo-Modell vor und bemalte die Kabine mit unseren Farben.

Am Sonntag fuhr ich nachmittags wieder nach Hause, auf jeden Fall aufgeräumter als am Freitag. Auch Timo war gerade aus seinem Wochenendurlaub zurück und packte seine Tasche aus dem Kofferraum, als ich in die Halle fuhr. In der Wohnung hielten wir ein Bisschen Smalltalk über unsere Wochenenden.

Am Montag verließen wir somit alle gleichzeitig die Halle. Ich fuhr zu unserem besten Kunden, Linde Bochum, zum Laden. Eine ereignislose Fahrt brachte mich nach Amsterdam an den Hafen.

Am Dienstag war ich dann am frühen Vormittag im Tyneside Port und machte mich auf den Weg nach Schottland. Es war grau, aber trocken.
Als ich die Grenze nach Schottland passierte, dachte ich noch daran zurück, wie schön es gewesen war, mit Ilarion unterwegs zu sein, der sich für Land und Kultur interessiert hatte.

Julian rief an, er war gelandet und wollte wissen, wo wir uns treffen. Ich schickte ihn in das Dorf in Laufweite des Rasthofs bei der Forth Bridge.
Als ich dort angekommen war, machte ich mich auf den kurzen Fußweg und wir trafen uns in dem Teehaus, das wohl den Geschäftsleuten auf der Hauptstraße als Kantine diente. Wir bestellten uns Tee und Sandwiches.

Julian ließ sich nun erst einmal erklären, wie sich die Lage entwickelt hatte, in der wir nun waren. Dann gingen wir durch die Felder die Meile zurück zum Rasthof.

„Du hast nicht wirklich Dein Namensschild mit?“ „Doch, ohne fühle ich mich irgendwie nackt.“ „Als ob Du dafür ein 52 Zentimeter DIN Langschild brauchst.“ Noch nicht fertig ausgesprochen und schon zog mir Julian das besagte Schild andeutungsweise über den Schädel.

Danach erzählte ich weiter, wie der Streit mit Chris sich über die Zeit entwickelt hatte und darüber waren wir in Aberdeen angekommen.

Mit einer Ladung Ölschiefer fuhren wir zurück in die Nacht. Irgendein Forschungsinstitut in Frankreich wollte daran neue Verfahren zur Ölgewinnung ausprobieren. Ich wusste nicht, dass Steine brennen können, aber der Ölschiefer war wie Steinkohle in Gefahrgutklasse 4 einsortiert.

Nach einer Nacht auf der anderen Fahrbahnseite von Forth Bridge Services waren wir am Mittwoch noch vor 7 wieder unterwegs. Und nun stellte Julian die Gretchenfrage: „Wie geht es denn mit Euch nun weiter und was heißt das für uns?“
„Du stellst Fragen, auf die ich auch gerne eine Antwort hätte. Er meckert immer über unsere Trucks und dass er gerne was Besseres und Stärkeres hätte. Da will ich mit Euch beiden drüber sprechen am Ende. Ich würde uns gerne Anfang des Jahres einen Volvo FH 600 kaufen und dann den hier Timo geben. Aber Ihr hättet erst einen größeren Truck verdient.“ „Wenn es denn hilft, stehe ich zumindest da auch gerne zurück. Wir waren eh doof. Warum haben wir nicht den zweiten Iveco genommen und Ilarion den Magnum gegeben? Habe mit Marlon schon besprochen, dass wir das vielleicht über Weihnachten tauschen sollten, wenn Ilarion einverstanden ist.“
„Ich habe mehr Angst davor, wenn das mit Chris und mir am Ende nicht klappt.“ „Das war auch unsere Sorge. Was ist, wenn die Firma sozusagen zu klein für Euch beide würde? Entschuldige den Gedanken, aber die Frage stellte sich nun mal.“ „Mir auch. Erschreck jetzt nicht, aber ich war darüber schon bei einem unabhängigen Anwalt.“
„Und was hat er gesagt?“
Wenn dieser Schritt ihn schockierte, ließ er es sich nicht anmerken. Oder die beiden hatten sich selbst schon Antworten auf diese Frage gesucht und waren nicht so unvorbereitet und blauäugig in der aktuellen Situation, wie ich befürchtete.
„Er kann gehen, ich kann gehen oder die Mehrheit von drei Gesellschaftern kann einen ausschließen.“ Er nickte. „Jetzt erschreck Du bitte nicht. Das haben wir schon diskutiert. Aber wir werden es nicht tun. Wenn es nicht mehr funktioniert, muss einer von Euch eben selber gehen.“ Langsam wurde der Spruch albern, aber er lockerte dadurch trotz der ernsten Lage das Gespräch auf.
„Du bist wieder dran mit nicht erschrecken. Ich habe schon erste Informationen im britischen Konsulat eingeholt. Wenn wir nicht wieder zusammen finden und Chris dann auch nicht anders los werden, gehe ich wirklich.“ „Dann lösen wir die Gesellschaft auf. Wir haben damit nichts zu tun, kennen Euren Streit nicht und wollen deshalb nicht aktiv auf eine Seite wechseln. Die Auflösung wäre für alle Seiten neutral. Anders ist das aber finanziell auch nicht zu schaffen, wenn Du gehst.“
„Fragt sich nur, was aus unseren beiden Jungs wird. Und das Streitthema geht Euch ja nun doch was an, da er an Firmenthemen liegt.“ „Chris wird froh sein, wenn er mit seinem Teil überhaupt über die Runden kommt. Viel mehr als den Premium dürfte er auf Sachwerte umgelegt nicht raus bekommen. Entweder wir schmeißen beide unter Probezeit mit Ende der Gesellschaft raus oder Du und wir treten für je einen in Rechtsnachfolge. Vorausgesetzt von denen ist dann auch einer mit Dir reif für die Insel.“
„Langsam erschrecke ich doch, wie sehr wir uns auf beiden Seiten schon auf den schlimmsten Fall vorbereitet haben.“ „Wir hatten schon länger ein schlechtes Gefühl, aber eher wegen unserer Organisation.“ „Wie meinen?“ „Na ja. Zu viele Häuptlinge, zu wenig Indianer. Dass es da irgendwann mal Machtspielchen geben könnte, hatten wir schon befürchtet. Allerdings nicht unbedingt in der aktuellen Konstellation. Trotz der Expansion haben wir immer noch mehr Geschäftsführer und Prokuristen als Angestellte. Aber bevor wir den Teufel in noch kräftigeren Farben an die Wand malen, lass uns mal lieber das Wochenende abwarten.“
Das war nett gesagt, denn die Konstellation, die er meinte, wäre vermutlich Gebrüder Franke gegen „Ehepaar“ Kaiser-Langerczyk gewesen.

An der Abfahrt Sheffield dachte ich kurz an Keith, Luke und Tom. Wie viel einfacher hätte alles sein können, wenn ich gleich vor 8 Jahren vernünftig gewesen wäre und in Wales geblieben wäre?
Und da ich Luke an Keith vermittelt hatte, war mir auch der Weg in seine Firma verstellt. Insbesondere so, wie Keith und Tom ihn beschrieben hatten, wollte ich den heutzutage auch lieber nicht mehr regelmäßig sehen müssen.

Mit einem Tankstopp zu horrenden, umgerechneten 1,70 Euro je Liter Diesel und wieder entspanntem Smalltalk erreichten wir kurz nach 3 den Orbital. So waren wir dann vor der großen Pendlerwelle um London herum.
Wir setzten noch über und fuhren so weit nach Frankreich rein, dass wir am nächsten Morgen erst nach dem Berufsverkehr über die Pariser Ringautobahn kamen.

Der Donnerstag erwartete uns mit Regen, der aber bei Orleans wieder nachließ. Wir lieferten in Clermont ab und waren schon bald wieder unterwegs. Den kürzesten Weg durch die Schweiz konnten wir nicht fahren, weil wir kein TIR hatten. Also ging es von Lyon weiter auf Dijon.

Der Freitag begann immerhin vom Wetter schön. Nach dem Sonnenaufgang in einer goldenen Landschaft passierten wir auch das Denkmal für den TGV Schnellzug.

Kurz danach meldete sich die Tankanzeige. Nun war es allerdings noch ein Stück bis zur nächsten Tankstelle bei Straßburg. Unser Parkplatz für den Fahrerwechsel hatte leider keine Tankstelle zu bieten. Julian sah sich nach der Abfahrt die Restreichweite an und fuhr zu meiner Überraschung an der Abfahrt Strasbourg Sud vorbei, wo die nächste Tankstelle gewesen wäre.
„Was soll das? Wir müssen Tanken!“ „Mit der Restreichweite schaffen wir es doch noch an die Grenze und tanken da.“ „Na Du bist mutig.“

An seinem ungewöhnlich verhaltenen Fahrstil merkte ich, dass Julian am Ende sich selbst nicht mehr so sicher war. Der letzte Klotz in der digitalen Tankanzeige war verschwunden, das Zeigerinstument lag sowieso schon lange am linken Anschlag.
Endlich kam die Tankstelle und wir schafften es an die Säule. „Tank voll! Wir brauchen so viel zwar nicht, aber ich will wissen, was Du rein kriegst! Das ist mir der Spaß dann auch wert!“ Zumal der Dieselpreis im freien Fall war, weshalb das sowieso eine mittlerweile eher kleine Rolle spielte.
Die Zapfsäule schaltete ab. „Was geht in den rein?“ „580!“ „Ups!“ „Wie, ups?“ „Ich habe glatt 571,0 getankt.“ „Na dann freu Dich. Und so was machst Du bitte nie wieder mit mir daneben.“

In Frankfurt lieferten wir unser Trimethylaluminium ab und machten uns mit Sägemehl auf den Weg nach Düsseldorf. Auch das war in Containergröße und sägefeucht eingelagert Gefahrgut, konnte es sich doch sogar selbst entzünden. 12 Tonnen brennendes Sägemehl hatten schon einen gewissen Heizwert und waren auch nicht mehr so einfach zu löschen.

Um 18:30 Uhr waren wir zu Hause, Marlon war schon mit Judith verschwunden, der wollte morgen zur Krisensitzung wiederkommen. Ilarions Truck stand auch schon auf seinem Platz und der Fahrer in sein Wochenende verschwunden, Timo war ohnehin dieses Wochenende nicht zu Hause.
Auch der Antagonist hatte abgesagt, Chris würde wie befürchtet erst am Sonntagabend anreisen. Also hatten Julian, Marlon und ich das Vergnügen zu dritt zu tagen. Dafür, dass er die Lage zu verantworten hatte, bewies Chris eine erstaunliche Gleichgültigkeit.

So brachte das Gespräch am Samstag auch nicht wirklich viele neue Erkenntnisse, das meiste hatte Julian auf der Tour eh gesagt. Wir entschieden noch kurzfristig, dass Marlon mit Chris fahren wollte, um Chris mal einen neutralen Ansprechpartner zu bieten.
Ich wollte dagegen mit Ilarion fahren. Außer ihm wusste eh schon die ganze Belegschaft, dass der Haussegen schief hing. Und er war der heißeste Kandidat, im Extremfall mit mir auf die Insel zu gehen.
Da ich beschlossen hatte, dass die Entscheidung dazu auf jeden Fall fiel, nachdem das Gespräch mit Chris am Sonntag stattgefunden hatte und davon abhing, wie es ausgegangen war, konnte es gut sein, dass die nächste Woche meine letzte als aktiver Fahrer in dieser Firma sein würde. Und das würde bedeuten, dass das Gespräch und die gemeinsame Tour mit Ilarion dann seinen sehr konkreten Hintergrund haben könnten.

Julian fuhr als Einzelfahrer nach Rom und wieder zurück. Eine Tour, die bequem in eine Woche passte. In Rom würde er auf Timo treffen, dann wollten sie im besten Stil der 70er und 80er auf der Heimreise zusammen bleiben.
Marlon und Chris durften sich als kleines Leckerchen für Chris auf den Weg nach Bialystok machen. Denen wiederum folgten Ilarion und ich bis Berlin als kleiner Schatten. Allerdings konnten und wollten wir im Gegensatz zu Julian und Timo daraus keine gemeinsame Veranstaltung machen. Zumal Ilarion mit der ersten S-Bahn erst um 5 da war, da wollten Marlon und Chris schon unterwegs sein.

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