Kapitel 42 – Alone Again

Heute…
…liegen merkwürdige Gegenstände auf dem Tisch…
…Ricky hört einen merkwürdigen Musikmix…
…und bestellt ein merkwürdiges Heißgetränk!
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Die Party am Samstag wurde auch eine nachgeholte Weihnachtsfeier. Als Julian und ich auf der Suche nach Ersatz für den abhanden gekommenen Hausrat und die Utensilien für die Party waren, kauften wir auch gleich Geschenke – nicht ganz ernst gemeinte und bisweilen auch nutzlose, aber es gab recht wenig zu lachen in den letzten Wochen.
Außerdem hatten wir an nützlichen Sachen die Firmenkleidung für die Fahrer noch mal aufgerüstet. Neben Polohemd, Sweater-Jacke und Warnweste mit Firmenlogo würden sie nun auch noch eine Thermojacke und ein einfaches Sweatshirt dazu bekommen. Für Judith gab es einen neuen Bürostuhl. Bei den Zeiten, die sie inzwischen im Büro war, konnte man ihr das für Teilzeit angeschaffte, schwedische Billigteil nicht länger zumuten.

Am Samstag kamen wir zur Party zusammen. Die Scherz-Geschenke lagen schon auf dem Tisch, aber bevor es an die ging, verteilten wir erst mal die nützlichen Sachen. Dann ging es an den lustigen Teil.

Judith war wie ich Fan von „Mord mit Aussicht“. In der Serie hatten sie über die Telefonhörer so Stofftiere gezogen und genau so eins lag gestern beim Elektroladen im Grabbeltisch vor der Kasse. Weil Judith ein Headset hatte, musste sie im Gegensatz zu Schauspieler Bjarne Mädel nicht mal mit dem Zausel auf dem Hörer telefonieren. Sie packte das Paket aus und fing an zu lachen. „Hauptsache, Du meldest Dich nicht mit Polizeiwache Hengasch!“
Timo war zwar nicht mehr unser jüngster Mitarbeiter, aber er sah wenigstens so aus, als wäre er es. Also bekam er ein T-Shirt, auf dem der Spruch stand: „Zum 18. Geburtstag will ich einen MAN!“ und ein Bild von einem TGX drunter. Zum Glück hatte der T-Shirt-Fritze das MAN-Logo und den TGX in seinen Vorlagen, normalerweise ging das Shirt mit irgendwelchen Golf GTI und so übern Tresen. „Was habe ich falsch gemacht? Ich werde im August 22 und fahre immer noch Renault.“ Er lachte aber wie wir alle. „Nur anziehen kann ich es nicht. Habe ja Firmenkleidung.“ „Nur bei Kunden, am Steuer und in der kleinen Pause. Was Du nach Feierabend anziehst, ist Deine Sache und Feierabend ist nach der Tageslenkzeit auch auf einem Rasthof. Wenn Du Dich mit dem Ding in den Autohof Berg, Geiselwind oder so einen Kult-Truckstop traust, bist Du der Held!“
Das Geschenk für Ilarion war eigentlich das erste gekaufte gewesen, denn das hatte ich noch in Glasgow besorgt, allerdings nicht unbedingt mit dem Gedanken an so eine Party oder für ihn, sondern einfach nur aus Jux und für mein eigenes Fahrerhaus, weil es so lustig aussah. Er bekam nämlich ein Plüsch-Exemplar des schottischen Haggis-Tiers.
Julian war neben mir unser zweiter bekennender Morgenmuffel. Also gab es für ihn eine Tasse mit „Grumpy Cat“ und dem Spruch „I don’t like morning people – or mornings – or people!“ Von mir war sie nicht ausgesucht worden, da steckte Marlon hinter, der mir diese Sache abgenommen hatte.
Für Marlon gab es ein Fensterleder. „Jetzt kannst Du Dein Getränk von der Scheibe putzen, wenn ich mit Ricky über unsere nächsten Bewerber telefoniere.“
Nun blieb noch ein relativ großes Paket für mich, das Julian organisiert hatte. Als ich es aufriss, war mit der Zahl 1848 in weiß auf blau schon klar, was das war: VfL-Bochum-Bettwäsche. „Damit Du nicht mal mehr im Traum auf die Idee kommst, an eine andere Stadt als Bochum zu denken!“

Danach gingen wir zum gemütlichen Teil des Abends über. Es gab ein Fondue, das wie bei meinen Eltern mit einer Gemüsesuppe statt mit Fett gemacht wurde. So hatten wir, während unsere Häppchen in der Brühe gar kochten, immer wieder mal Zeit für die schönen und lustigen Erinnerungen an das vergangene Jahr. Obwohl für mich viele davon mit Chris zu tun hatten und alle versuchten, ihn als Thema zu umschiffen, hatte auch ich viel zu lachen und war von Chris Abgang abgelenkt.
Außerdem mussten Marlon und Ilarion ja ihre auf Insiderwitzen aufbauenden Scherz-Geschenke noch genau erklären.

Als die Party endete, war es schon nach 1 Uhr. Marlon und Judith ließen sich für ihren Heimweg ein Taxi kommen. „Willst Du auch ein Taxi?“ Ilarion schüttelte den Kopf. „Und dann renne ich vor den Schirmständer auf dem Flur und die ganze Familie ist wach. Darf ich mich bis morgen früh bei Euch einquartieren?“ Das war kein Problem und so würde er die Nacht Marlons sowieso ungenutztes Bett bei Julian im Zimmer bekommen.

Am nächsten Morgen leistete die Gemüsebrühe aus dem Fondue ganze Arbeit. Natürlich waren wir nicht so fertig mit der Welt wie Timo nach seinem Abenteuer vor ein paar Wochen, aber so ein kleines Katerchen hatte sich doch einquartiert.

Am späten Vormittag machte sich Ilarion auf den Weg nach Hause. Morgen, etwas früher als jetzt, würde er wieder zurückkommen. Jetzt war ich wieder Einzelfahrer und startete mit ihm und Timo gegen 10 Uhr in die Woche. Sonst war um die Zeit schon der erste Fahrerwechsel durch.

Den Montag nutzte ich morgens noch für ein Bisschen Büroarbeit. Julian und Marlon hatten in der Nacht bei Bayer Bochum geladen und waren auf dem Weg nach Tunesien.
Ilarion sollte nachher bei ENI in Duisburg laden und Timo bei Linde in Bochum. Die zwei wollten dann gemeinsam bis Bologna, bevor Ilarion weiter nach Ancona zur Griechenlandfähre fuhr und Timo nach Rom. Deshalb fuhr Timo heute extra noch 20 Minuten später los, damit er nicht unterwegs auf Ilarion warten musste.
Auf mich warteten bei ENI in Essen Feuerwerkskörper für Rotterdam. Das waren die Rückläufer der Silvesterknallerei aus den Läden, die dort in einer Spezialfirma unschädlich gemacht werden sollten.

Bis es so los ging, googlete ich mal Chris neue Firma, Bogenhofer Spezialtransporte. Jede Menge Lastzüge von hinten auf Fotos – mit Tanks, mit Pipelinesegmenten, mit Windkraftanlagenteilen, mal ein Transformator oder Stahlträger. Unter dem Punkt „Flotte“ war im Text die Rede von „5 leistungsfähigen Zugmaschinen der Marken Scania, Volvo und Mercedes-Benz mit Tieflade-Aufliegern für bis zu 60 Tonnen Nutzlast“, das Foto darüber zeigte einen Scania R620 Serie 5. Na dann hatte er ja jetzt unterm Hintern, was er wollte, auch wenn 60 Tonnen in dem Metier mancher Unternehmer in die Anfängerklasse sortierte und der Laden ein entsprechend kleines Licht sein dürfte.
Wenn’s schee macht. Mir blieb das flaue Gefühl, ihm als Mensch weniger bedeutet zu haben als sein neuer Truck als Maschine.

Ich bezog das Bett in der Kabine noch mit der VfL-Bettwäsche und kurz nach 10 war ich in ziemlich dickem Verkehr mit meiner Ladung Feuerwerk auf dem Weg aus Essen in Richtung Holland. Zumindest dick für die Uhrzeit und dass noch Ferien waren.

An einer Tankstelle im Grenzgebiet zwischen Niederlanden und Belgien machte ich Pause. Es war ungewohnt, wieder darauf achten zu müssen, erst nach 45 Minuten weiter zu fahren. Bisher hatten wir gegessen und dann übernahm der zweite Mann.

Die weitere Fahrt nach Rotterdam verlief ohne besondere Vorkommnisse. Der Musikmix, mit dem ich mich von der Einsamkeit im Fahrerhaus ablenken wollte, war reichlich unkonventionell. „Only Love can hurt like this“ von Paloma Faith folgte auf das punkige „Rose Tattoo“ von den Dropkick Murphys, das opernhafte Metal von Nightwishs „Ghost Love Score“ – nur echt mit Tarja als Sängerin – wechselt mit dem HipHop von „Missing You“ in der Britain’s got Talent Version von Bars&Melody, ein klagendes „Take me to Church“ von Hozier stand im Kontrast zum Pop-Rap-Mix „Lost Without You“ von DJ Maloy feat. Delta Goodrem – einem teilweise russischsprachigen Andenken an Ruslans Truck und den USB-Stick, der im Radio gesteckt hatte. Nicht dass ich ein Wort aus dem Rap-Teil verstand, aber es hatte was.

Mit Schrecken stellte ich dafür beim Umsatteln fest, dass mir nur noch zweieinhalb Stunden blieben, bevor alle Räder still stehen mussten. Also sattelte ich den Trailer auf, den Total nicht nur in einem Anfall von Nostalgie, sondern auch noch Ostalgie lackiert haben musste und machte mich vom Hof.
Es wurde natürlich schon bald dunkel. Trotzdem erreichte ich noch vor 20 Uhr wieder die Tankstelle an der Grenze von Belgien und Niederlanden. Mit Doppelbesatzung wären wir morgens 5 Stunden früher los und würden jetzt noch mindestens 30 Minuten fahren, um auf unser Tagessoll zu kommen.

Der Dienstag begann mit einem Tankstellenfrühstück, landestypisch gab es hier 24 Stunden am Tag Poffertjes und die waren ja auch nicht zu verachten. Noch vor 7 rollte ich durch Dreckswetter in Richtung Deutschland.

Das besserte sich bis ans Ziel am Niederrhein auch nicht mehr und so musste die neue Thermojacke zeigen, dass sie wind- und wasserdicht war. Danach standen ein paar Kilometer Solofahrt zu Bosch in Gelsenkirchen an. Immerhin dort schien die Sonne, als ich mit einem Tanker die enge Einfahrt verließ. Hier hatte ich auch gleich mal die Gelegenheit ergriffen, auf eine echte, deutsche Kantinen-Currywurst meine Mittagspause einzulegen.

Die Sonne stand noch so hoch am Himmel, wie sie das im Winter eben konnte, als ich schon mitten in der zweiten Schicht des Tages auf der A3 unterwegs war und mich von einem ICE auf der Bahnstrecke überholen ließ.

Die Nacht verbrachte ich auf einem Rastplatz im Taunus. Schon um 4 fuhr ich weiter. Die Zeit drängte. Auch das war sonst kein Thema gewesen, da man mit zwei Fahrern jede noch so knapp auf einen Fahrer kalkulierte Eilfracht legal und pünktlich gleichermaßen abgeliefert bekam.

Natürlich fühlte ich den Stich ins Herz, als ich an Nürnberg vorbei fuhr. Rechtlich durfte Chris mit der Freistellung schon jetzt für seine neue Firma fahren, sein Geld von uns bekam er natürlich erst in den kommenden Tagen, um es dort zu investieren. Wo war er wohl gerade und war wenigstens er zufrieden?

Mit Sonnenaufgang besserte sich auch meine Laune und im Sonnenschein rollte ich durchs Donautal an Linz vorbei. Vor dem Ziel in St. Pölten musste ich noch mal Pause machen. Der Mix aus weißer Winterlandschaft und den kräftigen Farben der zwei geparkten Trucks und der OMV-Tankstelle gab ein interessantes Bild ab.

Als ich nach St. Pölten rein fuhr, fiel die Stimmung wieder in den Keller, woran die Erinnerung an unser erstes wirklich gemeinsames Wochenende nach dem überraschenden Zusammenfinden in Cardiff nicht ganz unschuldig war. Daher quälte ich auch den Trailer bei Rettenmeier unkonzentriert und ziemlich schief auf den Hof.
„Lass gut sein. Unsere Schläuche kann man auch im Bogen verlegen.“ Der Witz des Mitarbeiters heiterte mich nur wenig auf. Ich ging ins Büro. Nun musste ich auch wieder erst abkuppeln und dann den Papierkrieg machen. Zu zweit hatten wir uns das immer aufgeteilt.

Die Nacht fand diesmal im Gewerbegebiet am Straßenrand statt.

Es war nur ein kurzer Sprung nach Brno. Dort wartete der letzte Auftrag über eine längere Entfernung für diese Woche. Nach dem Abladen und einer Mittagspause an einem Imbiss war ich gegen halb zwei mit einem Tieflader und darauf einem leeren Vorratstank für den Export nach Übersee auf dem Weg nach Bremen.

An diesem Donnerstag kam ich bis zu einem Rastplatz vor Dresden. Natürlich war es mal wieder einer von der Sorte mit der Autobahn durchs Bett.

Dadurch fuhr ich am Freitag schon vor halb sechs wieder los, nachdem ich ein Selbstbau-Müsli aus Haferflocken, einer Banane und gehackter Zartbitterschokolade verfrühstückt hatte. Hinter Dresden ging es Umleitung sei Dank über Landstraßen weiter, aus der sternenklaren Nacht wurde dann eine trübe Morgensuppe.

Nach zwei Stunden hatte sich der Nebel gelichtet und die Sonne kam heraus. Als mir die Lenkzeit dann ausging, war natürlich weit und breit kein Rastplatz zu finden. Also steuerte ich einfach eine Vertrauen erweckende, überfrorene Kiesfläche an und legte meine Pause ein. Auf dem Menü fürs Mittagessen stand Vollkornbrot mit Schnittkäse und ein englisches Chutney. Und keiner saß neben mir, der über „Käsebrot mit Zwiebelmarmelade“ lästerte.

Anschließend ging es das letzte Stück nach Bremen und ich wurde meine Ladung bei Hellmann los. Danach fuhr ich in einen zweitklassigen Stadtteil zu einem drittklassigen Hotel.

Dank Sechstagerennen war Bremen hoffnungslos überbucht. Und ein Truckerkollege hatte die Veranstaltung mal als „wüstes Besäufnis mit Radrennen im Rahmenprogramm“ bezeichnet. Also durfte ich mal gespannt sein, wie unruhig die Nächte mit grölenden Heimkehrern auf dem Flur wurden. Die Alternative bestand darin, wenigstens heute und am Samstag mitzusaufen. Alkohol war zwar keine Lösung, aber immerhin ein Lösungsmittel. Vielleicht lösten sich meine aktuellen Sorgen ja drin auf.


Das wirkte am Sonntag nicht so, als ich versuchte, in den Tag zu starten: „Buongiorno der Herr. Prego?“ „Einen Caffè grande hätte ich gerne. Con limone.“ Er murmelte die sonderbare Bestellung nach, während er sich an der Kaffeemaschine zu schaffen machte: „Caffè grande con limone, wie sie wunschen.“ Wie kam ich dazu, mit solch einem Sprachmix eine Bestellung aufzugeben?

Dank Sturm war ich Freitagabend und Samstag bis in den Nachmittag ohnehin an mein Hotelzimmer gefesselt. Da es wenigstens Servus TV gab, konnte ich so das DEL Wintergame verfolgen. Danach hatte ich zwei Gründe zum Frustsaufen und da man nicht mehr vom Sturm bis in die Lüneburger Heide geweht wurde, zog ich los.

Am Ende hatte ich es noch irgendwie geschafft, mein Hotel gut genug zu kennen, um einen Taxifahrer hin zu schicken, ohne fremde Hilfe mein Zimmer zu finden, das „Bitte nicht stören“ Schild an die Zimmertür zu hängen und bis 13 Uhr durch zu pennen.
Nach dem Aufwachen hatte ich einen Schädel, für den ich besser ein Doppelzimmer gebucht hätte. Die anschließende Dusche war nicht wirklich toll. Stellte ich sie heiß, beruhigte sich der Kopf, aber ich drohte, gleich wieder in Schlaf zu fallen. Stellte ich sie kalt, kamen die Lebensgeister zurück, allerdings schoss mir dann jemand tausende Nadeln in den Kopf.

Bis ich aus der Dusche kam und beschlossen hatte, den kaputten Typen, der mich im Spiegel anstarrte, aus Sicherheitsgründen heute mal nicht zu rasieren, war die Frühstückszeit dann schon seit 3 Stunden vorbei. Also war ich einfach mal die Straße runter gelaufen. Immerhin der Sauerstoff machte wach, ohne den Kopf in eine Dartscheibe zu verwandeln. Erste Gelegenheit, an etwas ess- und trinkbares zu kommen, war eine italienische Eisdiele, die im Winter als Espressobar diente, wenn Eis keine Saison hatte.

Nachdem ich die ersten Schlucke von dem fiesen Gebräu genommen hatte, bestellte ich mir noch ein Wasser und ein belegtes Brötchen. Probleme waren also nicht in Alkohol löslich, aber wenn man Probleme mit Alkohol mischte, reagierte das zu Kopfschmerzen.
Ich surfte auf meinem Tablet ein Bisschen auf den Websites der Truckhersteller herum, während ich das Frühstück allmählich genießen konnte, nachdem das Teufelsgetränk a la Timo seine Wirkung entfaltete.

Und für Timo guckte ich nach einem LKW. Er hatte den kleinen Premium so lange tapfer ertragen. Mit Julian und Marlon war ich mir einig gewesen, dass er als nächstes dran war. Sie wollten so lange den alten Iveco weiter fahren.
Was dann mit dem Premium passierte, mussten wir sehen, wenn es so weit war und das konnte noch ein Bisschen dauern. Entweder fanden wir einen neuen Einsatz oder er ging weg. Da würde auch eine Rolle spielen, wie unsere Bonität sich entwickelte. Dennis hatte schon angedeutet, dass wir mit dem schlankeren Management wieder von besseren Zinsen und höheren Limits träumen durften. Dass wir profitabel waren, half dabei sicherlich auch.

Passend zu meinem Kater stellte ich fest, dass inzwischen quasi bei jedem Hersteller ein Alcolock zum Programm gehörte. Offenbar gab es inzwischen genug Kandidaten, die nicht mehr wussten, dass sie, wenn sie es denn taten, erst mit der Wochenruhe das Saufen anfangen konnten und dann mal besser 15 bis 20 Stunden vor dem Wochenbeginn wieder aufhörten.
Jeder schoss sich mal ab, sei es aus einer Feierlaune oder aus Frust. Aber eins stand fest. Wenn ich am kommenden Wochenende vor haben sollte, das Besäufnis von diesem zu wiederholen, würde ich Julian bitten, mir eine zu scheuern, damit ich wach wurde. Feierabendbier war aber trotzdem erlaubt.

Nach einer Cola zum Abendessen und einer letzten Nacht im Hotel war ich jedenfalls am Montag um halb zehn startklar und bald darauf mit einer Ladung Lachgas auf dem Weg nach Trieste.

Die Nacht verbrachte ich auf der Rastanlage Hermsdorfer Kreuz, bis Berg hatte es nicht mehr gereicht, was einigermaßen schade war. Zwar war Berg nicht (mehr) so besonders wie viele Kollegen taten, aber Hermsdorf fand ich höflich ausgedrückt qualitativ ausbaufähig.

Am Dienstag ging es dann an Nürnberg vorbei und da war wieder der Stich ins Herz, nicht wirklich schwächer als letzte Woche. Aufheitern konnte mich erst die beeindruckende, winterliche Landschaft am Felbertauern.

Zu ziemlich günstigen Preisen gab es österreichischen Diesel und früh Feierabend, da die 9 Stunden durch waren und ich noch keinen Joker-Tag verblasen wollte.

Dadurch begann der Mittwoch schon um kurz nach 4. Bei ziemlich miesem Wetter prügelte ich mich gegen halb acht mit einer Menge Italienern um jeden Quadratmeter Straße auf dem Weg nach Trieste.

Das Wetter wurde nicht besser und ich beim Umsatteln auf dem Fercam-Hof entsprechend nass. Also durfte ich mich vor der Weiterfahrt erst einmal abtrocknen. Immerhin war die neue Jacke gut und die Klamotten wurden nicht nass. Aber als passionierter Mützenhasser sah ich aus wie frisch nach der Haarwäsche.

Und dann knallte es zwischen Venedig und Bozen mal wieder. Der Fahrer eines SUV wollte die Spur wechseln und vollführte dabei einen Bandencheck an einem Opel Corsa. Ich ging in die Eisen und auf die Standspur, wo ich anhielt.
Da der Fahrer des Nissan Qashqai sich mehr um seine Fahrertür als alles andere sorgte, nahm ich erst mal die Organisation in die Hand, ließ ihn die Unfallstelle absichern und sein Fahrzeug zur Seite fahren.
Der Corsa war mit dem Radsturz an der Vorderachse wohl nicht mehr fahrtüchtig. Der junge Fahrer war vor allem durch den Wind. Ich half ihm, über den Mitteltunnel aus dem Auto zu klettern. Er war unverletzt und brauchte vor allem Trost. Ich schickte ihn ins Fahrerhaus auf den Beifahrersitz und gab ihm einen Becher Tee.
Das Auto hatte er sich mühsam zusammengespart und quasi selbst zu Weihnachten geschenkt. Jetzt war es nach nicht mal einem Monat kaputt.

Die Polizei kam und nahm Aussagen auf. Also war es schon halb zwölf durch, bevor ich wieder unterwegs war.
Der Schneeregen hörte auf der italienischen Brennerseite auf, der Tag irgendwo im Vorarlberg.

Der Donnerstag war dann auch schon wieder rum, als ich in Ludwigshafen bei ND absattelte. Nebenan stand ein Trailer der Firma Weihnachtsmann & Co, der noch nicht wieder seine Ganzjahresplane trug.

Mal wieder verbrachte ich die Nacht in der Solozugmaschine in einem Gewerbegebiet.

Freitag stand nicht mehr viel auf der Agenda. Mit einer Ladung Langholz ging es nach Lüttich und von da leider solo nach Hause.

Auf dieser Leerfahrt allerdings meldete sich das Handy zu Wort, es war Keith, der mal wissen wollte, wie es mir ging. Ich erzählte ihm von Chris Abgang und meiner ziemlich mitgenommenen Gefühlswelt. Immerhin ging die Zeit im Gespräch schneller rum und ich stand auf dem heimischen Hof.

Julian war schon da – und Marlon mit Judith verschwunden. Ich machte LKW-Putz und noch ein Bisschen Bürokram. Timo wurde mit zwei Stunden noch zu fahren auf dem Rückweg aus Italien gemeldet, der hing gerade irgendwie so ein Bisschen auf Italienlinie fest. Und Ilarion hatte sich laut GPS-Daten bei Frankfurt in seinem Windschatten festgesaugt auf dem Rückweg aus Österreich.

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