Kapitel 47 – Besprechungen

Diese Woche…
…versteht Julian kein Wort in einer Besprechung…
…Ilarions Truck beginnt eine Besprechung…
…und ein Großunternehmer verteilt Kuchen in einer Besprechung!

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Wochenbeginn nach einem schönen und ablenkenden Wochenende in Mailand war, Bitumen von Strabag zu Shell nach Griechenland zu bringen. Ich fuhr also zu Strabag und weil bei denen meistens die Trailer recht unorganisiert zwischen Baumaschinen und eigenen LKW herumstanden, ließ ich den Truck gleich am Tor stehen und ging erst mal Papiere holen.

Sonderlich flott war man im Büro am Montagmorgen noch nicht. Da mussten wohl noch ein paar Espressi fließen, bevor Betriebstemperatur erreicht war. Aber schließlich hatte ich beisammen, was ich brauchte. Wen müssen wir denn suchen und gab es in den Papieren einen Hinweis, was drauf steht? Und was für einen: Kennzeichen (D) BM-AT 856 – wie jetzt?
Immerhin musste ich bei dem Kennzeichen nicht mal die wild verteilten Trailer auf der Rückseite abschreiten, um das Kennzeichen zu suchen. So dauerte es nicht lange, bis ich auf dem Weg nach Ancona war.

Der Verbrauch vom MAN war am Ende doch okay. Der hohe Verbrauch, von dem Patrick erzählt hatte, musste also an seinem legendären Fahrstil gelegen haben. Mich würde vor allem die in allen Richtungen extrem weiche Kabinenfederung stören. Das war schon bei den ERF ECT so gewesen und sie waren sich wohl bei MAN treu geblieben.
Der MAN brauchte genauso viel wie der Iveco. Man musste allerdings bedenken, dass der MAN nur EEV erfüllte, ein Euro-6 würde mehr nehmen. Der Iveco Cursor war halt schon immer ein Bisschen besser mit dem Sprit umgegangen und sparte dadurch eine Stufe in der Abgasreinigung ein. Mit dem, was mein Euro-6 Stralis an Technik hatte, waren andere Hersteller schon bei Euro-5 am Ende gewesen. Ein im Wortsinne kleiner Aufreger am MAN war der Tank. Mit 450 Litern war die Zugmaschine, wenn man wie ich 580 Liter gewöhnt war, ziemlich kurzatmig. Aber sogar Afrika war mit 1400 Kilometern Reichweite kein Thema.
Griechenland oder Italien war bei dem Versuch, Abhilfe zu schaffen egal, bei beiden kostete es im europäischen Vergleich ein Vermögen zu tanken.

Als ich auf der Fähre angekommen war und aufs Ablegen wartete, rief ich also mal bei Judith an. „Hallo Ricky, wie ist das Mittelmeer?“ „Sieht nass aus, die Temperatur kenne ich nicht.“ „Was kann ich denn gegen Dich tun?“
„Nichts, ich komme sowieso immer wieder. Warum fahren wir denn in den letzten Wochen plötzlich so viel für Talke?“ „ENI hat sich quasi komplett aus dem freien Markt zurückgezogen. Die füttern ihre eigenen Subunternehmer und lassen dann nur die Reste in den freien Markt. Wobei ich mitbekommen habe, dass es auch da nicht nur tief hängende Trauben gibt. Sogar die Partner, die sich ihre Fracht selber aussuchen, kurven überwiegend nur um den deutschen Pudding. Süddeutschland, Benelux, Nordhälfte Frankreich und Großbritannien schimpfen sich Fernverkehr. Da sind Österreich und Polen schon Ausnahmen und Italien oder Spanien Urlaubsländer.“ „Woher weißt Du das denn?“

„Ich bin halt gut vernetzt. Ich versuche gerade, mich bei Shell, Bayer und BASF einzuarbeiten. Die haben wohl eigene Systeme, in denen sich die Speditionen registrieren müssen. Was wir da bisher hatten, war nur die Spitze des Eisbergs, die bieten viel mehr. Bis zum Wochenende werde ich damit wohl durch sein und dann könnt Ihr Euch das durchlesen und einer aus der Geschäftsführung muss unterschreiben. Dann heißt es warten auf die Genehmigung von denen, bevor wir ins System kommen. Wahrscheinlich werden wir in den ersten Wochen und dann jährlich auditiert oder müssen selber eine ISO 9001 machen lassen. Linde alleine, mit denen wir bisher das meiste machen, reicht unmöglich, uns alle zu füttern. Da würden maximal 3 Trucks mit voll.“ „Sehr zum Leidwesen von Ilarion als Nummer 4.“
„Auch wenn Petra den und vermutlich auch Dich gerne wieder hätte. Bei denen knuspern sie heute wohl sehr an dem Sparkurs von vor 2 Jahren und haben zu wenig Kapazitäten. Deshalb kriege ich bei Petra auch kurzfristig was für uns, wenn ich frage. Sie ruft seit letzter Woche von sich aus dauernd an. Musste ihr sogar schon mal absagen, weil keiner von Euch passend stand. Ilarion ist auch bis morgen Mittag für Talke auf dem Weg nach Wroclaw, Timo fährt morgen eine Ladung von der Niederlassung in Stade zu BASF in Ludwigshafen.“
3 von 4 Trucks der eigenen Firma am Dienstagmorgen unter blau-roten Logos auf der Straße. Wer hätte das im Frühjahr 2013 gedacht, als ich gehen musste?
„Ach so, Julian wollte einen Rückruf von Dir.“
„Was wollte der denn?“ „Keine Ahnung, wohl wegen Freitag. Ein Bewerber.“ „Freitag? Bewerber?“ „Frag ihn, hier klopft jemand auf der anderen Leitung an! Ciao!“ „Ciao.“

Also wählte ich Julians Handynummer. Mir war nur eine Bewerbung bekannt und Judith als Postministerin, die sie hätte eingehen sehen müssen gar keine? Er hatte doch nicht…
„Hallo Ricky!“ „Hallo Julian, Du wolltest mich sprechen?“ „Ja, hast Du vielleicht was vergessen zu bearbeiten?“ „Nein!“ „Warum so gereizt? Kann doch jedem Mal passieren.“ „Weil ich mir sicher bin, nichts vergessen zu haben.“ „Ich habe aber, nachdem er Judith angerufen hat, trotzdem in Deinem Büro gestöbert und die Bewerbung von diesem Lucas Leighton gefunden.“ „Die lag da an sich ganz gut…“ Mein Puls setzte kurzzeitig aus, weil ich eine bestimmte Befürchtung hatte.
„Wieso? Wir brauchen doch in den nächsten Wochen jemand neues für den Premium. Da habe ich ihn mal zurückgerufen und für Freitag eingeladen, wenn er sowieso auf der Durchreise Richtung Europoort ist.“
Das durfte nicht wahr sein. „Du hast WAS???? Weißt Du, wer das ist?“ „Nein…“ Jetzt war er plötzlich sehr eingeschüchtert, offenbar hatte er gemerkt, dass da mehr hinter steckte. „Mein Ex aus Wales!“ „Oh.“
„Tut mir leid. Ich dachte nur, auch nach unserem Gespräch… Ich habe es doch nur gut gemeint.“
„Gute Absichten sind die Pflastersteine auf dem Weg in die Hölle!“ „Soll ich ihn wieder ausladen?“ „Nein, bloß nicht! Die Briten sind die Erfinder des Antidiskriminierungsgesetzes. Wenn Du ihm erst mal breit Bedarf auf die Nase gebunden hast und dann eine Einladung absagst, verklagt er uns genüsslich auf eine Geldstrafe!“
„Was will er denn von uns?“
„Von mir, sag es ruhig. Ich weiß es nicht. Aber dank Dir werde ich gezwungen sein, es raus zu finden.“ „Soll ich alleine mit ihm sprechen?“ „Wäre noch eine Möglichkeit, aber fände ich auch lächerlich. Und ich sitze oben in der Wohnung, mache keinen Lärm und gehe nicht am Fenster vorbei wie in schlechten Filmen? Ich beiße mich da schon durch.“ „Okay, tut mir leid.“

„Anderes Thema. Judith sagte mir eben, wir haben Probleme, an Aufträge zu kommen? Sie muss uns wohl erst mal überall als Transporteure anmelden, um Aufträge sehen zu können, die mit Linde und bisher ENI mithalten können.“ „Ist mir auch schon aufgefallen. Viel Stückgut und Tiefkühlfraß in den letzten Wochen.“ „Meinem alten Brötchengeber Talke rennen dafür die Kunden die Bude ein. Sollten wir uns erst mal mit denen unterhalten über eine Partnerschaft? Sonst dürfen wir bald mit allen Chemiebuden einzeln verhandeln und uns von allen einzeln auditieren lassen. Talke fährt quasi eh für alle.“ „Spreche ich mal mit Marlon ab, wenn der sich meldet.“ „Lass uns doch heute Abend skypen. Auf dem Kahn habe ich eh freies WLAN.“ „Ich bin heute Abend auf der Kanalfähre, da geht das auch. Marlon muss zur Not den Surfstick nehmen.“

Wir beschlossen abends, dass wir wirklich mal mit Talke sprechen sollten. Das kostete uns noch nichts, außer einem halben Tag unserer Zeit. Vielleicht sparten wir uns damit aber Registrierung, Anerkennung und Audit bei zig Kunden. Judith sollte das mal über Petra für uns einzufädeln versuchen.

Am Dienstag ging es dann bergauf. Auch der Iveco war an diesem Höllenberg keine Rakete gewesen, hielt sich aber doch ein Bisschen besser als der TGX, was nicht alleine den 20 PS mehr geschuldet war. Aber das waren eben die Motoren von Iveco, die mancher gerne in seiner „anständigen“ Karosse hätte.

Gegen halb 10 war ich bei Shell in Trikala. Nun stand leider ein gutes Stück Leerfahrt an. Nach knapp 2 Stunden war ich bei DB Schenker in Ioannina und hatte das Lüftungsrohr für Recklinghausen aufgesattelt. Der MAN war der Meinung, das wäre keine nennenswerte Belastung und behielt das dritte Standbein gleich in der Luft.

Den Berg runter bewies dann der legendäre MAN PriTarder, warum er seinen tadellosen Ruf hatte. Zwar half auch hier bestimmt die geringe Last, aber der Truck ließ sich nicht ein km/h über das Limit hinaus schieben und problemlos konnte ich alleine damit vor der Verschärfung des Tempolimits von 60 auf 50 bremsen.

Dann klingelte das Telefon wieder, eine Dortmunder Nummer. „KFL Intertrans, Eric Kaiser, guten Tag.“ „MAN Dortmund, mein Name ist Rüdiger Ackermann, guten Tag. Ich bin der Niederlassungsleiter. Ich habe gesehen, dass Sie in den vergangenen zwei Jahren mehrfach Kontakt mit Herrn Seibt über MAN-Fahrzeuge hatten. Darf ich mal fragen, warum Sie sich nie für MAN entschieden haben?“ „Wegen dem Preis und letzten Sommer auch der Lieferzeit für Euro-6 Modelle.“ Mal sehen, wo das Gespräch hin lief. Das „und wegen Herrn Seibt“ verkniff ich mir jedenfalls erst mal.
„Ich habe auf Ihrer Website gesehen, Sie fahren jetzt Iveco und Renault.“
Es schmerzte vermutlich jeden Händler, ausgerechnet gegen die beiden zu verlieren, die meiner Meinung nach zu Unrecht überall so schlecht weg kamen. „Ja, der alte Iveco ist über den Preis gekauft worden. Außerdem bin ich früher Iveco gefahren und fand sie nicht so schlecht, wie sie von anderen Fahrern gemacht werden. Der Renault war Wunschmarke des damaligen Fahrers. Den neuen Iveco habe ich mir dann im Sommer aus Überzeugung gekauft und der Renault Magnum hatte gegenüber MAN Euro-5 und EEV-Modellen einfach einen faireren Preis für alte Motorentechnik.“
„Jetzt haben Sie bei Herrn Seibt explizit nach MAN für einen Fahrerwunsch gefragt.“
Gefundenes Fressen für Verkäufer, aber so einfach war das auch nicht. „Ja, aber bei uns gibt es nicht den Wunsch-LKW um jeden Preis. Herr Seibt konnte mich bisher nicht überzeugen. Weder mit der Lieferzeit für Euro-6 noch mit dem Preis für EEV. Und auch wenn es nicht die feine englische Art ist, jemanden beim Chef in die Pfanne zu hauen, mit seinem Auftreten mir als Kleinunternehmer gegenüber hat er auch nicht überzeugt. Ich setze den Fahrer auch ohne mit der Wimper zu zucken in einen Stralis Hi-Way. Der weiß sowieso nichts, dass wir für ihn MAN liebäugeln. „
Er atmete tief durch. „Sie sind nicht der einzige Kleinunternehmer, der sich beschwert hat. Herr Seibt ist jetzt für die Serviceannahme verantwortlich. Ich sehe, dass Sie in 2 Jahren vom Start-Up mit nichts außer einem Gründerkredit zu einem Unternehmen mit demnächst 5 LKW geworden sind. Ich möchte Ihnen nahe legen, der Marke MAN noch eine Chance zu geben.“ Na der war ja richtig auf den Knien. Offenbar hatte sein großkundengeiler Verkäufer ihm ganz schön die Parade versaut und einige kleine Unternehmer hatten sich entschieden, ohne den Löwen auf dem Kühler zu wachsen oder die vorhandenen Löwen zu Gunsten anderer Marken in die Savanne zu schicken. „Ich melde mich oder lasse über unser Büro einen Termin vereinbaren, jetzt aus Griechenland kann ich sowieso nichts machen.“

In Richtung Igoumenitsa rein war der Verkehr recht dick. Scheinbar war ich nicht der einzige, der zur Fähre wollte. So dauerte es noch einige Zeit, bis ich über den legendären, unbefestigten Hafenzubringer rumpelte.

Zwar hatte ich mit ein Bisschen Anlauf auf 90 geschummelt, aber mit der leichten Last schlug sich der TGX den berüchtigten Berg aus Ancona rauf auch nicht schlecht. Ich kam überhaupt auf die 90 und oben mit 70 an. Der damals auf 483 PS getunte Stralis Active mit Cursor 11 hatte das mit vergleichbarer Last unten mit 75 angegangen und war oben mit 30 angekommen, da machten sich die 2 Liter Hubraum bemerkbar.
Verglichen mit dem neuen Iveco würde ich mich nicht mehr in einen MAN setzen, aber wenn Timo oder ein anderer Fahrer mal einen wollte, sprach vom Fahrzeug nichts dagegen.

Die Mittagspause bei Mailand nutzte ich, um echte, italienische Pasta zu genießen und Judith übers System eine Terminanfrage bei MAN zu schicken. Wenn sie das organisierte, kostete das weniger als langes Telefonieren aus dem Ausland übers Handy, denn sie hatte schließlich Festnetzflat. Außerdem musste sie sowieso den Termin einplanen, damit ich auch da war und Zeit hatte.
Dann war ich weiter auf dem Weg. Im Tessin stand die Sonne schon tief am Himmel und je nach Topographie schon hinter den Bergen, aber mit einer 10er-Schicht wollte ich noch bis in Richtung deutsche Grenze kommen.

Der Donnerstag war unspektakulär. Ich fuhr meine Zeit voll bis zu Dachser in Recklinghausen. Mahad hatte vereinbart, weil mir keine Lenkzeit mehr blieb, dass die Mietwagenfirma den Truck da einsammelte.
Ich umrundete also nach der Büronummer für die Frachtpapiere noch die Zugmaschine mit dem Mietwagen-Mensch. Er fand natürlich keinen Grund zum Meckern und war auch noch so freundlich, mich bis zum Bahnhof mitzunehmen. Von dort nahm ich den Regionalexpress nach Essen und die S-Bahn nach Bochum-Langendreer.

Julian war die ganze Angelegenheit mit Luke natürlich etwas peinlich. Aber da es in mir inzwischen sowieso anders aussah als noch zu Wochenanfang, sagte ich ihm irgendwann, er sollte es gut sein lassen. Hatte ich nicht noch Timo vor einer Woche erzählt, dass ich mit Luke glücklich gewesen war? Er wollte mich wohl immer noch, also vielleicht doch „Give it a try for a second chance“?

Am nächsten Morgen warteten wir dann, bis das Grummeln eines großvolumigen Reihensechsers die Ankunft unseres „Bewerbers“ ankündigte.

Luke parkte gegenüber auf Patricks ehemaligem Stammplatz. Das Namensschild, das auch bei Keith wohl jeder Fahrer bekam, lautet nicht auf den Spitznamen sondern den richtigen Namen „Lucas“.

Natürlich hatte ich in der Aufregung vergessen, Julian zu warnen, dass Luke auch Deutsch konnte und hatte keine Ahnung, ob der die Bewerbung so genau gelesen hatte. Also nahm ich die Begrüßung elegant dazu, das nachzuholen und sprach ihn auf deutsch an. „Hallo Luke. Welche Sprache nehmen wir denn heute?“ Er antwortete mit seinem in 8 Jahren recht verrosteten Deutsch: „An besten in English. Ich denke sicher, dass Julian Welsh nicht versteht und mein Deutsch ist nicht mehr geübt für lange Zeit.“ „Allright, so what made you to send a blind application here?“
Tja, vielleicht hätte er mal deutsche Medien nutzen sollen. Dank Radio Ceredigion und BBC Cymru funktionierte mein Walisisch, wie ich immer mal merkte, wenn ich da war, noch gut genug, dass Waliser es mit mir sprachen und nicht mitleidig Englisch anboten.

Anders als es mir Keith und Tom kürzlich noch erzählt hatten, hatte er keine schwarzen Haare mehr. Sie waren jetzt, zum ersten mal seit ich ihn kannte oder von ihm hörte, ausschließlich in seinem natürlichen Hellbraun. Früher hatte er immer blondierte Strähnchen. Bevor ich ihn persönlich kannte, auch mal einen blondierten Iro, was ihm bei seinen Freunden den Spitznamen „Streifenhörnchen“ eingebracht hatte. In Cardiff war er letztes Jahr komplett wasserstoffblond gewesen. Danach war wohl laut Keith direkt schwarz gefärbt angekommen.

„Na ja. Ich wollte an sich nur noch ein Mal mit Dir reden und habe keinen anderen Weg gesehen.“ „Und warum dann kein normaler Brief?“ „Sei mal ehrlich, hättest Du den überhaupt gelesen oder noch zugeklebt in den Müll geworfen? Es ist ja schon ein Zeichen, dass ich erst mal anrufen musste und dann von Julian eingeladen werde.“ Da hatte er Recht.
Julian rutschte unbequem auf dem Stuhl hin und her: „Soll ich raus gehen? Dann könnt Ihr unter Euch sprechen.“ „Du kannst auch drin bleiben und wir reden walisisch.“ „Das wahrt dann wenigstens nach draußen zu Judith den Anschein von normalem Bewerbungsgespräch.“
Also wechselten Luke und ich noch mal die Sprache. Julian saß nun unbeteiligt daneben, da er natürlich nichts mehr mit bekam. Aber so lange er hier drin war, gingen wir uns wenigstens nicht an die Gurgel, solle sich die Diskussion zuspitzen.

„Ich habe sowieso nicht damit gerechnet, dass Du mich einstellst. Also kannst Du ehrlich antworten.“ „Ich denke, Du hast für den Zeitpunkt als der Brief ankam Recht.“ „Ich will an sich nur den einen Satz von Dir hören, dass es Dir Leid tut. Dann bin ich endlich über Dich hinweg und lasse Dich in Ruhe.“
Die Geister, die ich rief… Er war so schön aus meinem Leben verschwunden. Bis wir uns in einer Kneipe in Cardiff beinahe umgerannt hatten. Und danach hatte ich ihn auch noch zu meinem Kumpel Keith geschickt, der ihn auch von früher kannte, aber wiederum mit mir regelmäßigen Kontakt hatte. Und nun war ich schließlich so weit, dass ich die Geister vielleicht sogar behalten wollte, aber knutschten die Geister nicht sowieso jemand anders unterm Mistelzweig?

„Habe ich Dir das nicht gezeigt, als ich Dir geholfen habe?“ „Ja, aber ich will es wörtlich hören. Nachdem Du mein Leben ruiniert hast, ist das jawohl das mindeste. Mir wieder zu einem Job zu verhelfen, hat vielleicht die Geldnot beendet, aber nicht mehr!“ „Dein Leben ruiniert? Jetzt mach aber mal einen Punkt!“ Julian wurde noch unruhiger. Walisisch war sowieso schon eine Sprache mit recht aggressivem Klang und langsam ging es zur Sache. Wenn Luke nicht gleich mal runter schaltete, würde ich selber das Gespräch einbremsen. Aber noch versuchte ich, ihn aus der Reserve zu locken.

„Ich war nicht mehr beziehungsfähig, weil ich Angst hatte, es endet wieder so. Anfangs habe ich erst ausgekniffen, wenn es ernst wurde, aber irgendwann niemanden mehr an mich heran gelassen.“ Das sah Weihnachten anders aus, aber offensichtlich hatte er mich nicht als den Insignia-Fahrer erkannt und dachte nun, ich wüsste es nicht.

„Damals in Cardiff hast Du von stabilen Verhältnissen gesprochen.“ „Na ja. Das heißt, dass ich nicht mehr durchgedreht bin, wenn ich glücklich verliebte Paare gesehen habe oder wieder Freitag Abends ein Bier trinken konnte, ohne das Risiko, dass es in den nächsten Stunden noch 4 bis 6 Geschwister bekam. Und ich musste mich unter der Woche für meinen Job nicht mehr zwingen, nicht auch anzufangen.“
Mein zweifelnder Blick entging ihm nicht. „Was ist?“ „Okay, Karten auf den Tisch, wenn Du es nicht mitbekommen hast. Ich war am ersten Weihnachtsfeiertag in Cardigan vor Deinem Elternhaus. Der Vauxhall Insignia, der am Ende so schwungvoll da weggebürstet ist. Und da hast Du doch jemanden umarmt.“
Jetzt war er plötzlich erschrocken. „Das war mein Cousin Ben. Dem haben sie in Australien Drogen untergeschoben und er saß im Knast dafür. Ich habe extra ein internationales Anwaltsbüro eingeschaltet, um ihn da raus zu holen, weil in der übrigen Familie keiner dran glauben wollte. Wir waren schon immer so ein Bisschen die beiden nicht standesgemäßen Herumtreiber in der Familie und haben zusammen gehalten. Einer auf dem Schiff und einer im LKW. Der Rest hatte seine normalen Jobs und einen normalen Alltag.“
Wobei das damals keine Rolle gespielt hatte. Ich kannte ja seine Familie. Sicherlich, die hatten alle ihre Arbeitsplätze als Bürokräfte, Lehrer und Verkäufer im Einzelhandel 20 Minuten von zu Hause, aber dadurch war Luke nie „unten“. Und Ben war damals noch in der Schule und ich hätte ihn nicht in der Handelsschifffahrt vermutet.

Moment mal, aber die Geschichte kannte ich doch. „So was habe ich in einer Kneipe in Newport auch mal gehört.“ „Stimmt, ich saß neben Dir und wollte sogar mit Dir sprechen, als mein Anwalt weg war und Ashley Maddocks auch. Aber Du hast mich ja schon quer durch die Kneipe weggeschickt.“
„Mit der Glatze warst Du ja auch nicht als Du zu erkennen – was auch immer Dich da geritten hat. Und so wie Du gesprochen hast, habe ich Dich – also diesen scheinbar Unbekannten mit der Glatze – auf nicht unter 2 Promille geschätzt.“ „Ich wollte erst nicht, dass Du mich erkennst. Also habe ich immer auf der E-Zigarette rumgelutscht oder den Kopf aufs Kinn gestützt, damit Du nicht meine Stimme erkennst.
Zu Keith zu gehen war generell so ein Fehler. Plötzlich warst Du wieder nah und doch so fern. Da bin ich letztes Jahr fast schon depressiv geworden. Besonders als ich mitbekommen habe, dass Du einen neuen Freund hattest, habe ich durchgedreht.“
„Na der ist weg, wie Du vielleicht auch aus der Kneipe weißt.“ „Ja, weiß ich.“

Ich hatte diesen Satz nicht bereitgelegt, er war auch erst in letzter Minute auf der Agenda gelandet, aber nun kam er: „Es tut mir leid!“ Wie lange hatte ich mich gegen diesen Satz gewehrt? „Ich habe mich damals wie ein Idiot benommen. Unsere Beziehung war zu einer Routine verkommen. Montag bis Freitag unterwegs, Freitag Abend im Pub, Samstag zusammen irgendwo in der Gegend und abends im Bett rumturnen, Sonntags bei Deinen Eltern oder zu Hause gut essen, noch eine gemeinsame Nacht und Montag mit demselben Fleiße geht es an die gleiche Scheiße.
Ich habe das Abenteuer gesucht, gefunden und bin dabei selbst zwei mal auf die Nase geflogen. Und Dich habe ich zurückgelassen – wie Du mir schon in Cardiff letztes Jahr und im Detail noch mal eben erzählt hast, mit einem riesigen Scherbenhaufen und gebrochenem Herzen. Wenn ich doch nur die Zeit zurückdrehen könnte, wären wir am vielleicht noch heute zusammen.“


Er sah mich mit einer Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung an. „Danke, dass Du das sagst. Auf diesen Moment habe ich jetzt fast 8 Jahre gewartet und habe mir über 7 davon sehnsüchtig gewünscht, es würde passieren.
Vor Weihnachten habe ich stundenlang mit Ben über Skype gesprochen, als er in Australien im Hotel auf seine Ausreise gewartet hat und er hat mir die Augen über mich selbst geöffnet. Ich durfte mich nicht mehr verstecken, nicht mehr einem vergangenen Traum hinterher laufen. Deshalb auch die Anti-Frisur vor Weihnachten, weil ich diese schwarze Mähne nicht mehr sehen wollte, die für den depressiven Luke im Dienste vom Kumpel seines Ex stand.
Und ich wollte dann in Newport, als ich Dich zufällig gesehen habe, Dich zurückerobern. Eigentlich nach Weihnachten über Keith einen neuen Anlauf nehmen, wenn ich wieder ein Bisschen besser aussehe mit Haaren auf dem Kopf. Aber dann kam alles anders. Seit 2 Wochen bin ich endlich wieder mit jemand zusammen. Da war die Bewerbung schon unterwegs. Ich wollte danach nur endlich unter dieses Thema einen Schlussstrich ziehen und noch einmal mit Dir zu reden versuchen. Schwierig genug war es und nur durch Zufall hat es geklappt. Ich wollte eigentlich die Bewerbung bei meinem Anruf aus Hoffnungslosigkeit zurückziehen, als Julian mich eingeladen hat. Das Gespräch meinte ich, da schon nicht mehr zu brauchen. Andererseits war ich gespannt, wie Du Dich jetzt verhältst.“


Nun spürte ich einen Stich ins Herz. So lange hatte ich mir gewünscht, er würde nie mehr auftauchen. Aber in den letzten anderthalb Wochen, seit ich mit Timo über Beziehungen als Trucker gesprochen hatte, hatte ich mehr und mehr gewünscht, ihn wieder für mich gewinnen zu können. Daher tat es mir auch inzwischen leid, dass ich am Montag Julian noch rund gemacht hatte für diese Einladung, die ich wahrscheinlich unbewusst selber wollte, seit die Bewerbung da war und jetzt kam diese kalte Dusche. „Glückwunsch.“ Das Wort spuckte ich mehr aus als dass ich es sprach.

„Du überraschst mich. Eben Deine Entschuldigung, mit der ich nicht mal gerechnet hatte, war ehrlich und aus tiefstem Herzen. Aber das klingst jetzt leider nicht so.“ „Weißt Du, als Deine Bewerbung kam, habe ich mich geärgert, dass Du mich nicht in Ruhe lassen kannst. Aber ich habe sie, anders als ich es vielleicht mit einem einfachen Brief gemacht hätte, nicht sofort weggeschmissen. Dann habe ich es mehrmals nicht hinbekommen, unserer Büroleiterin, Disponentin, Buchhalterin und Sekretärin in Personalunion die Unterlagen für eine Absage zu geben und jedes Mal habe ich es mit mehr Absicht verpennt, um Dich irgendwann doch einzuladen.
Dass Julian Dich dann eingeladen hat, hat mich am Ende vor allem deshalb gestört, weil er in diese Angelegenheit eingegriffen hat und mir das Heft des Handelns entrissen hat. Und weil ich vielleicht noch eine oder zwei Wochen Zeit gebraucht hätte. Und heute Morgen habe ich mich dann gefreut, dass Du kommen wirst. Ich würde keine Wetten auf irgendwas abschließen, wo wir am Ende dieses Gesprächs herausgekommen wären, wenn Du noch zu haben wärst. Wahrscheinlich da, wo Du 7 Jahre lang hin wolltest.“

„Oh. Ich bin jetzt auf keinen Fall schadenfroh, dass sich unsere Rollen mit einem Schlag vertauschen. Das ist irgendwie schon tragisch. Mark ist sozusagen mein Retter aus der Einsamkeit und dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Er hat mich schon lange vor Weihnachten bearbeitet, aber erst Ben hat mir die Augen geöffnet – und dadurch habe ich Mark bewusst und anders gesehen als vorher.“

„Das ist dann so. Ich hatte über 7 Jahre Zeit, Dich zurück zu gewinnen und habe sie nicht genutzt. Also bin ich selber schuld, dass ich jetzt gescheitert bin. Verdient habe ich es.“ „Nein, verdient hat das keiner. Ich weiß, wovon ich spreche. Zu jedem Topf gibt es einen Deckel, meistens noch mehr als nur den einen. Auch Du findest einen passenden.“ „Ich glaube ich bin ein Wok!“
Sarkasmus schien mir gerade angebracht in dieser bescheuerten Situation. „Sogar die haben Deckel und die liegen nicht mal alle in China rum.“ Sein entwaffnendes Lächeln konnte er sich gerade sparen, das machte die Lage nicht besser.

„Ich wünsche Dir alles Gute. Sei offen gegenüber Deinen Mitmenschen und Du brauchst keine 7 Jahre. Als ich das erst erkannt hatte, war ich nach 7 Wochen nicht mehr alleine.“ Er stand auf, es gab ja nun auch nichts mehr zu sagen. „Dir auch. Grüß Keith und Tom. Bye!“ „Mache ich. Bye!“

Ich ging zum Flurfenster und sah ihm auf dem Hof und über die Straße nach. Er stieg ein und fuhr los. So wie es heute gelaufen war, hätten wir uns das wohl beide in den verworrensten Träumen nicht ausdenken können, aber 8 Jahre nach dem eigentlichen Schlusswort war dieses Thema für uns beide nun abgeschlossen. Nur die Rollen hatten sich am Ende vertauscht.
„Ich habe kein Wort verstanden, aber das war wohl nicht, wie Du Dir das vorgestellt hast?“ „Nein, das Schicksal ist doch manchmal sehr merkwürdig.“ Wir gingen in mein Büro und ich klärte Julian darüber auf, was da eben gerade für ihn unverständlich besprochen worden war.

Als wir wieder raus kamen auf den Flur, kam Ilarion gerade die Treppe rauf und sorgte für den nächsten bizarren Dialog des Tages: „Hallo Ricky! Mein Truck spricht!“ „Wie, der spricht?“ „Der Bordcomputer. Das Ding hat doch eine Sprachausgabe und die labert Unsinn.“
Wir gingen in die Halle und er startete den Magnum. Dann kam die Stimme aus den Lautsprechern: „Achtung! Druckluftsystem! Bitte Hinterachse überprüfen!“ „Die Hinterachse ist okay, mit und ohne Last. Nichts verliert Druck, der Systemdruck ist generell okay. Aber seit heute früh labert mich die Karre damit voll. Ich drehe durch!“
„Sag Judith, sie soll einen Termin bei Renault in Düsseldorf ausmachen und die sollen Dir einen Ersatzwagen stellen. Das ist mir hier zu kompliziert. Außerdem haben wir keinen Elektroniker hier.“

Als nächstes ging ich zu Mahad und lieh mir seinen BMW aus. Weder der 9 Jahre alte Citroen C4 noch der sogar 11 Jahre alte Opel Astra waren geeignete Autos, um zu einem Geschäftstermin zu fahren. Zwar war der 530d auch schon 6 Jahre alt, aber er machte mehr her als unsere beiden zusammen. Und ein Mietwagen mit Kennzeichen DN, SHG oder HH wäre genauso dämlich gewesen. Hier war wenigstens BO dran.

Marlon tat mir leid, aber er sagte nichts, als ich ihn mit depressiver Musik auf hoher Lautstärke und über das erstklassige Soundsystem zudröhnte. Besonders gut gefiel mir Rammsteins „Du hast!“ Das durfte er daher auch gleich 5-mal in Endlosschleife ertragen. „Du hast mich gefragt – und ich hab‘ nichts gesagt!“ Wie wahr…

Pünktlich um 13:30 Uhr fuhren wir in Hürth vor der Talke-Verwaltung auf den Besucherparkplatz. Wir gingen mit Alfred Talke höchstpersönlich und einem Einkaufsmann in den Besprechungsraum.
Alfred nahm in der Vorstellungsrunde erst einmal die Spannung, insbesondere für Marlon, raus: „Mit Eric bin ich dank der Kölner Haie sowieso auf Du und so halb Du halb Sie Gespräche sind immer kompliziert. Also, ich bin einfach nur Alfred.“ Es folgte eine Präsentation über die Talke-Gruppe, besonders über die Struktur mit eigener Logistik, freischaffenden Dienstleistern und gebundenen Subunternehmern.

Danach kam Alfred zum Kern:
„Ihr seid wie viele?“ „Zur Zeit 5 Fahrer und eine Bürokraft. Wobei Marlon mit seinem Bruder als Zweierteam fährt.“ „Das rechnet sich?“ „Wenn Du in 2 Tagen schaffst, wofür andere fast 4 brauchen, dann kann sich das lohnen. Wir decken damit quasi unmögliche Aufträge ab. Was andere allenfalls noch mit teuer eingeflogenem Zweitfahrer, mit Umsatteltricks oder illegal hin kriegen, schaffen wir mit einem Lächeln direkt. Ich bin bis Ende des Jahres auch in einem Zweierteam gefahren. Das hat sich schon gerechnet. Irgendeine geplatzte Last Minute Fracht findet sich meistens.“
„Okay, Eric. Wir kennen Dich, wir kennen Ilarion Brankovic.“
Er selbst wahrscheinlich nicht mehr als den Namen in irgendwelchen Listen aus der IHK-Prüfung oder vielleicht von einer kleinen Betriebsveranstaltung nach der Prüfung, aber er ging wohl immer bis ins kleinste Detail vorbereitet in eine Besprechung und hatte sich bestimmt erkundigt. Dass er mich als einfachen Fahrer so gut kannte, hatte ja damals auch andere Gründe gehabt. Und nur wegen der persönlichen Bekanntschaft zu mir war er wohl heute dabei. Sonst wäre das eine Sache der Einkaufs- und Subunternehmer-Betreuungs-Abteilung gewesen.
„Dann ist noch ein Fahrer zweimal für uns gefahren in den letzten zwei Wochen.“
Er sah kurz in seine Aufzeichnungen: „Timo von Hofmeister habe ich hier aus Grimmen und Stade als Fahrer genannt bekommen. Unsere Leute hatten von ihm auch einen guten Eindruck. Immerhin ist Eure Firma derzeit in unserem System mit dem niedrigsten Status hinterlegt. Da schauen wir sogar viermal anstatt dreimal hin. Mal unterstellt, dass die Qualifikation bei Euch also auch in der Zukunft generell hoch sein wird, würden wir Euch aber gleich als bevorzugten Dienstleister einstufen können.“ „Das heißt?“

„Ihr bekommt einen Zugang zu unserer Software und Eure Disponentin kann sich da Frachten frei raus suchen. Wenn wir den sprichwörtlichen Kuchen aus allen Transporten in unserer Gruppe haben, dann picken wir selbst uns da als erstes die Rosinen für unsere eigene Flotte raus oder wenn es für einen vertraglich gebundenen Subunternehmer sonst keine Möglichkeit gibt, eine Anschlussfracht zu bekommen. Danach gehen die Aufträge ins offene System und die bevorzugten Dienstleister können die Buttercreme runter kratzen. Nach einer bestimmten Zeit oder mit einer Frist vor Ladetermin beginnen wir, den trockenen Kuchen unseren gebundenen Subunternehmern zuzuweisen. Und bevor wir den Teller abwaschen, kippen wir die Krümel, die alle drei Gruppen nicht gegessen haben, ins Timocom.“

Ein sehr bildlicher, aber auch unterhaltsamer Vergleich. „Das klingt ja richtig gut. Wo ist der Haken?“ „In dem Bezahlungssystem. Ihr müsst uns eine bestimmte Anzahl LKW zuweisen und daraus ergeben sich Mindest-Frachtkilometer im Monat. Bleibt Ihr drunter, gibt es eine Strafe. Und je mehr ihr für uns macht, umso besser wird die Frachtrate in dem Monat. Irgendwo ist da natürlich ein Deckel, damit Ihr nicht wenig meldet und uns dann das System leer fahrt. Ihr könnt dann nur versuchen, im kommenden Monat mehr LKW zuzuweisen, wenn Ihr mehr Fracht wollt.“

Er gab uns einen Vertragsentwurf rüber. Wir blätterten nur mal schnell durch. Das war eine Rechenübung für das Wochenende und Rechtsbeistand Donald bekam auch ein Exemplar als Bettlektüre.

„Was auch noch gesagt werden sollte, ist die Lackierung. Wir sehen es besonders gerne, wenn auch unsere bevorzugten Dienstleister die zugeordneten Fahrzeuge in unseren Farben lackieren. Also unten rot, oben blau und weiße, serifenlose Druckschrift für den Firmennamen. Dekor-Elemente sind Euch so weit freigestellt. Leitfaden ist im Anhang vom Vertrag.
Die Welt dreht sich aber auch weiter, wenn Ihr unsere Trailer hinter einem Truck in Eurem Design fahrt. Mit Trucks in unserer Farbe andere Trailer bewegen werdet Ihr sowieso müssen. Wollten wir es verhindern, müssten wir auf dieses Modell verzichten und nur mit eigenen Fahrzeugen oder exklusiv für uns arbeitenden Subunternehmern auskommen.“
Der Ton ließ aber durchblicken, dass wir wenigstens die Anzahl der zugewiesenen Trucks lieber umfärben sollten.

„Dass die Fahrzeuge immer in tadellosem Zustand sein sollen, versteht sich von selbst. Du kennst ja noch unsere eigenen. Regelmäßig waschen, Lackschäden und Steinschläge schnellstens ausbessern. Wenn wirklich mal was passiert, Unfallschäden sofort reparieren lassen. Wir mögen keine wochenlang geflickten Panzerband-Frontschürzen an Zugmaschinen vor unseren Trailern. Du kennst das ja noch, dass Werksfahrer uns schwarze Schafe unter den Subunternehmern melden sollen, wenn sie sie auf der Straße sehen.“

„Was ist, wenn wir nicht alle vom Kuchen satt werden?“ „Bei unserer Größe ist das nicht so wahrscheinlich. Es kann immer wieder mal was dazwischen kommen, so wie damals, als Eric uns verlassen musste. Da hat ein großer Kunde seinen eigenen Werksverkehr ausbauen wollen. Aber der hat das jetzt schon wieder runter geschraubt und ist seit 1. Februar auch wieder mehr mit uns unterwegs.
Aber in der Zusammenarbeit steckt das Wort bevorzugt. Wenn es richtig ernst wird, wird miteinander geredet und eine gemeinsame Lösung gesucht. Wobei Ihr ja sowieso auf dem freien Markt die Auslastung auffüllen könnt. Wenn bei uns weniger da ist, fahrt Ihr mehr für andere. Das System rechnet schon automatisch die Mengen runter, wenn zu wenig Angebote für die Partner eingegeben werden. Aber rechnen wir einfach mal damit, dass das nicht so schnell nötig wird.“


Wir verabschiedeten uns und gaben noch nach telefonischer Ankündigung den Vertrag schnell bei Donald in der Kanzlei ab. Judith hatte uns vorsorglich erst am Montagnachmittag disponiert, bei allem, was wir noch erledigen mussten. Aber auch am Wochenende würde uns nicht langweilig werden.

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Dadurch, dass die Firma Talke hier in der Gegend um Köln ansässig ist und viele Niederlassungen und Subunternehmer im In- und Ausland hat, ist sie für mich auf Reisen so etwas wie ein Gruß aus der Heimat und somit meine liebste Spedition geworden.
In den ersten Kapiteln steckte schon eine Andeutung drin, dass ich als Subunternehmer für sie anfangen könnte. Dadurch, dass ich zu faul zum Skinnen war (ich kann es aus Flugsimulator-Zeiten an sich ganz passabel) und es nie ihre Trailer als Selbstfahrer im TSM Just-Play-Mod gab, kam es aber nicht dazu.
Nun fand ich seinerzeit einen Tanktrailer in einem Mod, bei dem die Firmierung „Internationale Spedition und Lagerung“ nicht mehr stimmte und den ich korrigiert habe auf das aktuelle „Logistic Services“. Einmal in Fahrt habe ich dann gleich weitere Trailer aus anderen Mods und dem Just Play Mod für meinen Privatgebrauch umgeskinnt.

Ich kenne die Firma Talke nicht näher und niemanden dort persönlich und stehe in keiner Beziehung zu dem Unternehmen. Die für die Story konstruierte Bekanntschaft zur Chefetage hatte ich in den ersten Kapiteln dazu benutzt, um ohne den von den damals aktiven Autoren reichlich abgenutzten Bausparvertrag zu schlachten
oder das Erbe eines entfernten Verwandten anzutreten, an das ETS2 Startgelände zu kommen.
Entsprechend waren das Vertragsmodell und alle Regeln drum herum ausgedacht. Ich habe keine Ahnung, wie solche Subunternehmerverträge allgemein im Transportgewerbe und speziell bei diesem Unternehmen aussehen. Es war alles so hingebogen, dass ich anschließend so oft wie möglich meine persönliche Kollektion Talke-Trailer an den Haken nehmen konnte, aber wenn ich keine passende Fracht finde (z.B. kein Auftrag nach Hause oder nicht passend bis zum Wochenende in der Ferne zu schaffen) oder mir die Ziele und Strecken nicht gefallen, immer noch problemlos mit den ganzen anderen Trailern herumfahren konnte, die es noch so gab.

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