Kapitel 73 – Anspannung

Diese Woche…
…erhöht Ricky die Dosis…
…ein Truckspotter stellt eine dumme Frage…
…und bekommt eine dumme Antwort!

————————————–


Montag, 26.10.2015

„Momente wie dieser gehören festgehalten!“ Weil die zum Werner-Zitat passende Betriebsradarfalle noch nicht angeschafft war, postierte ich mich also mit der Digitalkamera vorm Tor, während Luke unseren Bigblock, im Gegensatz zu Brösels Oldsmobile aber ein Reihensechser, anschmiss und das Standlicht einschaltete, damit auch das Ergebnis seiner Wochenendarbeit zur Geltung kam. Über Weihnachten wollte er aber noch einiges verfeinern.

Zum Eingewöhnen durfte der Leistungs- und vor allem Hubraumzuwachs erst mal ein Silo mit Verpackungsflocken nach Rom schaffen. Bei diesen Trailern musste man schon beim Stralis 500 immer in den Spiegel schauen, weil man nicht am Fahrverhalten merkte, ob man den Trailer überhaupt noch dabei hatte. Bei leichtem Regen ging es in Richtung Süden.

Nach dem obligatorischen Fahrerwechsel auf dem Rasthof Pfungstadt war es dann spät und sonnig genug, dass sich auch die Spotter-Zunft aus dem Bett schälte. Inzwischen hatte ich mich auch im Forum registriert. Ich musste ja nicht schreiben, aber so bekam ich wenigstens schneller einen Überblick, wo es was neues gab oder konnte per Kanal-Abo nachschauen, was zum Beispiel meine Freunde Steven und Felix so trieben und ob Firmen wie MM-Transporte oder Diektrans noch existierten, obwohl sich deren Chefs im Forum für die fahrende Zunft rar machten.

Als ich nach dem erneuten Fahrerwechsel an der schweizerischen Grenze ins Forum schaute, waren wir jedenfalls mit der halbfertigen Lackierung abgelichtet worden. Die um die Mittagszeit geführte Diskussion darunter zwischen zwei jugendlichen Spottern war zum Wegschmeißen komisch.

< KevinAusMannheim >
Kann mir mal jemand sagen, was ich hier eben von der Hockenheimer Brücke fotografiert habe?

< Matches >
Einen Volvo FH16 von KFL Intertrans

< KevinAusMannheim >
Armleuchter! Immerhin muss ich zugeben, dass die Antwort bestimmt nicht falsch ist. Spezialfrage für Dich als örtlich zuständigen Fuzzy – seit wann haben sie den und warum fotografiere ich den vor Dir?

< Matches >
Den haben sie wohl gut versteckt. Und im Gegensatz zu Dir habe ich auch keine Herbstferien mehr.
Schau mal bei Talke, das ist er vermutlich dann noch ganz in blau. War ein Nachschuss von @Lanxess-Torwächter auf der B265 bei Erftstadt-Liblar. Konnte man das Kennzeichen nicht erkennen, deshalb keinem Sub direkt zugeordnet.

< KevinAusMannheim >
Hast Du wenigstens eine Erklärung für diese komische Schrift? Finde die hässlich.

< Matches >
Nein. Aber vielleicht machen sie auf einen besonderen Truck eine besondere Lackierung und die ist einfach noch nicht fertig.

< KevinAusMannheim >
Der Scania V8 hat auch die normale. Und der hätte sie ja vor einem Volvo dreimal verdient gehabt 😀

< Matches >
Ein Scania verdient allenfalls Hammerschlaglack :p Und das war das Wort zum Nachmittagsunterricht. Bis später.

< Steve_das_Schaf >
Dein Glück, Sebastian. Danach machst Du Hausaufgaben und schreibst einen Aufsatz „Warum ich im Truckspotterforum nicht offtopic schreiben soll“ über mindestens 4 Seiten. Das gilt auch für Kevin, sonst packe ich den Beitragslöscher aus!

< Matches >
Wenn Du meinen Vornamen benutzt, wird es ernst. Der Nachmittagsunterricht ist vorbei, aber bevor ich an den Aufsatz gehe,
poste ich noch dieses Foto zur allgemeinen Diskussion. Eben mit dem Tele-Zoom übern Zaun gemacht, damit mir keiner behauptet, ich käme meinen örtlichen Pflichten nicht nach.
Weil er keinen Dachbügel hat, vermute ich, dass es der IT 505 ist. Merkwürdiger Style, keine Talke-Farben und mit Serifenschrift. Der scheint also trotz dritter Achse ziemlich sicher mit dem Kühler zu fahren, den er schon mal ganz in weiß nach Schweden hatte.

Das Posting war knapp 10 Minuten alt, da war noch keine Antwort zu da. Luke stellte inzwischen die schwedische Rangordnung auf schweizerischen Autobahnen richtig.

Dank der blöden Winterzeit wurde es nun schon früh dunkel und wir hatten unsere Teepause schon im Laternenschein. Weil es auch südlich der Alpen zur Teezeit inzwischen ziemlich frisch war, blieben wir dafür allerdings im Fahrerhaus.
Apropos Fahrerhaus. Luke hatte mit einer Frontscheibengardine, den Flaggen unserer Herkunftsländer und einem Volvo-Bannerschal für wohnliche Atmosphäre gesucht. Nachdem ich in den Stralis letzte Woche an einer Tankstelle eine recht aufdringliche Dieselnote eingeschleppt hatte, stammte von mir dafür das neu erlassene Schuh-Verbot im Fahrerhaus.

Als der Tag hinter Mailand für uns zu Ende ging, musste ich noch mal die Lightbox aus der Nähe fotografieren. Für die Arbeit, das aus blau leuchtenden Buchstaben mit rot leuchtendem Schatteneffekt, weiß leuchtendem Rahmen und weiß lichtundurchlässiger Folie auf der Lightbox zusammenzustückeln, hatte Luke jedenfalls meinen Respekt.


Dienstag, 27.10.2015

Genau zur Mittagszeit erreichten wir Rom. Durch gutes Zureden in meinem mäßigen Italienisch beeindruckte ich die Leute beim Kunden wohl genug, damit wir noch entladen durften. Sonst wären die in die Mittagspause verschwunden und das kann in Italien schon mal bedeuten, dass man bis 15 Uhr warten darf.

Bei ENI konnte das dank etwas strafferer Arbeitszeitenregelung nicht passieren, also ging es gegen 13 Uhr mit einer Ladung Flüssiggas wieder aus der Stadt hinaus. Wir hatten inzwischen das Talke-Soll für diesen Monat so gerade erfüllt, also gab es die letzten Tage auch wieder Trailer anderer Betreiber zu ziehen.

Sogar mit stehendem Start vom Rastplatz direkt am Fuß des Anstiegs und mit 21 Tonnen Nettozuladung – also brutto einem 36-Tonnen-Zug – schaffte der FH16 den Anstieg auf den Apennin merklich schneller als der Stralis. Und der war schon nicht schlecht motorisiert. Hubraum konnte man eben nur mit mehr Hubraum ersetzen.

Nördlich vom Hauptkamm durfte dann der Retarder zeigen, was er konnte.

Mittwoch, 28.10.2015

Nachdem wir zwischen Mailand und Turin auf einem Rastplatz übernachtet hatten, ging es nun in das Land des überschätzten Essens und der großen Sprachbarriere, wobei Luke ja wenigstens sein Schulfranzösisch hatte. In teils kräftigem Regen bahnten wir uns unseren Weg in Richtung Atlantikküste, einmal quer durch.

Erst abends, knapp 200 Kilometer vorm Ziel, klarte es wieder auf.


Donnerstag, 29.10.2015

Das Wetter war wieder feucht, als wir morgens bei der Firma TSM unsere letzte Ladung für diese Woche abholten. Die ging nach Grimsby und das musste der Moment gewesen sein, an dem mir klar wurde, was das in der Folge bedeutete.
Der Berufsverkehr hatte schon angefangen und so beachtete Luke gar nicht, dass ich schlagartig ruhig geworden war. Bis zum Autobahnzubringer guckte ich also angestrengt in die Röhre.

Er merkte was, als ich meine E-Zigarette quasi nicht mehr los ließ. „Was ist mit Dir? Du bist nervös.“ „Mir ist gerade klar geworden, dass ich Sonntag Deine Familie wieder sehe und keine Ahnung habe, was mich da erwartet.“ „Ich ehrlich gesagt auch nicht.“
„Wie hat Deine Familie denn reagiert, als Du gesagt hast, dass Du zu mir nach Deutschland gehst?“ „Nicht happy. Mein Vater hat gesagt ich muss wissen was ich tue. Mit einem Unterton, dass er genau das nicht glaubt. Meine Mutter wollte es mir ausreden und meine Schwester hat mir einen Vogel gezeigt und mich stehen gelassen. Der einzige, der mir gesagt hat, dass ich das richtig mache, war mein Cousin Ben. Der mir dafür 7 Jahre versucht hatte zu erklären, dass ich Dich vergessen muss.“ „Damit hatte er auch diese 7 Jahre lang Recht.“ Ben war 10 Jahre jünger als ich, aber inzwischen machte das keinen Unterschied mehr. Und nach allem, was Luke über ihn gesagt hatte, war er immer noch richtig sympathisch – wie damals auch schon.
„Lass uns einfach mal sehen, was passiert. Ich habe keine Probleme wegzufahren, wenn sie sich blöd anstellen. Dann nehmen wir Ben mit, buchen uns Zimmer und feiern in Cardiff. Du bist mir wichtig. Und wenn sie das nicht sehen Pech gehabt.“


Das beruhigte mich wohl nicht wirklich, denn ich lutschte die E-Zigarette leer. Also holte ich mir auf dem Rastplatz vor Orleans ein Fläschchen Liquid mit 9 mg/ml. Wenn das 6er nicht mehr reichte, musste wohl die Nikotin-Konzentration erhöht werden.

Lukes Fahrzeit reichte nicht bis Calais also machten wir an einer Mautstation hinter Paris einen fliegenden Wechsel. Wir hielten auf der Fläche nach der Schranke an, Luke lief außen um die Fahrzeugfront, ich rutschte innen auf den Fahrersitz rüber und sobald Luke oben war, fuhr ich los.
Bei dem Manöver konnten wir uns unmöglich jemanden eingefangen haben. Auch in Calais kamen wir gut durch. Aber es war schon ein bedrohliches Bild, wie die Flüchtlinge rechts bis auf den Standstreifen herumlungerten. Weil es keinen Stau gab, konnten sie aber keine Aufsprungversuche machen. Und den Verkehr zu verlangsamen traute sich heute auch keiner. Manchmal lief ein Wahnsinniger auf die Fahrbahn und versuchte so, einen Stau hinzukriegen. So schafften wir es tatsächlich nur mit den 30 Sekunden Stillstand oder so hinter der Mautstation bei Paris von Orleans bis ins Shuttle-Terminal.

Freitag, 30.10.2015

Eigentlich hatten wir schon Urlaub. Aber weil wir erst mitten in der Nacht angekommen waren, mussten wir noch den Trailer abliefern. Dann fuhren wir Solo von Grimsby nach Sheffield.
Keith ließ uns die Zugmaschine in der Halle parken. Auf dem Weg zur Mietwagenstation am Bahnhof fragte er uns kurz aus, wie es uns ging. Wenigstens er war froh, dass wir wieder zusammen waren.

Wir holten unseren gemieteten Ford Focus ab und fuhren erst einmal nach Cardiff zu unserem Bed & Breakfast. Nachdem wir eingecheckt hatten, machten wir uns fertig für den Abend. Heute standen mal wieder die Bars in der Altstadt auf dem Programm. Just like in old times…

Hinterlasse einen Kommentar