Kapitel 88 – Informationsquelle Internet

Diese Woche…
…ist die Flotte von Transport Schütz teilweise wieder unterwegs…
…die wahre Identität unseres Praktikanten fliegt auf…
…und Ricky spart Versicherungskosten!

———————————————

Montag, 04.04.2016

Das schönste an Wochenenden in Frankreich war immer wieder, wenn sie vorbei waren. Unsere erste Ladung war ein Curtainsider mit Gemischtware nach Kosice. Das meiste waren Paletten mit Kunststoffgranulat, Big Bags mit Talkumpulver und so. Wir blieben jedenfalls unter 1000 Punkten und die Front ohne die magnetische Gefahrguttafel.

Bei Firma TSM stand der Trailer in der Halle. Das war also schon mal eine Nummer zum wach werden. Allerdings für Luke am Steuer. Ich lief als winkende Neonreklame rum und passte auf, dass er weder Zugmaschine noch Trailer in der engen Ausfahrt rasierte.

Es kam kein Anruf von Rolf, also hatte Serkan seinen Magnum wohl zur Zufriedenheit wieder abgeliefert. Wobei, wenn ich mir überlegte, wie es da drin bei Rolf meistens aussah, hätte mich letzte Woche ein Anruf von Serkan weniger überrascht, dass ihm irgendeine vergessene Socke oder ein lebendig gewordener Apfel entgegen gefallen war, die sich Rolfs Aufräumaktion vorm Urlaub entzogen hatten. Rolfs gewöhnlicher Stellplatz für den Truck war bei Hempels unterm Sofa.

Das Navi war der Meinung, dass wir ab Orleans Nationalstraßen quer rüber fahren sollten anstatt die Autobahn über Paris und Reims. Also hielten wir uns auch mal dran. Über Auxerre bis Neufchateau war ich die Strecke schon mal vor Ewigkeiten gefahren, wusste nicht mal mehr, ob ich damals alleine unterwegs war oder mit Chris zusammen.

Heute fuhr ich jedenfalls mit Luke zusammen hier her und weil meine Lenkzeit noch nicht rum war, als wir an einer der wenigen Tankstellen vorbei kamen, entschieden wir, weiter zu fahren und die Teepause irgendwo am Straßenrand zu machen anstatt an einer Tankstelle.

Ich hielt den Truck auf dem gut verdichteten Seitenstreifen an und wir trugen unseren Teetisch 30 Meter in die Wiese, damit wir nicht direkt an der Straße sitzen mussten.

Danach ging es weiter und schließlich durch den Vogesen, also gab es jetzt auch mehr Landschaft zu sehen.

Hinter Straßburg war das Navi der Meinung, dass es besser wäre, weiter Landstraße durch den Schwarzwald auf die A81 zu fahren, als über die A5 nach Karlsruhe. Dort litt der Verkehr wohl auch gegen 20 Uhr noch unter den Folgen eines schweren LKW-Unfalls am Mittag, nach dem Umladen, eine schwierige Bergung und Reparaturarbeiten an der Leitplanke nötig gewesen waren.

Den nächsten Fahrerwechsel machten wir nach den kulinarischen Entbehrungen des Wochenendes bei echt deutscher Currywurst mit Pommes an einer Tankstelle. Das, was man danach von dieser Route im Scheinwerferkegel sah, war es wert, hier mal bei Tageslicht lang zu fahren.

Ich kam noch bis Merklingen, wo wir unseren Truck „in die Ecke quetschen“ sollten, weil um die Zeit natürlich keine offiziellen Stellplätze mehr frei waren.


Dienstag. 05.04.2016

Am nächsten Morgen durften wir erst gegen 10 los. Natürlich waren wir vorher wach, gingen duschen und frühstücken, putzten den LKW und mussten dann trotzdem warten. Ich surfte ein Bisschen durchs Internet. Im Truckerforum gab es keine bahnbrechenden Neuigkeiten.

Im Spotterforum war dafür gut was los. Steven hatte zum 01.04. einige der Trucks und Fahrer von Patrick übernommen und die waren natürlich am zweiten Werktag nach der Übergabe noch immer in ihren originalen Farben und mit NE-TS auf dem Nummernschild unterwegs. Auf den Fotos waren lediglich die Schütz-Schriftzüge abgezogen, aber noch keine neuen drauf.
Entsprechend schossen die Spekulationen ins Kraut. Wer hatte sie jetzt? Warum waren sie nicht umgemeldet? Und so weiter. Mir fiel vor allem auf, dass der liebe Matches sich nicht an der Diskussion beteiligte, obwohl der sonst immer vorne dabei war, wenn im Großraum Rhein-Ruhr Flottenverschiebungen passierten.

Allerdings nutzte ich nachdem Luke los gefahren war, die Gelegenheit mal dazu, den neuen Besitzer anzurufen. „Zentrum der Arbeit!“ „Zentrum des untätig auf dem Beifahrersitz Rumgammelns. Hallo Steven.“ „So gut hätte ich es auch gerne mal.“ „Das geht ganz einfach. Gib einfach die Hälfte vom Fahrerhaus an jemand anders ab und schon kannst Du täglich 9 Stunden faul rechts sitzen. Allerdings sitzt Du weitere 9 am Steuer und hast noch weniger Platz als jetzt.“ „Nee, das ist was für zwei, die sich mögen. Sogar im DAF. Wie geht das im Iveco? Ach nee. Hast ja jetzt den Volvo.“
„Der ist auch nur unwesentlich besser. Wir denken beide schon laut über eine größere Kabine nach. Mal sehen, wie wir aus der Nummer wieder raus kommen.“ „Kauf DAF!“ „Ääääh – Nein! Mercedes oder Renault.“ „Würde ich beide nicht nehmen.“ „Wie sind denn die MAN? Außer Lack abweisend? Fahren ja scheinbar alle noch in Schütz-Farbe. Die Neusser Kennzeichen bleiben?“ „Nee. Ich bin doch nicht verrückt. Neuss ist Klasse 8 in der Haftpflicht, 6 in der Teilkasko und 4 in der Vollkasko. Paderborn ist 3, 2 und 1. Aber muss ja jeden der vier hier her holen dazu. Diese Woche zwei und kommende die anderen beiden. Habe doch 14 Tage Zeit umzumelden. So lange bediene ich eben die Versicherung von Schütz weiter. Die schwarzen bleiben eh so mit dem roten Löwen und kriegen nur Firmenschriftzüge auf die Front, Adresse auf die Tür und nordische Flaggen übers Seitenfenster. Den blauen werde ich wohl mal weiß bekleben lassen wie meine DAF.“ „Oha. Bochum ist 10 Haftpflicht, 5 Teilkasko und 4 Vollkasko!“
„Wen hast Du jetzt eigentlich alles?“
„Luca Wojtek, Thor Söderberg und Carlos Seaton auf Skandinavien-Strecke. Den Maximilian Schröder als Azubi auf Brücke zwischen meinen größten Kunden in Deutschland und den Niederlassungen Paderborn und Neuss. Dazu muss ich einen neuen Fahrer in Paderborn haben, weil mein erster Fahrer als Niederlassungsleiter nach Neuss ist. Der hat vor 2 Jahren den Meister gemacht, jetzt zahlt es sich aus. Der hütet da das Büro, wollte eh nicht mehr Langstrecke fahren. Und wenn Maxi Berufsschule hat, dann fährt der den Brückenzug.“ „Aha. Ich hab mit jedem Satz von Dir irgendwie zwei neue Fragen. Lass uns mal irgendwann zusammen grillen. Vatertag oder so.“ „Gerne. Kommst Du mit Deinem Freund in Paderborn vorbei? Habe ein Haus mit Garten und ein Gästezimmer gibt’s auch.“

Nachdem wir uns geeinigt hatten, dass wir das so machen, dachte ich nach. Er hatte also Maxi übernommen. Wenn er meinte. Das war es, was ich vermieden hatte, ihm diese Entscheidung durch meine persönliche Einschätzung der Leute abzunehmen. Aber vielleicht bekam sein Verkehrsmeister den Burschen ja auf Kurs.

Als nächstes prüfte ich kurz noch was bei der Versicherung und rief Judith an. „Ist André schon los, die Trailer anmelden?“ Denn gestern waren die Kögel-Box für Dormagen angekommen und standen gerade bei Vinni zum Folieren. Ich hatte André deshalb eine entsprechende Vollmacht dagelassen, die drei Trailer anzumelden.
„Nein, den wollte ich eigentlich morgen früh los schicken.“ „Prüf mal, ob wir mit unserer kleinen Außenstelle auch im Rheinkreis anmelden können und wenn ja schick ihn nach Neuss, bitte. Teilkasko ist da zwar eins teurer als in Bochum, aber dafür die Haftpflicht zwei Klassen günstiger. Macht sich bei Trailern schon mit ein paar Euro im Jahr bemerkbar, bei Zugmaschinen lohnt es sich richtig.“ Ich hatte nicht vor, die ganze Flotte umzumelden, aber was in Dormagen stationiert war, konnte auch da zugelassen werden, wenn es rechtlich ging.

Luke legte sich noch mit einem reichlich untermotorisierten Actros an, der in Österreich knapp vor uns raus zog und den Abstandsassistenten dazu nötigte, die Bremsen mal kräftig zupacken zu lassen. Beim anschließenden Überholen bekam er dafür den doppelten Fernfahrergruß zurück.

Fast Mitternacht kamen wir beim natürlich schon geschlossenen Kunden an.


Mittwoch, 06.04.2016

Wir hatten uns schon mal vorher angemeldet und so war direkt, als wir auf den Hof fahren durften, eine Rampe frei. Während wir entladen wurden, rief André an: „Auf was soll ich denn zulassen? NE-IT klingt so doof. Wie „Neid“ mit Rechtschreibfehler.“ „NE-KF vielleicht?“ „Oder GV-IT? Der Kreis hat doch auch das alte Zeichen von Grevenbroich.“ „An sich mag ich die Retroschilder ja nicht, aber das ist gut. Wenn es einen freien Block gibt, dann kannst Du ja den durchgehend reservieren. So 30 zusammenhängende Zeichen mit GV-IT. Wenn sie Dich das nicht machen lassen, dann lass Dir dafür die Unterlagen geben.“

Dann brachten wir den Trailer zu einer Spedition, die mit Talke zusammen arbeitete und nahmen einen vorgeladenen Planentrailer für Ostrava mit. Da war allerdings einiges an Gefahrgut drauf und so mussten wir jetzt die Tafel ans Frontblech klatschen. André rief noch mal an: „Wir bekommen dann den Block GV-IT 800 bis 830. Gut dass wir in unserer Behördentasche einen Firmenstempel haben. Vollmacht brauchte ich keine, aber den Stempel.“

Kosice war eine interessante Stadt der Gegensätze. Ein pulsierendes Zentrum der Ostslowakei, aber ruhiger als Bratislava. Im Zentrum standen noch historische Kirchen, aber am Hügel dahinter zog sich eine Mauer aus Plattenbauten durch das Panorama.

Unser Weg führte dann an der Hohen Tatra und am Liptauer See vorbei.

Die Anschlussfracht war ein Trailer mit Diesel für Odense in Dänemark. Wir hatten noch reichlich Fahrzeit und ich steuerte in den Sonnenuntergang durch Polen.

Mit einem Tanker wurden wir wieder eher oberflächlich kontrolliert und so waren wir schnell an der Grenze nach Deutschland abgefertigt. Die polnische war ohnehin nicht so gut kontrolliert, da die EU-Grenzen schon in Ungarn dicht waren und über Russland oder die Ukraine keine sonderlich beliebten Schleuserstrecken führten.

Da wir es in Polen vergessen hatten, musste Luke dann zum Tanken eine deutsche Tankstelle ansteuern. Wer nicht aufpasst, muss zahlen. Wir kamen viertel nach 3 nachts in Warnemünde an. Morgens war die erste Fähre für uns gebucht, wir hatten trotz der recht kurzen Passage und der Zeit eine Kabine, damit wir wenigstens schlafen und uns frisch machen konnten.


Donnerstag, 07.04.2016

Trotzdem mussten wir in Gedser noch warten, bis wir wieder weiter fahren durften. Als erstes schickte ich André, der heute nicht im Büro war, sondern die Schulbank drücken durfte, Geburtstagsglückwünsche per Whatsapp. Dann rauschte ich mal wieder mit dem Tablet durchs Internet. Maxis Brückenzug war inzwischen zwar immer noch Dachser-Blau und ohne Firmenbeschriftung, aber mit Kennzeichen PB-SE 4356 war den Szenekennern ziemlich klar geworden, wer der neue Chef war. Auch wenn Steven keinen Zahlenblock hatte.
Außerdem hatte er auf den Fotos von gestern eine Brücke drauf, die nicht mehr neutral weiß und fabrikneu war. Fabrikneu war sie auch, aber auf der Seite mit Scandinavia Express und den Flaggen Dänemarks, Schwedens, Norwegens und Finnlands beklebt. Zwar war Finnland nur geografisch und nicht kulturell skandinavisch, aber es war Steven zu wichtig in seinem Geschäft, um die Flagge zu unterschlagen. Und damit müsste es auch der letzte Dummfisch in der Spotterszene kapiert haben.

Nach fast anderthalb Stunden durften wir weiter. Auch in Dänemark war der Frühling angekommen.

In Odense übernahmen wir ein Silo mit einer etwas skurrilen Fracht – Strahlsand. Er steckte in einem Silotrailer von STB und sollte nach Osnabrück. Die Kombination aus den Rottönen von Talke und STB war, sagen wir mal „unglücklich“.

In Osnabrück standen wir dann gegen 23 Uhr wieder vor verschlossener Tür und konnten erst am Morgen entladen. Als Füllleistung bekamen wir dann noch einen Trailer mit Tiefkühlessen nach Wuppertal und von da ging es solo zu den Lahrmanns.
Luke fuhr zweimal mit einem Trailer nach Neuss zu Dachser und Solo zurück. Ich bekam von Vinni leihweise ihre inzwischen angeschaffte Werkstatt-Ersatzgurke, einen Mercedes Axor mit knapp um die 100.000 Kilometer, und fuhr den dritten Trailer rüber.

Den Rest der Zeit war ich im Büro. Rolf war mit Sebastian schon in der Zwischenzeit angekommen und beide wohl zu Hause oder wenigstens auf dem Weg dahin. Als ich zu Fuß von der Lahrmann-Werkstatt die Straße rauf kam, sah ich noch, wie Rolf mit seinem alten Peugeot aus dem Tor kam und die Straße runter fuhr. Dann war Sebastian wahrscheinlich der Radfahrer gewesen, der mich eben im vorbeizischen gegrüßt hatte.

Der Schreibtisch war schnell aufgeräumt, während Luke sich im dichten Verkehr herumärgern durfte. Also ging ich noch mal ins Truckerforum und staunte nicht schlecht über den gerade 10 Minuten alten Eintrag in unserem Firmenbereich.


<Matches>
Ich hatte ja gedacht, dass ich Euch nach dieser und kommender Woche mit Bildern bombardieren kann, aber ich habe kaum welche gemacht. Man sieht die Trucks immer nur auf Parkplätzen, wo man kaum was aus dem Motiv machen kann oder sie kommen einem mit 170 Sachen Relativgeschwindigkeit und 4 bis 6 Fahrspuren weiter links entgegen. Ein paar Sichtungs-Schnappschüsse stelle ich noch bei den jeweiligen Speditionen oder im Gemischtwarenlager ein.

Den Fliegenden Holländer will ich Euch aber nicht vorenthalten. KLM Cargo Jumbojet über Silozug, Breitenfels bei Leipzig.

Diese Studie von der Magnum-Kabine muss ich auch einfach zeigen.

Und dann war da mein ewiges Traummotiv, vor einem Magnum kniend die Wand rauf nach oben. Leider hat es mich als Foto aus jedem Winkel enttäuscht, aber nachdem ich das flachste in Photoshop in ein Gemälde konvertiert habe, ist es doch geil, oder?

<Actrosjunge>
Cool. Fängste im Sommer auch da eine Ausbildung an? Für mich ist es zu weit weg von Krefeld. Sonst hätte ich mich auch da beworben.

<Matches>
Mal sehen. Nächste Woche habe ich auch noch Praktikum und dann werde ich mich entscheiden. Dazu macht man ja eins. Um zu sehen, ob der Job der richtige für die Ausbildung ist.

Hinterlasse einen Kommentar