[Woche 6 – Mittwoch & Donnerstag] – Fährhäfen. Enge Straßen. Lucy hat Urlaub.



Mittwoch, Fredrikshavn
Am frühen Dienstagabend war ich auf dem Gelände vom Fährhafen gestern fast alleine. Heute früh um 07:00 Uhr sieht das schon anders aus. Ich verschwinde im Terminal um den Toilettengang und eine Dusche zu erledigen.





Pünktlich um 09:15 Uhr heisst es Leinen los; Kilometer machen ohne selbst zu lenken.
Nach dem Auslaufen, was ich heute bei leicht bedecktem Himmel wieder an Deck verfolge, gehe ich zuerst ins Bordrestaurant um zu frühstücken.
Die Überfahrt nach Oslo dauert bis 18:30 Uhr – ich habe also viel Zeit um mal die angenehmen Seiten des Tourens zu genießen. Im Spa-Bereich der Fähre gibt es verschiedene Pools und eine Sauna.

Später, bevor mir noch Schwimmflossen wachsen, drehe ich noch eine Runde durch den Tax-Free-Shop. Allzu viel Geld lasse ich dort aber nicht.





18:30 Uhr. Die Fähre erreicht den Osloer Hafen. Zügig kann ich sie verlassen und mich auf den Weg zum IKEA machen. Als ich dort ankomme ist das Lagerpersonal gerade beim Abendessen. Es heißt also warten.
Nach 10 Minuten spricht mich ein Blondschopf an, der vom Alter her noch Student sein könnte: „Nabend. Reichen Sie mir doch mal bitte eben die Frachtpapiere.“ Er wirft einen kurzen Blick drauf und weist mir dann eine Rampe zu. Da im Moment kein weiterer LKW an den Rampen steht haben alle Lageristen in der Warenannahme Zeit um meinen Trailer zügig zu leeren.
Kurz darauf ziehe ich von der Rampe ab, schließe meine Trailertüren und mache mich über den Strømsveien einmal quer durch die Stadt. Neun Kilometer später lande ich dann im Gneisveien. Eigentlich hatte ich unter der Adresse eine Umschlagsbasis des gelben Riesen erwartet. Stattdessen befinde ich mich jedoch mitten in einem Wohngebiet. Ich lasse meinen Scania vor dem blauen Gebäude stehen. Auf der Klingel steht in der Tat etwas von DHLfreight. Anscheinend ein Büro. Ich klingel und mir wird geöffnet. „Moin. Christian Dansör vom hansekontor. Mir wurde diese Adresse zum Laden mitgeteilt. Bin ich hier überhaupt richtig?“ „Guten Abend. Ich schau mal kurz.“ begrüßt mich eine rothaarige Mittfünfzigerin. „Sie sollen nach Gdansk? Dafür war doch ein Trailer bestellt… Sind Sie etwa..???“ „Ja. Ich hab nen Standarttrailer dran. Mein Sprinter steht in München.“ „OK. Man hat Ihnen die falsche Adresse mitgeteilt. Das Sammelgut steht bei ‚Post i Butikk‘ in der Finstadlia.“ „Da bin ich vorhin dran vorbei gekommen. Dann muss ich mal gucken wie ich durch die engen Straßen hier wieder raus und schauen, dass ich dort hin komme.“ „Sind Sie über den Glimmerveien hier rein gefahren?“ „Ja.“ „Dann ist es am einfachsten Sie fahren dort vorne links am Parkplatz vorbei und dann links in den Nesåveien. Dann immer dem Verlauf folgen. Ich rufe eben drüben an damit die Jungs gleich mit dem Stapler aufladen können.“ „Perfekt.“





Für die 850 Meter brauche ich dann gut fünfzehn Minuten. Am Verladeort werde ich freundlich begrüßt. Weitere fünfzehn Minuten später stehen dreiunddreißig Europaletten formschlüssig geladen auf meinem Auflieger und ich ziehe die Seite wieder zu. Der Lagerist kommt mit den Papieren auf mich zu und grinst. „Du bist vorhin im Gneisveien aufgefallen. Mein Bruder rief eben an und hat mir von deiner Millimeterarbeit dort erzählt.“ „War klar – in einem Wohngebiet zirkel ich zum Glück nicht jeden Tag herum. Aber mit Geduld und Vorsicht geht alles. Das hab ich beim Truck-Trial gelernt. Leider fehlt mir inzwischen meistens die Zeit für diesen Sport.“
Ich mache mich auf den Weg Richtung Süden und folge dabei in den nächsten Stunden immer der E6.




Donnerstag, irgendwo auf der E6.
Eigentlich wollte ich mit dieser Lenkzeit noch bis Helsingborg kommen. Aufgrund des Patzers bei der DHL-Ladeadresse und einer Baustelle reicht meine Lenkzeit jedoch nur noch bis nach Mellbystrand, wenn ich nicht auf einen Zehner gehen will. Da ich in Trelleborg eh auf die Fähre warten muss ziehe ich es vor jetzt um 05:30 Uhr Feierabend an einer durchgehend geöffneten Tankstelle zu machen.





Um 13:00 Uhr klingelt mein Telefon. Verschlafen melde ich mich „hansekontor. Christian hier.“ „Hej älskling.Hab ich dich geweckt?“ „Ja. Ist aber nicht schlimm. In fünf Minuten hätte der Wecker eh geklingelt. Will noch unter die Dusche.“ „Ah ok. Ich wollte dir nur Bescheid geben, dass ich in Berlin angekommen bin. Mit dem KRONE-Außendienstler in Hamburg hat auch alles geklappt.“ „Das ist schön. Kannst du mir nachher bei TT-Line einen Stellplatz für Trelleborg – Swinoujscie Abfahrt Freitag, 01:30 Uhr buchen?“ „Na klar. Kümmere ich mich drum. Wie lange fährst du bis Trelleborg?“ „Ich schätze mal gut zweieinhalb Stunden. Diese Woche bin ich das Warten auf Fähren schon gewohnt. Wie sieht eigentlich dein Plan aus? Fliegst du morgen Abend nach Hause oder bleibst du in Berlin?“ „Ich wollte gucken, dass ich dir von Gdansk was nach Berlin organisiere und für kommende Woche mit dir zusammen wieder hoch fahre.“ „Das klingt nach nem guten Plan. Ich gucke nachher wenn ich in Trelleborg stehe auch noch falls du dann noch nichts hast. Ich hab ja dort Zeit für Bürokram.“ „Okido. Ich liebe dich. Schwimm nicht so weit raus beim Duschen.“ Jag älskar dig också. Und ich schwimm nur so weit, wie es meine Quietscheente zulässt…“






Um 14:30 Uhr starte ich den V8 und mache meine Abfahrtskontrolle, Danach geht’s wieder auf die E6 in Richtung Trelleborg. Dort komme ich wie geplant gut zweieinhalb Stunden später an. Ich stelle mich am Fährterminal auf einen freien Platz. Wieder einmal Warten auf die Fähre… Ich sehe es gelassen und koche mir einen Kaffee. Parallel dazu fahre ich den Laptop hoch um in mein Disposystem zu schauen. Bisher sind alle meine Mädels, Donald und auch Tom im Plan. Beim Blick in den Frachtmarkt finde ich bei einem Zulieferer von Mercedes eine Ladung zum Werk in Berlin. Laden, liefern. Passt perfekt in meinen Plan.


Mein Handy piepst. Als ich drauf schaue ist es die Buchungsnummer für die Fähre ‚Nils Dacke‘. Kurz darauf klingelt mein Telefon. Die Berliner Büronummer auf dem Display – entsprechend wird es Sandra sein. „Hauptberuflicher Fährwartedienst.“ melde ich mich. „Ich dachte Quietschentenbändiger?“ „Ja, das auch. Was gibt’s mein Schatz?“ „Ich hab vorhin gesehen, dass du dir ne Fuhre nach Berlin geangelt hast. Damit hast du mich nächste Woche am Hals.“ „Dat muss so. Hast du also was von Berlin in Richtung Wahlheimat an Land gezogen?“ „Ja. Ich hab eben mit Magnus telefoniert. Der hat mich zu nem Scania-Zulieferer vermittelt. Dort kann ich Samstagfrüh laden und wir dann zusammen am Montag direkt ab unserer Niederlassung los.“ „Holst du die Sachen mit nem Handwagen?“ „Nö. Lucy hat Urlaub. Ich hab meine Fahrerkarte dabei. Passt also wenn ich dem DAF ein paar Minuten Auslauf gönne.“ „Achso. Daran habe ich gar nicht gedacht. Gute Lösung. Ich freu mich – ne gemeinsame Tour haben wir schon lange nicht mehr gemacht.“ „Siehst du. Ich freu mich auch drauf. Ich mache jetzt aber erst mal Feierabend. Ich treffe mich gleich noch mit Katie. Wir wollen im HardRock Cafe Abendbrot essen.“ „Lass es dir schmecken. Ich mach mir gleich was auf dem Gaskocher.“




Hinterlasse einen Kommentar