Sonntag stand ich um 8 auf und machte mich fertig, kurz vor neun klingelte es und meine Schwester lieferte Henrik ab. Ich kam direkt an die Haustür und wir gingen dann zum LKW.
Henrik machte es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich während ich meine Runde machte, danach ging es los. Gegen 10 Uhr trafen wir auf dem Hof des Landwirtes ein, der Drescher stand schon am Feld, gestern hatten sie Abends begonnen zu dreschen, zur Nacht hin wurde es aber zu feucht, heute Vormittag sollte das ganze wieder passen.
„Moin, Firma Hovstra, Hannes Petersen mein Name, ich sollte hier heute unterstützen.“
„Jo mien jung, dat ist gaut. Ich bün Christian, kannst mi Krischan nenn. Wi hebt allns trech, könn glicks los.“
„Jo dat is ja fein.“
„Ach schnackst ook platt.“
„Na klor, ne beten kann ick datt, aber beter verstohen as schnacken“
„Datt fin ick gaut un datt is dien Jung?“
„Ne, ich bün de Unkel.“
„Ach so, dann man los, wie hebt keen Tied, ick fahr vorrut und zeig di de Schlach, is in Butendiek, trüch kommst ja aleen, watt?„
„Ick denk schon.“
Er stieg in seinen alten Golf 2, unverkennbar ein alter Postgolf, und wartete bis ich umgedreht war. Dann ging es ein paar Kilometer weit bis in den Außendeich, hier waren riesige Felder direkt hinter dem Deich zur Elbe. Außendeich hieß es weil früher der Deich weiter im Inland war, dieser war auch noch vorhanden, aber mittlerweile abgelöst von einem viel höheren Deich fast direkt am Ufer der Elbe. Ohne neuen Deich wäre das Land jeden Winter überflutet worden, nun mit dem neuen Deich, war zwischen den Deichen gutes Land zum Anbau von Getreide. Hier standen auch kaum Bäume, alles war eben, bis auf ein paar Teiche, die durch Deichbrüche bei Sturmfluten ausgespühlt waren.
Zur Ernte war hier High Life im ansonsten fast Menschenleeren Landstrich.
Einige waren schon am dreschen, deshalb brachte uns Christian auch bis ans Feld. Dort wurde grade eine Probe genommen, sie zeigte 17% Feuchtigkeit in der Gerste, 14% waren üblich, für jedes Prozent drüber gab es Abzug, denn je feuchter die Gerste desto schwerer und es wurde ja nach Gewicht bezahlt.
Bei 17% gab es aber keine Probleme beim Dreschen, 14 erreichte man hier oben sowieso nie auf dem Feld, also ging das Getreide durch die Trocknung um den gewünschten Wert zu erhalten, weniger als 14% wollte man natürlich auch nicht haben, dann hätte man draufgezahlt.
Es wurde also begonnen mit dem Dreschen, hier arbeitete ein Claas, dieser gehörte Christian selbst um unabhängiger zu sein. Ein John Deere 7340 fuhr mit einem HAWE Überladewagen nebenher, dieser wurde vom Drescher „betankt“ und brachte das Erntegut an der Rand des Feldes wo ich und noch ein Traktor wartete. Ich musste also nicht aufs Feld und der Mähdrescher musste nicht anhalten.
Dort schieden sich aber auch die Geister, manche befuhren das Feld nicht mit dem Überladewagen um den Boden nicht unnötig zu verdichten. Da hielt der Drescher dann, dementsprechend musste dann ein Drescher mit höherer Schlagkraft her.
Wir hatten am Anfang etwas Freizeit und konnten den Drescher beobachten wie er zunächst einfach 2 mal außenrum fuhr um dann in Bahnen hin und her zu fahren. Dank GPS musste der Drescher beim wenden nicht zurücksetzen, er lies einfach eine Bahn aus und konnte so im Kreis fahren. Ohne GPS war das natürlich schwierig immer eine Schneidwerksbreite Bahn stehen zu lassen.
Irgendwann kam dann der Überladewagen zu uns und füllte die Mulde bis fast an den oberen Rand.

Die Plane blieb auf und wir fuhren zurück zum Hof, knappe 14Km waren eine Tour. Auf dem Hof war eine Waage, diese zeigte bei der ersten Fuhre 47.983 Kg, dann ging es in die Halle zum abkippen, Schott auf und einfach die Gosse volllaufen lassen, über die Waage und dann wieder schnell zurück. Um das, was die Gosse nicht direkt aufnehmen konnte kümmerte sich der Juniorchef mit dem Frontlader.

Nach der zweiten Runde lag ich bei 44.903 Kg. Wieder das gleiche Spiel, abkippen und zurück zum Feld. So ging es den lieben langen Tag.
Zwischendurch wechselten wir den Schlag, hier war es noch feuchter, so hatte ich bei der ersten Fuhre von dem Feld 52.024Kg auf der Uhr stehen, an dem Tag war das aber egal, es hieß so schnell wie möglich alles runter vom Feld. Gegen Ende hatte uns der Überladewagen verlassen und war zu einem Feld gefahren wo ein Lohner drusch. Jetzt musste der Drescher entweder anhalten oder man fuhr eben direkt mit. Da der Boden trocken war, entschied ich mich auch einfach mitzufahren, das würde schon gutgehen.

Es war nicht ganz einfach immer unter dem Rohr zu bleiben, aber über Funk gab er mir vom Drescher aus Anweisungen. Die anderen beherrschten das natürlich aus dem FF, hatten beim Trecker aber auch mehr Sicht nach hinten. Beladen drehte die Antriebsachse tatsächlich das ein oder andere mal durch, jetzt nur nicht anhalten. Ich konnte die Fuhre aber am Rollen halten, auch dank Sperrdifferential, und kam so wieder auf festen Boden, nochmal ging ich das Risiko aber nicht ein.
Zur Abendbrotpause traf man sich dann am Feldrand, die Bauersfrau sorgte traditionell für die Versorgung der Truppe, die im wahrsten Sinne Ackernden fachsimpelten beim Essen. Das war der Zeitpunkt wo wirklich für 45 Minuten alles stand, da wurde der Zeitverlust auch in Kauf genommen, das gehörte einfach so!
Als alle wieder auf ihren Maschinen stiegen, fuhr auf dem Schlag nebenan grade ein 1500er MB Trac vom Feld, er zog einen alten 3 Achs Anhänger, der sicherlich mehr wog als die erlaubten 25 Tonnen, mit einem infernalischen Sound beschleunigte er. Auch wenn die hier stehenden John Deere locker das doppelte der recht mickrigen 150PS des MB Tracs boten, machte er einfach den Eindruck das man damit jeden Traktor in Grund und Boden fahren konnte, dazu war ein einfach noch so herrlich Oldschool. Ich grüßte den Fahrer, er winkte freundlich zurück.
Nach dem Essen fuhr dann Henrik eine Runde mit auf dem Drescher mit.
Ich pendelte weiter zwischen Feld und Hof, das ganze ging bis in die Nacht, bis die Feuchtigkeit wieder zu hoch war, das war gegen 2:30 Uhr.
Henrik hatte sich tapfer gehalten, um 1:30 hatte er sich aber nach hinten in die Koje gelegt. Mit dem letzten paar Tonnen ging es zum Hof, der Drescher verblieb auf dem Feld, auch mein LKW blieb auf dem Hof stehen, morgen Mittag ging es weiter.
Ich weckte Henrik und lud ihn um in den Wagen vom Juniorchef, dieser brachte mich die paar Km bis nach Hause, ich schlief heute bei meinen Eltern, Henrik ebenso.
Mitten in der Nacht kam ich also bei meinen Eltern an, meine Mutter war natürlich noch wach, aber eher wegen Henrik nicht wegen mir, ich bekam das Gästebett zugewiesen, Henrik durfte bei Oma schlafen, da mein Vater, wie oftmals, auf dem Sofa beim fernsehen eingeschlafen war und dort nächtigte.
Schön war es natürlich am nächsten Tag, wobei es war ja eigentlich noch der gleiche war, aufzuwachen und einen gedeckten Frühstückstisch vorzufinden, es gab gekochte Eier, Brötchen und eine Auswahl an Wurst.
Henrik blieb heute bei Oma, er hatte um 16 Uhr noch einen Arzttermin und da ich heute erst um 13:30 in das Rennen einstieg, lohnte es sich nicht das er mit kam.
Mein Vater brachte mich dann zu meinem LKW, er hatte in der Halle genächtigt, alle anderen waren schon ausgeflogen, da ich aber wusste wo es weiter ging fand ich alleine hin.
Das Wetter machte dem unterfangen dann aber einen Strich durch die Rechnung um 18 Uhr fing es an zu regnen. So konnte man nicht dreschen, also hieß es abbrechen. Da ich diese Woche mit der eigenen Dispo nicht zu tun hatte, ich war quasi die ganze Woche an eine Genossenschaft vermietet, bekam ich auch dort meine weiteren Aufträge. Von einer der Niederlassungen, ging es mit nasser Gerste in die knapp 40Km entfernte Zentrale, da nur diese über eine Trocknung verfügte, von da dann wieder mit trockener Gerste ins Lager der Niederlassung. So pendelte ich hin und her, bis dann um 22 Uhr die Genossenschaft schloss und keiner mehr da war um mich zu beladen. So hatte ich heute um 22 Uhr Feierabend. Die Genossenschaft lag passenderweise in meinem Heimatort und war der Jahrelange Arbeitgeber meines Vaters gewesen.
So schlief ich wieder bei Muddi.

Vorgeladen hatte ich Raps, der für die Ölmühle in Hamburg bestimmt war, da ich nicht vor 8:30 loskam, hatte ich bei der Ölmühle natürlich etliche LKW vor mir. Mach dreieinhalb Stunden war ich dann aber leer und so fuhr ich auch zurück zur Genossenschaft um die zweite Fuhre Raps zu laden. Diesmal war ich um 15:45 da gewesen und musste „nur“ zweieinhalb Stunden warten.

So war ich um 19:45 Uhr wieder bei der Genossenschaft um diesmal Weizen für eine Mühle in Bremen vorzuladen. Um 20:30 stellte ich den LKW ab, geschlafen wurde wieder bei meinen Eltern, ich könnte mich dran gewöhnen.

Um 4:30 startete ich nach Bremen, wo ich 6:30 eintraf, ich konnte mich ganz hinten einreihen und nach nur 4 Stunden war ich auch schon leer, so war ich um 12:30 Uhr wieder bei Christian und fuhr vom Feld ab, heute ging die Gerste und der letzte Raps auf Feldern direkt zur Genossenschaft.
Donnerstag war ich noch für Christian im Einsatz und pendelte wahlweise vom Feld zum Hof oder zur Genossenschaft, am frühen Abend war die Ernte vom Raps und der Gerste durch. Der Weizen stand zwar noch auf den Feldern, aber dieser brauchte noch etwas um abzureifen. So fuhr ich am Freitag wieder ganz für die Genossenschaft, mit nasser Gerste ging es in die Zentrale, mit trockener dann wieder zur Niederlassung, ab Mittag war ich wieder in die Hovstra Dispo integriert.
Ich sollte die letzte Fuhre Gerste einfach auf dem Auto behalten und damit zu MaBeHa in Hamburg, der Kunde war mir noch wohlbekannt aus alten Kipper Zeiten. Das tat ich auch und am späten Nachmittag traf ich dort ein. Es war nichts los, so konnte ich direkt auf die Waage fahren, im Container gab ich an was ich abzuladen hatte. Es hatte sich am Ablauf zu den Jahren davor nichts geändert, trotzdem musste ich etwas überlegen, denn es war gut zwei Jahre her das ich das letzte mal hier ablud.
Auch an der Gosse hatte ich niemanden vor mir und ich kippte ab.
Nun fuhr ich wieder raus, um dann direkt wieder rein zu fahren. Für Frankreich sollte ich Futtermittel laden. Ich wählte also die entsprechende Sorte aus und fuhr dann zur angegebenen Ladestraße. Hier musste ich kurz auf zwei MaBeHa eigene LKW warten, bis ich dann laden konnte. Als ich am laden war, kam Tobias mit seinem Schubboden auf den Hof. Er sollte hier auch laden, aber Sackware für Irland.
Da er nicht wirklich was zu tun hatte bei der Beladung, er fuhr die Paletten einfach mit dem Boden nach hinten, leistete ich ihm dabei Gesellschaft, für ein Schwätzchen unter Kollegen war immer Zeit, grade am Freitag, wenn man quasi alles erledigt hatte.
Im Konvoy fuhren wir dann zum Hof. Tobi fuhr in die Waschhalle, ich stellte mich hinten an, bevor wir aber loslegten gingen wir gemeinsam ins Büro. Bernd kam uns gut gelaunt und pfeifend entgegen.
„Was ist mit dir denn los?“ fragte ich ihn
„3 Wochen Urlaub Jungs.“
„Dann viel Spaß!“ kam von Tobi
„Von mir auch!“
„Danke!“
Wir gingen weiter zu Bernds Schreibtisch, dort erwartete mich eine Überraschung, Miriam hatte seinen Platz eingenommen.
„Also doch wieder bei Hovstra!“ begrüßte ich sie und umarmte sie dabei
„Jaha, aber nur als Urlaubsvertretung für Bernd.“
„Ach Schade, kannst nicht bleiben?“
„Ja finde ich auch.“
„Leider nicht, Kai braucht mich ja auch, der macht das nun die drei Wochen selber, das geht grade noch so!“
„Schade, wirklich sehr Schade.“
Nach etwas Small Talk tauschten wir uns noch über Bernds Launen aus, Tobi hatte auch Probleme mit ihm. Wir fassten den Entschluss uns mal zu dritt, also Martin, Tobi und ich, mit Frank zusammen zu setzen. Aber das war ein anderes Kapitel.
Wieder zurück in der Waschhalle half ich Tobi beim waschen des LKW, später half er mir bei meinem, er hatte es auch bitter nötig. Drinnen war es Gott sei dank nicht ganz so verdreckt, dank Klimaanlage konnte ich das Fenster immer zu lassen und der Staub kam nicht so schnell in die Kabine.
Nachdem beide MAN wieder sauber wahren parkten wir uns nebeneinander. Es stieg uns ein unangenehmer Geruch in die Nase, das konnte nur bedeuten das Chris in der Nähe war, er fuhr Vieh mit seinem DAF.
Martin kam auch grade auf den Hof, so warteten wir drei auf ihn und gingen dann im Pausenraum noch das ein oder andere Bier trinken, ich hielt mich an Cola. Dabei erzählte ich auch von meinem Abenteuer mit Amelie, ich hatte aber das Gefühl man glaubte mir nicht.
„Iss klar, du machst dir eine Französin klar, mhhh!“ Martin nickte hämisch
„Ne, hab sie nur mitgenommen.“
„Japp, hab ich auch jede Woche, das mir jemand an den LKW klopft, die wollen aber immer Geld damit ich sie reinlasse.“ kam von Tobi
„Ach ihr seid doof!“ Ich wollte den eingeschnappten spielen, konnte aber nicht ernst bleiben.
„Will hier noch einer sein Fernfahrerlatein loswerden?“ fragte Chris in die Runde.
„Ich hatte diese Woche auch einige Chicks mit, nur waren die etwas unterkühlt!“ Er spielte auf eine Ladung Hähnchen an.
Alle lachten, Frank kam in den Raum
„Was ist hier denn los?“
„Ach Hannes erzählt grade wie er Französin abgeschleppt hat.“
„Ja genau deswegen bin ich hier!“
Das Gelächter verstummte sofort.
„Sie hat hier an dich einen Brief geschickt, der kam hier heute morgen an“, Er überreichte mir den Brief, ich machte ihn auf und schaute nur kurz rein, das wollte ich in Ruhe und vor allem alleine durchlesen. Ich nahm meine Sachen, ging zum Auto und fuhr los.

Deine Beiträge sind immer wieder ein Genuss. Mach weiter so!
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