Samstag, 05.12.2020 und Sonntag, 06.12.2020
Es hatte sich ja schon unterwegs beim Einkaufen abgezeichnet. Beim Abendessen diskutierten Alex und ich unsere Situation. Er wohnte im Herzen der Stadt, vor allem eine Folge der Zeit, als er mit dem alten Oldsmobile SUV unterwegs war und an jeder roten Ampel in der Angst lebte, das Ding würde bei Grün die Weiterfahrt verweigern. Also hatte er mehr mit dem Fahrrad gemacht und dazu war die Lage optimal. Für zwei war es ein Bisschen eng dort und von der Parkplatzsituation nicht zu reden. Sein Motorrad stand inzwischen immer bei mir in der sicheren Garage, das Auto schon mal 2 Blocks von der Wohnung weg, weil vorher keine Lücke frei gewesen war.
Mein Haus war groß genug für zwei. Auch der Platz reichte für sämtliche Fahrzeuge, das war seinerzeit mein Hauptgrund gewesen, hier zu mieten. Auf ein Auto und ein Motorrad mehr kam es da auch nicht an. Dafür lag das Wohnzimmer nach Osten und die Terrasse vor demselben im Dauerschatten mit einer geschlossenen Reihe Zypressen nach Osten, dem Haus nach Süden und Westen. Die mannshohe Hecke nach Norden konnte aus der Natur der Sache der Sonne nicht im Weg stehen, verfinsterte den Platz und das Zimmer aber zusätzlich. Der Sonnenstand hatte mich damals kaum interessiert, zumal ich damit rechnete, ohnehin eher selten zu Hause zu sein und einfach nur ein Dach überm Kopf und vor allem Platz für meinen Fuhrpark haben wollte.
Wir lebten in Zeiten, wo es von jetzt auf gleich passieren konnte, dass man seinen Liebespartner nicht mehr treffen durfte, nur weil es an der Formalie von zwei verschiedenen Meldeadressen und dem Schutz vor der potenziellen Ausbreitung eines gewissen Virus von dem einen Haushalt in den anderen scheiterte.
Alex wollte, da er jeden Tag in Medford war, mal den Immobilienmarkt im Auge behalten. Es drängte uns ja nicht wirklich was. Jeder von uns hatte ein Dach überm Kopf, nur beide kein schönes.
Das Wetter war gut am nächsten Tag. 10 Grad und Sonne. Medford hatte ein fast schon mediterranes Klima, die Berge im Westen fingen Wolken ab und erhöhten die Zahl der Sonnenstunden deutlich. Das Wetter hier erfüllte mehr die Klischees von Kalifornien als von Oregon. Trocken, warm und sonnig. Wir nutzten das Wetter, packten die Mountainbikes auf die Ladefläche meines Silverado und tobten uns bei Grants Pass ordentlich aus. Am Nachmittag lebte ich meine deutschen Austauscherfahrungen aus und wir vergnügten uns in der Weihnachtsbäckerei, wo erst mal ein Christstollen entstand. Der musste im Keller gelagert durchziehen, bevor er so richtig schmeckte.
Abends sprachen wir dann über die bevorstehenden Feiertage: „Was wünschst Du Dir denn zu Weihnachten?“ Eigentlich war ich wunschlos glücklich: „Ein paar schöne Tage gemeinsam.“ „Ich meine als Geschenk.“ Das war allerdings eine Frage, die ich dann gleich in Gegenrichtung stellen könnte. Erstmal bräuchte ich aber eine Antwort, die ich selbst geben konnte. „Weihnachten kommt wieder mal so überraschend. Da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht.“ „Mal ehrlich gefragt, wenn Du als erstes an gemeinsame Tage und nicht an Sachen denkst. Ist es Dir wichtig, ein Sachgeschenk zu bekommen?“
Nun musste ich vorsichtig sein. Einerseits freute ich mich natürlich über eine Kleinigkeit, die mit Liebe ausgesucht war. Andererseits war ich selbst nicht der beste Geschenkfinder unter der Sonne und tat mich schwer damit, selbst solche liebevollen Kleinigkeiten zu finden und meine eigenen Ansprüche erwidern zu können.
„Die Geschenke sind mir bestimmt nicht das wichtigste an Weihnachten. Wieso?“ „In der russischen Tradition schenken sich Erwachsene nichts. Die Kinder bekommen Geschenke und wenn man zur Feier bei jemand eingeladen ist, bringt man Gastgeschenke mit. Eine Flasche Wein oder Hochprozentiges, Pralinen oder Blumen. Für mich ist dieses zwanghafte Geschenke finden eine ziemliche Qual, weil ich bisher Weihnachten vor allem mit Leuten aus meinem Kulturkreis gefeiert habe und nichts schenken musste.“
Alleine die Wortwahl ließ seine Abneigung erkennen. „Dann lassen wir das mit den Geschenken. In Philadelphia war ich Weihnachten meistens alleine und habe mich auf den besinnlicheren Teil von Weihnachten zurückgezogen. Das ist mir auf jeden Fall wichtiger.“
Montag 07.12.2020 bis Sonntag 13.12.2020
Brian hatte sich alle Mühe gegeben, die Vorfreude auf Weihnachten zu vergrößern. Schon als ich den Auftrag sah, war mir klar, wo ich das kommende Wochenende nicht sein würde.
PICKUP: ORMFR-HOM
DESTIN: ARFSM-CSC
TRAILER: BX003
LOAD: HOUSEHOLD APPLIANCES
WEIGHT: 36,410
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Die Fuhre bis Arkansas dauerte über die halbe Woche. Am Mittwoch fuhr ich einen Truckstop in der Nähe an, um am Donnerstag zuzustellen. Anschließend ging es mal wieder zu den Ufos und Aliens, mit einer Ladung H-Milch nach Roswell. Immerhin, das war zu früh für den Reset, Ankunft am Freitagmittag. Aber die Anschlussfracht war nicht besser, Trockenfrüchte nach Colby (KS).
Wie schon Luke Skywalker so treffend über Tattooine festgestellt hatte, galt auch für Colby: „Wenn das Universum irgendwo ein helles Zentrum hat, ist man hier am weitesten davon entfernt.“ Für die kommenden anderthalb Tage war meine Anschrift also Pilot Travel Center, East Willow Avenue, Colby, Kansas. Die Interstate lag direkt hinter dem Parkplatz. Kein Weg, auf dem man sicher hätte hier weg kommen können, führte in die Stadt, in der es vermutlich auch nichts gab, das den Weg lohnte. Der Grain Elevator in die andere Richtung war noch in Betrieb, Exploration fiel also auch aus, das würde ein Youtube-Wochenende.
Sogar die Meile zum Walmart war mir zu heikel zum Skaten. Also koppelte ich den Trailer ab, packte das Schloss auf die Bremsleitung und fuhr als private Besorgungsfahrt mit der Zugmaschine hin. Auf dem Truckstop gab es nämlich nur einen Subway. Ein Sandwich würde ich mir übers Wochenende sicherlich mal holen, aber die U-Bahn war ansonsten ja eher untauglich als Langzeitversorgung.
Montag 14.12. bis Sonntag 20.12.2020
Das Wochenende war irgendwann rum. Bei solchen Plätzen musste man sagen „zum Glück“. Es ging wieder nach Westen, mit Fernsehern nach Colorado Springs. Das war von hier nur ein Teilzeitjob und so bekam ich noch am Montagnachmittag den Anschlussauftrag mit Getränken nach Muleshoe (TX), sollte Dienstagmittag erledigt sein. Süden war nun nicht gerade die Zielrichtung, wobei ich mir nicht unbedingt sicher war, ob es am Ende überhaupt zum Wochenende nach Hause ging. Denn dann müsste ich kommende Woche noch mal auf einen Kurztrip raus und Brian hatte zweimal den Ärger mit der passenden Rückladung.
In die andere Richtung schräg am Ziel vorbei führten mich die Computer, die nach Yakima sollten. Von da dann wohl vermutlich doch Heimatschuss. Das waren zweieinhalb Tage Lenkzeit da rauf. Und so ging es mit allen Ladezeiten am Freitag noch von Yakima weiter mit Nüssen nach Portland.
Samstagmorgen kam die Release-Nachricht. Zu gnädig, dass ich mir aussuchen konnte, ob ich nach Hause wollte. Ich fragte mich, was wohl passieren würde, wenn ich nun wirklich in Portland bliebe, zum Beispiel weil Alex hier rauf kam und wir Mick und Nico besuchen würden. Das war derzeit aber leider auch nicht ruhigen Gewissens möglich. Wenn Brian mich auf jeden Fall zu Hause haben wollte, könnte er diese Leerfahrt aber auch explizit anordnen.
Mit der nicht ganz unbegründeten Vermutung, dass ich Weihnachten erst spät ankommen würde, hatten Alex und ich uns vor allem Vorbereitungen auf die Agenda geschrieben: Baum kaufen und schmücken, Dinge einkaufen, die sich die eine Woche halten würden. Außerdem wurde das Festgebäck mit ebenso deutschen Plätzchen vollendet.
Christians Mutter hatte mir damals zum Abschied unter anderem ein Heftchen mit meinen deutschen Lieblingsrezepten geschenkt. Von banalen Dingen wie Milchreis über den in Bayern so beliebten Wurstsalat oder einen ebenfalls regional typischen Schweinebraten mit Blaukraut – dass es dort durch die Zubereitung wirklich blau und nicht rot ist wie in Amerika und anderen Gegenden Deutschlands habe ich damals auch gelernt – und Knödeln bis hin zu eben Weihnachtsgebäck waren da so einige Dinge drin, die mir in dem halben Jahr gut geschmeckt hatten.
Alex nahm immer pragmatisch das große Weihnachtsfest zum Datum der Westkirchen mit, weil das komplette Leben hier darauf abgestimmt war. Die Reise zu Onkel und Tante nach Russland zum orthodoxen Fest, das wegen des verwendeten Kalenders erst in der ersten Arbeitswoche lag, war wegen der Einschränkungen sowieso in diesem Jahr nicht möglich.
Montag 21.12.2020 bis Donnerstag 24.12.2020
Und für die Kürze der Woche ging es weit weg, weiter wäre es nicht mehr gegangen, um Weihnachten zu Hause zu sein. Und auch so wurde es schon spannend, ob ich morgens bei Alex wäre oder den 25. Dezember auf einer Rest Area ein paar Stunden vor Medford würde beginnen müssen. Es ging mit Käse nach Yuma, einschließlich Ladezeiten komplett die ersten zwei der vier Arbeitstage. Nun musste die Rückfahrt sitzen.
Am Dienstagabend stand ich erst mal leer auf dem Flying J in Yuma und wartete auf die Überraschung am nächsten Morgen. Reis nach Redding sah gut aus, zumindest ging es ohne Umweg aufs Ziel zu. Und weil es von da nichts mehr gab, durfte ich am Abend noch leer nach Hause fahren, das hieß inzwischen traditionell zu mir. Ich wusste gar nicht, wann ich zuletzt in Alex Wohnung gewesen war, die nutzte er ja mehr unter der Woche.
Alex empfing mich zur besten Abendessenszeit, es gab aber nur ein Bisschen aufgewärmte Kürbissuppe, die noch im Gefrierschrank gewesen war. Morgen wollten wir dafür unseren Kalorienhaushalt mal ein Bisschen durcheinander bringen.
Heute war nach dem Essen nicht mehr viel mit mir los. Mir war jetzt die Last der letzten Wochen abgefallen. Seit den letzten Wochen vor Halloween war die Hölle los gewesen. Aktionsware zu den ganzen Festlichkeiten, die Lebensmittel, die so an Thanksgiving und jetzt zu Weihnachten verputzt wurden, Weihnachtsgeschenke, die trotz der 12 Monate eines Jahres ja grundsätzlich zwischen Black Friday und Christmas Eve gekauft werden mussten. In der Zeit hatte mich die Anspannung nach der Arbeit fit gehalten, heute schaffte ich das Kunststück, mal wieder auf dem Sofa wegzunicken, wurde aber noch mal wach und schaffte es ins Bett.
Freitag, 25.12.2020
Ich wurde wach von Bewegung im Bett, Alex war aufgestanden. „Guten Morgen.“ „Wie spät ist es?“ „Kurz vor 8.“ „Dann bleib doch noch ein Bisschen liegen und lass es uns gemütlich machen. Das ist ja weit vor dem Aufstehen.“ „Ich komme gleich zurück, keine Sorge. Den Wunsch erfülle ich Dir gerne.“
Dass Alex wohl zurückgekommen war, hatte ich nicht gemerkt und war wieder eingeschlafen – oder er war noch nicht mal ins Bett zurückgekommen, denn als er mich schließlich weckte, lag ein schwer süßlicher Geruch im Schlafzimmer und auf meinem Nachttisch stand ein Tablett mit den zum Frühstück vorgesehenen Pancakes mit Heidelbeersoße. Alex kroch wieder in seine Betthälfte und hatte sich ebenfalls so ein Tablett gemacht.
Auf die Idee, im Bett zu frühstücken, wäre ich spontan nicht gekommen. Und nach dem Frühstück blieben wir noch eine gute Stunde liegen und holten ausgefallene Streicheleinheiten nach.
Wie angedroht war es draußen stürmisch und bis wir uns aus dem Bett geschält hatten, war auch der angekündigte Regen aufgezogen. Also gingen wir duschen und vertrieben uns die Zeit mit Vorbereitungen für den Abend. Zwischendrin fielen wir bei Tee über das deutsche Weihnachtsgebäck her.
Den frühen Abend füllte dann unser vorbereitetes Drei-Gänge-Menü. Angefangen mit im Speckmantel gebratenen Ziegenkäsetalern, Pflücksalat und Toastbrot, das nun keine wirklich große Sache gewesen war, folgten die beiden anderen Gänge, bei denen einer von uns jeweils seine ganze Kochkunst eingebracht hatte. Alex tischte als Hauptgang ein hervorragendes Beef Wellington auf. Ich hatte den Nachtisch gezaubert, eine Marzipanmousse mit Schokoladensoße. Um bei den ganzen Kalorien hilfreich zu sein gab es hinterher noch einen Bourbon.
Da wir uns geeinigt hatten, nichts zu schenken, lagen unter dem Weihnachtsbaum nur ein paar dieser Dummygeschenke, also leere Kartons mit Geschenkpapier drumherum, die man als Dekoartikel kaufen konnte. Und es war so schön, jetzt einfach nur auf dem Sofa zu sitzen, diesen Baum zu sehen und zu wissen, dass wir uns gegenseitig hatten und niemand alleine an den Feiertagen hier sitzen musste.
Wie so oft an Feiertagen oder ähnlichen Anlässen in diesem Jahr glühten die Telefonleitungen natürlich auch wieder dank Skype.
Die restlichen freien Tage nutzte vor allem ich, um runterzukommen. Der Januar würde dann nicht mehr so extrem wie die Monate vorher und mit dem Superbowl war dann vermutlich schlagartig Ruhe, bevor bei uns dann im April zumindest Flatbed und Stakespine wieder mehr gefragt sein würden.
In der Silvesternacht konnten wir dann doch nicht widerstehen, den bösen Geistern ein paar Raketen vor die Nase zu schießen, auf dass sie sich andere Opfer suchen sollten.
Für den Neujahrstag hatte Alex sich dann eine ganz große Sache vorgenommen. Der einzige Verwandte, der bisher wusste, dass es in seinem Liebesleben um Männer ging, war Lesha. Und heute sollte der Tag sein, an dem es Onkel und Tante erfuhren. „Ich habe so eine Angst vor dem Moment. Was, wenn sie mich ablehnen?“ „Du lebst hier in Oregon, sie leben in Moskau. Du stehst komplett auf eigenen Beinen. Zumindest kann Dir schon mal nicht passieren, was mir damals passiert ist und mir die Eltern die Existenzgrundlage entzogen haben. Und was auch immer passieren wird, ich bin bei Dir und Du musst da nicht alleine durch.“
„Ja, schon. Nur sind sie für mich wie Eltern geworden. Was, wenn ich quasi zum zweiten Mal meine Eltern verliere?“ „Ich weiß es nicht – wenn es überhaupt so weit kommt. Aber es belastet Dich ja auch, ihnen etwas zu verheimlichen.“ „Also dann soll es wohl sein. Ich denke, es wird erst mal viel Russisch gesprochen.“
Alex setzte sich an seinen Laptop und startete den Skype-Anruf. Ich verstand kein Wort, aber konnte an seinem Körper und der Sprechweise auch erkennen, als es so weit war. Irgendwas schien nicht ganz nach Plan zu laufen. Alex rief etwas, scheinbar war sein Onkel gemeint, denn dessen Namen Kirill verstand ich als einziges. Seine Tante sprach aber weiter über Skype und klang auch beruhigend, was schnell Wirkung zeigte. Nach ein paar Sätzen gab Alex mir ein Zeichen, zu ihm zu kommen und die Unterhaltung war plötzlich verständlich. Offensichtlich hatte Alex gesagt, dass ich auch hier war und kein Russisch konnte.
Auf dem Bildschirm war eine brünette Frau um die 50 zu sehen. Alex stellte uns vor, es war seine Tante Natalya. Nach ein paar Plaudereien erfuhr ich auch, was eben passiert war. Alex Onkel Kirill hatte die Nachricht in der Tat nicht sonderlich positiv aufgenommen. Natalya meinte aber, dass er wohl damit nur so plötzlich überfordert wäre und sich an den Gedanken gewöhnen würde. Sie würde ihn gleich oder morgen schon wieder „einfangen“. Immerhin war in Moskau, 11 Stunden weiter, schon so langsam Zeit, sich bettfertig zu machen, während bei uns noch nicht mal das Mittagessen auf dem Herd stand. Und so beendeten wir die Unterhaltung.
Alex wirkte befreit und trotz der teilweisen Enttäuschung auch erleichtert: „Ich bin so froh über Tante Natalyas Reaktion. Auch sie hat gesagt, ich wäre wie ein Sohn für sie geworden und deshalb hätte sie das auch schon wie eine Mutter bei ihrem Sohn geahnt, seit ich ein Teenager war. Ich hoffe, Onkel Kirill meldet sich auch wieder bei mir.“ Ich nahm Alex in den Arm.
Dank der Lage der Feiertage blieben uns nach Neujahr am Freitag noch zwei gemeinsame Tage, bevor es wieder auf die Reise ging. So schön diese anderthalb Wochen auch gewesen sein mochten, so stellte ich am Montag auf dem Weg zur Firma doch fest, dass meine zweite große Liebe mir langsam fehlte. Gerade wenn man in der freien Zeit bis auf das tägliche Stündchen Sport oder zwei nur zu Hause sitzen konnte, war es mir wichtig, wieder auf die Highways zu kommen. Hoffentlich konnten wir im Sommer wenigstens wieder reisen.
Montag, 04.01.2021
Der Ernst des Lebens ging für uns beide wieder los. Für Alex hieß das Freud und Leid mit meinen Kollegen, die bei seinem nun unter Sierra Pacific firmierenden Arbeitgeber ab- und aufladen wollten, in meinem Fall hieß das „Auf nach Kalifornien!“
PICKUP: ORMFR-KRH
DESTIN: CASFO-711-CS
TRAILER: RF005
LOAD: BUTTER
WEIGHT: 34,499
REEFER: 37F
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Es war noch dunkel, als ich über die schmalen, teils unbefestigten Straßen von Seven Oaks zum Partnerbetrieb von Kraft Heinz fuhr.
Hier bekam ich meine gemischten Milchprodukte, Butter war wohl mal wieder die Sache mit der letzten Palette. Anschließend ging es noch volltanken bei Isaac und so waren fast 2 Stunden seit dem Anfang der PTI vergangen, bevor ich auf die I-5 auffuhr. Bekanntlich kam man in dieser Richtung knapp eine Stunde, dann war schon wieder Stillstand angesagt. Milchprodukte waren allerdings relativ harmlos, die meisten Scherereien bei der Inspektion machten Obst und Gemüse.
Ich war noch in der Kontrolle, aber fast fertig, als ich Evan mit seinem Kenworth und dem Boxvan aus der regulären Kontrollstation ausfahren sah. Also rief ich ihn, als ich wieder unterwegs war. Unsere Funkgeräte waren ziemlich stark, mit der erlaubten Sendeleistung und zuschaltbaren Empfangsverstärkern. Dazu war die Strecke bis Hornbrook gerade und das Tal breit, so dass er sich tatsächlich meldete. Wir hatten ein gutes Stück gemeinsame Strecke, im Prinzip bis fast zu meinem Ziel. Er fuhr mit Porzellan nach Santa Maria, also waren wir bis hinter Sacramento im Parallelflug. Wir drehten ein paar Kanäle weiter und unterhielten uns über belanglosen Kram.
Der Klassiker in diese Richtung war Mittagspause auf dem Pilot in Orland, ein gutes Stück hinter Redding. Anstatt Kettenfraß bei Wendy’s, Cinnabon oder Taco Bell reinzuschieben, entschieden wir uns für den bei Stammgästen gar nicht mal so geheimen Geheimtipp, den Foodtruck von Tacos El Norawa. Auf dem weiteren Weg konnte mir Evan in Colusa County eine lange Nase drehen, denn er durfte an der Waage vorbei fahren, ich musste drauf und wurde auch noch gleich zu einer großen Kontrolle rausgezogen. Wir beschlossen daraufhin, uns schon hier zu verabschieden.

Mit Gewicht, Papieren und Fahrzeug war aber alles in Ordnung und so durfte ich nach nicht ganz einer Viertelstunde auch weiter. Also passierte ich um 5:21 PM die Bay Bridge, der Jahreszeit entsprechend schon im Abendrot.

7-Eleven war nicht wirklich für viel Platz zum Rangieren bekannt. Aber das Manöver war nach so langer Zeit am Steuer von Class 8 Trucks auch nicht mehr wirklich ein Ding. Nach dem Entladen fuhr ich wieder zum Parkplatz vor Bay Truck Sales für die Übernachtung.

Dienstag, 05.01.2021
Nach einem Bisschen Frühsport in Form von Freerunning auf der Ufertreppe neben dem Maritime Museum gab es Katzenwäsche am Truck und ein Bisschen Flüssigkeit für einen Busch am Rande des Parkplatzes. Die nächste öffentliche Toilette hier war an der Hyde Street Pier und die öffnete erst später. Und der nächste Auftrag war echt Käse.
PICKUP: CASFO-POR
TERMINAL: PIER 50
DESTIN: CALAN-711-CS
TRAILER: RF005
LOAD: CHEESE
WEIGHT: 29,498
REEFER: 39F
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Also fuhr ich zum Hafen, ließ mir den Käse und auch einiges mehr an Frischware aufladen. Dann verstellte mit Hilfe der Waage an der Ausfahrt aus dem Hafen meine Achsen und war auf dem Weg in Richtung Los Angeles auf der US-101. Das Navi wollte eine der Querverbindungen zur I-5 nehmen, was ich aber ignorierte. Die Küstenstrecke war viel schöner und dauerte auch nicht länger.

Ein kurzer Anruf bei Evan ergab, dass er sich gerade auf den Weg zur I-5 und dann zurück nach Norden machte, also für eine weitere gemeinsame Pause ausfiel. Die Mittagspause legte ich deshalb erst nach fast 6 Stunden Fahrt am Stück hinter Santa Barbara am Strand mit dem vielsagenden Namen Oil Piers Beach ein. Vom Öl war aber bis auf ein paar Bohrinseln im Meer und eine künstliche Insel, wo die Pipelines vom Meeresboden an die Oberfläche kamen, nichts zu sehen.
Anschließend waren es noch anderthalb Stunden bis zur Entladestelle, während der es regnete. In dieser Gegend fiel der halbe Jahresniederschlag zwischen Dezember und März. Ich blieb am Ziel wie immer erst mal an der Straße stehen und suchte den Marktleiter. Der erzählte mir, was ich nicht hören wollte: „Oh, jetzt ist gerade schlecht. Wir haben schon einen Trailer an der einen Rampe und an der anderen hat vor 5 Minuten der Day Driver angedockt, der muss entladen werden, die Dispatch braucht den Trailer.“
Ich brauchte meinen Trailer auch, aber sich in so einer Situation aufzuregen, hatte ich mir nach den ersten 2 Monaten bei Costco schon abgewöhnt. Es brachte nichts. Also setzte ich mich in den Truck, drückte die Taste für Ladestelle nicht frei in Isotrak und wartete. Alleine, dass es eine fest mit dieser Statusmeldung belegte Taste gab, ließ tief in die Branche blicken. Und das war wohl schon zu den Zeiten der Fall, als Isotrak noch mit eigener Hardware lief, die aus einem grünen 5“ Monochromdisplay mit zwei Tastenreihen an den Seiten und einer Blackberry-artigen Tastatur darunter bestand und die ich nur noch von Bildern kannte. Nach fast einer Stunde stand dann endlich mein Zug an der Rampe und wurde entladen. Danach war Schluss.
LOCATION: CALAN
ACTION: 14H BREAK
REMARKS: LOADING IN TORRANCE AT 7:30 AM
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Nun durfte ich noch den größten Haken an L.A. ausprobieren, das Übernachten. Truck Stops waren hier so gut wie Fehlanzeige, vor allem nach Süden und Westen aus der Stadt, was ich eigentlich gebraucht hätte. Es gab ein paar Tankstellen mit 20 bis 30 Stellplätzen, von denen mit Glück einer frei war und mit noch mehr Glück waren dort auch die Duschen und Toiletten sauber.
Meine Lieblingskette hatte einen Pilot hinter Santa Clarita an der I-5 nördlich von L.A., der aber sehr riskant war. Es gab nur wenig Stellplätze und keine Ausweichmöglichkeit in der Nähe.
Also fuhr ich die I-10 East aus der Stadt. Dort gab es an der Kreuzung von I-15 und CA-60 in Mira Loma einen ebenfalls recht kleinen Flying J, dazu einen etwas größeren in Fontana drei Meilen nach der Kreuzung mit der I-15 direkt an der I-10.
Und es trat ein, was ich befürchtet hatte. Mit Stau im Feierabendverkehr blieben mir nur noch etwas über 10 Minuten Restfahrzeit bevor ich das Autobahnkreuz überhaupt erreichte. Das war mir mit einem Blick in den Belegungsstatus der Pilot Flying-J App zu riskant und ich beschloss fremd zu gehen. Am zwei komplette Truckstops umfassenden Travelcenter of America in Ontario (CA) – eins war mal ein Standort der heutigen Konzernschwester Petro gewesen – würde ich auf jeden Fall einen Platz finden. Jede einzelne dieser beiden Stellflächen war mindestens so groß wie alle drei Pilot Flying-J im Großraum L.A. zusammengerechnet.
Leider auch hier eine kleine Enttäuschung, da Iron Skillet als das bessere Restaurant geschlossen war. Ich sah mich schon vorm Taco Bell in der Warteschlange. Auf der anderen Seite der Interstate gab es zwar ein Denny’s, aber leider keinen sinnvollen Fußweg da hin. Der einseitige Gehweg war auf der falschen Straßenseite, weshalb man erst mal dran vorbei zur nächsten Kreuzung laufen musste und dann war er auf der Brücke über die I-10 auch noch so schmal, dass es fast schon als gefährlich anzusehen war, drüber zu gehen.
So holte ich mir stattdessen, auf den Rat des als Team fahrenden Ehepaars neben mir, bei Farmer Boys auf der anderen Seite der Kreuzung einen BBQ Chicken Ranch Salad. Anschließend telefonierte ich noch mit Alex, ging duschen und dann ins Bett. Morgen musste ich entsprechend früh wieder los, damit ich vorm Verkehr wieder in der Stadt an der Ladestelle war.
Mittwoch, 06.01.2021
Wie von Brian gewünscht war ich kurz nach 5 AM aufgestanden, hatte im Truck gefrühstückt und die PTI gemacht, so dass ich kurz nach 6 AM abfahrbereit war und um 7:30 an der Ladestelle sein konnte. Es ging zu meinem ersten Brötchengeber zum Aufladen und wieder zu Brians erstem zum Abladen.
PICKUP: CALAN-CSC
DESTIN: WYRKS-711-RM
TRAILER: RF005
LOAD: FROZEN FRUIT
WEIGHT: 28,810
REEFER: 0F
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Die lange Anfahrt hatte einen weiteren Vorteil. Ich konnte währenddessen den Reefer im Normalbetrieb auf die Temperatur für Tiefkühlware bringen, ohne den Power-Modus zu verwenden. Dank Roller-Shutter konnten wir beide Reefer problemlos vorkühlen, geschlossen andocken und die Arbeiter an der Rampe öffneten das Rolltor dann in das kalte Lager. Bei konventionellen Türen war das witzlos, da zwischen Öffnen der Türen und Andocken die kalte Luft raus war und stattdessen nur die wärmere Außenluft im kalten Trailer kondensierte und vereiste.
Um Viertel nach 7 stand ich nach etwas über einer Stunde Fahrt durch das allmählich erwachende L.A. bei Costco an der Rampe.
In Long Beach, nahe am Hafen, stellte ich an einer Cat-Scale die Achsen ein und machte mich auf den Weg nach Nordosten. In Utah und Wyoming war mit Schnee zu rechnen, hier waren es mittlerweile fast 60°F und um die 70 waren für nachher angekündigt. Da würde ich aber schon so weit in den Bergen sein, dass es nicht mehr so weit reichen würde.
Um 9:23 AM passierte ich meinen Schlafplatz der letzten Nacht und wechselte auf die I-15 North. Kurz danach begann der mühsame Anstieg auf die erste Bergkette. Der Vormittag brachte mich noch bis zur Clyde V. Kane Rest Area bei Baker, knapp 50 Meilen vor der Staatsgrenze nach Nevada.
Aus meinem Montagabend am 7Eleven in San Francisco aufgefüllten Kühlschrank bastelte ich mir ein Sandwich zusammen. Ein Youtube-Video hielt mich etwas länger hier fest, nach 45 Minuten rollten die Räder wieder. Am Nachmittag ging es dann mal wieder durch die glänzende und blinkende Stadt, über die I-15 mitten durch Las Vegas.

Nach der Ecke Nevada folgte noch ein kleinerer Zipfel Arizona und anschließend das Tagesziel Utah. Die Einreiseformalitäten waren übersichtlich. Rausziehen, auf die Waage, 65,324 Pfund, grünes Licht und weiter.
Nun gab es endlich mal für diese Woche ein Pilot Travel Center in St. George. Erst wurde der Truck gefüttert und dann musste ich feststellen, dass es hier eher mäßig war mit dem Futter für den Fahrer. Dafür schien sich der Weg unter der Interstate durch aber mehr zu lohnen. Nach 10 Minuten Spaziergang war ich bei Dickey’s Barbecue Pit.
Das war zwar auch Kettenfutter, aber ein Grill-Imbiss und somit mehr als nur Fabrikburger. Der Sohn der Inhaber arbeitete am frühen Abend mit und legte sich richtig ins Zeug, als er zur Bestätigung die Bestellung wiederholte. Sein Vorname Kyler stand auf dem Namensschild und dass er 14 war, hatte er mir eben im Smalltalk verraten. „Two Meat Plate mit Beef Brisket und Pork Ribs, Waffle Fries und Barbecue Beans, Sweet Barbecue und Dr. Peppers Sauce, Dinner Roll und Zwiebeln. Dazu eine große Cola. Das macht $ 20,38.“ Ich gab ihm die Kreditkarte, er zog sie durch das Gerät und gab mir den Unterschriften-Bon. Als ich vor der Unterschrift noch neben den Betrag „TIP $ 3,-“ schrieb, bekam er große Augen. „Vielen Dank… Sir!“ stammelte er.
Kreditkarten arbeiten in Amerika mit Vorbelastung, man unterschrieb, dass man den Kassenbon mit dem Betrag geprüft hatte und der Betrag war nur im System vorgebucht, konnte aber nachträglich noch verändert werden. Christian hatte erzählt, dass ihm das in seiner Anfangszeit in Kanada Kopfschmerzen bereitet hatte. In Deutschland war der Betrag nämlich beim Ausdrucken des Kassenbons schon gesichert, technisch sogar schon abgebucht, bevor man das per Unterschrift genehmigte. Prüfen, dass die Abbuchungen korrekt waren, musste man also hier wie dort und rückbuchen ging auch hier wie dort einfach, wenn was falsch war.
Na gut, in einem Imbiss kam Trinkgeld bestimmt nicht so oft vor. „Schon okay. Als Trucker weiß ich, was es bedeutet, wenn man seine Kunden durch gute Arbeit überzeugen muss, weil die eigentliche Dienstleistung so viele andere auch anbieten. Und wenn ich wieder mal hier Pause mache, dann laufe ich auch wieder an allen Burger Kings, Subways und Wendys auf dem Weg vorbei bis zu Euch. Weil Du heute einen Spitzen-Job gemacht hast. Und das ist es, was zählt.“ Nun wurde er auch noch rot.
Das Essen war auch gut, aber da musste man sich bei den strengen Qualitätskontrollen der Ketten selten mit schlechten Überraschungen herumschlagen. Leider gab es aber wegen der einheitlichen Zutaten und Zubereitungsverfahren bei Ketten auch keine positiven Überraschungen bei der Zubereitung.
Nach dem Essen ging ich zurück zum Truck und rief Alex an. Sein Onkel hatte sich immer noch nicht gemeldet, mit seiner Tante hatte er ein paarmal gesprochen und sie war weiter zuversichtlich, dass das wieder werden würde. Morgen war das orthodoxe Weihnachtsfest, dann würden sie hoffentlich überhaupt wieder miteinander sprechen. Warum musste das Outing immer so kompliziert sein mit irgendwem in der Verwandtschaft?
Donnerstag, 07.01.2021
Ein anderer Grund, wieder hier her zu kommen, waren die Schnellradwege, auf denen man sicherlich auch gut skaten konnte. In der morgendlichen Finsternis verzichtete ich aber drauf. Dank Zeitverschiebung war es nach 7 AM, als ich mit Dusche, Mini-Wheats und PTI fertig war und die Bremse löste.
Eine Kuriosität an der I-15 war das Cedar City Lighthouse, das fast 400 Meilen von der nächsten Küste und tausende von Afrika entfernt weder Hochseeschiffen noch Wüstenschiffen den Weg gewiesen haben konnte. Es gab die Urban Legend, dass es gebaut wurde, da ein riesiges Erdbeben irgendwann Kalifornien im Pazifik versinken lassen würde und dann Utah an der Küste liegen würde. Cedar City als erste Stadt mit einem Leuchtturm würde dann einen Aufschwung erleben und die wichtigste Stadt an der neuen Westküste werden. In Wahrheit war es einfach nur ein Werbegag für das benachbarte Einkaufszentrum.

Nach dem Wechsel auf die I-80 wurde es dann neblig, ich hatte die Untergrenze der Wolken erreicht, die hier vor den Bergen festhingen. Das würde gleich an der Echo Reservoir Viewing Area Rest Area keinen allzu weiten Ausblick geben.

Fehlender Ausblick war aber auch ein Vorteil, denn es gab hier keine Toilette, nicht mal nennenswert Bäume und Büsche. Bei dem Wetter waren dann aber auch keine Touristen zu erwarten, vor denen man sich verstecken musste und ich konnte einfach das Steppengras bewässern.
In der Pause rief auch Alex an. Das war an sich ungewöhnlich, aber ich merkte auch sofort seine Erleichterung: „Onkel Kirill hat sich heute Morgen während des Weihnachtsanrufs bei mir entschuldigt für vor einer Woche. Mein Outing hat ihn überrascht und so direkt und unvorbereitet etwas überfordert. Wenn wir das nächste Mal zusammen sind, will er Dich aber auch kennen lernen.“ Das klang doch gut. Und ob das schon an diesem Wochenende klappen würde, erfuhr ich vermutlich in ein paar Stunden.
Nach der Pause ging es noch weiter hoch und irgendwann war ich aus den Wolken raus, aber hier oben lag Schnee. Immerhin war ich nun auch seit dem Ladeort von einer Handbreit überm Meeresspiegel auf 6,200‘ angekommen und passierte die kontinentale Wasserscheide.
Um 3 PM war ich beim 7Eleven, es war einer der größeren Retail Markets, das bedeutete Platz zum Rangieren. Und anschließend sollte es auch mit der vierten und letzten Ladung diese Woche zum gleichen Kunden gehen.
PICKUP: WYRKS-CSC
DESTIN: OREUG-711
TRAILER: RF005
LOAD: PACKED FOOD
WEIGHT: 36,356
REEFER: 45F
DISPATCH: ORMFR-PCT-BRW
Bis der Trailer leer war, ging ich aber im Laden auf die Kundentoilette und stockte anschließend noch ein Bisschen die Vorräte auf. Als alles erledigt war, rollte ich vom Supermarkt zum Großhändler.

Nachdem die Ware bei Costco aufgeladen war, fuhr ich schnell zum Flying J auf die Cat-Scale, brachte meine Achsen in Ordnung und machte mich auf den Heimweg. Denn das war von Eugene eigentlich sicher der Fall.
Auf der I-84 kam mir der Zug der Woche entgegen.

Am Perry Port of Entry bekam ich diesmal den Bypass. Northbound war es eher ein Port of Exit, auch wenn der mit 100 Meilen von der Grenze so oder so ganz schön tief in Utah lag. Es reichte aber noch nach Idaho und ich beendete den Tag um 8:19 PM auf der Juniper Rest Area.
Die GPS-Freundesortung sagte mir, dass meine beiden Kollegen gemeinsam und 50 Meilen von hier waren. Ich hätte es aber nicht mehr zur Betriebsversammlung bis zum Love’s in Heyburn geschafft. Nach einem kurzen Wortwechsel auf WhatsApp wusste ich, dass Casey auf dem Weg nach Pocatello war und Evan von genau dort kam.
Freitag, 08.01.2021
Da der nicht so früh los konnte wie ich, wollte Evan auf mich warten und wir wollten dann zusammen nach Riley fahren, wo sich unsere Wege wieder trennten, da er in Klamath Falls abladen musste.
Allerdings würde er etwas länger warten müssen, denn ich wurde an der Waage in Cotterel komplett raus gezogen. Der um diese Uhrzeit wenig motivierte Beamte begnügte sich allerdings mit den Papieren und dem E-Log, aber verzichtete auf eine technische Fahrzeugprüfung. So blieben nur 7 Minuten auf der Strecke.
Aus dem Augenwinkel sah ich kurz danach auf der Rampe in der Interstate Junction die Lichthupe in Fahrtrichtung I-86 East, es war Caseys Cascadia mit dem anderen Reefer dran. Danach war es auch nicht mehr weit bis sich der Mini-Konvoi mit Evan formierte.
Die Mittagspause am Pilot Travel Center in Ontario (OR) war natürlich gesetzt. Erst mal buchten wir uns jeder eine Dusche. Evan hatte drauf verzichtet, sie bei Love’s bezahlen zu müssen, wo er übernachtet hatte und ich hatte gar keine auf der Rest Area.
Da wir beide nicht damit rechneten, heute Abend in Bend beziehungsweise Lakeview eine Dusche zu haben, aber unsere Pilot Flying-J Card wie immer voll genug mit Bonuspunkten für kostenlose Duschen war, ließen wir die Gelegenheit nicht aus. Anschließend gingen wir aber nicht hier zu Arby’s oder an die Theke von Hauscaterer PJ Fresh, sondern über den Parkplatz zu Tacos El Zarape, der mit Abstand besten Futterquelle hier.
Danny und Evan litten am gleichen Problem wie Alex und ich. Auch sie wären Weihnachten gerne im Süden der USA gewesen, nämlich in Houston bei Dannys Eltern. Aber wie unser Trip nach San Diego zu meiner Mutter war auch das ausgefallen. Auch den Nachmittag fuhren wir zusammen durch das ziemlich diesige Oregon und redeten noch einige eher unverfänglichere Dinge über Funk.
Als sich in Riley unsere Wege trennten, gab ich noch Evan den Tipp auf den Weg, dass man dort an der Tankstelle mit Waffenshop auch gut übernachten konnte und ein ordentliches Abendessen bekam. Dazu war es heute aber zu früh, wir wollten beide noch die verbleibenden zwei Stunden Lenkzeit ausnutzen. Das führte dazu, dass mein Tag wieder mal in Bend auf dem Kiesplatz an der Boyd Acres Road endete.
Samstag, 09.01.2021 und Sonntag, 10.01.2021
Es war noch vor 7 AM, als ich meine Mini-Wheats verputzt hatte, die PTI erledigt und vom Platz rollte. Nach 2 Stunden Fahrt ging es bei Albany auf die I-5 South, eine weitere dauerte es dann bis zum 7Eleven, der nicht in Eugene lag wie Isotrak als Code anzeigte sondern im benachbarten Springfield.
Zum Abschluss der Arbeitswoche wurde ich dann noch an der Waage bei Myrtle Creek rausgeholt. Zwar war ich leer und konnte auf der Bypass Lane vorbei rollen, aber man musste dennoch damit rechnen, eine rote Ampel zu kriegen für eine genauere Inspektion. Es gab aber grün und so konnte ich wieder raus auf die Interstate.
Obwohl ich 60 auf dem Tempomat gerastet hatte und auch unbeladen kein Problem hatte, die konstant zu halten, zog ein übereifriger Kollege von Bar-Nunn mit bestimmt 10 Meilen Überschuss an mir vorbei.

Ich war ohne Mittagspause durchgefahren, nun war es fast 3 PM. Neben der nötigen Fahrzeugwäsche gab es auch wieder das Kapitel für den Statistikfan.
WEEK START: MO:07:06 AM ±0
WEEK END: SA:02:51 PM ±0
WEEK DRIVE: 58:33 HRS
WEEK WORK: 60:54 HRS
WEEK FRAME: 5D:07H:45M
WEEK MILES: 2,851
REVENUE MILES: 2,463
PERFORMANCE: 87.5 %
WEEK PAYLOAD: 129,163
SH TON MILES: 12,766
WEEK FUEL ECO: 6.6 MPG
WEEK AVG SPEED: 48.7 MPH
Ich hatte schon effizientere Wochen gesehen. Dafür war dank Kalifornien und überraschend wenigen, dafür heftigen Steigungen der Verbrauch ganz gut gewesen. Nun war aber Wochenende, wie so oft in diesem Job anderthalb Tage und zwei Nächte kurz. Ich fuhr nach Hause und wurde schon von Alex empfangen, der gerade dabei war, das obligatorische Wochenendgebäck zu zaubern und sich dazu mal an Schoko-Cupcakes versuchte.
Am Sonntag riefen wir dann nachdem ich den Versuch einer Schoko-Buttercreme als vollen Erfolg bezeichnen konnte, per Skype in Russland an. Alex Onkel Kirill machte, nun nach den zwei Wochen Gewöhnungszeit und vermutlich einer kleinen Standpauke von seiner Frau einen freundlichen Eindruck. Es wirkte auf mich aber natürlich und nicht verstellt, vermutlich war er wirklich nur von den Ereignissen überrollt worden.
Den Nachmittag verbrachten wir dann auf den Mountainbikes in Prescott Park, was trotz des Namens keine gepflegte Landschaftsanlage war sondern ein Berg östlich von Medford. Anschließend sahen wir, nachdem Regenfälle morgens und anschließender Nebel die Wege gut feucht gehalten hatten, aus wie Sau. Um meine Autositze nicht zu ruinieren, zogen wir uns auf dem leeren Parkplatz zumindest schnell ein paar zwar bereits getragene, aber immerhin trockene und saubere Sachen an. Die Radlerhosen und Trikots wanderten in einer Plastiktüte hinter die Sitze.
Wenigstens hatten wir nun einen guten Vorwand zu duschen und weil klar war, wie wir nach dem Sport aussehen würden, waren wir in Alex Wohnung „umgezogen“, wo wir eine größere Dusche hatten. Den Rest des Abends und die Nacht verbrachten wir natürlich auch dort.
